ZitatOriginal von Alfred_Schmidt
Ich stelle mir überhaupt die Frage welche Eigenschaften zum Genuss solch einer Kantate nötig sind, kann jemand der Agnostiker ist von der textlichen Seiter her überhaupt Zugang zu solch einem Werk finden ?
Das ist zwar einerseits keine uninteressante Frage, andererseits wundert mich, dass gerade Du sie aufwirfst, Alfred! Du hast doch auch sonst keine Probleme damit, Musik einfach nur als "schön", ohne Bohren nach tieferer Bedeutung wahrzunehmen, oder sehe ich das falsch?
Das geht mit Bach ganz genauso wie anderswo und obwohl es natürlich ebenso wie bei anderer Musik meistens eine gewisse Verkürzung ist,kann man sich durchaus mal auf diesen Aspekt beschränken, man kann nicht immer alles berücksichtigen. Das klappt bei Bach vielleicht sogar besser als bei anderen Komponisten, weil immer viel musikalische Substanz und Komplexität da ist.
Ich finde solche Choralsätze wie den Eingangssatz, rein musikalisch, faszinierend. Spannender als viele Fugen u.ä., weil in gewisser Weise frei und flexibel, aber dennoch gebunden durch den Cantus firmus, die Choralmelodie. Ich habe keine Schwierigkeiten, etwa die Steigerung bei "Steh, auf, steh auf,...." erstmal unabhängig vom Text als musikalische Verdichtung/Steigerung zu hören.
(in der Tat habe ich bei etlichen dieser choralbasierten Kantaten eher Schwierigkeiten, für den Rest noch Interesse aufzubieten, weil der erste Satz mit großem Abstand der längste und komplexests ist, das andere klappert irgendwie nach ;))
Und die mittlere Strophe (Zion hört die Wächter singen bzw. die Orgelversion als Schüblerscher Choral) mit der tänzerischen Melodie hat Ohrwurmqualitäten und fehlt auf keiner Bearbeitungsplatte von Loussier über W. Carlos zum Modern Jazz Quartet... meinem Eindruck nach zusammen mit "Air", Toccata&Fuge d-moll und "Jesu bleibet meien Freude" das populärste Stück von Bach
viele Grüße
JR