Die Norddeutsche Musiktradition im Barock

  • Guten Tag


    Zitat

    Original von Carola
    Georg Böhm, 1661-1733, wirkte von 1698 bis zu seinem Tod als Kantor an der Lüneburger St. Johannes-Kirche.


    Mit Gruß von Carola


    Von Georg Böhm, der ja (neusten Erkenntnissen zufolge) einen großen Einfluß (Lehrer ?) auf den jungen J.S. Bach hatte, gibt es auch diese



    hörenswerte Kantaten-CD.


    Gruß :hello:


    aus der Kurpfalz


    Bernhard

  • Georg Böhm (1661-1733) war nicht nur, wie man jetzt ganz sicher weiss, einer der Lehrer des jungen Bach sondern vor allem ein Organist von hohen Graden, dem wir wundervolle und reich kolorierte Choralbearbeitungen verdanken. Leider sieht es in dieser Hinsicht etwas traurig auf dem derzeitigen CD-Markt aus und auch die geplante Gesamteinspielung seiner Orgelwerke bei Naxos scheint nicht so recht voranzukommen, den seit 2002 hat sich da nichts wieder gerührt....




    Umso erfreulicher ist es , daß sich CPO erstmalig um die geistliche Musik des Lüneburger Meisters gekümmert hat und die CD, welche dabei entstanden ist, ist in jeder Hinsicht zu loben und durchstreift das Umfeld, aus dessem Geiste wenig später die ersten großangelegten Vokalwerke Bachs entstanden, also unbedingt reinhören !



    Stilvergleiche mit dem überlieferten Werkbestand des Lüneburgers legen nahe, daß die vielerorts noch immer Händel zugeschriebene "Johannes-Passion" ein Werk Böhms ist !


    PS: LOL: da waren wohl Bernhard und ich zur gleichen Zeit, aber voneinander unabhängig am Schreiben: sowas soll vorkommen !

    Das geht über das Sagbare hinaus. Das läßt sich nicht deuten und bedarf keiner Deutung. Es kann nur gehört werden. Es ist Musik. (H.H.Jahnn)

  • Guten Tag


    Zitat

    Original von BigBerlinBear
    Georg Böhm (1661-1733) war nicht nur, wie man jetzt ganz sicher weiss, einer der Lehrer des jungen Bach


    In diesem Zusammenhang sei noch diese



    CD erwähnt, allerdings ohne Böhm und mit Pachelbel nicht gerade einen "Norddeutschen" Meister.


    Zitat

    PS: LOL: da waren wohl Bernhard und ich zur gleichen Zeit, aber voneinander unabhängig am Schreiben: sowas soll vorkommen !


    Was für die Qualität der Böhm-CD spricht, da sie beim Stichwort "Böhm" uns sofort ins Gedächtnis kam =)
    (Die Böhm-Orgel-Scheibe von Naxos hatte ich auch eben in der Hand :] )


    Gruß :hello:


    aus der Kurpfalz


    Bernhard


  • "Mein Freund ist mein" ist auch als Lied auf der oben von mir gezeigten "Lob- und Klage"-CD, ansonsten gibt es aber keine Überschneidungen. Sind das "richtige" (im Sinne von Bach-) Kantaten? Mit Arie, Choral, Rezitativ? Die Hörschnipsel bei jpc klangen sehr gut. Was ich ihnen aber nicht entnommen konnte ist, wie die Altstimme besetzt ist. Altus oder Altistin?


    Mit Gruß von Carola


    PS. Nachdem ich jetzt bei den jpc-Hörschnipseln bis Track 13 vorgedrungen bin, kann ich mir meine letzte Frage selber beantworten: Es singt (solistisch) ein Altus.

  • Guten Tag


    Zitat

    Original von Carola
    Sind das "richtige" (im Sinne von Bach-) Kantaten? Mit Arie, Choral, Rezitativ? Die Hörschnipsel bei jpc klangen sehr gut. Was ich ihnen aber nicht entnommen konnte ist, wie die Altstimme besetzt ist. Altus oder Altistin?


    Mit Gruß von Carola



    Die Stücke kann man schon als "richtige" Kantaten bezeichnen, Böhms Kantate sind eine Mischung aus älteren mitteldeutschen und modernen italienischen Stilelementen. Sie beginnen meist mit einer instrumentalen Sonata, auch Chorsätze, aber keine Rezitative, sind in der Einspielung zu hören.
    Der "Alt" ist mit einem Altus (Beat Dudeck) besetzt.



    Gruß aus der Kurpfalz


    Bernhard

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  • Zitat

    Original von miguel54


    Ich habe eine des Ensembles Les Cyclopes, das Bibiane Lapointe und Thierry Maeder, die beide mal Tasten bei der Musica antiqua Köln drückten, in Frankreich gegründet haben, Disques Pierre Verany PV 796052, im November 1996 aufgenommen. Bei amazon.fr gibt es noch ein gebrauchtes Exemplar für € 12,00. Eine sehr schöne Aufnahme, die Gruppe und ihre Leiter gehören zu meinen Favoriten, bei denen ich ungehört zugreife.


    p.s. habe mir die vom Purcell Quartet auf dem "Marktplatz" bestellt ... :yes: ... danke für den Hinweis!


    Das Purcell Quartet ist natürlich sehr gut, aber die auch bei diesem Ensemble zu bemerkende englische vornehme Zurückhaltung macht, dass mich die Musik hier nicht so fesselt wie bei Les Cyclopes, die bleiben meine erste Wahl:



    Außerdem spielen sie die komplette Sammlung, sehr fesselnd und mit äußerst farbiger und variabler Continuo-Gestaltung mit Theorbe, Cembalo und Orgel. Die Violinen (Manfredo Kraemer und Laura Johnson) spielen auch spritziger und vielfältiger. Zwar hat Robert Woolley vom Purcell Quartet recht wenn er meint, man hätte damals eher seine eigenen Suiten aus Teilen zusammengestellt (womit der Platz für die Solostücke schafft), aber bei den französischen Kollegen kommt keine Langeweile auf! Hörenswert sind allerdings die von Woolley dargebotenen Solostücke (die man so auf keiner anderen CD zu hören bekommt, die meisten spielen doch immer die Bearbeitung von Bach), auch wenn ich eine etwas direktere Aufnahme und ein flämisches Cembalo anstelle eines Mietke-Nachbaus bevorzugt hätte ... warum man so ein kleines Ensemble immer in einer halligen Kirche aufnehmen muss ...


    Die Zyklopen haben auch eine erstklassige Aufnahme von Pachelbels "Ergötzung" gemacht - fast alle Mitglieder waren mal bei Musica Antiqua Köln, und haben sich die guten Sachen herausgepickt, ohne in Goebels Extremitäten zu verfallen.

    Einmal editiert, zuletzt von miguel54 ()

  • Zitat

    Original von miguel54


    Das Purcell Quartet ist natürlich sehr gut, ..


    Jaja, schon gut. :D
    [SIZE=7]Wieder 17 Taler weniger.[/SIZE]


    PS: Dann sind das womöglich dieselben, die bei der MAK-3-LP-Kassette "Deutsche Kammermusik vor Bach" auch Reincken spielen?
    Kann ja spannend werden.

  • Zitat

    Original von Hildebrandt
    PS: Dann sind das womöglich dieselben, die bei der MAK-3-LP-Kassette "Deutsche Kammermusik vor Bach" auch Reincken spielen?
    Kann ja spannend werden.


    Nein, die waren erst nach dieser Box Mitglied bei MAK, haben aber Goebels Liebe zum frühbarocken Repertoire dankend übernommen.
    Manfredo Kraemer - Violone - hat danach sein eigenes Ensemble Rare Fruits Council gegründet
    Laura Johnson - Violine - spielt dort mit, bei Les Cyclopes, Concerto Köln, Capriccio Stravagante ...
    Bibiane Lapointe & Thierry Maeder - Tasten - machen auch Solo- und Duo neben Les Cyclopes, z.B. den kompletten Lebègue bei Pierre Verany.
    Letztere beide habe ich mal mit MAK das Hammerklavier/Cembalo-Doppelkonzert von C.P.E. Bach spielen sehen - fantastisch!
    Später nocheinmal mit Maeder und Melvyn Tan - Maeder hat die Verspieler von Tan exakt mitkopiert, was diesen ziemlich umgehauen hat!

  • Zitat

    Original von miguel54


    Nein, die waren erst nach dieser Box Mitglied bei MAK...



    Umso besser, dann habe ich ja bald drei Sichtweisen.
    :D


    Und wenigstens eine Kompletteinspielung.
    Der Hortus musicus wird immer noch zu gering geschätzt – von seiner eigenen Substanz her, aber auch in seinen Auswirkungen.

  • Ich denke das kann man für viele der Kammermusikopera vor Bach sagen: Ich bin Goebel äußerst dankbar, daß er zwar nicht als erster, aber in einem Ausmaß frühbarocke Stücke ausgegraben hat, die diese Musik wieder etwas mehr in die Öffentlichkeit gerückt hat - von den süddeutschen mal abgesehen, Biber und Schmelzer, aber auch die nord- und mitteldeutschen.

    Neben dem Hortus Musicus von Reincken sind meine Favoriten:


    Musicalische Ergötzung von Johann Pachelbel - 6 Partiten für 2 Violinen en scordatura & basso continuo, wohl aus den 1690er Jahren
    - gibt es con Les Cyclopes bei Pierre Verany PV794111 (1994)


    X Sonaten von Matthias Weckmann - die sind für die verrückte Besetzung von Zink, Posaune, Fagott und Continuo geschrieben, weshalb sie kaum eines der Barockensembles spielt - die sind ja doch eher auf Streicher eingestellt.
    Ausnahme: La Fenice & Ricercar Consort, Ricercar 245452 (1995 - Deutsche Barock-Kammermusik VI), die auch einige schöne Lieder mit Greta de Reyghere enthält.


    Aber die Sachen von Buxtehude, Johann Schenck usw. sind auch nicht zu verachten ...

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  • Zitat

    Original von miguel54
    Ich bin Goebel äußerst dankbar, daß er zwar nicht als erster, aber in einem Ausmaß frühbarocke Stücke ausgegraben hat, die diese Musik wieder etwas mehr in die Öffentlichkeit gerückt hat - von den süddeutschen mal abgesehen, Biber und Schmelzer, aber auch die nord- und mitteldeutschen.


    Da mach ich dann mal nen Stempel drunter. :D


    Und empfehle auch die hier:



    Nicht weil der Lautenist aus Fulda stammt, :D
    sondern weil hier sonst überhaupt noch nicht eingespieltes Repertoire zum Vorschein kommt.
    Ich will mehr Schnittelbach! :yes:

  • Zitat

    Original von Hildebrandt
    Und empfehle auch die hier:
    ...
    Nicht weil der Lautenist aus Fulda stammt, :D


    ... aber ein Cembalo wird da auch gespielt? ;)


    Zu Befehl, wird bestellt - aber wenn Du von jpc nur 3% bekommst, musst Du teurere CDs empfehlen! :D

  • Zitat

    Original von miguel54



    ... aber ein Cembalo wird da auch gespielt? ;)



    Aber ja doch:


    Besetzung:
    2 Violinen
    Dulcian
    Viola da Gamba/Violon
    Theorbe
    Harfe
    Cembalo/Orgel


    Näheres zu den Instrumenten gibt es allerdings nicht.

  • Zitat

    Original von Hildebrandt
    Und empfehle auch die hier:



    Nicht weil der Lautenist aus Fulda stammt, :D
    sondern weil hier sonst überhaupt noch nicht eingespieltes Repertoire zum Vorschein kommt.
    Ich will mehr Schnittelbach! :yes:


    Habe die CD heute abgeholt und gehört und kann mich diesem Wunsch nur anschliessen!


    Du hättest ja ruhig gleich sagen können, dass es sich bei dem aus Fulda stammenden Lautenisten um Michael Dücker handelt - den habe ich bei Goebel schätzen gelernt und habe eine schöne Weiss-CD von ihm. Das Ensemble ist überhaupt Klasse! Vielen Dank für diese Empfehlung. Wer einen Draht zu dieser frühbarocken Musik hat, sollte sich das nicht entgehen lassen!

  • Auf der Suche nach Informationen über Christoph Bernhard bin ich in diesem Thread gelandet und auf die CD mit Kantaten von Georg Böhm aufmerksam geworden.


    Nachdem ich diese jetzt gehört habe, bin ich wirklich begeistert und hoffe, dass in dieser Reihe auch die anderen Vokalwerke von Böhm veröffentlicht werden.


    Mein persönlicher Favorit ist das Stück "Ach, Herr, komme hinab" und da besonders das "Aus tiefer Not" mit seiner angstvoll-zitternden Streicherbegleitung. Aber auch "Mein Freund ist mein" gefällt mir gut. Da streift Böhm beim "Es kann uns weder Angst" den Opernstil seiner Zeit.


    Überhaupt ist das eine "dramatische" Musik mit vielen Ausschmückungen, die mir absolut Lust auf mehr macht.


    Zuerst war ich etwas skeptisch wegen Raf Popken, den ich nur als Sänger kannte - aber der hat mich als Dirigent durchaus überzeugt.


    Von den Sängerinnen und Sängern kannte ich die drei Herren - Markus Flaig finde ich ganz ausgezeichnet, den höre ich immer wieder gerne: sehr gute Wortbehandlung, eine sicher ansprechende Stimme, ausgeglichen, schöne Stimmfarbe -, die Damen waren für mich neu.


    Eine schöne Entdeckung, die ich gerne weiterempfehle.

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  • Guten Tag


    Klar zu den Meistern der norddeutschen Musiktradition kann man den Organisten Vincent Lübeck einordnen. 1654 in Pdingbüttel geboren, erhielt er seinen ersten Orgelunterricht bei seinem Stiefvater Caspar Förckenrath, Organist an St. Marien zu Flensburg.



    Seine erste Organistenstelle begleitete V. Lübeck an St. Cosmae in Stade, 1702 erfolgte seine Berufung an die Hamburger Hauptkirche St. Nicolai mit der großen Arp Schnitger-Orgel. Dieses Amt hatte er bis zu seinem Tode 1740 inne. V. Lübeck genos auch als Orgellehrer und Orgelsachverständiger eine hohe Reputation.


    Von seinem Werk hat sich nicht allzuviel erhalten. Eine Gesamtaufnahme bietet diese



    CD mit Friedhelm Flamme an der Christoph-Treutmann-Orgel (1734-37) der Stiftskirche St. Georg zu Grauhof bei Goslar.


    Gruß :hello:


    aus der Kurpfalz


    Bernhard

  • Guten Abend


    Zitat

    Original von Bernhard
    Interessant, dass J.A. Reincken, der neueren Forschungen zufolge nicht schon 1623 sondern erst 1643 geboren wurde, neben dem Orgelschlagen noch einer anderen, gänzlich unmusikalischen Beschäftigung nachging :pfeif: :hahahaha:


    Gruß aus der Kurpfalz


    Bernhard


    Über Reincken kusierte das Gerücht, dass er ein "Bordell" betrieb. Jedenfalls schrieb auch Musikerkollege des alten Jan Adam über ihn:


    "Seinen Wandel betreffend ist darauf von den Herren Geistlichen bisweilen eins und anderes zu sagen gewesen, wie er denn einen beständigen Liebhaber des Frauenzimmers und Rats-Weinkeller abgegeben !"


    Auch imn Barock scheint es eine lustige Musikerszene gegeben zu haben :D


    Gruß :hello:


    aus der Kurpfalz


    Bernhard

  • Guten Tag


    Mit zur Partie der Norddeutschen (frühen) Barockmeister kann man William Brade zählen, der um 1560 geborene Engländer verbrachte die meiste Zeit seines Lebens auf dem europäischen Festland.


    Erstmals bezeugt als Hofmusiker Königs Christian IV. von Dänemark, 1596 finden wir in in brandenburgischen Diensten, von 1608 bis 1610 war er Ratsmusikdirektor in Hamburg und anschliesend (1611-1613) am schaumburgischen Hof in Bückeburg tätig. Von 1613 bis 1615 wieder in der Hamburger Ratskapelle angestellt, später in Gottop, Kopenhagen, Halle und Güstrow tätig, er starb 1630 in Hamburg als Ratsinstrumentalist.
    Graf Ernst zu Holstein-Schaumburg schrieb über Brade, der durch Streikandrohung eine Gehaltserhöhung um 150 % auf 1000 Taler jährlich für sich in Bückeburg durchsetzen wollte dass er muthwilliger, frevelhaffter Geselle sei und durch sein unruhig Weib angestiftet sei.
    Brade hat als Kapellmeister, Geiger, und Komponist in Rathäusern und fürstlichen Hofhaltungen, zumeist in Norddeutschland, mit mehrstimmigen Canzonen und Suiten Mengen an Gesellschafts- und Tanzmusik komponiert und in Sammlungen wie Newe auserlesene Paduanen, Galliarden / Canzonen, Allmand vnd Couranten / so zuvor niemals in Truck kommen veröffentlicht.


    Eine erwähnenswerte Einspielung von W. Brade zeigt diese




    Aufnahme newer erlesener Täntze auff allen musikalischen Instrumenten lieblich zu gebrauchen, instbesondere auf filolen
    aus seinen 1606 und 1614 von ihm herausgegebenen Drucken, interpretiert vom Ensemble Hesperion XX.


    Gruß :hello:


    aus der Kurpfalz


    Bernhard

  • Heute zufällig im Laden gesehen, reingehört und wider alle Vernunft sofort gekauft! Toll gespielt, ein fantastisch klingendes und aufgenommenes Cembalo und ein viel zu selten gespieltes Repertoire.


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  • Da hab ich dch gleich weider etwas für meine überqullende Vormerk-Liste bei CPO ! Ebenfalls sehr gut hierzu passend, fantstisch aufgenommen und eingespielt dieses hier:


    Das geht über das Sagbare hinaus. Das läßt sich nicht deuten und bedarf keiner Deutung. Es kann nur gehört werden. Es ist Musik. (H.H.Jahnn)

  • Guten Tag


    Zitat

    Original von Bernhard
    Guten Abend



    H. Praetorius war unter den Hamburger Organisten seiner Zeit der fleißigste und fruchtbarste Komponist in Hamburg. Er wurde in Hamburg als Sohn des Organisten Jacob Praetorius (1530-1586) geboren, wirkte von 1568-1629 als Nachfolger seines Vaters an der Jacobikirche. Bekannt wurde er durch seine frühen Beträge zur deutsch-venezianischen Mehrchörigkeit; deutsche und lateinische Motetten, Messen und Orgelstücke.


    Eine weitere CD mit geistlicher Musik des Hamburgers Hieronymus Praetorius mit dem´Ensemble Weser Renaissance liegt jetzt vor:



    "Hieronymus Praetorius: Motetten - San Marco in Hamburg"


    Diese geitlichen Werke entstanden unter dem Einfluss norditalienischer Komponisten wie Andrea und Giovanni Gabrieli und wurden von deren mehrchörigen Arbeiten inspiriert Der Organist an St. Jacobi H. Praetorius, war der erste Hamburger Musiker, der mit seinen Werken internationale Bekanntheit erlangte. Sein fünfbändiges „Opus musicum“ erschien zwischen 1599 und 1625, es zeigt eine faszinierende Mischung aus alten und neuen Stilen. Seine Werke waren weit über Hamburg hinaus populär, sie erklangen außer in Norddeutschland auch in Schweden, Dänemark und den Niederlanden.
    Wie weit kann man bei diesen von italienischen Musikideen geprägten Musikstücken eigentlich schon von einer "Norddeutschen Musiktradition" sprechen, war dies der Beginn oder eher ein Schlußpunkt einer musikakischen Gattung ?


    Gruß :hello:


    aus der Kurpfalz


    Bernhard

  • Guten Tag


    Zitat

    Original von salisburgensis
    Zu den Komponisten der späten Blütezeit der Norddeutschen Schule zählt Nicolaus Bruhns (1665 - 1697). Er war ein Schüler von Buxtehude in Lübeck, sogar dessen Lieblingsschüler. Angesichts seiner phänomenalen Fähigkeiten ist das aber nicht verwunderlich. Er galt als Virtuose an Orgel, Violine und Gambe. Es ist von ihm überliefert, dass er die Geige spielte, dazu sang und sich selbst mit dem Pedal der Orgel begeleitete. Ein wahrhaft multitasking-fähiger Mann!


    herzliche Grüße,
    Thomas


    Nikolaus Bruhns entstammte einer musikalischen Familie, sein Großvater war der Lautenspieler Paul Bruhns, der u.a. in Gottorf und Lübeck wirkte und drei Söhne hatte, den Geiger Peter Bruhns, den Organisten Paul Bruhns -der Vater von Nikolaus B.- und Friedrich Nicolaus Bruhns, der sich später auch Brauns nannte.
    Dieser 1637 geborene Onkel von Nikolaus Bruhns war ab 1682 Ratsmusikdirekor zu Hamburg und ab 1685 Musikdirektor am Hamburger Dom. Friedrich Nicolaus Brauns hat viele Vokalwerke komponiert, wenig davon ist erhalten. Erhalten sind Texte seiner 16 sogenannten "Capitansmusiken", das waren Vokalwerken, die bei den jährlichen Festlichkeiten für Hamburgs Bürgerwacht aufgeführt wurden. Weiterhin komponierte er für mindestens zehn Veranstaltungen des "Petri-Mahls", eine alljährliche Hamburger Stadtzermonie, die einem Ratswechsel ähnlich war, die Musik, auch hiervon sind (leider) nur Texte erhalten.
    J.S. Bach führte 1726 in Leipzig eine Passion von Friedrich Nicolaus Brauns (oder doch von R. Keiser ?) auf.


    Gruß :hello:


    aus der Kurpfalz


    Bernhard

  • Die Verdienste Reinhard Goebels um die Wiederentdeckung des Repertoires frühbarocker Kammermusik wurden hier schon erwähnt; fehlen noch zwei CDs, die hier zum Thread passen:



    Außer den in ganz Nordeuropa einflußreichen Lachrimae John Dowlands (der ja zeitweise in Dänemark lebte) enthält diese CD selten zu hörende Stücke von:
    Schop: Pavana Lachrimae
    Scheidemann: Pavana Lachrimae
    Holborne: Pavane a5
    Farina: Pavana a4
    Scheidt: Pavane a4
    sowie 2 anonymi


    Nur noch gebraucht erhältlich ist diese CD mit Stücken aus dem Ostseeraum:



    Paul Luetkeman, Vincenzo Albrici, Johann Vierdanck, Thomas Baltzar, Nicolaus Hasse, Dietrich Becker, Johann Fischer, Johann Valentin Meder sind hier die Namen.

  • Zitat

    Original von BigBerlinBear
    fantastisch aufgenommen und eingespielt dieses hier:



    Auf demselben Niveau



    Siebe Henstra auf drei wunderschönen Nachbauten (ital. & fläm. Cembalo, dt. Clavichord).
    Nur leider nicht mehr im Programm.


    Nebenbei: Wohin gehören Buxtehudes Cembalowerke?
    Neuer Thread? Norddeutsche Traditionen? Hierhin?

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  • Guten Tag


    Zitat

    Original von Alviano



    Nachdem ich diese jetzt gehört habe, bin ich wirklich begeistert und hoffe, dass in dieser Reihe auch die anderen Vokalwerke von Böhm veröffentlicht werden.


    Weitere Kantaten Böhms -den Mattheson als "braven Componist" würdigte- mit Ralf Popken, der Capella Sancti Georgi und dem Ensemble Musica Alta Ripa



    wurde kürzlich veröffentlicht.


    Eingespielt wurden die Kantaten:


    Warum toben die Heiden
    Nun komm der Heiden Heiland
    Satanas und sein Getümmel
    Sanctus est Dominus Deus Sabaoth
    Jauchzet Gott, alle Land


    Gruß :hello:


    aus der Kurpfalz


    Bernhard

  • Guten Tag


    Zitat

    Original von salisburgensis
    1655 verabschiedete er sich aber endgültig vom Dresdner Hof und nahm die Stelle an St. Jacobi in Hamburg an, wo er bis zu seinem Tod blieb.


    herzliche Grüße,
    Thomas


    Über Matthias Weckmanns Probespiel um die Organistenstelle an St. Jakobi in Hamburg
    gibt es eine Schilderung seine Schülers Johann Kortkamp:


    „Anno 1655 ist der weltberühmte Organist und Componist, ein Vater der Musicorum,
    Matthias Weckmann an der Kirche St. Jacob und Gedrut erwehlet und kam in die Stelle ,
    worinnen bey S. Gerdrut sein Lehrmeister, der ruhmwürdigste Jacobus Schultze gewesen.
    Was dieser Herr vor der Probe außgestanden,
    ist noch nie erhöret.
    Wie nun die Reihe an ihm zu spielen, fantasierte er im vollen Werk den Thon, auß welchem die auffgegebene Fuga war,
    so primus tonus sollte sein,
    war aber mit tertie toni vermischet und war wunderbar zu tractieren.
    Hernach tractiert er das geistliche Kirchen-Liedt,
    so ihm auffgegeben: ``An den Waßerflüßen Babilon´´ p. auff 2 Clavir.
    In dem Oberwerck nam er die rEgistrierung des seel. Jacob Schultzen,
    so er gewohnt zu St. Petri, nemblich Trommete 8,
    Zinke 8, Nassat 3, Gemshorn 2, Hohlfleute 4 Fuß,
    im Rückpositiv: Prinzipal 8 und Oktave 4 Fuß zum Sanfften und Mittelpartey,
    im Pedal Posaune 16 Fuß, Prinzipal-Baß 24,
    Trommente 8 u. 4 Fuß, Cornet 2 Fuß
    Diese Stimmen, ohne Prinzipal 24 Fuß ,
    fandt er damalh in der Jakocobi-Orgel.
    Er spielte erstlich anfangs den Choral gantz schglecht und einfeltig,
    daß der gemeine Mann , so die meisten in der Kirche wahren,
    verstehen konnten.
    Hernach hat er ihn fugenweiße tractiert und durch alle Transpositionen geführet,
    so das er auch gar durch die Semitona ging
    und ist zu verwundern gewesen,
    wie er sich mit Geschicklichkeit wieder in den natürelichen Tone gefunden.
    Hirnegst musste er mit H. Schopen ein Violin-Solo machen,
    umb zu vernehmen, wie er in den General-Baß berühmt wehre.
    Er ließ sehen und hören, daß er Gehör und Judicium hette,
    so woll gewohnet mit delicaten Italiener wohl gewohnet, lauren und nachgeben.
    Auch muste er eine motete des seel. H. Hieronymus Praetorius auß dem Bass tractieren, 6 vocum und nachgebens auff 2 Clavir variiren.
    Zum letzt und zum Beschluß in vollen Werke eine lustige Fuge“


    Was wohl eine lustige Fuge war ? :hahahaha:


    Gruß :hello:


    aus der Kurpfalz


    Bernhard



  • Servus,
    es hat eine Weile gedauert, bis diese Scheibe den Eingang in meine Sammlung gefunden hat. Da es aber momentan eine Chandos-Aktion bei jpc gibt, in der auch diese CD günstig zu haben ist...


    Ich kann BBB nur teilweise zustimmen. Zuerst die Zustimmung: ausdrucksmäßig ist das wirklich top! An diese Intensität (bezogen auf die Vokalwerke) kommen die anderen Aufnahmen nicht heran. Und auch die Cembalostücke sind wunderbar gespielt.


    Aaaaaber, den von BBB gelobten Stephen Varcoe habe ich noch nie so schlecht gehört. Erstens zeigt er ein paar unüberhörbare technische Schwächen, zweitens hat er gelegentlich Probleme mit der richtigen Tonhöhe und drittens benutzt er sein Vibrato nicht als Ausdrucksmittel sondern als Dauergewackel. Wie letzteres besser zu machen wäre, führt auf dieser CD Paul Agnew sehr eindrucksvoll vor.


    Weiters empfinde ich den teilweise recht starken englischen Akzent der Sänger als störend; schuldig im Sinne der Anklage sind vor allem Susan Gritton und Paul Agnew.


    Fazit: Haupterzeuger des starken Ausdruckes der Vokalwerke sind für mich die Instrumentalisten vom Purcell Quartett und deren Gäste. Die Sänger bleiben teilweise weit dahinter zurück.



    herzliche Grüße,
    Thomas

    Da freute sich der Hase:
    "Wie schön ist meine Nase
    und auch mein blaues Ohr!
    Das kommt so selten vor."
    - H. Heine -

  • Da Du darauf hinweist: Auch die weiter oben empfohlene Reincken-Auswahl des Purcell Quartet gibt es momentan zum Sonderpreis:



    Bei dieser Gelegenheit kann ich auch auf eine Neuerscheinung des Ensembles La Reveuse hinweisen, die Reincken mit seinem Freund Buxtehude konfrontieren, die Klangschnipsel klingen sehr ansprechend:


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