Andreas schrieb:
"Das Wort "minderwertig" gefällt mir hier nicht - es trifft nicht den Kern der Sache. Für mich geht es bei der Bewertung einer Interpretation darum, ob der Wille des Komponisten respektiert wurde. Sowohl Couperin als auch Rameau sind beim Komponieren von den spezifischen klanglichen Möglichkeiten französischer Cembali ausgegangen. Aus welchen Grund sollte man dies einfach missachten und ihre Musik auf einem Instrument spielen, das diese spezifischen Möglichkeiten nicht hat und für das sie nicht komponiert wurde? Um dem "modernen" Hörer entgegenzukommen, dem der Klang des Cembalos fremd ist? Oder gibt es hier möglicherweise tiefergehende Argumente, etwa in der Richtung, dass der Interpret die Musik als vom Klang des Cembalos unabhängig empfindet?"
Ein solches Argument wäre zB, daß schon zu Lebzeiten Werke für andere Instrumente umgeschrieben wurden. Man denke da etwa an J.S.Bach. Zwar bleibt es ein Unterschied, ob der Komponist sein Werk für ein zeitgenössisches Werk umschreibt, oder ob eines benutzt wird, das es damals noch nicht gegeben hat. Aber prinzipiell ist die Möglichkeit gegeben.
Weiter kann man auch den Standpunkt vertreten, daß der Wille des Komponisten nicht ausschlaggebend ist, zumal dann, wenn man gar nicht 100% weiß, wie dieser Wille bei Rameau ausgesehen haben könnte. Hat er vielleicht selbst Verzierungen bei einer konzertanten Aufführung weggelassen? Oder zusätzliche improvisiert?
Ausschlaggebend ist meiner Meinung nach eher das Stück selbst. Welche Substanz hat es, was kann ein Pianist interpretatorisch oder durch Verwendung eines anderen Instruments herausholen? Überzeugt das Stück dann noch oder ist es eine Karikatur?
Und da muß ich im Falle Tharauds (Hewitt kenne ich noch nicht) sagen, daß mir de Klang seines Flügels sehr gefällt. Viel besser als der Klang eines Cembalos. Wobei ich mit Dir übereinstimme, daß es sich nicht nur um eine Geschmacksfrage, sondern um etwas substanziell Anderes handelt. Ebenfalls d'accord gehe ich mit Hildebrandt, wenn er schreibt, das Klavier sei nicht das bessere Cembalo. Aber trotzdem bleibt die Feststellung, daß Rameaus Stücke auch auf einem modernen Flügel fabelhaft klingen!