Schostakowitsch: Sinfonie Nr.11

  • Zitat
    NOTE: Since this review was written, all of the Shostakovich Symphony recordings appearing in this boxed set have been identified as being reproductions of original recordings made in Russia and Vienna, not Prague. In Praga’s Eleventh and Twelfth Symphony pressings, audience noises have been added to the original studio recordings. For reference purposes, my review is reproduced below unedited, but many of my comments have been invalidated by this discovery. The details about recording dates and venues listed by Praga for these four symphonies are erroneous. These misattributions were first revealed in Amoh and Forman’s Mravinsky discography, discussed below, and my assertions to the contrary are mistaken. Full details are contained in my report in DSCH 15 on misattributed recordings on the Praga label. WMR.

    Hier ist sie:


    http://www.arsc-audio.org/journals/v25/v25n1p12-44.pdf


    ... und dort steht aber nichts von "misattributions", sondern im Gegenteil "Prag 1967" als authentische Aufnahme. :?:


    Schöne Grüße
    Holger

  • Spitzenaufnahme!!!


    Lieber Lutgra,
    Du schmeisst ein subjektiv empfundenes Wort (ohne kurze Erläuterung) in die Runde, dass ich keinesfalls teilen möchte. Es ist ja richtig, dass Rostropowitsch, der mit Schostakowitsch befreundet war, das Bestmögliche aus den Schostakowitsch-Sinfonien herausholen will. Und die recht aktuelle Klangqualität seiner LSO LIVE_Aufnahme und der Teldec-Aufnahmen kommen ihm dabei auch sehr entgegen.
    Bei der Sinfonien Nr.11 hat auch mit ihm emotional so einiges drauf. :!: Aber ich finde, dass Rostropowitsch mit seinem ungewöhnlich langsamen Tempo den falschen Weg geht; und dass bei fast allen seinen Int aus dem Teldec-Zyklus ebenfalls.
    :| Tut mir Leid, aber mit dem übertriebenen kaugummiartig langgezogenen Trauerrand (nicht nur bei der 11ten) komme ich nicht zurecht. Ich hatte mehrere CD´s aus seinem Zyklus, die ich mittlerweile alle wieder abgestossen habe ... zuletzt war des die Sinfonie Nr.8 die ich ausgemustert habe.


    Spitzenaufnahme ??? Nein, das ist nur deine subjektive Meinung und kann man keinesfalls als "allgemein" stehen lassen !
    Ich finde die "Spuitzenaufnahme" finden wir in Beitrag 15.


    Auch die von Alfred jetzt aktuell gehörte mit Barshai (Brillant) steht unter den gleichen Vorzeichen, den Barshai war auch mit Schostakowitsch befreundet, holt das Bestmögliche heraus und hat einen TOP-Zylus mit den Kölnern hingelegt, den ich allen Rostropowitsch-Aufnahmen unbedingt vorziehen würde, zumal diese vom Tempo im angemessenen Rahmen sind.
    *** Die Sinfonie Nr.11 mit Barshai - eine der ganz Grossen aus dem Zyklus, die an die Spitzenaufnahmen anknüpfen kann.

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • Spitzenaufnahme ??? Nein, das ist nur deine subjektive Meinung und kann man keinesfalls als "allgemein" stehen lassen !


    Lieber Wolfgang
    das ist doch immer eine subjektive Meinung, die wir hier von uns geben. Es gibt in diesem Bereich keine objektiven Wahrheiten. Außerdem habe ich weder gesagt, dass es die beste Aufnahme ist, noch habe ich sie in Bezug zu Kondrashin und Roshdestvensky gesetzt., die ich natürlich auch in der Sammlung habe. Es gibt nun mal verschiedenen Herangehensweisen und auch Tempovorstellungen. So kann ich auch die Mahler 7 von Bernstein und von Klemperer gut finden, obwohl die eine fast ein halbe Stunde länger dauert als die andere. Und Rostropovichs 11. habe ich zu keinem Zeitpunkt als langatmig oder langweilig empfunden. Und orchestertechnisch und klanglich finde ich sie hervorragend. Wir sollten uns frei davon machen, dass nur Kondrashin, Roshdestvensky, Svetlanow und Mravinsky Schostakowitsch "richtig" dirigieren können, denn dann wäre diese Musik zeitgebunden und nicht allgemeingültig. Was nicht meine Auffassung ist.


  • Nun, da mir die späte Londoner Aufnahme unter Rostropowitsch ebenfalls vorliegt (derzeit sehr günstig zu erstehen), will ich mich auch dazu äußern:


    Bereits ein Blick auf die reinen Spielzeiten offenbart im Falle zweier der herausragendsten Aufnahmen der 11. Symphonie von Schostakowitsch die Gegensätzlichkeiten:


    12:30 - 17:28 - 10:29 - 13:24 = 53:51
    20:10 - 21:27 - 13:27 - 17:20 = 72:24


    Die "klassische" Einspielung von Kondraschin mit den Moskauer Philharmonikern von 1973 steht wie ein Fels in der Brandung. Sie ist bis auf den heutigen Tag wohl die Standardempfehlung bei diesem Werk. Den berühmten Kopfsatz nimmt Kondraschin flotter als die meisten anderen. Die Kunst dabei ist, dass es in keinem Moment gehetzt wirkt. Die Kälte auf dem Palastplatz, auf dem jederzeit die Situation eskalieren kann, wird hier unmittelbar spürbar. Die nachfolgende Eskalation im zweiten Satz erfolgt so brutal wie sonst wohl nirgends. Die Trauer im dritten Satz ist zu keinem Zeitpunkt sentimental oder larmoyant. Das Sturmgeläut im Finale schließlich geht unter die Haut und lässt bereits die dunklen Wolken am Horizont erahnen, die zum totalen Zusammenbruch führen werden.


    Wieviel anders ist doch die späte Live-Aufnahme von Rostropowitsch mit dem London Symphony Orchestra von 2002! Russischer klang dieses Orchester wohl selten. In beinahe dem halben Tempo geht er an den ersten Satz heran. Erstaunlicherweise kann Rostropowitsch den Spannungsbogen aber aufrechterhalten. Die Zeit scheint fast zu erstarren in der eisigen Kälte. Man hat nicht das Gefühl, eine westlich-geglättete Interpretation zu hören, das winterliche St. Petersburg ist deutlich erkennbar (kein Hollywood-Bombast wie in anderen West-Aufnahmen). Die Entladungen beim Massaker im zweiten Satz erfolgen nicht mit dem Vorschlaghammer, dafür umso nachhaltiger durch die langsamen Tempi. Der dritte Satz trieft vor Trauerstimmung. Im Finale schließlich baut Rostropowitsch eine gewaltige Klimax auf, die Glocken am Ende sind regelrecht monumental und beängstigend.


    Ich möchte keine der beiden Aufnahmen missen, so unterschiedlich sie auch sind. Ganz großartige Interpretationen in beiden Fällen. Die Tonqualität ist sowohl bei Kondraschin als auch bei Rostropowitsch übrigens ganz ausgezeichnet.

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Sinfonie Nr.11 "das Jahr 1905" mit Michael Sanderling / Dresdener PH (SONY, 2018)


    Meine Begeisterung kennt keine Grenzen. =O Es ist also doch möglich, das heute Schostakowitsch - Sinfonien aufgenommen werden, die an die alten Grossen mit Roshdestwensky, Kondraschin und Swetlanow gleichziehen können ... und das Ganze in perfekter aktueller Klangtechnik !


    Thomas Sanderlings Int finde ich absolut angemessen, auch vom straffen Tempo her, bei den er keine Kaugummidramaturgie anschlägt, ohne dabei die Schrecken der Oktoberrevulution und der Schrecken der unschuldigen Opfer absolut packend in Szene zu setzen. Die Dresdener PH sind absolut brillant und klingen lassen den russischen Orchesterklang in perfekten Klanggewand neu erleben.

    Die gespenstische Atmosphäre auf dem Palastplatz im 1.Satz gelingt genau so phänomenal, wie der umwerfende Schluss des 4.Satzes mit dem Sturmgeläut und den Glocken (die nur etwas sonorer sein dürften).


    :hail: Das ist die Beste 11 die ich seit Jahren im CD - Player hatte.

    Höchst angemessene Spieldauer: 15:40 - 19:13 - 14:38 - 15:40


    :angel: In der empfehlenswerten brandneuen Sinfonien-GA:

    Aufnahmen 2017 - 2019


    SONY, 2018 (11.), DDD

    Gruß aus Bonn, Wolfgang


  • Chandos hat jetzt diese Aufnahme der BBC unter dem Finnen John Storgards auf den Markt gebracht. Sehr packend, ausladen, grell, gar brachial. Das Blech schmutzig bis zum geht nicht mehr. Vor allem im zweiten Satz. Erbarmungslos die Pauken. Und am Schluss hallen die Glocken so deutlich nach wie man es selten hört. Für das Thema der 11. Sinfonie halte ich diese hochdramatisch Interpretation für sehr angemessen.

    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent

  • Vermutlich schätzen Viele nicht nur die primäre Klangschönheit, sondern eben auch die semantische Mehrdeutigkeit der sinfonischen Werke von DSCH. Ein Trauermarsch bei Beethoven oder bei Chopin ist eben auf der Bedeutungsebene etwas ganz anderes als einer von Schostakowitsch. Und das hört, meine ich, jeder - intuitiv. Geht es wirklich "nur" um die revolutionären Ereignisse von 1905? Solomon Wolkow berichtet, auf dem Titelblatt der Elften stand ursprünglich "1906". Ein Druckfehler? Eine ironische Zweideutigkeit? Schostakowitsch wurde 1906 geboren. Also ich höre in der Elften immer auch ganz persönliches Leiden.


    Übrigens, ich bin neu hier. Mein erster Beitrag. Gruß an alle : )

    "Wahn! Wahn! Überall Wahn!"

  • Nachdem ich mir diese neue Einspielung unter Storgards nun auch komplett angehört habe, möchte ich die sehr positive Einschätzung gerne unterstreichen. Das ist sowohl künstlerisch als auch klanglich ganz weit vorne anzusiedeln. Ich habe mir auch die Mühe gemacht, den Schluss mit diversen anderen mir vorliegenden Aufnahmen zu vergleichen. So gut das Remastering bei Kondrashin und Roschdestwenski auch gelungen ist, da kann die ältere Tontechnik nicht mehr ganz mithalten. Auch Stokowskis legendäre HiFi-Aufnahme fällt ab, von Mrawinski (Mono) ganz zu schweigen. Was mir gefällt, ist, dass Storgards den großen Atem hat, der bei der Elften m. E. wichtig ist. Hierin kommt er schon nahe an die späte Einspielung unter Rostropowitsch (vgl. Beitrag 35) heran, bei der die Glocken zuletzt nach meinem Eindruck sogar noch gewaltiger nachhallen. Rostropowitsch (auch klanglich sehr gut) bleibt mein Favorit, aber Storgards darf sich gleich dahinter einreihen.

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões