Klassik-Hits in Pop und Rock

  • Von Frank Sinatra gibt's eine Aufnahme aus den 40ern, wo er Tschaikowskis 5. (Thema aus dem 2. Satz) mit einem passenden Text verschmachtet, der mir leider im Moment entfallen ist (irgendwas Melancholisches). Das klingt nicht schlecht, vielleicht gab es damals in den USA eine ähnliche Masche wie bei uns in den 70ern mit Freddy Breck.


    Grüße!


    Honoria

    "...and suddenly everybody burst out singing"
    Busman's Honeymoon

  • Hallo Taminos,


    also ich bin doch ein wenig enttäuscht, wie wenig tolerant viele von Euch diesem Thema gegenüberstehen. Es liegt vielleicht auch daran, dass ich seit einiger Zeit wieder mehr Rock- als Klassik-Musik höre, dass ich dem Thema aufgeschlossener gegenüber stehe.


    Dass Rockbands klassische Musik grundsätzlich nicht "für ihre Zwecke verhunzen" dürfen, verstehe ich nicht. Sie machen doch nichts anderes als alle heutigen Interpreten und Dirigenten - sie interpretieren Musik, die vor Hunderten von Jahren entstanden sein mag, aus heutiger Sicht und mit heutigem Instrumentarium. Dazu gehören nunmal auch E-Gitarre und Keyboards!


    Dass sie sich dabei von den Instrumentierungs- und Besetzungsvorgaben der Komponisten entfernen, ist doch zwangsläufig - diese Instrumente gab es halt damals nicht. Ich finde das absolut legitim und glaube auch nicht, dass ein Mozart oder Beethoven so intolerant gewesen wäre, sich das zu verbitten. Im Gegenteil - sie wären wahrscheinlich sehr neugierig gewesen, das zu hören... es müsste ihnen ja nicht alles gefallen. :D


    Als ein sehr gelungenes Beispiel habe ich die Version des ersten Satzes der 5.Symphonie von LvB von der finnischen Metalband At Vance kennengelernt, die auch noch andere klassische Stücke auf ihren Alben verarbeitet haben. Das ist in meinen Ohren eine sehr ernsthafte und eben auch gelungene Umsetzung des Originals mit anderen musikalischen Mitteln.

    Herzliche Grüße
    Uranus

  • Hallo Uranus,


    also, ich fühl mich hier jetzt mal nicht angesprochen in Sachen Toleranz... ;-)
    Die Sachen von ELP und Exception aus den 70ern waren schon klasse. Und ich erinner mich, dass auch das ELO (Electric Light Orchestra) mit dem alten Chuck Berry-Klassiker "Roll over Beethoven" wochenlang in den Charts waren (allerdings verwendeten die nur das Intro als Into).


    Und die von mir genannten Schlager aus den Anfängen der 70er waren seinerzeit absolut en vogue. Gut, damals gabs für Deutschlands breite Masse ja nur die Schlager. Alles andere von deutschen Musikern war Krautrock und vom gemeinen Musikörer so weit weg wie der Mond von der Erde. Heute laufen die damaligen Schlager halt unter Nostagie - je nach Tagesform zum Heulen oder Davonlaufen :pfeif:


    Ach ja, ich will die oben gelisteten Songs mal auflösen:


    Cindy & Bert – Rosen von Malaga - (E. Chabrier - Rhapsodie Espana)
    "http://www.youtube.com/watch?v=8-e8W_jKks0"


    Miguel Rios – Song of Joy (Beethoven - Sinf 9 - Ode an die Freude)
    "http://www.youtube.com/watch?v=zNjJQF6tpVk"


    Freddy Breck – Bianca (Tchaikovski - Capriccio Italien - hatten wir)
    "http://www.youtube.com/watch?v=x-TyN3N7IcE"


    Freddy Breck – Überall auf der Welt (Verdi - Nabucco-Gefangenenchor)
    "http://www.youtube.com/watch?v=lM5s8ugVk98"


    Freddy Breck - Rote Rosen (F v Suppé - aus Dichter und Poet)
    "http://www.youtube.com/watch?v=AMkd-uCaKqg"


    Vicky Leandros – Ich hab die Liebe gesehen (M. Theodorakis - weiss aber nicht welches Stück)
    "http://www.youtube.com/watch?v=SFEzAEgNC7k&feature=related"


    Viel Spass :hahahaha:


  • lt. Youtube heißt das Original O kaimos (was ich aber, auch wenn Theodorakis klassisch komponiert hat, eher als ein volkstümliches Lied oder Chanson sehen würde)
    "http://www.youtube.com/watch?v=YEpGXVTSf5o"


    Auch der Rest ist ja größtenteils schon vor dem Schlager ein Schlager gewesen. ;) Bei den Rosen von Malaga meint ein Kommentator, das Original sei der Walzer "Estudiantina" von Waldteufel:


    "http://www.youtube.com/watch?v=q6R5M52lqlw"


    dessen "Espana"


    "http://www.youtube.com/watch?v=x5Lu7G3-7dE"

    ist angeblich auch von Chabrier geklaut. Ich dachte freilich, daß sowohl Chabrier als auch Tschaikowsky sich ihrerseits bei volkstümlichen Melodien bedient hätten.
    Es ist den Schlagern jedenfalls gelungen, daß bereits bei einigen Originalen vorhandene Kitschpotential nochmal exponentiell zu steigern. :rolleyes:


    :hello:


    JR

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Dass klassische Themen zu Schlagern verwurstet werden, hat es schon immer gegeben. Da muß es Hunderte Titel geben!


    In meiner Zeit als professioneller Disc-Jockey habe ich gerne solche Platten aufgelegt und das Publikum dann raten lassen, welcher berühmte Komponist dahintersteckt. Da gab es dann was zu gewinnen (Gutschein für einen Longdrink z.B.; mein Vorschlag an den Chef, Konzert- oder Opernkarten zu verlosen, wurde abgeschmettert!)


    Machte trotzdem Spaß! (ist allerdings fast 40 Jahre her!)


    Hier ein Beispiel von damals:


    http://www.youtube.com/watch?v=mEr9mYSZfAA


    Wer "Verdi" errät, hat 99 Punkte! :pfeif: :pfeif: :pfeif:


    LG


    :baeh01: :baeh01:

    Harald


    Freundschaft schließt man nicht, einen Freund erkennt man.
    (Vinícius de Moraes)

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  • Weniger partytauglich, eher kammermusikalisch, aber auch so in etwa aus der Zeit von Henry Salvador: Les Quatre Barbus, die sich Rossinis Barbier-Ouvertüre angenommen haben. Nachzusehen hier



    Das Hotcha-Mundharmonika-Trio wirst Du aber wohl nie aufgelegt haben. Die Performance der "Ungarischen Rhapsodie Nr.2" möchte ich Dir daher nicht vorenthalten. War aber hauptsächlich eine Live-Nrummer der drei Holländer ( :hello: Paul).


    Liebe Grüße vom Thomas :hello:

    Früher ist gottseidank lange vorbei. (TP)
    Wenn ihr werden wollt wie eure Väter waren werdet ihr so wie eure Väter niemals waren.

  • eigentlich können Hummeln gar nicht fliegen, sie wissen es nur nicht....


    Aber auf den "Hummelflug" Boogie-Woogie zu tanzen, das machte damals Spaß:


    http://www.youtube.com/watch?v=GApq1XGzNNE


    aber es gab bei denen auch noch "Nut Rocker" von Tschaikowski und anderes mehr, heute noch beliebt - jede Menge Klassik:



    LG


    :hello:

    Harald


    Freundschaft schließt man nicht, einen Freund erkennt man.
    (Vinícius de Moraes)

  • Nun denn, eine gar treffliche Aufführung der Ouvertüre zu Rossinis Oper "Wilhelm Tell", ein Werk an dem sich Mundharmonika-Artisten auf der ganzen Welt versuchen. Vermeldet wird nun hier der Versuch eines jungen Debütanten am Baton, dieses Werk mit einem tierischen Orchester aufzuführen. Jahre später übergab dieser Star den Baton an Leopold Stokowski. Hier nun ein Einblick in dieses denkwürdige Konzert.


    Ergriffene Grüße vom Thomas :faint:

    Früher ist gottseidank lange vorbei. (TP)
    Wenn ihr werden wollt wie eure Väter waren werdet ihr so wie eure Väter niemals waren.

  • Mickey Mouse ist eigentlich eine andere Baustelle....


    Was den "Wilhelm Tell" anbelangt, habe ich auch ein schönes Beispiel - zwar noch etwas älter als "Pop und Rock" in der Überschrift:


    http://www.youtube.com/watch?v=jmOCPSraGqI&feature=related


    "Spike Jones and his City Slickers" - hier auf DVD dokumentiert:



    Überhaupt haben die Jazzer - besonders Dixies - schon immer gerne klassische Themen verarbeitet!


    LG


    :pfeif: :pfeif:

    Harald


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    (Vinícius de Moraes)

  • Ich kenn mich zwar im Pop/Rock-Bereich nur peripher in gewissen Bereichen aus aber habe auch schon zufällig so manche Entdeckung machen können - die hier wurden ja noch nicht genannt:


    Eric Carmen - All by myself (dieses selbst zur Genüge gecovert wie zB von Celine Dion)


    http://www.youtube.com/watch?v=PaCU4w2HTco


    und von wem könnte bei diesem :kotz: etwas entnommen sein?
    Jem - They


    http://www.youtube.com/watch?v=qSLvcJ4I1mw


    etwas schwerer aber ein hörenswerterer Song als der :stumm: zuvor:
    Billy Joel - Leningrad


    http://www.youtube.com/watch?v=sF5gdIhn5IY


    Von wem wurde hier was entnommen?
    Auflösung folgt falls noch was offen wäre.


    lg
    Thomas

    „Eine Erkenntnis von heute kann die Tochter eines Irrtums von gestern sein.” (Marie von Ebner-Eschenbach)

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  • Zitat

    Original von Thomas Pape
    Nun denn, eine gar treffliche Aufführung der Ouvertüre zu Rossinis Oper "Wilhelm Tell", ein Werk an dem sich Mundharmonika-Artisten auf der ganzen Welt versuchen. Vermeldet wird nun hier der Versuch eines jungen Debütanten am Baton, dieses Werk mit einem tierischen Orchester aufzuführen. Jahre später übergab dieser Star den Baton an Leopold Stokowski. Hier nun ein Einblick in dieses denkwürdige Konzert.


    Ergriffene Grüße vom Thomas :faint:


    Echt einmalig! :jubel: :D

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Zitat

    Original von Joseph II.



    Echt einmalig! :jubel: :D


    Ja, man beachte unbedingt die erotische Annäherung von Klarabella Kuh und Goofy ab 4:43 über die Instrumente :D :D :D


    Aber zurück zum Thema: Habe ich das übersehen oder sind tatsächlich die Salonorchester noch nicht genannt worden?


    Klassik im 3-Min-Format, das gab's schon früh; wer hatte schon ein Grammophon oder hatte die Möglichkeit zu attraktiven Opern- und Konzertbesuchen? Die Salonorchester machten die Musik in den Salons beim Tanztee u.ä. bekannt. Eigens geschriebene Charakterstücke, die heute niemand mehr kennt (wie etwa "Der Rose Hochzeitszug") standen ebenso auf dem Programm wie Operetten- und Opernpottpourris und natürlich prominente Einzelarien, instrumental oder begleitend. Top-Orchester waren die von Marek Weber oder Dajos Bela.


    Vor einigen Jahren ist die Salonmusikkultur wohl wieder aufgelebt. Ein Beispiel dafür ist das Salonorchester Cölln



    Und vergessen wir mal nicht die Umarbeitungen der Werke durch die Komponisten selbst. Mir fällt da gerade die Harmoniemusik zur "Entführung" ein, KV. 384 :baeh01:



    Ein Highlight auf jedem kultivierten Schützenfest. :pfeif:


    Liebe Grüße vom Thomas :hello:

    Früher ist gottseidank lange vorbei. (TP)
    Wenn ihr werden wollt wie eure Väter waren werdet ihr so wie eure Väter niemals waren.

  • Aus meiner Sicht gut gelungen:


    Fauré, Pavane op. 50 als Vorlage für Xzibit, Paparazzi - ein echtes Rap-Stück.


    Aber ich mag ja im Prinzip diese Bearbeitungen (siehe die Crossover-Threads), wenn auch ein "würdevoller Schreittanz" wie die Pavane nicht so recht zu einem Rap zu passen scheint. Xzibit hangelt sich übrigens außerordentlich eng am Original entlang.


    Müßte eigentlich was für den Lullisten sein...

  • In dem Ken Rusell - Film "China Blue bei Tag und Nacht", Originaltitel "Crimes of Passion" dient in allen möglichen Arrangements Dvoraks 9. als Soundtrack.


    Bei dem Film selbst handelt es sich um einen quietschbunten Erotikthriller aus den 80ern, in dem Kathleen Turner für die Erotik und Anthony Perkins für den Thrill zuständig ist.
    Der Film selbst ist bis auf die Filmmusik nichts besonderes, halt so 80er-Jahre.Trash, wobei diese Filmmusik überwiegend aus Dvoraks 9. besteht, die für eine Vielzahl unterschiedlicher Pop und Rock Richtungen eingerichtet und auf erstaunlich intelligente Art und Weise voll in die Handlung integriert ist: Mal tönt sie als Schlager aus einem Radio, mal rockt sie in einer Rockerkneipe, mal wird´s von einem Protagonisten in einem dunklen Keller gepfiffen, und, und, und.



    So mies dieses Filmchen eigentlich ist, für den Soundtrack hat sich Ken Rusell, der Regisseur, und Rick Wakeman, der Komponist, erstaunlich viel Mühe gegeben.


    Viele Grüße
    John Doe

  • Zitat

    An anderer Stelle erwähnte ich auch Emerson, Lake and Palmer - die in den 70ern den Bilder einer Ausstellung eine ganze Doppel LP widmeten


    Zitat

    Da werden einfach musikalische Ideen von längst verstorbenen Komponisten genommen (teilweise weil den heutigen Bands selbst nichts einfällt)


    Zitat

    Noch vor ELP hat sich die Holländische Gruppe Exception mit Adaptionen klassischer Titel in Pop-Manier einen Namen gemacht und ist mit ihrer Version der 5. Beethoven die Charts hinaufgestürmt. War ganz nett und in einzelnen Fällen funktioniert es auch irgendwie, aber es zeigt sich dabei, dass im Pop-Bereich meist zuwenig Substanz bei der Verarbeitung musikalischer Themen vorhanden ist.


    Hallo,


    habe gerade diesen thread entdeckt und - aus Zeitgründen - nur den Beginn gelesen. Aus Zeitgründen auch nur einige wenige Anmerkungen.


    Ende der 60er Jahre begann das mit dieser Art von Musik, ob es sich nun um Zitate handelte oder um Arrangements (Adaptationen) oder eine klassische Besetzung (Beatles: Streichquartett in "Yesterday").


    Eine der ersten Gruppen, die sich dies zum Prinzip machten, waren "The Nice", ein Quartett, später Trio um den Tastenmann Keith Emerson. Eine Band, die auch vor Einfällen sprühte und durchaus nicht nur klassische Anleihen machte. Hier finden wir bereits vieles: kurze Zitate, Werke für Band und Orchester ("Five Bridges Suite"), Verarbeitungen barocker Werke (Country Pie / Brandenburger: Bob Dylans Song und Bachs Werk, mit hervorragender Orgel-Improvisation), eigene Stücke.


    Rick van der Linden, 2005 verstorbener klassischer Konzertpianist, besuchte Ende der 60er Jahre ein Konzert der "Nice" und beschloss, in dieser Richtung zu arbeiten.
    Er gründete die holländische Gruppe "Ekseption" (man beachte die Schreibweise!). Auch diese Gruppe bediente sich nicht nur klassischer Themen, sondern spielte auch eigene Werke. Nach dem kurzzeitigen Ausstieg von v. d. Linden gab es 2 LPs, die in eine andere Richtung gingen. Mindmirror" bspw. ist etwas ganz anderes.
    Van der Linden gründete ein Rock-Klassik-Trio, mit dem er drei Alben einspielte. Die Supergruppe nannte sich Trace.
    EIne andere holländische Gruppe waren "Focus" um den Keyboarder Thijs van Leer und den Super-Gitarristen Jan Akkerman.


    Inzwischen hatte Emerson seine ersten beiden LPs eingespielt; die neue Gruppe hieß Emerson, Lake & Palmer, kurz ELP. Die "Bilder einer Ausstellung", sehr bekannt geworden (keine Doppel-LP!), sind IMO ein eher weniger gelungenes Album der Gruppe, obwohl die aggressive Blues-Improvisation nach "The Sage" über das Thema "Das alte Schloss" hervorragend gelungen ist. Man höre deren erste LP, oder die zweite Rocksuite "Tarkus", ein Meisterwerk. Ihre große Zeit hatten sie nochmals auf der Welttournee 1974 - man höre sich in dieses hervorragende 3er-Live-Album ein. Und, wie gesagt: Nicht immer nur klassische Anleihen!
    Ende der 70er trat Emerson mit einem eigenen Klavierkonzert auf - zu finden auf "Works I".


    Klassik-Rock-Gruppen hatten oft ausgezeichnete Tastenmänner, ob van der Linden, Emerson oder Rick Wakeman (solo, Yes). Auch Procol Harum lebt vom Orgelsound, Deep Purple in ihren klassischen Phasen vom Gegensatz Jon Lord - Richie Blackmore.


    Was die "Ideen längst verstorbener Komponisten" betrifft: Bach & Co. haben sich ständig anderer Themen bedient, auch Mozart z. B. in der Ouvertüre seiner Zauberflöte: Das fugierte Allegro-Thema stammt nicht von ihm, sondern von Clementi.


    Dennoch ist festzustellen, dass der Verwendung klassischer Themen oft keine Verarbeitung folgte. Aber darum ging es in dieser Art von Musik ja auch weniger, einer Musik, die (auch) von Lautstärke, Rockfeeling und Sound lebte. Und meist waren die Gruppen dort am besten, wo das Klassische weggelassen wurde.


    Wenn ich allerdings höre, wie sich manche dieser Musiker entwickelt haben, welchen musikalischen Weg sie z. T. bis heute gegangen sind, dann kann ich vor so manchem nur meinen Hut ziehen auch wenn ich gerade keinen trage.


    Andere Gruppen - in den späten 60ern - spielten Barock original nach, allerdings leicht verjazzt. So die Vocal-Gruppe "The Swingle Singers", die v. a. Bach sang ("badabada"), verswingt, mit Kontrabass und Schlagzeug, oder das Jaques Loussier-Trio (Klavier, Bass, Drums) mit seinen "Play Bach"-Alben.


    Genug. Ich lasse hier noch eine Kopie dreier Seiten folgen, die ich vor vielen Jahren mal für Schüler zusammenstellte.


    Good night, und sorry, falls auf die Schnelle ein paar Rechtschreibfehler reingerutscht sein sollten. Es ist schon spät...


    WG :hello:




    Die Verbindung von Rockmusik und Kunstmusik



    Zum Terminus "Kunstmusik": Im heutigen Sprachgebrauch ist es üblich, zwischen "ernster Musik" und "Unterhaltungsmusik" zu unterscheiden.
    Als ernste Musik gilt dabei jene Art von Musik, die gemeinhin auch als "klassische Musik" bezeichnet wird: die Musik des Abendlandes, die mit dem frühchristlichen Kirchengesang spätestens im 4. Jh. begann, sich über den Gregorianischen Choral weiter zur Mehrstimmigkeit um 1200 entwickelte, dann die Epochen der Renaissance, des Barock, der Klassik/Romantik sowie unser Jahrhundert prägte (vgl. die Kopie "Epochen"). Diese vielfältigen musikalischen Stile wurden immer als höherstehend gegenüber jener Musik erachtet, die - meist mündlich überliefert - in breiten, meist "unteren" Schichten des Volkes ("Volksmusik") ausgeübt wurde (z. B. Tanzmusik auf dem Marktplatz).


    Bei genauerem Nachdenken kommt man zu dem Schluss, dass Begriffe wie "klassische" oder "ernste" Musik nicht so recht greifen:
    Der Terminus "klassische Musik" z. B. hat verschiedene Bedeutungen:
    - er meint die Musik der Klassik bzw. der Wiener Klassik - der Epoche zwischen Barock und Romantik -, also v. a. die Musik Haydns, Mozarts und Beethovens;
    - "klassisch" als geschichtsunabhängiger Wertungsbegriff - z. B. eine klassische Autoform, im Sinne zeitloser Eleganz - meint eine Musik, die gewisse herkömmliche Merkmale klassischer Kunst schlechthin aufweist, z. B. "Einheit von Inhalt und Form", "Einheit in der Mannigfaltigkeit" usw. Aber viele dieser Merkmale finden sich nicht in gewissen "klassischen" Epochen (Spätmittelalter, Romantik, Expressionismus);
    - alle Werke mit gehobenem ästhetischen Anspruch sind gemeint - dies ist sehr bedenklich.


    Aber auch der Begriff "ernste Musik" - im Gegensatz zur (leichten) Unterhaltungsmusik - hat seine Tücken:
    - Was ist ernst? Erhaben, heroisch, religiös, traurig etc.? All dies passt wohl zu einer Heldensinfonie oder einer Totenmesse (Requiem); der Großteil im bisherigen Schaffen der Musikgeschichte diente aber der Erholung, Unterhaltung und gelockerten Geselligkeit, auch dem intellektuellen und sinnlichen Vergnügen. Erst heute umgibt man diese Werke mit einer lebensfernen Feierlichkeit. Als Beispiel typisch "unernster" klassischer Werke seien hier die Madrigale (weltliche Lieder) des 16./17. Jhs., die Komischen Opern in Italien, Frankreich und Deutschland, Bachs Bauern- und Kaffeekantate oder Mozarts Kleine Nachtmusik genannt.
    - Auch Rock kann ernst sein, wenn sie z. B. Schmerz, Konflikt, Einsamkeit oder Zeitkritik zum Thema hat.


    Nicht eingebürgert hat sich der Terminus "Bildungsmusik". Er trägt dem Selbstverständnis des Bildungsbürgers Rechnung, der in der Rockmusik das "Ungebildete" verachtet. Denn Rock gehörte bisher nicht zur sog. Bildung; Kenntnisse auf diesem Gebiet konnte man nicht zur Schau tragen - im Gegensatz zu Bereichen wie Theater, Kunst, Literatur, Malerei. Aufgrund allg. Nivellierungstendenzen zum Ausgang dieses Jahrtausends ist es inzwischen jedoch durchaus möglich, sein Wissen über Bereiche der "Unterhaltung" als Bildung darzulegen.


    Bliebe der Begriff "Kunstmusik", der auf die Art und Weise der Kom-position (zusammen-setzen, -stellen) als künstlerisch-handwerklicher Schaffensakt Bezug nimmt.


    Inwiefern nun näherte sich die Rockmusik dem Bereich der Bildung, der Kunst an?
    Zunächst textlich, wie das Sgt. Pepper's-Album der Beatles (1967) bereits zeigt: Neben Liedermachern (Leonhard Cohen, Bob Dylan), bei denen der Text von großer Bedeutung ist und die Musik als Transportmittel dient, verwendeten auch Gruppen, bei denen Musik und Text mindestens gleichrangig waren, oft dichterische Texte (nicht nur "Love", "Baby", "Sweet"), so Genesis, Pink Floyd, Van der Graaf Generator, Cat Stevens.
    Die Verbindung von Rockmusik und Kunstmusik wird allgemein als "Klassik-Rock" oder "Baroque Rock" bezeichnet. Letztere Bezeichnung geht wohl darauf zurück, dass Rockbands immer wieder Musik des Barockzeitalters aufgriffen, allen voran die Musik von J. S. Bach, die insofern zum "Verrocken" geeignet ist, als sie polyphon ist, eine selbstständige geführte Bassstimme enthält und dennoch harmonisch ist. Im Barock wurde damals oft improvisiert, was ebenfalls der Rockmusik entgegenkommt.






    Rock und Kunstmusik: Drei Möglichkeiten der musikalischen Annäherung bzw. Verbindung

    Zitate
    Der Rockmusiker zitiert eine Melodie oder einen musikalischen Abschnitt, den er der „Klassik“ entlehnt. In einem Rockstück tritt z. B. ganz unvermittelt eine kurze Passage aus einem klassischen Werk auf.
    - Dies kann mit der Absicht geschehen, eine absurd-witzige Wirkung zu erzielen. Bsp.: Zu Beginn der Rock'n'Roll-Nummer "Roll over Beethoven", einer Bearbeitung eines Chuck Berry-Liedes, zitieren ELO (Electric Light Orchestra) den Beginn von Beethovens Fünfter Symphonie;
    - die dahinterstehende Absicht kann die sein, den Bildungshintergrund des Musikers zu bekunden;
    - ein solches Zitat kann durchaus den Wert des Rockstückes heben.


    Arrangements
    ganzer (klassischer) Stücke im zeitgemäßen Rockidiom, d. h. Bearbeitung einer musikalischen Vorlage durch Umrhythmisieren, Rock-Besetzung etc. Wird ein klassisches Werk "verrockt", so spricht man auch von Adaption oder Adaptation. Adaption ist also ein Sonderfall des Arrangements und verläuft nur von Klassik in Richtung Rock, während Arrangement in beide Richtungen verläuft.


    Stilzitate
    schaffen am ehesten einen Ausgleich zwischen Rock und Kunstmusik:
    a) Verwendung von Techniken/Formprinzipien der Kunstmusik (polyphone Schreibart, "klassische" Stimmführung, etc.);
    b) Verwendung von Gattungen/Formen der Kunstmusik: Messe, Fuge, Suite, Variation, Großformen etc.;
    c) Verwendung von einzelnen Instrumenten des klassischen Orchesters (Violine, Cello, Oboe, Flöte etc.), auch Zusammenspiel von Rockband und Orchester. Die Beatles verwendeten als erste Band ein Streichquartett ("Yesterday", 1965).


    Zwei weitere Möglichkeiten der Verarbeitung klassischer Werke:


    Erweiterung des klassischen Materials durch neu komponierte Abschnitte
    Textierung rein musikalischer Stellen (Schreiben von Texten)



    Bekannte Gruppen:
    The Nice verarbeitete als erste Band erfolgreich und einigermaßen originell klassische Musik im Rockidiom. Keith Emerson benutzte als erster kontinuierlich klassisches Material in der Rockszene und schuf damit eine Basis, auf der andere Bands stilistisch aufbauen konnten. Besetzung: Emerson (Orgel, Klavier), Lee Jackson (Gesang, Bass), Brian Davidson (Schlagzeug). Emerson arbeitet als einer der ersten mit Orchestern.
    Ekseption: Holländische Popgruppe, die sich 1968 um den Konzertpianisten Rick van der Linden und den Trompeter Rein van den Broek formierte. Angeregt durch ein Konzert der "Nice", wollte Ekseption eine Einheit aus Pop, Jazz und Klassik schaffen. Manche Kritiker warfen der Gruppe ein plakatives Aneinanderreihen "schöner klassischer Stellen" vor; dennoch galt Ekseption jahrelang als eine der erfolgreichsten Bands Europas. Rick v. d. Linden steuerte zudem viele Eigenkompositionen bei. Den internationalen Ruhm der Gruppe begründete der Hit "The Fifth", basierend auf Beethovens 5. Symphonie mit collagenartiger Einblendung bzw. Aneinanderreihung weiterer Zitate aus zwei Beethovenschen Klaviersonaten; umrahmt wird das Stück durch den originalen Orchesterpart. Besetzung: keyb., bg., dr., tp., sax.,/fl. Weiterentwicklung dieser Stilrichtung mit stärkeren Rockelementen im Klassik-Rock-Trio Trace.
    Emerson, Lake & Palmer: Gelten neben Pink Floyd und Cream als eine der bedeutendsten Supergruppen; Nachfolgegruppe von "The Nice". Bekannt wurden ELP durch die Bearbeitung der "Bilder einer Ausstellung" von Modest Mussorgsky. Die Musik von ELP ist stilistisch sehr vielfältig und differenziert und beschränkt sich in keiner Weise auf Klassik-Bearbeitungen. Die Art und Weise, wie Emerson, der neben Flügel und Hammondorgel als erster den Synthesizer live auf die Bühne brachte, seine Instrumente behandelte, brachte ihm den Ruf eines "Jimi Hendrix der Tasteninstrumente" ein. Emerson komponierte auch ein eigenes Konzert für Klavier und Orchester, das er selbst aufführte. Die Besetzung dieses Rocktrios: Keith Emerson (keyb.), Greg Lake (voc., bg.), Carl Palmer (drums).
    Focus: Holländische Gruppe um Thijs van Leer (keyb., fl) und Jan Akkerman (g). Rockmusik im klassisch-romantischen Stil, meist ohne direkte Zitate oder leere Bildungsgesten. Sehr differenziertes, breit gefächertes Repertoire zwischen Rock, Jazz und Kunstmusik. T. v. Leer schrieb auch eine Klassik-Pop-Messe.
    Weitere Gruppen: Procol Harum, ELO, Rick Wakeman mit Yes, Jethro Tull u. a.




    Stichworte zum Thema Klassik-Rock


    Adaption, Adaptation: "Verrocken" einer musikalischen Vorlage, wobei es sich bei dieser nicht nur um ein musikalisches Motiv oder Thema handelt (vgl. "Zitat"), sondern um eine vollständige Komposition oder zumindest einen längeren Ausschnitt daraus. Mittel: Rockinstrumentarium, Umrhythmisierung (durchgehender Beat), Klangverfremdung (Filterung, Echowirkung etc.).


    Arrangement: Bearbeitung einer musikalischen Vorlage, v. a. durch Glättung der Stimmführung (weniger polyphon), Übertragung der Originalstimmen auf andere Instrumente, besonders Orchestrierung unter Hinzuziehung von Streichern und Bläsern bis hin zur Einfügung neuer Abschnitte.


    Collage: In den Bildenden Künsten ist ein Bild gemeint, auf das in künstlerischer Absicht Plakatfetzen, Textilien und Alltagsgegenstände geklebt sind. Musikalisch meint der Begriff die Technik, die stilistisch auseinanderliegende, fertige Klangelemente miteinander verbindet (gleichzeitig oder sukzessiv). Allerdings beschränkt sich die Collage musikalisch oft auf die Aneinanderreihung bzw. das Beisammensein unterschiedlicher Musikstellen und Alltagsgeräusche.


    Concept Album: Der Begriff Album stammt noch aus der großen Zeit der LP (Langspielplatte): Einzel- oder Doppel-LPs wurden in z. T. kunstvollen, aufwändig bemalten oder mit Fotografien übersäten, oft aufklappbaren Plattenhüllen (aus Karton) im Handel angeboten. Damals sammelte so mancher, vom jugendlich-naiven bis hin zum intellektuellen Fan, Platten und Plattenhüllen seiner bevorzugten Gruppe(n). Die CD hat diese Art von Sammelleidenschaft beendet.
    Als Concept Album gilt eine LP, die im Hinblick auf Text oder/und Musik ein geschlossenes Ganzes bildet, also auf irgendeine Form von Einheit hin konzipiert ("Konzept") ist. Dieser Werkcharakter ist in der klassischen Musik die Regel, während im Rockbereich die Nummern-LP vorherrscht, auf der die einzelnen Lieder wie Nummern aneinandergereiht sind.


    Möglichkeiten:
    - Lieder, die inhaltlich zusammengehören, bilden einen Zyklus;
    - ein Handlungsstrang, der sich wie ein roter Faden durch das Album zieht (eine Geschichte o. ä.);
    - ein musikalisches Thema taucht immer wieder auf und hält das Werk zusammen;
    - die Platte oder zumindest je eine Plattenseite besteht aus nur einem einzigen Musikstück.


    Als erstes Concept-Album gilt "Absolutely Free" von den Mothers of Invention mit Frank Zappa, 1967; das "Sgt. Pepper's Lonely Hearts Club Band"-Album der Beatles einen Monat später zeigt ebenso Einheitscharakter (Rahmen, Textzusammenhang, fast symmetrische Anordnung der Tonarten der Einzelnummern). Weitere Concept Alben stammen von Ekseption (Beggar Julia's Time Trip), Rick Wakeman ("The Six Wives of Henry VIII", "The Myths and Legends of King Arthur and his Knights"), ELP ("Carn Evil Suite"), Colosseum, Focus u.a.
    Rockoper, Rock-Oratorium, Rock-Messe und Rock-Suite gehören ebenfalls hierher.


    Eklektizismus: Übernahme fremden Gedankenguts oder fremder Stile, auch Mischen derselben. Hier besteht die Gefahr, dass die eigene schöpferische Leistung, die "Kreativität", sofern vorhanden, verloren geht.


    Rockoper: Der Terminus kann sich ganz allgemein auf ein Concept Album, aber auch auf eine mit Rockmusik vertonte Handlung beziehen. Teilweise in der Musical-Tradition wurzelnd: "Hair" 1968, "Jesus Christ Superstar": Wechsel von gesprochenen Texten und Musik; "Tommy" von Pete Townshend und The Who, 1969.


    Rock-Suite: Suite bezeichnet seit dem 16. Jh. eine Folge von Musikstücken (Tanzsätzen). Im Rockbereich kann, wie beim Concept Album, Verschiedenes gemeint sein: ein längeres Musikstück, das entweder einen außermusikalischen Gedanken verfolgt oder ein musikalisches Thema als (wiederkehrenden) Refrain in einem strophischen Gebilde verwendet; Jon Lords "Gemini Suite" von 1971 besteht aus einzelnen, voneinander unabhängigen Musikstücken.

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  • Aloa,


    meiner Meinung nach kann man das nicht so grundsätzlich sagen...es ist immer eine individuelle Entscheidung, je nach Art der Bearbeitung des jeweiligen Stücks.


    Grundsätzlich verkehrt oder falsch ist es auf gar keinen Fall, aber man sollte auch nie das originale Klassik-Stück vergessen.


    :hello:


    lg Helge

  • Die Fauré-Quartett-CD geht ja die umgekehrte Richtung: Pop etc. goes classic.


    In diesem Bereich - wer gern auf ältere Popmusik steht - ist auch die CD "Beatles go Baroque" angesiedelt, wo 20 eher bekannte Beatles-Songs von einem Orchester zu Concerti grossi im Stile Vivaldis, Bachs und Händels verarbeitet werden (z. B. Michelle als Fuge). Wer's denn mag..., hier der Link bei amazon:


    http://www.amazon.de/Beatles-B…o-grosso-No/dp/B0000270KA


    Christoph

  • Die von Christoph Wandergeist verlinkte Barock-Beatles-CD höre ich eigentlich recht gerne.Das markante - und geläufige - melodische Material, das die Beatles zur Verfügung gestellt haben, wird keineswegs nur angekratzt (quasi im Stil von "Rondo Veneziano" oder ähnlichem Flachsinn). Es wird freilich auch nicht im Sinne von Jazz-Standards als Basis virtuoser Improvisationen benutzt, die bei allem künstlerischen Anspruch sich oftmals sehr weit entfernen von ihrem Ausgang.


    Stattdessen wird wirklich versucht, die stilistische Eigenart eines Händel, Bach oder Vivaldi nachzuempfinden und dabei die Beatles nicht zu vergessen. Bisweilen werden auch unverwechselbare originale Floskeln der Barockkomponisten mitverwoben.


    Aber man kann über den authentischen Reiz der Musik gewiss geteilter Meinung sein.


    Besten Gruß, Wolfgang

    Lieber Fahrrad verpfänden denn als Landrat enden!

  • Hi WolfgangZ,


    sehe ich genauso!


    Zitat

    Aber man kann über den authentischen Reiz der Musik gewiss geteilter Meinung sein.


    Was dies betrifft: Vergessen wir nicht, dass Bearbeitungen im Barock gang und gäbe waren. Es wurden meist Themen anderer Komponisten zur Grundlage genommen, aber auch ganze Konzerte auf andere Instrumente umgeschrieben, z. B. Bachs Bearbeitungen Vivaldischer Konzerte für Orgel.


    Bei den Beatles-Songs werden sowohl Themen verwendet, als auch - meines Wissens - in erster Linie die ganzen Songs (Melodik, Rhythmik, Harmonik).
    Muss mir die CD mal wieder auflegen, um das zu überprüfen... Ist schon lange her. Als ich vor über 20 Jahren mit Musikunterricht anfing, konnte ich den Schülern noch solche Titel vorspielen, und sie sollten raten, um welche Stücke es sich handelt. Später wurde es notwendig, immer auch die Originale laufen zu lassen, um den Jugendlichen überhaupt ein Erkennen zu ermöglichen. Heute: Da sind die Beatles schon ziemlich (zu?) weit weg.


    Am Rande: Heute führte ich, als Abschluss einer Mussorgsky-Bilder einer Ausstellung-Einheit, Ausschnitte der Emerson, Lake & Palmer-Version vor. Ich entdeckte den Film 1979 und war damals ganz begeistert; heute denke ich vollkommen anders, und bei Schülern kommt diese Art von Musik schon lange nicht mehr an. Eher als Zeitdokument (erste Klassik-Rock-Versuche, Riesen-Synthesizer auf der Bühne).


    LG, Christoph :hello:

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  • Zitat

    In dem Ken Rusell - Film "China Blue bei Tag und Nacht", Originaltitel "Crimes of Passion" dient in allen möglichen Arrangements Dvoraks 9. als Soundtrack.
    Bei dem Film selbst handelt es sich um einen quietschbunten Erotikthriller aus den 80ern, in dem Kathleen Turner für die Erotik und Anthony Perkins für den Thrill zuständig ist.
    Der Film selbst ist bis auf die Filmmusik nichts besonderes, halt so 80er-Jahre.Trash (...) So mies dieses Filmchen eigentlich ist, für den Soundtrack hat sich Ken Rusell, der Regisseur, und Rick Wakeman, der Komponist, erstaunlich viel Mühe gegeben. (John Doe / 2009)


    Der zitierte Beitrag ist zwar schon von 2009, verdient aber trotzdem noch einen Kommentar. John Doe liegt völlig richtig, wenn er die originelle und ohrwurmartige Filmmusik a la Dvorak hervorhebt, aber soo mies, wie er schreibt, ist der Film nicht. Die hervorragende Besetzung und vor allem Ken Russells Regie machen aus dem Film um eine Hure und einen - vorerst - "gutbürgerlichen" Ehemann einen beeindruckendes, freizügiges und provozierendes Werk.
    Um zu zeigen, dass es hier wirklich nicht um Trash geht, sei nur auf das Thema Freiheit verwiesen, um das es immer wieder geht: In ihrer ersten Szene verkleidet sich China Blue für einen Freier als Lady Liberty (Freiheitsstatue) und der sie verfolgende "Reverend" versucht ständig, sie (anfangs von der Sünde, später sogar von ihrem Leben) zu befreien oder von ihr befreit zu werden. Auch die vermeintliche Freiheit durch den bewussten Weg zur Prostitution oder den Ausbruch aus der bürgerlichen Moral gehört zu diesen Themenkreis.
    Natürlich bleibt der Film wegen seiner offenherzigen Machart Geschmackssache, aber mieser Trash sieht wirklich anders aus.


    PS: Allerdings muss ich zugeben, dass China Blue nicht an Russells Meisterwerk The Devils heranreicht, dass in England und den USA Zensurgeschichte geschrieben hat.