Myung-Whun Chung - Koreanischer Hochromantiker?

  • Hallo Allerseits.


    Ich möchte heute einen Thread über den koranischen Dirigenten Myung-Whun Chung eröffnen.
    Da ich ende März beim Gustav Mahler Jugendorchester Dirigierstipendiat sein werde werde ich die Möglichkeit bekommen ihn hautnah bei der Arbeit zu beobachten. Ich muss aber zugeben das ich bisher von ihm so gut wie nichts kenne.


    Chung wurde 1953 in Seoul geboren und begann früh mit dem Klavierunterricht ( und ist angeblich bis heute ein sehr guter Pianist, wird bei der Ostertournee des GMJO auch den Klavierpart im Beethoven Tripelkonzert übernehmen ) und nachdem er mit seiner Familie in die USA ausgewandert ist mit der Dirigentenausbildung.
    Heute ist er Chefdirigent des Orchestre Philharmonique de Radio France sowie dem Seoul Philharmonic Orchestra.


    An Aufnahmen kenne ich nur eine von ihm:



    Die finde ich äusserst gelungen. Sehr klar und sehr viel herausgearbeitet, nicht überromantisiert, genau wie ich es mag.


    Wer von euch kann mir über interessante Aufnahmen, etwaige Konzerterlebnisse oder vielleicht sogar erlebte Proben mit diesem Dirigenten berichten?


    Danke im Vorraus und LG,
    Michael

  • Hallo, ich höre viel Radio, und so bin ich auf ihn aufmerksam geworden in seiner Zeit beim RSO Saarbrücken. Aufnahmen der Nrn. 6 + 14 von Schostakowitsch mit diesem Orchester bestätigten mein Empfinden, daß es sich hier um eine herausragende Dirigentenpersönlichkeit handelt, die der Tat besonders für Werke aus dem Übergang von der Spätromantik zur klassischen Moderne ein Händchen hat. Aufnahmen der Turangalila, aber auch eine 4. Brahms aus Stockholm, eine 6. Bruckner aus Paris und die Vier letzten Lieder von Strauss mit der finnischen Sopranistin Soile Isokoski gehören jeweils zu meinen absoluten Favoriten dieser Werke.


    Wäre schön, wenn du über deine Erfahrungen mit ihm (in der öffentlich möglichen Form) berichten würdest.


    :hello:

  • Hi helmutandres


    Danke für die Antworten.
    Das Programm für die Ostertournee beinhaltet Brahms Doppel- und Beethoven Tripelkonzert ( mit Renaud und Gautier Capuçon als Solisten ), Bruckner 7. Sinfonie und Bartok Konzert für Orchester, meinst du das könnte ihm liegen?


    Werde mit Sicherheit berichten, bin schon sehr gespannt.


    LG

  • Hallo Michael!


    Diese Aufnahme soll Messiaen selbst als mustergültig erklärt haben:




    Vor kurzem begegnete mir eine bei BIS erschienene Aufnahme mit der
    2. und 3. Symphonie von Carl Nielsen unter Chung.


    "Caution" stand auf dem Booklet vorne und man möge hinben gucken für weiter Informationen. Dort wurde gewarnt, daß in der Aufnahme die Dynamik nicht nachgeregelt wurde und die dynamischen Steigerungen denen eines Konzertelebnisses entsprächen. Dies könnte zu Schäden am Lautsprecher führen. Ansonsten wünsche man viel Hörvergnügen.


    Die interpretation war nicht übel und schon allein wegen der "Originaldynaik" und dem lustigen Gefahrenhinweis fast den Kauf wert. :D


    :hello:
    Wulf.

  • Hallo Michael,


    Wulfs Empfehlung der Turangalila-Symphonie schließe ich mich an. Eine tolle Aufnahme!


    Für äußerst gelungen halte ich auch den Otello:



    In meinen Ohren der beste Otello der letzten dreißig Jahre.


    Für sehr gut halte ich überdies Chungs in deutsch gesungene Aufnahme der Sinfonie Nr. 14 von Schostakowitsch, eingespielt mit dem Rundfunk-Sinfonieorchester Saarbrücken, leider nicht mehr erhältlich, wie mir scheint.


    Gruß, Thomas


  • Dieser Hinweis steht auf manchen BIS-Aufnahmen, z. B. auch auf dieser:




    8o

  • Wie versprochen ein kurzer Bericht über Herrn Chung.


    Ich muss ehrlich gestehen das ich von ihm enttäuscht war. Er hat zu keinem Zeitpunkt das Potential das in diesem Orchester steckt geweckt. Dazu kamen katastrophale technische Schwächen die bei einem Stück wie dem Konzert für Orchester für unnötige Ungenauigkeiten sorgten. Bei Bruckner war es nicht so eklatant, habe mir von den Orchestermusikern beim Konzert in Graz ( ich konnte ja leider nicht die komplette Tournee mitfahren ) sagen lassen das der viel besser war, was ich mir auch vorstellen kann da man bei den ständigen 4er-Perioden ja nicht wirklich viel falsch machen kann und der Klang des Orchesters einfach ein Wahnsinn ist.
    Ich kann mir vorstellen das ein Orchester das ständig mit ihm zusammenarbeitet wohl sehr gutes vollbringen kann da er ihnen sehr viel Freiheiten lässt. Jedoch in diesem speziellen Fall wäre mehr einfach besser gewesen. Dieses junge Orchester frisst dem Dirigenten wirklich aus der Hand und man hätte soviel damit erreichen können.


    LG

  • Hallo Michael,
    ich finde, daß Herrn Chung insbesondere spät- bzw. nach-romantische Musik liegt. Seine Interpretation der Turangalila-Symphonie ist - daruf haben hier ja schon einige hingewiesen - mustergültig. Ebenfalls sehr, sehr gelungen finde ich seine Lady Macbeth (mit Maria Ewing in der Titelrolle):



    Eine expressive, ja explosive Interpretation - dabei zugleich mit einer gewissen Sperrigkeit und Sprödigkeit (was ich hier wirklich positiv meine). Für mich hängt diese Einspielung die Konkurrez (darunter auch Rostropowitsch) deutlich ab.


    Dagegen finde ich beispielsweise seine Interpretation von Berlioz' La damnation de Faust:



    einfach nur enttäuschend. Pomadig, dick aufgetragen aber arg dünn im Ausdruck. Auf mich macht diese Produktion einen tatsächlich unengagierten Eindruck. Zudem füllt Bryan Terfel die Rolle des Mephisto IMO so gar nicht aus. Er singt zwar mit Insbrunst (bisweilen eher brünstig) - aber das Diabolische des »Großen Verneiners und Verführers« vermag er nicht zu transportieren. Das jedoch kann man nicht so richtig Herrn Chung anlasten... Wohl aber das schludrige und und im negativen Sinne zügellose Dirigat - die Zügel hängen nämlich ziemlich durch und so bekommt das Ganze eben auch keinen Zug. Da haben andere in dieser Sache erheblich besseres geleistet (Munch, Ozawa, Nagano, Luisi, und natürlich Dutoit und Markevitch).


    Also: Messiaen und Schostakowitsch: TOP - Berlioz: Flop.


    Herzlichst,
    Medard

  • Was ich so bisher von Chung hörte (Beethoven 5., Brahms 2., Dvorák 9., Mahler 2. und noch einiges), riß mich ehrlich gesagt nie vom Hocker. Es wirkt sehr analytisch und oftmals ohne Emotion. Auch die Orchesterqualität ist oftmals nicht optimal (keine Spitzenorchester; vielleicht liegt der Eindruck nicht zuletzt daran).

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Zitat

    Original von Michael_Flaschberger
    Wie versprochen ein kurzer Bericht über Herrn Chung.


    Ich muss ehrlich gestehen das ich von ihm enttäuscht war. Er hat zu keinem Zeitpunkt das Potential das in diesem Orchester steckt geweckt. Dazu kamen katastrophale technische Schwächen die bei einem Stück wie dem Konzert für Orchester für unnötige Ungenauigkeiten sorgten. Bei Bruckner war es nicht so eklatant, habe mir von den Orchestermusikern beim Konzert in Graz ( ich konnte ja leider nicht die komplette Tournee mitfahren ) sagen lassen das der viel besser war, was ich mir auch vorstellen kann da man bei den ständigen 4er-Perioden ja nicht wirklich viel falsch machen kann und der Klang des Orchesters einfach ein Wahnsinn ist.
    Ich kann mir vorstellen das ein Orchester das ständig mit ihm zusammenarbeitet wohl sehr gutes vollbringen kann da er ihnen sehr viel Freiheiten lässt. Jedoch in diesem speziellen Fall wäre mehr einfach besser gewesen. Dieses junge Orchester frisst dem Dirigenten wirklich aus der Hand und man hätte soviel damit erreichen können.


    LG


    Lieber Michael, liebe Taminoeaner/innen
    Ich bin z.Zt im Ausland, hatte keinen Internet-Anschluß bis jetzt...und möchte auf diesem Wege Allen, die diesen Thread lesen : nachträglich wünschen ein frohes Osterfest gehabt zu haben und natürlich herzlich grüßen!
    Da für mich schon immer DIRIGENTEN einen besonderen Stellenwert hatten und haben, ein paar Worte zu Herrn Chung.
    In den Achtzigern war er ähnlich wie Carlos KALMAR (10 Jahre zuvor) ein großer Hoffnungsträger und aufstrebender Komet am Dirigentenhiimmel. Ich habe keine Unterlagen zum Nachschlagen zur Verfügung...........aber ich meine er sei Nachfolger von Hans Zender beim Saarländischen Rundfunk gewesen. (?) Auf jeden Fall hab ich ihn öfter mit dem Orchester gehört. Konkrete Beispiele seiner -- aus meiner Sicht -- nachlassenden Qualität als Dirigent, kann ich aus dem Gedächtnis nur anhand eines Beispieles geben: dem TRISTAN. Das ist nunmal meine Lieblingsoper seit Ewigkeiten....ein Radiomitschnitt aus Paris ist mir im Gedächtnis geblieben, weil das Dirigat von Herrn Chung nicht nur enttäuschend war, sondern sehr spannungslos, ja einfach langweilig. Nun können gerade beim TRISTAN nur wenige Dirigenten, die eine Vorliebe für "breite Tempi" haben diese "Binnenspannung" (2. Aufzug!!) halten. In den letzten Jahren habe ich Bartoks Konzert f Orchester, Berlioz Symph Fantastique und "Harold in Italien" mit Chung gehört ...........und war jedes Mal enttäuscht.


    Lieber Michael, ich wünsche Dir recht bald spannendere und beglückendere Erfahrungen mit einem anderen Dirigenten.


    Grüße aus dem Nordenglischen York'schen Moor, indem ich (hoffentlich) nur im Kopf singe "Ertrinken, versinken......"


    Gruß.................."Titan"

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