Hallo,
mit der Vorstellung des Huelgas Ensembles möchte ich eine lose Reihe von Vorstellungsthreads über herausragende Ensembles verschiedenster Art aus dem Bereich der Alten Musik abseits der bekannteren wie Musica Antiqua Köln, Les Arts Florissants oder dem Concentus Musicus Wien beginnen (obwohl selbst die teilweise noch keinen eigenen Thread haben). Ich muß zwar befürchten, dass das wiedermal hauptsächlich eine Privatveranstaltung für BigBerlinBear, den Lullisten und mich wird, aber genau dagegen soll diese Serie u.a. auch Abhilfe schaffen, indem lohnenswerte Einspielungen und interessante Künstler bekannter gemacht werden. Und ich hege die leise Hoffnung, durch die etwas stärkere Präsenz dieses sehr weit gefassten Bereichs der Klassik ein wenig Verstärkung von schreibwilligen und -wütigen Liebhabern dieser Musik zu bekommen.
-------------------------------------
Kommen wir nun zum eigentlichen Thema dieses Threads, dem Huelgas Ensemble unter der Leitung des Belgiers Paul van Nevel.
Das Ensemble entstand 1971 an der Schola Cantorum Basiliensis. Man feiert heuer also das 35-jährige Bestehen, u.a. mit einer live-CD außergewöhnlicher Werke der Renaissance, auf die ich später noch eingehen möchte. Bedenkt man, dass ganz am Anfang die zeitgenössische Musik im Fokus des Interesses stand, so verwundert es, dass das Huelgas Ensemble heute einzig als Maßstäbe setzende Interpreten der Musik des Mittelalters und der Renaissance bekannt ist. Eine erstaunliche Wandlung, die schon sehr bald nach der Gründung stattgefunden haben muß - ich kenne jedenfalls nichts Zeitgenössisches mit diesem Ensemble.
Gründer und nach wie vor auch Leiter des Huelgas Ensembles ist der belgische Musikwissenschaftler und Dirigent Paul van Nevel. Seinen umfangreichen und zeitraubenden Archiv- und Bibliothekenumgrabungen verdanken wir eine große Zahl von Wiederentdeckungen an herausragenden Werken der frühen Musik. Zu seiner Spürnase kommt der Vollblutmusiker, der die entdeckten Schätze in herausragender Weise wieder zu Gehör zu bringen weiß.
Paul van Nevel
Van Nevel hat dazu ein Ensemble geformt, das noch immer konkurrenzlos in seiner Qualität ist. Einer der unerreichten Vorzüge ist der äußerst homogene Klang mit perfekter Balance zwischen den Stimmen. Dabei singen alle ganz frei und gelöst, niemand forciert (wie das z.B. oft bei englischen Ensembles in den tieferen Männerstimmen ist). Das Ergebnis ist ein großer, reicher und ganz natürlicher Klang. Dazu kommt eine perfekte Intonation und die große Gestaltungskraft und der Pioniergeist van Nevels. Beste Voraussetzungen also, um Großes bei der Urbarmachung der Renaissancemusik zu leisten. Und das hat das Huelgas Ensemble in der Tat geschafft und etliche Komponisten den Schleier des Vergessens entrissen und deren Werke in maßstäblichen Aufnahmen einer breiteren Hörerschaft zugänglich gemacht. Doch davon mehr in den folgenden postings...
Huelgas Ensemble im Konzert, die kreisförmige Aufstellung der Sänger ist übrigens sowas wie ein Markenzeichen.
Ich weiß, dass es etliche Forianer gibt, die schon Aufnahmen mit dem Huelgas Ensemble kennen und schätzen, deshalb beginne ich die Reihe damit; in der Annahme, dass in diesem Thread oben befürchtetes Szenario nicht eintritt und ich nicht gleich am Anfang Frust schieben muß.
herzliche Grüße,
Thomas