Franz Schubert: Sinfonie Nr 8 h-moll D759 "Unvollendete"

  • Nachtrag:


    Schuberts h-moll-Symphonie gehörte zu den ersten Symphonien, die ich kennengelernt habe und war stets eine von denen, die ich am meisten gehört und geschätzt habe.
    Würde ich heute meine Liste mit den zehn Lieblingssymphonien aufstellen, wäre sie wieder dabei.


    Was immer auch Schubert bewogen hat, das Werk unvollendet zu lassen - auch IMO fehlt hier nichts; die zwei vorhandenen Sätze drücken wohl alles aus, was Schubert ausdrücken wollte.


    Frage: Gibt es eigentlich eine Aufnahme der "Unvollendeten", bei der noch das Scherzo soweit Schuberts Skizzen reichen (immerhin 112 Takte Klavierauszug, 20 Takte vollständige Partitur) mit aufgenommen wurden?


    Viele Grüße,
    Pius.

  • Hallo Pius. Deine Frage war:


    Zitat

    Frage: Gibt es eigentlich eine Aufnahme der "Unvollendeten", bei der noch das Scherzo soweit Schuberts Skizzen reichen (immerhin 112 Takte Klavierauszug, 20 Takte vollständige Partitur) mit aufgenommen wurden?


    Aber ja.


    Nicht nur das: Unser Freund Brian Newbould, als waschechter Wiener bestens mit dem Schubertschen Idiom vertraut, hat sie sogar ergänzt, und zudem noch schlüssig "bewiesen", daß die Zwischenaktmusik aus "Rosamunde" ursprünglich als Finale dieser Musik gedacht war.


    Das Ergebnis kann man auf dieser Aufnahme unter Charles Mackerras hören.



    Obwohl mein Klangideal (Wiener Philharmoniker/Böhm) ein anderes ist,
    muß man doch von einer gelungenen Aufnahm sprechen. Ich muß sagen, daß das , als ich sie vor über einem Jahr erwarb, nicht mein Eindruck war, aber heute finde ich sie sehr gelungen. Vieles was wir heute als absolut sehen, ist in Wahrheit nur das Urteil, ob und das geboten wird, was wir erwarten. Die Aufnahme ist relativ dynamisch, ein wenig schlank und geschärft, die "süssen" Stellen bleiben aber immerhin noch erhalten.
    Der dritte Satz ist, obwohl für mich ein Schock (Die Sinfonie ist ja schon aus) absolut hörenswert. Die hätte ich gern mal unter Böhm gehört.


    Aber der Idee , die "Rosamunde-Musik" als vierten Satz zu nehmen - diesem Gedanken kann ich nicht folgen - bzw will es auch nicht.


    Fazit (spitzte Zunge ausschalt) : Wenn Dich das Ergebnis interessiert bekommst Du eine durchaus hörenwerte Aufnahme, der 5. 8. und Neunten Schubert auf 2 CD zum Virgin Veritas Sonderpreis.


    Beste Grüße aus Wien


    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Hallo Pius!


    Ich scheue mich zu sagen, Schuberts "Unvollendete" sei gut und richtig so, wie sie ist - und damit quasi doch "vollendet". Man hört dies oft, aber ich halte es für eine romantische Überhöhung.
    Hätte Schubert die h-moll-Sinfonie tatsächlich vollendet, würden wir heute ganz selbstverstänlich beteuern, dass sie so und nicht anders sein müsse, und wir würden uns mit Grausen bei dem Gedanken abwenden, man würde sie womöglich nur zur Hälfte spielen.
    Das gilt übrigens auch für Bruckners Neunte und andere unvollendete Werke.


    Desgleichen halte ich es für problematisch, bei Schubert (oder Chopin und vielen anderen) von "Spätwerk" zu sprechen.
    Man stelle sich nur vor, Schubert hätte noch 30 oder 40 Jahre gelebt und komponiert. Was hätte das für ein "Spätwerk" werden können!
    Womöglich hätte er dann sogar noch Klavierkonzerte komponiert!


    Dahinter steckt der Gedanke des "kompletten" Genies. Aber wer sagt uns denn, dass all diese wunderbaren Menschen "fertig" waren, als sie starben? Sind wir nicht auch ein wenig anmaßend, wenn wir sie durch unsere verklärende Sichtweise des Potenzials einer weitergehenden Entwicklung berauben? Was spricht dagegen, dass Schubert die h-moll-Sinfonie nach ein paar Jahren wieder hervorgeholt und vollendet hätte?
    Gruß!

    "Muss es sein? - Es muss sein!" Grave man non troppo tratto.

  • Vielleicht haftet diesem Werk ein besonderer Nymbus an,weil es nicht fertigkomponiert wurde.Aber so wie es sich "unvollendet" anhört,ist es doch ein vollendetes Kunstwerk.Deshalb hat es in meinen Top Ten einen Stammplatz.

    Freundliche Grüße Siegfried

  • Zitat

    Was spricht dagegen, dass Schubert die h-moll-Sinfonie nach ein paar Jahren wieder hervorgeholt und vollendet hätte?


    Dagegen spricht, daß sie schon einige Jahre unvollendet in seiner Schublade lag. Sie scheint ihn nicht mehr inteeressiert zu haben - oder er hatte gestalterische Probleme mit ihr.


    Ein mögliches Problem KÖNNTE gewesen sein, PASSENDE Sätze zu komponieren, die der von Schubert angestrebten "Einheit" der Sinfonie entsprochen hätten.


    LG


    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Hallo,


    da muß man richtig stellen! Die h-moll Symphonie ist weder ein Spätwerk (sie entstand im Herbst 1822) noch gibt es Grund zur Annahme, dass Schubert sie jemals vollendet hätte.
    Er wurde 1823 vom Steiermärkischen Musikverein zu Graz zum Ehrenmitglied ernannt und bedankte sich mit der Übersendung einer Symphonie. Schubert schickte das Autograph(!) nach Graz, wo es bis 1865 bei Anselm Hüttenbrenner lag (A.H. war damals Obmann der Gesellschaft).


    Ein Komponist, der ein Werk widmet und das Autograph aus der Hand gibt, hat mit dem Opus wohl abgeschlossen. Überlegungen "was wäre wenn..." sind in so einem Fall völlig haltlose Spekulation.

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


  • ...zumal er ja auch das begonnene und nicht vollendete Scherzo abgetrennt hat, bevor er das Werk in den Briefkasten geworfen hat.


    LG
    Ulli

    Die Oper muss Tränen entlocken, die Menschen schaudern machen und durch Gesang sterben lassen.
    (Vincenzo Geilomato Hundini)

  • Sagitt meint:


    Die ZEIT würdigt ihn diese Woche ausführlich. Dies erscheint in diesem thread, weil seine Interpretation dieser Sinfonie für mich die überzeugendste ist. Es ist ein wenig dämonisch,ohne spätromantisch überfrachtet zu werden,sehr durchhörbar,unglaublich ausdifferenziert. Virgin steuerte seinerzeit ausgezeichnete Technik dazu.


    Happy birthday Sir Charles

  • Zitat

    Original von sagitt
    Sagitt meint:


    Die ZEIT würdigt ihn diese Woche ausführlich. Dies erscheint in diesem thread, weil seine Interpretation dieser Sinfonie für mich die überzeugendste ist. Es ist ein wenig dämonisch,ohne spätromantisch überfrachtet zu werden,sehr durchhörbar,unglaublich ausdifferenziert. Virgin steuerte seinerzeit ausgezeichnete Technik dazu.


    Happy birthday Sir Charles


    ...dann erwarte ich mit Spannung die heutige POST aus Allemagne...


    :hello:


    Ulli

    Die Oper muss Tränen entlocken, die Menschen schaudern machen und durch Gesang sterben lassen.
    (Vincenzo Geilomato Hundini)

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  • ... nur das leider das sogenannte Dankschreiben, das angeblich die Widmung an den Musikverein / Hüttenbrenner belegen soll, laut Schubert-Handbuch eine Fälschung ist; Schuberts Unterschrift wurde auf der Basis des Partitur-Deckblatts in das wohl von Hüttenbrenner verfaßte Schreiben hineinkopiert ...
    Die Akten über die "Unvollendete" sind noch nicht geschlossen; nicht einmal das Entstehungsjahr ist hundertprozentig sicher, da sogar von verschiedener Seite die Echtheit der Datierung auf dem Titelblatt angezweifelt wurde: Schubert hat nämlich nur den Entstehungsort vor das Datum gesetzt, wenn er außerhalb Wiens weilte, aber vor Ort entstandene Werke nie mit "Wien, den ..." datiert! Seltsam auch, daß Teile der Klavierskizze verschwunden sind (nämlich der Anfang vom ersten Satz, der Schuberts Gepflogenheit sicher datiert war!) und möglicherweise auch das Finale. Wer genaue Auskünfte möchte, sei auf Brian Newboulds vorzügliches Buch "Schubert´s Symphonies" verwiesen. Eins noch: An der Existenz des komponierten Scherzo (vollständig für Klavier) mit Trio (Skizze des ersten Teils/Thema-Melodie) kommt man nicht vorbei. Ob überhaupt und wenn warum Schubert das Werk aufgegeben hat, ist aus keiner einzigen Quelle dokumentarisch zu belegen. Andrerseits ließen sich Sinfonien schwer verkaufen, und ein derart epochales Werk länger in der Schublade liegen zu lassen war damals durchaus nichts ungewöhnliches. Bedenkt man dann auch noch, daß Schubert offenbar (nach Meinung verschiedener Forscher) die nachweislich 1825 entstandene grosse C-Dur Sinfonie offenbar eigenhändig auf 1828 umdatiert hat, um sie in seinem Todesjahr als brandneu an Verleger anbieten zu können, relativiert sich die Angelegenheit noch weiter ...
    Darf ich einmal mehr herzlich darum bitten, mehr Mut aufzubringen, Legenden zu hinterfragen? Fakten sind eben KEINE Geschmacksfrage...

  • Salut Ben,


    ich bin immer für FAKTEN. Leider liegt mir diesbezüglich "nur" das Deutschverzeichnis, das offenbar seit 1978 nicht überarbeitet wurde, vor. Jedenfalls sind keine "erweiterten", "korrigierten" oder "revidierten" Auflagen vermerkt. Den Band erwarb ich so etwa 1992. Zu D 759 steht hier:


    Schubert hat die nicht zu Ende geschriebene Partitur sehr wahrscheinlich [sic!] im Zusammenhang mit der Verleihung der Ehrenmitgliedschaft im Steiermärkischen Musikverein 1823 nach Granz geschickt und dazu möglicherweise selbst das letzte Blatt (3. Satz, T. 10-20) herausgetrennt, das über die beiden bis dahin vollendeten Sätze hinausging (T. 1-9 des dritten Satzes ist auf der Rückseite des Blattes mit dem Schluß des zweiten geschrieben). Schon früh befand sich das Ms. allerdings im Besitz Anselm Hüttenbrenners, der seit 1825 Vorsitzender des Steiermärkischen Musikvereins war. Hüttenbrenner hat 1853, vor dem Erscheinen der Sinfonie, eine Bearbeitung der Sätze 1 und 2 für Klavier zu 4 Händen gefertigt. - Zur Zählung der Sinfonie als "Nr. 8" s. Anmerkung zu 944.


    Es folgt eine schier endlose Liste mit Literaturempfehlungen.


    Bei der Beschriftung mit "Sinfonia in H moll von Franz Schubert m. p. Wien den 30. Octob. 1822" sehe ich einfach [?] einen praktischen Grund darin, dass Schubert ja das Werk [angeblich] dem Steiermärkischen Musikverein gewidmet hat und per se definieren wollte, wo er das Werk komponiert hatte und machte somit eine Ausnahme, da ja außer ihm niemand wissen kann, wo das Werk komponiert wurde. Aus einem "Schubert hat eigentlich immer..." ist für mich [!] nicht abzuleiten, dass es definitiv keine Ausnahme[n] geben kann. Sicher kann ich nicht die Handschrift als authentisch bestätigen, da ich sie zunächst noch nicht gesehen habe und auch letztlich kein Handschriftenexperte bin. Aber es wäre immerhin denkbar, dass Schubert so gehandelt und hier auch ganz bewußt [ein wenig, aus Sicht des angeblichen und verschwundenen Briefes] zurückdatiert hat, um das Werk einigermassen "neu" erscheinen zu lassen, vgl. Deine Ausführungen zu D944.


    Vielleicht dachte sich Schubert auch "Die wird eh' nicht aufgeführt, also weg damit..." -


    Grüßle
    Ulli

    Die Oper muss Tränen entlocken, die Menschen schaudern machen und durch Gesang sterben lassen.
    (Vincenzo Geilomato Hundini)

  • Zitat

    Darf ich einmal mehr herzlich darum bitten, mehr Mut aufzubringen, Legenden zu hinterfragen? Fakten sind eben KEINE Geschmacksfrage...


    Dazu müssen die Legenden erst einmal als solche demaskiert werden. Ich hatte keinerlei Grund, da etwas zu bezweifeln. Aber die angeführten Indizien sind auch nicht mehr als fragliche Punkte und die Existenz des Klavierauszugs hat nie jemand bestritten. Es bleibt aber das Faktum, dass das Autograph jahrzehntelang in einer Schublade in Graz lag...

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


  • Hallo liebe TaminoanerInnen


    Die 8. Sinfonie D. 759 ist unsere Lieblingssinfonie von Schubert. Demzufolge haben sich die Einspielungen in unserem Regal angehäuft.


    Welche Aufnahme nun bei uns am meisten Zuspruch hat, ist schwierig zu sagen. Schlussendlich konnten wir noch keinen Favoriten ausmachen.


    In den letzten Tagen hat das Westschweizer Radio Espace 2 die folgenden CD's verglichen;


    Neville Marriner
    Academy of St.Martin-in-the-Fields
    08.1983
    Londres
    Philips



    Herbert von Karajan
    Berliner Philharmoniker
    01.1975
    Berlin (Philharmonie)
    EMI


    Christoph Spering
    Das Neue Orchester
    10.1996
    Köln (DeutschlandRadio-Sendesaal)
    Opus 111


    Martin Haselböck
    Wiener Akademie
    09.1992 – 11.1992
    Sofiensaal, Wien
    Novalis


    Marcello Viotti
    Rundfunk-Sinfonieorchester, Saarbrücken
    04.12.1995 - 06.12.1995, 28.03.1996 - 29.03.1996
    Saarbrücken (Kongresshalle)
    Clavès


    Leonard Bernstein
    Concertgebouw d'Amsterdam
    10.1987
    Concertgebouw d'Amsterdam
    DG


    Sandor Végh
    Camerata Academica, Salzburg
    25.02.1994
    Salzburg (Mozarteum)
    Capriccio


    Dabei wurde die Aufnahme mit Bernstein präferiert.



    Auch uns sagt diese Aufnahme sehr zu.


    Herzliche Grüsse


    romeo&julia

  • Ich hatte das Glück am Wochenende für wenig Geld einige Schätze von nichts ahnenden Barbaren erwerben zu können. Darunter befand sich eine Aufnahme der "Unvollendeten" unter Frans Brüggen mit dem Orchestra of the 18th Century. Und aus einem "Ganz nett" wurde bei mir ein "Wow, so kann das klingen?". Ich bin dermaßen begeistert, ich krieg die CD nicht mehr aus dem Player. Allein dieses wunderbare Drängen der Eingangstakte, ein wunderbarer Klang, wie ich finde präzises Musizieren. Es ist eine reine Freude...

  • Hi Ulli, ich beziehe mich hier auf das Schubert-Lexikon der ADEVA, hrsg. von Ernst Hilmar und anderen. Das DV ist nicht auf dem neuesten Stand.
    Leider ist die Faktenlage bei dem Werk so dünn, daß Spekulationen immer schon Tür und Tor geöffnet wurde.
    Andererseits kommt man nicht darumherum:
    1.) Schubert hat das Scherzo komponiert, wenn auch nicht fertig instrumentiert.
    2.) Es gibt gewichtige musikalische und philologische Argumente dafür, das später als erste Zwischenaktmusik zu Rosamunde verwendete Allegro moderato h-moll als zumindest ursprünglich geplanten Finalsatz der Sinfonie ins Auge zu fassen.
    3.) Schubert hätte niemals ein derart unfertiges Werk veröffentlicht (wie auch nicht seine Fragment gebliebenen Klaviersonaten); der einzige angebliche Beweis, daß Schubert das Fragment willentlich aus den Händen gegeben hat, das sogenannte Dankschreiben, ist erwiesenermaßen eine Fälschung, und niemand konnte bisher stichhaltig beweisen, unter welchen Umständen das Fragment an Hüttenbrenner kam! Die ganze Legende von der Widmung an den steyrmärkischen Musikverein hängt aber an diesem einen, gefälschten Dokument, in das Schuberts Unterschrift von der Titelseite der Sinfonie hineinkopiert wurde!

  • Hallo,
    die "Unvollendete"ist für mich,eine der vollendensten Sinfonien. :]


    Weil ich Aufnahmen liebe,bei denen auch die Nebenstimmen
    zu ihrem Recht kommen,sind meine Favoriten :Toscanini,
    Schuricht,C.Kleiber und V.Neumann.Vor allem Neumann
    läßt im 1.Satz bei Takt 44,wenn das berühmte Thema
    einsetzt,auch die Nebenstimmen der Klarinetten,Bratschen
    und Contrabässe nicht im Hintergrund verschwinden.
    Sein Orchester ist die Tschechische Philharmonie.
    Bei Schuricht und C.Kleiber sind es die Wiener Philharmoniker
    und bei Toscanini natürlich das NBC Orchester.


    :hello:Herbert.

    Tutto nel mondo è burla.

  • Es gibt mehrere Einspielungen einer rekonstruierten viersätzigen Version (mit dem angefangenen Scherzo und dem allegro moderato aus Rosamunde); ich habe auch die von Alfred genannte auf historischen Instrumenten (Mackerras/Virgin).


    Das Stück ist definitiv besser in der zweisätzigen Version, das Entr'acte funktioniert m.E. sehr schlecht als Finale (was zwar nicht entscheidend dagegen spricht, dass es mal diese Funktion hätte haben sollen, aber immerhin hat Schubert das diesmal selbst gesehen... :rolleyes: ).


    Durchaus hörenswert mit den beiden vollendeten Sätzen ist Klemperer, streng und unschmalzig, dazu relativ zügig im Kopfsatz.


    viele Grüße


    JR

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Das find ich immer klasse:
    So wie man handfeste Argumente liefert, kommt umgehend die Gegenreaktion, die einem den persönlichen Geschmack um die Ohren haut und damit jedes sachliche Argument erschlägt ...


    "Für mich ist die Unvollendete vollendet"
    Klar! für Schubert war sie es allem Augenschein nach NICHT!


    Warum dann nicht auch bei Beethovens Neunter nach dem Adagio abschalten?


    Oder sich aus den 104 gezählten Haydn-Sinfonien mittels Zufallsgenerator immer neue Kombinationen aus Kopfsatz-Andante-Menuett-Rondo zusammenstellen?


    Ich könnte mir auch Komponisten-Anziehpapierpuppen vorstellen... Mit kleinen Strippen, zum dran ziehen ... :D

  • Mein lieber Ben,


    Du hast da etwas missverstanden:



    Von der Neunten muss man die ersten drei Sätze streichen, denn die sind Beethoven irrtümlich da hineingeraten und gehören eigentlich zu seiner Unvollendeten Zehnten. "Die Neunte", das ist "Freude schöner Götterfunken". Sonst nix. Und recht betrachtet kann man auch den langen langweiligen instrumentalen Anfang dieses vierten Satzes weglassen - oder?


    SCNR.


    Aber ich gebe Dir in der Sache Recht....


    Beste Grüsse,


    C.

    Die wirkliche Basis eines schöpferischen Werks ist Experimentieren - kühnes Experimentieren! (Edgar Varèse)

  • Tamino Beethoven_Moedling Banner
  • Zitat

    Original von ben cohrs
    Das find ich immer klasse:
    So wie man handfeste Argumente liefert, kommt umgehend die Gegenreaktion, die einem den persönlichen Geschmack um die Ohren haut und damit jedes sachliche Argument erschlägt ...


    "Für mich ist die Unvollendete vollendet"
    Klar! für Schubert war sie es allem Augenschein nach NICHT!


    So what. Er hat sie nun aber so hinterlassen. Was schlägst Du vor? Findest Du das Entr'acte als Finale befriedigend? Ich nicht, und Schubert anscheinend auch nicht, sonst hätte er das Fragment nicht so liegenlassen.
    Es gibt doch drei Möglichkeiten:
    1 Gar nicht aufführen, weil unvollendet
    2 Vollständige Sätze aufführen
    3 Imaginäre 4sätzige Version erstellen


    1 ist wohl ziemlich unbefriedigend, wenn auch vielleicht einzig konsequent; die meisten Dirigenten und Hörer scheinen (und wohl nicht bloß aus Gewohnheit) Möglichkeit 2 gegenüber 3 vorzuziehen, natürlich ist das bis zu einen gewissen Grade Geschmackssache. Für mich sind Scherzo und entr'acte nicht annähernd auf dem Niveau der ersten beiden Sätze, daher verzichte ich lieber darauf. Ob eine Aufführung der 2 ersten Sätze und ihre Rezeption davon beeinflußt sind, ob man weiß, dass es sich um ein Fragment handelt oder sich einredet, das Stück sei so wie es vorleigt "vollendet", wage ich nicht zu beurteilen.


    viele Grüße


    JR

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Hallo,


    ich finde,wir können glücklich sein,daß es diese zwei Sätze gibt.


    Und wenn es nur den ersten Satz gäbe,könnten wir auch schon


    glücklich sein.Es gibt nach Schubert viele Sinfonien,die nur zwei


    Sätze,oder gar nur einen Satz haben(Sibelius).Es kommt auf den


    Gehalt der Musik an und nicht auf die Anzahl der Sätze.


    Das ist allerdings nur meine subjektive Meinung.


    :hello:Herbert.

    Tutto nel mondo è burla.

  • Zitat

    Original von Herbert Henn
    ich finde,wir können glücklich sein,daß es diese zwei Sätze gibt.


    Das sehe ich auch so, auf diese wunderbare Musik möchte ich nicht verzichten, nur weil sie unvollendet blieb.


    Aber eine davon zu unterscheidende Frage ist die nach den gesicherten Fakten der Entstehung, nach dem aktuellen Stand der musikalischen Forschung. Und da haben die von Ben aufgeworfenen Fragen ihre vollkommene Berechtigung.


    @ben
    >>Oder sich aus den 104 gezählten Haydn-Sinfonien mittels Zufallsgenerator immer neue Kombinationen aus Kopfsatz-Andante-Menuett-Rondo zusammenstellen?>>


    Mache ich bei Haydn und Mozart schon immer so, hört sich eh alles gleich an, den Unterschied merkt keiner! :pfeif:

  • Salut,


    was für Neuigkeiten [für mich]. Danke Ben. :hello:


    So wunderlich ist die "Unvollendete" m. E. nicht, denn in dieser Zeit hat Schubert einige Sinfonische Gedanken zu Papier gebracht. D 759 ist davon am weitesten in Partitur gediehen. Mehr ein Zufall. Ich sehe es derzeit so, dass Schubert sie zu Gunsten von D 936 liegen ließ, denn D 759 war vielleicht nicht exakt das, was er sich vorstellte. Ebenso die übrigen Fragmente. Natürlich ist das traurig, aber das ist ja mehr Selbstmitleid.


    Als Ouvertüre zum Schauspiel Rosamunde D 797 soll Schubert jene von D 732 [Alfonso und Estrella] verwendet haben. Später dann galt die Ouvertüre zur "Zauberharfe" D 644 als "Rosamunde"-Ouvertüre. Eine offensichtlich verzwickte Sache. Und die tatsächliche h-moll-Ouvertüre muß dann entweder nachkomponiert worden sein, oder Schubert hat tatsächlich das ursprünglich geplante Finale der Sinfonie D 759 verwendet. Außerdem müßte er dann das Ballett Nr. 2, welches ja auch den Themen des Entre-Act basiert, neu entwickelt haben!? Was war an dieser Stelle zuvor, wenn D 732 oder ggfs. 644 als Entre-Act gespielt wurde?


    ?(


    Die beiden Ouvertüren zu D 732 und zu D 644 sind übrigens ganz wunderbar schön, besonders die Ouvertüre zur "Zauberharfe" verursacht heiße Wangen und Schmetterlinge im Bauch... :yes: Wem also ein paar sinfonische Werke Schuberts fehlen, der sollte hier mal hineinhören. Und ein wenig tut auch die "Fierrabras"-Ouvertüre in f-moll an den Beginn von D 759 erinnern. Die Ouvertüre mag ich auch sehr gerne, die Oper nur teilweise.


    Viele Grüße
    Ulli

    Die Oper muss Tränen entlocken, die Menschen schaudern machen und durch Gesang sterben lassen.
    (Vincenzo Geilomato Hundini)

  • Es geht auch um die Frage, wer warum und in welchem Kontext den Gehalt eines Werkes zu beurteilen wagt.


    Immerhin: schon bei der Uraufführung 1865 in Wien unter Herbeck fehlte für das damalige Zeitgefühl ein Finalsatz; man behalf sich mit dem der Dritten (natürlich völlig unpassend). Doch schon bei der britischen Erstaufführung im Crystal Palace wurde in der Tat die "Entre-Acte" h-moll als Finale gegeben!


    Das Argument "nicht auf der Höhe der ersten beiden Sätze" kann man eigentlich kaum gelten lassen --- Zunächst hat Schubert natürlich den Satz nicht fertig instrumentiert, und der zweite Teil vom Trio fehlt. Und wer kennt schon diesen Satz? Andererseits ist da die überwältigende Hörerfahrung von Aufführungen und Aufnahmen, die uns die ersten zwei Sätze immer wieder als angeblich vollendetes Ganzes einhämmern --- oft genug verbunden mit einer Aufführungspraxis, die den zweiten Satz, immerhin ein Andante con moto, in den letzten Takten sehr prosaisch immer langsamer werden läßt und damit wirklich die Musik zum Ersterben bringt, entgegen der eigentlich erwartungsvoll nach vorn schauenden Stimmung dieses Schlusses mit aufwärts strebenden Holzbläsern und Paukenwirbel?


    Betrachtet man das Scherzo unvoreingenommen, findet man einen bereits an Bruckner gemahnenden Satz, mit kühnen Wechseln von Dur nach Moll, vorausweisend auch schon auf den Anfang von Schuberts Es-Dur-Trio von 1827. Man muß den Satz nur hören wollen ...


    Auch das Argument, es gäbe andere einsätzige oder nicht viersätzige Sinfonien, sticht nicht. Zwar hat Schubert selbst mit zwei- und dreisätzigen Sonatenformen experimentiert (wunderschöne Beispiele sind die zweisätzige Sonate für Klavier zu vier Händen, die gebildet wird aus dem Allegro "Lebens-Stürme" a-moll und dem Rondo A-Dur, und eben vor allem die Sinfonie D 936a, die den Entwürfen zufolge wirklichg dreisätzig geplant war, wobei das ursprüngliche Scherzo zum Scherzo-Finale umkonzipiert wurde.) Doch eine Sinfonie, die aus zwei Sätzen besteht und in der Dominante endet, war für Schubert undenkbar!!!!


    Zu der Entre-Acte läßt sich festhalten, daß Schubert in nur drei Wochen etliche Nummern komponieren mußte; verschiedene Wissenschaftler haben nachgewiesen, daß er dabei zum größten Teil auf bereits vorliegende Werke zurückgriff, ein- um- und bearbeitete. Im Manuskript der Entre-Acte Nr. 1 ist eindeutig zu sehen, daß der Hinweis "Entre-Act nach dem 1. Aufzug" mit erkennbar anderer Tinte und dünnerer Feder ganz oben an den Rand gequetscht nachgetragen wurde und auch das Tempo nachträglich verlangsamt wurde; Schubert hatte ursprünglich "Allegro modto" notiert, dann nachträglich das "modto" zu "molto" korrigiert und ein "moderato" angefügt (= allegro molto moderato).


    Um nochmal auf Hörgewohnheiten zurückzukommen:
    Wenn man diesen Satz im Zusammenhang mit der übrigen Rosamunde-Musik hört, kommt man natürlich kaum auf die Idee, hierin einen dramatischen Finalsatz einer Sinfonie zu sehen. Auch wirken die vier Dur-Schlußtakte aufgesetzt und nicht zum tragischen Gehalt der "Unvollendeten" passend. Andererseits: Mackerras´Aufnahme der Newbould-Bearbeitung bei Virgin funktioniert, wenn man das Werk versucht, unvoreingenommen zu hören, ganz gut. (Schade, daß ausgerechnet auch auf der CD die läppische Ballettmusik folgt.)


    Analysiert man den Satz jedoch für sich genommen harmonisch und motivisch/thematisch, fällt einem bald auf, das praktisch sein gesamtes Material aus den ersten drei Sätzen der Unvollendeten abgeleitet ist! Brian Newbould hat außerdem in seinem vorzüglichen Buch über Schuberts Sinfonien ausführlich herausgearbeitet, wie exzeptionell kühn auch diese Entre-Acte ist, denn es handelt sich um einen Orchestersatz in h-moll! so etwas hat es (mit Ausnahme des ersten und dritten Satzes der Unvollendeten) noch nie zuvor gegeben, da es eben keine Naturhörner und Naturtrompeten in h gab. Mithin war die Instrumentierung eines solchen Satzes für Schubert ein gewagtes Instrument, da die gewählten Hörner in D und Trompeten in E keine weiten Strecken als H-Dur-Tutti zulassen würden (die Durterz fehlt).


    Meine ganz persönliche Meinung ist, das Schubert mit der Konzeption des Werkes entweder noch nicht fertig war oder die Sinfonie (wie auch viele seiner Klaviersonaten) einfach unfertig hat liegenlassen. Man könnte spekulieren, ob ihm nicht vor allem die Idee eines kompromißlos tragischen moll-Finales für eine Sinfonie zu kühn war ... (Immerhin: Der Schluß von Brahms´ Vierter regt heute niemanden mehr auf!)


    Und, Johannes: Es gibt noch eine Möglichkeit.
    4) Die Sinfonie als Fragment aufführen! Alles, was instrumentiert da liegt, und dann das Scherzo nach dem Ende der Instrumentierung vom Klavier fortführen lassen.


    Jonathan Nott war immerhin so mutig, auf seiner Einspielung des Werkes die instrumentierten Scherzotakte folgen und das Werk dann abbrechen zu lassen...


    Und noch ein privates Statement ganz zum Schluß:
    Ich persönlich habe die Sinfonie bereits viersätzig aufgeführt (also mit dem Scherzo neu komplettiert von Nicola Samale und mir und dem h-moll-Allegro als Finale) und würde es auch nie anders machen.

  • Das "Problem" der Rekonstruktion ist eigentlich der Hörer (und isch schließe mich da voll mit ein !!!)


    Wer jahre - zzw. ein Werk in einer bestimmten Fassung gehört hat , der ist innerlich erbost (oder verschreckt, verstört, irritiert - je nach Temperament) wenn er was Unbekanntes dazu vorgesetz bekommt.


    Ich wage zu behaupten, daß wenn (nur als Denkmodell) Schubert einen dritten und vierten Satz zur "Unvollendeten" geschrieben hätte, der erst heute aufgefunden würde - der Widerstand wäre genauso groß.


    Der dritte Satz von D 759 ist allemal hörenswert - und es ist zu begrüßen daß er "rekonstruiert " wurde. - oder sollte man nicht ehrlicherweise eingestehen "von fremder (hoffentlich kompetenter ) Hand ergänzt.
    Und zwar so ergänzt, daß das Anhören FREUDE macht - nicht um lediglich dem Anspruch des Musikwissenschafters zu genügen.


    Im DRUCK sollte selbstverständlich gekennzeichent sein wor Schubert endet und wo die Arbeitet des "Restaurators" beginnt.


    Ich gebe zu, daß mich die Kompettierung durch Brian Newboud heute mehr überzeugt, als bei ihrem ersten Hören vor ca 2 Jahren.


    Vieles ist reine Gewohnheit.


    Ein letzter Gedanke:
    Was will ein Komponist eigentlich ?
    Daß alles bis ins letzte Detail so ausgearbeitet wird, wie er es plante - oder daß sein Werk ÜBERHAUPT praxisgerecht spielbar ist.


    Wir wissen aus vielen Quellen, daß Komponisten etliche Konzessionen machten - und auch deren Erben - nur um ein Werk doch noch komlett erlebbar zu machen.
    Ich erinnere hin diesem Zusammenhang an Michael Haydn, der sich Musik von Mozart ausborgte, Anton Bruckner der willfährig etliche Versionen seiner Sinfonien anfertigte, Gioacchino Rossini, der etlice seiner alten Opern zerlegte um daraus wieder neue zu schaffen, an "Hoffmanns Erzählungen" eine Oper die "im Original" eigentlich überhaupt nicht existiert (und die eigentlich leidet, wenn man alles Fremdmaterial entfernt...)..


    Zu einer Lösung wird das Problem nie kommen - immerhin interessant.


    Ich kann mit Ergänzungen - wenn sie gut gemacht sind - an sich leben -
    solange sie dokumentiert sind.


    Was mich stören würde wäre, daß solch eine Rekonstruktion nach und nach als "authentisch" verkauft würde.


    Damit auch jene sich ein (Klang)Bild machen können, die nicht über ein Aufnahme mit dem dritten Satz verfügen: Coverbild anklicken und anschliessend Track 7 anspielen !!




    mfg
    aus Wien


    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Hallo Ben,


    vielen Dank für deine Erläuterungen zum möglichen Finalsatz der "Unvollendeten". Die genauen Zusammenhänge zwischen diesem Stück und den anderen drei Sätzen waren mir bis dato noch nicht so geläufig. Als ich etwa 13, 14 Jahre alt war, habe ich mich ziemlich intensiv mit Schuberts diversen Fragmenten (Sinfonien, Streichquartette, Klaviersonaten) auseinandergesetzt, einfach weil mich genau das Fragmentarische, Unvollendete reizte. In diesem Zusammenhang habe ich mir damals auch die Gesamteinspielung der Sinfonien mit Marriner gekauft, wo u.a. Newboulds Ergänzung der h-moll-Sinfonie zu hören ist. Ich fand diese Version sehr reizvoll, habe gar nicht das Gefühl, dass die beiden letzten Sätze qualitativ abfallen. Mittlerweile muss ich sogar sagen, dass ich es als ein wenig unbefriedigend empfinde, "nur" die beiden ersten Sätze zu hören (im Radio etwa, oder im Konzert). Natürlich wollte Schubert die Sinfonie nicht mit einem langsamen Satz und auch noch in E-Dur beenden. Bei den Klaviersonaten gibt es ja eine ähnliche Situation (D 840), wo ebenfalls die ersten beiden Sätze vollendet sind und für den 3. und 4. Satz mehr oder weniger umfangreiche Fragmente existieren. Wie schon gesagt wurde, das Problem dieser Rekonstruktionen ist der Unwille vieler Hörer, sich darauf einzulassen. (Das gilt natürlich nicht nur für Schuberts h-moll-Sinfonie.)


    Viele Grüße
    Holger

  • Warum sollte man sich denn darauf einlassen?


    Es sind doch alles nur Spekulationen von Musik=


    wissenschaflern.Durch diese zwei rekonstruierten


    Sätze wird das Werk nicht besser.Warum müssen


    es denn unbedingt vier Sätze sein?


    :hello:Herbert.

    Tutto nel mondo è burla.

  • Gegenfrage: Warum sollen es nicht 4 Sätze sein?


    Es handelt sich ja nicht um ein nachträglich "rangeklatschtes" Stück wie bei Holsts The Planets, sondern um eine sorgfältige, auf musikwissenschaftlichen Erkenntnissen beruhende Ergänzung, die auf vorhandenem Notenmaterial und unter vollem Respekt für Schuberts Arbeit erfolgt.

  • Zitat

    Original von ben cohrs
    Betrachtet man das Scherzo unvoreingenommen, findet man einen bereits an Bruckner gemahnenden Satz, mit kühnen Wechseln von Dur nach Moll, vorausweisend auch schon auf den Anfang von Schuberts Es-Dur-Trio von 1827. Man muß den Satz nur hören wollen ...


    ...


    Doch eine Sinfonie, die aus zwei Sätzen besteht und in der Dominante endet, war für Schubert undenkbar!!!!


    Das habe ich nie bestritten. Ich zweifle auch nicht, dass die Sinfonie eigentlich irgendwie viersätzig geplant war. (Die Idee des "in zwei Sätzen unvollendet vollendet" stammt abe rmeines Wissens auch schon aus dem 19. Jhd.) Ich habe jetzt gerade nochmal die Newbould-Version in Mackerras' Einspielung gehört. Das Scherzo ist o.k. und mit dem Entr'acte ist auch nichts prinzipiell verkehrt. Es funktioniert m.E. nur ziemlich mies als Finale. Und meine Vermutung ist, dass Schubert das (anders als bei einigen anderen seiner Finali... :rolleyes::stumm: ) selbst so gesehen und daher den Satz anscheinend in dieser Funktion verworfen oder wenigstens aufs Eis gelegt hat und da er keine schnelle andere Lösung für das Finaleproblem fand, blieb auch das Scherzo liegen.
    Denn dass er wegen unüberwindlicher Schwierigkeiten bei der Instrumentation oder der Komposition des Trios alles hätte liegenlassen sollen, ist doch wohl ziemlich unwahrscheinlich.


    Aber ich gebe zu, dass ein viersätzige Aufführung als gleichwertige Alternative angesehen werden kann und es schade ist, dass sehr viele Musikfreunde nur die zweisätzige Version kennen.


    Zitat


    Meine ganz persönliche Meinung ist, dass Schubert mit der Konzeption des Werkes entweder noch nicht fertig war oder die Sinfonie (wie auch viele seiner Klaviersonaten) einfach unfertig hat liegenlassen. Man könnte spekulieren, ob ihm nicht vor allem die Idee eines kompromißlos tragischen moll-Finales für eine Sinfonie zu kühn war ... (Immerhin: Der Schluß von Brahms´ Vierter regt heute niemanden mehr auf!)


    Besonder tragisch finde ich das Entr'acte ehrlich gesagt nicht, es wirkt auf mich völlig statisch und daher ganz schlecht als Finale. Es gab außerdem schon vorher Moll-Finali, auch kompromißlos tragische, am prominentesten natürlich in Mozarts g-moll-Sinfonien (aber auch Haydn zB #39, 44, 49).


    viele Grüße


    JR

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

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