Unnützes Duell - Eugen Onegin

  • Zitat

    Original von Weiße Rose
    Doch wie sinnvoll ein solcher "Ehrenkodex" per se ist, darf ja wohl auch kritisch hinterfragt werden und dabei kann, ja soll man wohl den eigenen Wertvorstellungen gemäß urteilen. Meinst du nicht auch?


    Schon, klar. Das setzt aber zunächst ein gewisses Verständnis voraus, das jemand, der das Duell von vornherein als "unnütz" abtut, gar nicht hat.


    Siegfried: Ich hatte schon den Eindruck, daß ich bei Dir immer nur mit mir selbst rede, also ziehe ich das "wir" zurück. Ich resümiere: zuerst bin ich ein Befürworter von Duellen, dann des Zarismus und bin außerdem gegen die Meinungsfreiheit.
    :hahahaha::hahahaha::hahahaha:


    Zitat

    Original von Siegfried
    Es gibt sinnvolleres zu tun.


    Gute Idee, nur zu. Ich bin der letzte, der Dich davon abhalten wird.

  • Wie wäre die Idee, hier von persönlcihen Angriffen Abstand zu nehmen????????


    So wie ich es verstehe, geht Siegfried einfach vom humanistisch Absoluten aus, während Mengelberg den konkreten historischen Kontext sieht. Das sind Beides legitime Standpunkte. Warum dann aber beleidigt und herabgesetzt werden muss, das begreife ich nun leider oder gottseidank nciht!!!!! :boese2:
    Das hier wäre zu Onegins Zeiten lange schon ein Duell im Morgengrauen geworden. Siegfried ist klug genug, hier NICHT den Onegin zu spielen. Da sollte der Lenskji vielleciht auch mal den Kopf ins kalte Wasser stecken? ?(



    Fairy Queen

  • Schätze mal, unsere beiden Kontrahenten nehmen das Thread-Thema nur ein bisschen zu wörtlich und werden sich bestimmt bald wieder versöhnen. Der Tipp mit dem kalten Wasser ist auf jeden Fall immer gut :D Rund um Berlin gibt es doch jede Menge schöne Seen. Da wäre so eine Erfrischung bestimmt eine seelische Wohltat.
    :hello: Ingrid

  • Zitat

    Da wäre so eine Erfrischung bestimmt eine seelische Wohltat.


    Moment, die Damen! ;)


    Zitat

    Original von Misha
    Man sollte wirklich nicht den Fehler machen, unsere Maßstäbe bzgl. des Duells anzulegen.


    Das ist alles, was ich weiter oben gesagt habe. Die Schimpfkanonade kam von woanders.


    8)
    M.

  • Siegfried, do you mean that the duel makes no sense in the opera, *dramatically*?


    Or only morally according to your personal ethics?


    If we will be politically correct and judge libretti using ethics, logic and reason, it doesn't make sense that Otello strangles his wife either.


    And don't even get started on Forza del Destino then, or Trovatore :D

    Opera is when a guy gets stabbed and instead of bleeding, he sings.
    -- Ed Gardner

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    Original von severina
    Gerade da ist Lenskij aber die rühmliche Ausnahme, der singt nämlich wunderschön, bevor er die tödliche Kugel empfängt ;)
    lg Severina :hello:


    Wie unromantisch durch eine Kugel zu sterben, Dolch wäre zumindest blutrünstig :rolleyes: :rolleyes:

  • Zitat

    Original von Mengelberg


    Moment, die Damen! ;)


    Lieber Mengelberg,


    hoffe, Du hast da nichts falsch verstanden. Für mich wäre es auf jeden Fall eine Wohltat, dort irgendwo in einen der schönen Seen zu springen und das Tamino-Forum, gerade wenn es Ärger gibt, einfach mal eine Weile in den Fluten versinken lassen.


    Wünsche Dir einen ganz schönen Abend
    Ingrid

  • Da die sich hier entwickelnde Diskussion aus diesem Thread Eugen Onegin Salzburg 2007 besser zu den allgemeinen Abhandlungen über den Onegin passt, habe ich das hierher verschoben.
    Jacques Rideamus als Moderator


    Ich bins nochmal mit dem Onegin.
    Nachdem ich nun auch den letzten Akt sehen konnte, habe ich einen inhaltlichen Onegin-Thread gesucht, aber nciht gefunden.


    Daher erstmal noch hier:


    Das Ende der Oper hat einen serh starken Eindruck bei mir hinterlassen und solche Intensität gibt es selten auf der Opern-Bühne.
    Hier handelt es sich wirklich um ein Seelendrama erster Güte und mich erinnert all das sehr an die Romane von Tolstoi und Dostojewski.
    Mir stellen sich vor allem die Frage: warum gibt es solche tief überzeugenden und wirklich starken Frauengestalten wie Tatjana ausgerechnet in einer russsichen Oper eines homosexuelen Komponisten und nicht viel öfter auch bei anderen Komponisten?(bitte diese Bemerkung nun nicht misszuverstehen)


    Und zweitens: hat Onegin am Ende Tatjana nur aus Lebensekel, Eitelkeit und verzweifeltem Überdruss seine plötzlich erwachte Liebe erklärt oder hat er eine ernsthafte Umkehr vollzogen? Wäre sie ihm gefolgt, wenn er es wirklich ernst gemeint hätte oder war ihr Pflichtgefühl nach der unglaublcihen Liebeserklärung ihres Ehemannes in jedem Fall stärker?


    Wie gehen andere Inszeneirungen mit diesem Ende um?


    Ich würde mich freuen, wenn Kenner dieser Oper dazu noch etwas sagen könnten.


    Fairy Queen

  • Hallo Fairy,
    so ganz präsent ist mir natürlich diese Aufführung nicht mehr - müsste mein Video wieder einmal anschauen - aber generell hatte ich beim Onegin (Ich kenne drei Inszenierungen) immer das Gefühl, dass er Tatjana als seinen "Besitz" betrachtet, den ein anderer nicht haben darf, auch wenn er selbst gar keine richtige Verwendung dafür hat. Es kränkt seine männliche Eitelkeit, dass die von ihm Verschmähte sich offensichtlich nicht in Sack und Asche gehüllt und ihren Gram gepflegt hat, sondern im Gegenteil sogar eine recht vorteilhafte Partie gemacht hat. Das ist jetzt natürlich MEINE Sicht, die Version, dass sein Weltschmerz echt ist, seine Oberflächlichkeit und sein Zynismus nun echten Gefühlen PLatz machen und er nun - zu spät! - erkennt, wo sein Glück gelegen wäre, ist natürlich genauso plausibel.
    lg Severina :hello:

  • Liebe Severina, daran(Besitzanspruch) habe ich im ersten Moment gar nciht gedacht, aber es ist nicht von der Hand zu weisen.
    Natürlich ist es auch psychologisch sehr einleuchtend, dass das, was nun ein Anderer hat und so offenscihtlich schätzt wie Gremin, erst richtig interessant wird. Was man leicht haben kann , was einem in den Schoss fällt, hat automatisch weniger Wert.


    Jedenfalls finde ich, dass hier eine unglaublich starke Frauengestalt gezeichnet wird, die sowohl den Mut hat, sich und Anderen ihre Gefühle einzugestehen als auch eine bewusste Willensentscheidung zu treffen. Geradezu revolutionär , wenn man bedenkt, wie viele willenslose Frauenfiguren durch Opernlibretti geistern.
    Ich kannte die Musik ,habe die Oper aber nie sehen können. Ohne Inszenierung kam all das bei mir aber überhaupt nciht an.
    Was wieder einmal zeigt, dass ich Oper nur auf Cd nicht brauchen kann, sondern der Theateraspekt einfach Alles entscheidet.


    F.Q.

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  • Zitat

    Original von severina
    Hallo Fairy,
    so ganz präsent ist mir natürlich diese Aufführung nicht mehr - müsste mein Video wieder einmal anschauen - aber generell hatte ich beim Onegin (Ich kenne drei Inszenierungen) immer das Gefühl, dass er Olga als seinen "Besitz" betrachtet, den ein anderer nicht haben darf, auch wenn er selbst gar keine richtige Verwendung dafür hat. Es kränkt seine männliche Eitelkeit, dass die von ihm Verschmähte sich offensichtlich nicht in Sack und Asche gehüllt und ihren Gram gepflegt hat, sondern im Gegenteil sogar eine recht vorteilhafte Partie gemacht hat.


    Hallo Severina,
    das war auch meine Interpretation des Schlusses. Ich denke auch nicht, dass Onegin Tatjana als die große und einzige Liebe sieht und sie deswegen überreden will, ihren Ehemann zu verlassen.
    Tatjana ist sicherlich versucht, aber dies mehr aufgrund nostalgischer Anwandlungen (wer hängt nicht der ersten großen Liebe nach?), nicht, weil sie in ihm die Erfüllung sehen würde.


    By the way: Ich habe an Pfingsten Peter Mattei als Don Giovanni und Anna Samuil als Donna Anna an der Staatsoper Berlin erlebt. Sängerisch insbesondere Mattei großartig. Wenn ich etwas mehr Zeit habe, werde ich zur Inszenierung auch noch was schreiben - versprochen.


    LG
    Rosenkavalier

  • Lieber Rosenkavalier,
    ich glaube schon,, dass es mehr als nostalgische Anwandlungen sind, die Tatjana in dieser Schlussszene bewegen.
    Sie ist nach wie vor von Onegin als Mann fasziniert und muss all ihre Willenskraft aufbieten, um ihm zu widerstehen. Zumindest bringt Anna Samuil das so rüber.
    Warum gibt sich eine verheiratet Frau "die Blösse", in einer solchen Situation einem Mann explizit ihre Liebe zu gestehen? Ganz sicher nciht, wenn ihre Gefühle nciht echt sind-da wäre jede Ausflucht viel bequemer und opportuner.
    Ich glaube schon, dass sie emotional und evtl auch erotisch in ihm weiter die Erfüllung ihrer Sehnsucht sieht.
    Aber wenn man die Szene davor betrachtet, in der Gremin ihr als Ehemann öffentlich seine aufrichtiger Liebe erklärte und wenn man bedenkt, dass Tatjana eine sehr intelligente und integre, im orthodoxen Glauben erzogene Frau ist, kann man ihre Entscheidung gegen die irrationale Liebe und für ein vernünftiges Lebensglück an der Seite eines mehr als anständigen Mannes nachvollziehen,
    Was hat sie denn von Onegin zu erwarten?
    Im Grunde ncihts als gesellschaftlcihe Schande und emotionale Unsicherheit.
    Das heisst aber nciht, dass sie ihn nicht trotzdem weiter liebt. Vernunft und Liebe gehen eher selten Hand in Hand -das ist ja gerade das, was Opernstoffe ausmacht.



    F.Q.

  • Leider habe ich seinerzeit ausgerechnet die Salzburger Übertragung verpasst und später "nur" die Übertragung aus der MET mit Dmitri Hvowostovski und Renée Fleming mitgeschnitten, die auch ihre Meritewn hatte, auch wenn sie mich nicht restlos begeistern konnte. Daran war weniger die Inszenierung von Robert Carson schuld als das zuweilen arg hitzköpfige (und insofern übliche) Dirigat Valery Gergievs und leider auch Renée Fleming, welche die Tatjana zwar sehr schön sang, aber wenig überzeugend gestaltete. Da war Teresa Stratas, die Tatjana des (deutschsprachigen) ONEGIN, der mich einst prägte, seit wir den alten ZDF-Film mit Hermann Prey und Wieslav Ochman unter der Stabführung Vaclav Neumanns auf Video herausbrachten, doch ein ganz anderes Kaliber.


    Aber bevor das hier zum OT wird, möchte ich die Frage in den Raum stellen, ob wir Fairys Wiederaufgreifen dieses Threads nicht in einen eigenen zur Oper selbst stellen sollten, zu dem ich dann gerne auch einiges mehr beitrage, wenn ich mit meinen derzeit vordringlichen Aufgaben fertig bin. Verwiesen sei jedenfalls schon einmal auf Severinas sehr ausführlichen Opernführer hier: TSCHAIKOWSKY; Pjotr Illytsch: EUGEN ONEGIN


    Um vorab schon mal Fairys Kernfrage und die (bislang bezeichnenderweise ausschließlich weibliche) Reaktion darauf zu kommentieren:


    Während Ihr Tatjanas Reaktion und Motivation m. E. sehr richtig erfasst, sollte man eine Ironie des Stückes stärker hervorheben: sie macht am Schluss nämlich genau das, was sie und der Zuschauer Onegin im früheren Verlauf vorwerfen: sie lässt ihr Verhalten von der Vernunft diktieren, während ihre Gefühle ganz woanders hin wollen. Ich sehe in ihrer Reaktion auf Gremins, für mein Gefühl eher treuherzige als überwältigende, Liebeserklärung eher ein Element milder Gerührtheit, und in ihrer Ablehnung von Onegins unverhofftem Liebeswerben einen Ausdruck dessen, dass sie erwachsen geworden und nicht mehr bereit ist, sich dem oberflächlichen Abenteurer an den Hals zu werfen, den sie noch erinnert. Sie kann ja (noch) nicht ahnen, dass es ihm mindestens subjektiv ernst sein könnte. Dies macht den ONEGIN übrigens zu einer weiteren Oper, auf deren Fortsetzung man sehr gespannt sein könnte, denn irgendwie glaube ich nie, dass die Geschichte hier wirklich schon zu Ende ist. Mir scheinen beide füreinander geschaffen zu sein, nur wurden sie dummerweise zum füreinander falschen Zeitpunkt geboren. Aber das kennen wohl die meisten auch vom richtigen Leben nur zu gut.


    Den Onegin verurteilt Ihr deshalb m. E. etwas ungerecht. Ich denke, dass er bei der Wiederbegegnund mit Tatjana einen Punkt in seinem Leben erreicht hat, wo ihm das frühere (und nicht wenig blasierte) Leben im Oberflächenreiz endgültig zu wenig geworden ist. In dieser Wiederbegegnung wird ihm das bewusst, erkennt er, dass er einst ein Juwel hat liegen lassen, weil er die bunte Glasperlenkette seines bewegten Lebens in totaler Verantwortungslosigkeit vorgezogen hatte und sich - zum damaligen Zeitpunkt übrigens völlig zu Recht - bewusst war, dass Tatjana da nicht hinein passen würde. Sein fast pathetischer und darin Tatjanas altem Brief analoger Versuch, die Zeit zurück zu stellen und an der Kreuzung, wo er einst fehlging, den anderen Weg zu gehen, muss scheitern, weil auch alle anderen um ihn herum sich weiter entwickelt und nicht auf seine Einsicht gewartet haben. Das ist für mich das eigentliche Thema der Tragödie Puschkins und der Musik Tschaikowskis. Darin nur ein Drama um die verletzte Eitelkeit männlichen Besitztriebs zu sehen, wird dem nicht nur nominellen Helden des Stückes, das nicht von ungefähr nicht TATJANA heißt, nicht gerecht.


    Damit ist nicht gesagt, dass Onegin künftig ein vorbildlicher Ehemann wäre und Tatjanas Entscheidung falsch; insofern habt Ihr sicher Recht. Aber man sollte nicht übersehen, dass der ONEGIN, wie so viele Klassiker der russischen Literatur (am deutlichsten in KRIEG UND FRIEDEN, wo eine Welt untergehen kann und trotzdem die Befindlichkeiten dominieren, aber auch in DIE BRÜDER KARAMASOFF), vor allem eine Tragödie der Befindlichkeiten ist, die das Geschehen viel eher bestimmen als umgekehrt. Der Sieg der Ratio hat da stets etwas Resignatives. Das immerhin bleibt Lenski erspart, der ja ein Opfer seiner eifersüchtigen und ehrpussligen Befindlichkeit ist und nicht etwa Onegins oder gar der vermeintlichen Untreue seiner Verlobten.


    Dies, noch ausgeprägter als Puschkin, mit einem enormen Verständnis für die Psychologie beider Hauptpersonen in dem Mittelpunkt zu stellen, macht für mich die eigentliche Qualität von Tschaikowskis Oper aus - und ist wohl auch der Grund, warum sie trotz der Überfülle einprägsamer Themen und hinreißender Musik nie so populär wurde wie etwas die Opern Verdis, dessen Verständnis sich mehr auf die Typologie als die Psychologie seiner Helden konzentrierte und der deshalb die von ihm so geliebten reißerischen Handlungen seiner Opern bevorzugte.


    :hello: Jacques Rideamus

  • Lieber Rideamus,


    Zitat

    Original von Jacques Rideamus
    Aber bevor das hier zum OT wird, möchte ich die Frage in den Raum stellen, ob wir Fairys Wiederaufgreifen dieses Threads nicht in einen eigenen zur Oper selbst stellen sollten, zu dem ich dann gerne auch einiges mehr beitrage, wenn ich mit meinen derzeit vordringlichen Aufgaben fertig bin.


    Mit diesem Vorschlag kommst Du mir zuvor - die Idee ist sehr gut, und vielleicht kann der thread dann nicht nur die Oper Tschaikowskys beleuchten, sondern mit Puschkin auch wieder die literarische Vorlage. Und da wir einige Spezialisten dafür haben ( :hello: Ingrid): ein Ballett gibts doch auch noch....


    Ganz neu eröffnen müssen wir allerdings keinen thread - es gibt bereits diesen.


    Danke für den Hinweis. Ist hiermit geschehen. Die (erneute) Lektüre des ersten Teils des Threads lohnt übrigens in dem Zusammenhang auch.
    Mod. J.R.II


    Zitat

    Original von Jacques Rideamus


    Den Onegin verurteilt Ihr deshalb m. E. etwas ungerecht. Ich denke, dass er bei der Wiederbegegnund mit Tatjana einen Punkt in seinem Leben erreicht hat, wo ihm das frühere (und nicht wenig blasierte) Leben im Oberflächenreiz endgültig zu wenig geworden ist. In dieser Wiederbegegnung wird ihm das bewusst, erkennt er, dass er einst ein Juwel hat liegen lassen, weil er die bunte Glasperlenkette seines bewegten Lebens in totaler Verantwortungslosigkeit vorgezogen hatte und sich - zum damaligen Zeitpunkt übrigens völlig zu Recht - bewusst war, dass Tatjana da nicht hinein passen würde.



    Im dritten Akt wird Onegin wirklich zum tragischen Held - denn die Ereignisse haben ihn aufwachen lassen: und das beginnt mE bereits mit dem Ausgang des Duells und gipfelt lediglich in der Wiederbegegnung mit Tatjana, die ihn wie ein Blitz trifft. Aber nun ist es Tatjana, die erkennt, dass Onegin nicht (mehr oder noch nicht wieder?) in ihr Leben passt.


    Ich werde doch mal das Videoband mit der Salzburger Aufführung heraussuchen und ansehen...


    LG, Elisabeth

  • Lieber Jaques,
    deine Ausführungen haben wie immer Hand und Fuß, und natürlich kann man nicht ausschließen, dass es Onegin mit seiner "Umkehr" ernst ist - das habe ich ja schon in meinem Beitrag offen gelassen. Trotzdem erkennt er den Wert der Perle erst, nachdem ein anderer sie gefasst hat, und ich bezweifle ein wenig, dass eine noch immer unverheiratete Tatjana ebensolche Gefühle in ihm wecken würde.
    Was Tatjanas Entscheidung betrifft, ihrer Ratio zu folgen, so kann man ihr das wohl nicht verübeln: Wohl keine andere Opernfigur hat sich emotional derart entblößt wie sie und ist derart gedemütigt worden. Schließlich war es gemäß des Verhaltenskodex' des 19. Jhdts. doch völlig ungehörig, dass eine Frau die Initiative ergreift und dem Objekt ihrer Begierde einen Liebesbrief schreibt. (Auch in unserer heutigen emanzipierten Zeit halten es doch viele Frauen für nicht angemessen, beinahe "unanständig", den ersten Schritt zu tun!!) Die Briefszene gehört für mich zum Ergreifendsten, was je komponiert worden ist - wieviel Qual, Sehnsucht, Zärtlichkeit, aber auch Angst steckt in dieser Musik! Und dann wird dieses Mädchen, das vertrauensvoll sich und seine Liebe völlig ausliefert, von diesem Zyniker Onegin eiskalt abserviert, zurückgestoßen. (Bei Bellini oder Donizetti käme jetzt eine Wahnsinnsarie ;) ) Ich glaube nicht, dass sie dieses traumatische Erlebnis wirklich überwunden hat und ich glaube vor allem nicht, dass sie Onegin je wieder vertrauen könnte. Dass sie ihn immer noch liebt, glaube ich auch, aber sich ihm ein zweites Mal auszuliefern, mit dem Risiko, wieder fallen gelassen zu werden, wenn es den Herren nach Abwechslung gelüstet - dazu ist sie nun zu pragmatisch. Anders wäre es, lebte sie in einer unerträglichen Ehe, würde sie ihren Gatten verabscheuen, aber das ist ja nicht der Fall. Natürlich ist Gremin nicht die Erfüllung ihrer Träume, natürlich hätte sie es mit Onegin lustiger ;) , aber der Fürst bietet ihr etwas, das ihr auf Dauer wichtiger ist als eine möglicherweise rasch verflachende Leidenschaft: Gesellschaftliche Anerkennung, Sicherheit, Respekt und eine ehrliche Zuneigung. Was wäre die Folge, würde sie Onegin erhören? Gesellschaftliche Ächtung, eine höchst unsichere Existenz und womöglich am Ende das Schicksal einer sitzen gelassenen Geliebten, deren Bahn vorgezeichnet ist. Tatjana ist kein naives Mädchen mehr, sondern eine erfahrene Frau, und genau diese Erfahrung hat sie gelehrt, dass es oft klüger ist dem Verstand zu folgen als dem Herzen. Ich glaube also nicht, dass sie nur deshalb bei Gremin bleibt, weil sie ihn achtet und nicht verletzen will - es ist schon auch eine gehörige Portion Selbstschutz dabei.
    Übrigens gebe ich dir Recht: Bei wenigen Opern ist es so spannend wie bei dieser sich auszumalen, wie es wohl weiter gehen könnte!!
    lg Severina :hello:

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  • Zitat

    Original von severina
    ...natürlich kann man nicht ausschließen, dass es Onegin mit seiner "Umkehr" ernst ist - das habe ich ja schon in meinem Beitrag offen gelassen. Trotzdem erkennt er den Wert der Perle erst, nachdem ein anderer sie gefasst hat, und ich bezweifle ein wenig, dass eine noch immer unverheiratete Tatjana ebensolche Gefühle in ihm wecken würde.


    Liebe Severina,


    alles, was Du hier ausführst, unterschreibe ich gerne, und auch die Dauerhaftigkeit von Onegins Einsicht darf man bezweifeln. Wir alle wissen ja, dass sich kaum ein Mensch jemals wirklich ändert, sondern meist nur versucht, seine vertrauten "Qualitäten" in einer (vermeintlich) neuen "Fassung" besser zur Geltung kommen zu lassen. Was ich ihm aber glaube, ist die Ernsthaftigkeit seiner Erkenntnis. Dass Tatjana jetzt verheiratet und ihm gesellschaftlich angemessener, vielleicht sogar etwas überlegen ist, mag den Anstoß zu seiner ERkenntnis gegeben haben, nicht aber den Ausschlag dafür.


    Vielleicht sollten wir aber an dieser Stelle wirklich erst einmal Elisabeths Vorschlag aufgreifen und uns, wie zuvor beim DON CARLOS und der MANON, mit der Vorlage und dem Werk insgesamt befassen. Vielleicht finden wir da eine Antwort, die man ansonsten dahin gestellt sein lassen kann, ohne die emotionale Wirkung und Ausstrahlung des Werkes zu beschädigen.


    Freiwillige Puschkin-Kenner vortreten, bitte.


    :hello: Jacques Rideamus

  • O je, ich habe Puschkins Versroman zwar vor Jahren gelesen, fand ihn aber unerträglich kitschig, was meiner Vermutung nach aber an einer schlechten Übersetzung gelegen haben dürfte, die dem Herz-Schmerz-Reimschema folgte und mich wie gesagt enervierte. Da wäre jetzt wohl Edwin gefragt, der sicher das Original kennt!
    lg Severina :hello:

  • Leider geht es mir da ähnlich. Ich habe es deshalb vor Jahrzehnten nicht einmal geschafft, dieses sicher sehr wichtige Werk fertig zu lesen und war seither nie wirklich versucht, das nachzuholen.


    Vielleicht reicht aber auch eine Beschäftigung mit dem VOLLSTÄNDIGEN Inhalt der Vorlage, denn mir scheint schon interessant zu sein, wie weit der oft zu lesende Vorwurf zutrifft, Tschaikowski habe sich bewusst auf die lyrischen und emotionalen Szenen konzentriert und eine daraus sich ergebende Handlungsarmut nicht nur in Kauf genommen, sondern sogar gewollt.


    Ich sehe das nämlich gar nicht so, oder höchstens im Vergleich mit Verdi oder Wagner, gegen den sich Tschaikowski wohl mit dieser Entscheidung bewusst absetzen wollte.


    Mal sehen, was die anderen dazu sagen können.


    :hello: Jacques Rideamus

  • Liebe Elisabeth, lieber Rideamus


    die Idee, diese Diskussion in dem bereits bestehenen Thread "unnützes Duell"
    fortzuführen und die bisherigen Beiträge dorthin zu verschieben, kann ich nur unterstützen. Ich habe dort übrigens folgenden bemerkenswerten Beitrag von Alviano gefunden, geschrieben am 19.02.07


    Zitat


    Original von Alviano
    Lässt sich das Stück auch so lesen, dass da zwei etwas verrückte Jungs sind, die vielleicht mehr für einander empfinden, als sie sich zugestehen wollen oder können - und die in Streit geraten aus einer Eifersucht heraus, die andere Gründe hat, als die, die oberflächlich zu vermuten sind? Das kurze Duett vor dem Duell, "Vragi", wo die beiden Männerstimmen sich umeinander winden, bis sie zusammenkommen als Vorbereitung für Lensky, mit diesem Quatsch aufzuhören und sich in den Arm zu nehmen?


    Genau dies hat Warlikowski in München in seiner Onegin-Inszenierung vom November 07 sehr eindrucksvoll auf die Bühne gebracht, wenngleich hier für meinen Geschmack zu überzeichnet.


    Zitat


    Original von Elisabeth
    Im dritten Akt wird Onegin wirklich zum tragischen Held - denn die Ereignisse haben ihn aufwachen lassen: und das beginnt mE bereits mit dem Ausgang des Duells und gipfelt lediglich in der Wiederbegegnung mit Tatjana, die ihn wie ein Blitz trifft. Aber nun ist es Tatjana, die erkennt, dass Onegin nicht (mehr oder noch nicht wieder?) in ihr Leben passt.


    In der Beurteilung des Onegin bin ich etwas anderer Meinung. Dieser Zauberstrahl der Liebe, der ihn da so plötzlich trifft, wäre nicht über ihm hereingebrochen, wenn Tatjana nicht die Ehefrau seines Freundes Gremin in exponierter Stellung, sondern (wie Severina bereits erwähnte) eine ihrer unerfüllten Liebe nachtrauernde Träumerin geblieben wäre. Dass Tatjana hier mit letzter Kraft dem erotischen Abenteuer widersteht, macht für mich die Stärke dieser Frauengestalt aus. Ich denke schon, dass sie Onegin im Innersten immer noch liebte, glaube aber nicht an eine glückliche Zuzkunft an seiner Seite sondern im Gegenteil, dass sie endlich befreit ist. Eine späte Genugtuung für die Demütigung, die bestimmt ihr ganzes bisheriges Leben an ihr zehrte.


    Oh je, jetzt sehe ich, dass ich wieder einmal zu lange mit meinem Beitrag gewartet habe und vieles jetzt inzwischen von Severina soviel treffender formuliert wurde. Ich stelle ihn dennoch ein, zumal ich hier leider einmal die Auffassung von Rideamus nicht teile. Ich sehe nach wie vor in der Stellung und Auftreten Tatjanas den Ausschlag für seine Erkenntnis.
    Liebe Grüße


    Emotione

  • Jedes Duell ist überflüssig und es ist in Mitteleuropa zum Glück seit 1918 abgeschaffen worden, aber


    die Lenski Arie ist wieder so wunderschön,


    besonders gern habe ich sie von Anton Dermota gehört, und da habe ich auch ihn mit einem Mitschnitt der Wiener Staatsoper vom 26.1.1961.


    Liebe Grüße Peter, aus dem bewölktem, aber kühlem Wien.

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  • Zitat

    Original von Emotione
    Ich sehe nach wie vor in der Stellung und Auftreten Tatjanas den Ausschlag für seine Erkenntnis.


    O je, was haben wir Euch zynisch gemacht. :(
    Trotzdem ist es bestimmt kein Unglück, wenn Du mal anderer Meinung bist als ich, eher logisch. Mir scheint da nämlich eine merkbare Wasserscheide (no pun intended) zwischen der weiblichen und der männlichen Sicht auf die Charaktere dieser Oper zu verlaufen. Hinzu kommt der Aspekt, auf den Du mit Recht hinweist:


    Eigentlich bin ich ja dagegen, jede gleichgeschlechtliche Freundschaft gleich auf homoerotische Aspekte abzuklopfen. Was mir aber bei Don Carlos und Posa (und wohl auch Puschkin) daneben erscheint, könnte bei Tschaikowski durchaus relevant sein. So könnte ich mir durchaus vorstellen, dass Alvianos These von Onegins unterschwelliger oder gar unterdrückter Homosexualität, mit der Tschaikowski sich ja anscheinend gut auskannte, ein weiterer Faktor von Tatjanas instinktiver Erkenntnis ist, dass ein Nachgeben gegenüber ihren Trieben sie nur ins Unglück führen würde.


    Zur Unnützigkeit des Duells: natürlich ist jedes Duell so falsch wie der in manchen Kreisen noch heute für notwendig gehaltene Ehrenmord an einer Schwester oder Tochter. Solange aber der Autor aus dem Verständnis seiner Zeit heraus nur die Beteiligten betrauert, nicht aber die Institution selbst unverkennbar in Frage stellt, sollte man sich vor einer moralischen Bewertung aus heutiger Sicht hüten. Oder aber bei David und Goliath oder wenigstens Lohengrin anfangen. Der immerhin lässt seinen Gegner überleben, was zwar niemandem bekommt, aber den Helden charakterisiert (übrigens war das schon zu Zeiten, als das Duell noch als gesellschaftsfähig galt, erstaunlich oft der Fall). Deshalb finde ich auch eine Inszenierung, die Lenskis Tod als unbeabsichtigten Unfall darstellt, als durchaus legitim, sogar anrührend.


    Aber auch wenn das Duell den dramatischen (und deshalb dramaturgisch verfrühten) Höhepunkt der Handlung darstellt, sollte man nicht vergessen, dass Lenski eine Nebenfigur ist, der in seiner romantischen Emphase für meine Begriffe unterstreicht, dass Onegins Verhalten vielleicht gar nicht so falsch ist, wie es in der Regel gesehen wird. Wer die Geschichte nur aus Tatjanas Sicht bewertet und Onegin allein deshalb verurteilt, weil er - in durchaus freundlichem Ton - nicht zulässt, dass sich dieses leidenschaftliche junge Mädchen ihm ohne Rücksicht auf gesellschaftliche Konventionen, und damit den unweigerlichen Folgen für sie selbst, an den Hals wirft, bewertet zu subjektiv. Für mich macht es gerade die Tragik eines Onegin aus, dass er sich durchaus richtig verhält und dennoch, weil zur falschen Zeit und in einem fragwürdigen Lebenslauf, das Falsche tut. Deshalb finde ich auch den Onegin einen der identifikationsfähigsten Helden der gesamten Opernliteratur.


    :hello: Jacques Rideamus

  • Zitat

    Original von Jacques Rideamus
    Wer die Geschichte nur aus Tatjanas Sicht bewertet und Onegin allein deshalb verurteilt, weil er - in durchaus freundlichem Ton - nicht zulässt, dass sich dieses leidenschaftliche junge Mädchen ihm ohne Rücksicht auf gesellschaftliche Konventionen, und damit den unweigerlichen Folgen für sie selbst, an den Hals wirft, bewertet zu subjektiv. Für mich macht es gerade die Tragik eines Onegin aus, dass er sich durchaus richtig verhält und dennoch, weil zur falschen Zeit und in einem fragwürdigen Lebenslauf, das Falsche tut. Deshalb finde ich auch den Onegin einen der identifikationsfähigsten Helden der gesamten Opernliteratur.



    Lieber Rideamus,


    als freundlich konnte ich die Szene "Vi mnye pisali. Ne otpiraites" (Sie schrieben mir, wozu es leugnen) noch nie empfinden, und zwar ganz egal, von wem sie gesungen/dargestellt wurde.


    Mindestens überheblich und blasiert und in keiner Weise sich dessen bewusst, ob und wie Tatjana damit umgehen kann, die ihm in diesem Moment einfach nur lästig ist.


    Aber vielleicht ist ja auch Onegin selbst mir dieser Situation, die so gar nicht der Konvertion entspricht, überfordert....


    LG, Elisabeth

  • Zitat

    Original von oper337
    Jedes Duell ist überflüssig und es ist in Mitteleuropa zum Glück seit 1918 abgeschaffen worden...


    Für diejenigen unter uns, die Zugriff auf die NJW haben:


    Zum Thema Duell gibt es von Bernhard Schlink einen interessanten Artikel, der sogar ein wenig auf die Besonderheiten der Duell-Kultur in Russland eingeht: "Das Duell im 19. Jahrhundert - Realität und literarisches Bild einer adeligen Institution in der bürgerlichen Gesellschaft", NJW 2002, 537


    Viele Grüße
    Thomas

  • Zitat

    Original von ThomasNorderstedt
    Für diejenigen unter uns, die Zugriff auf die NJW haben:


    Lieber Thomas,


    wofür unsere Neue Juristische Wochenschrift doch alles gut ist ;)


    Danke für den Tip, ich werd mir den Artikel morgen gleich mal in unserer Bibliothek besorgen.


    LG, Elisabeth

  • Ja, das sehe ich genauso wie Elisabeth! Natürlich ist Onegin nicht verpflchtet, Tatjanas Liebe zu erwidern, aber eine Abfuhr kann man auch einfühlsamer erteilen, noch dazu, wo er wissen muss, dass sie in einer Traumwelt lebt und mit der Wirklichkeit nicht ganz zurecht kommt. (Siehe ihr erstes Gespräch!) Er aber lässt deutlich durchblicken, dass er ihre Gefühle nicht ernst nimmt, tut sie als Jungmädchenschwärmerei ab und lässt mit seinen letzten Worten sogar noch so etwas wie Verachtung durchblitzen, weil sie sich ihm quasi an den Hals geworfen hat. Für ein sensibles Wesen wie Tatjana eine doppelte Demütigung, wobei ihr der letzte Aspekt wahrscheinlich erst in diesem Moment so richtig klar geworden ist.
    Was die homoerotischen Gefühle zwischen Onegin und Lenskji betrifft, so kann man das Werk sicher in diese Richtung interpretieren. Wobei dann die Frage interessant wäre, ob Onegin den Freund deshalb tötet, weil ihm klar ist, dass dieser letztendlich doch Frauen vorziehen wird. Denn wie Rideamus richtig sagt: Viele Duelle waren reine Alibihandlungen, wo die Gegner einander absichtlich verfehlten. Der Ehre war damit Genüge getan, und weh tun oder gar töten wollte man einander gar nicht.
    lg Severina :hello:


    PS:Zu Oper 337: Gesetzlich verboten waren Duelle theoretisch auch im 19.Jhdt (zumindest in Österreich), nur hat man sie stillschweigend geduldet. Deshalb fanden sie ja immer im Morgengrauen irgendwo in der Einsamkeit statt und nie coram publico, wie z.B. Hinrichtungen. Der Sieger verschwand für einige Zeit im Ausland, bis Gras über die Sache gewachsen war (Siehe Alfredo in der "Traviata"!), gerichtlich belangt (wegen Mord oder Körperverletzung) wurde er nie.


    PPS: Und für diejenigen, die keinen Zugriff auf NWJ haben, ein Buchtipp von mir:
    Dietmar Kügler, Das Duell. Zweikampf um die Ehre

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  • Ihr Lieben, man merkt doch gleich, dass unser J.R. nun ein Blaumann ist-effektive Threadpolitik!!!!! :jubel:


    Tja, die Psychologie der Liebe....


    Man möchte wirklich wünschen, dass diese Oper weitergeht, denn sie ist auch m.E. keinesfalls zu Ende.
    In der Salzburger Inszierung erwartete ich zumindest bis zum Schluss, dass noch einmal die Tür aufgeht und Tatjana Onegin wenigstens eine einzige Liebesumarmung schenkt.
    Aber wir befinden uns immerhin ja noch im 19.Jh.
    Wenn Tatjana nicht so grundsolide und gut erzogen wäre, würde ich eine Menage à trois für die beste Lösung halten. Vor allem dann, wenn Onegin wirklich homosexuell sein sollte(wofür ich keine Anzeichen erkennen konnte)
    Damit wäre im Grunde Allen geholfen.
    Tatjana hätte die Sicherheit einer guten gesellschaftlichen Position und eines sie von Herzen liebenden und menschlich verlässlichen Ehemanns
    Onegin hätte nicht die ganze Verantwortung für Tatjanas Leben , Wohl und Wehe und vor allem weiter den Kick, sie nicht ganz zu" besitzen". Für Männer dieser Sorte ist das eher von Vorteil, wie wir ja hier wieder deutlich sehen.(J.R. "geschlechtssolidarischen" Optimismus teile ich nur teilweise. )
    Und Gremin möchte zwar wahrscheinlich seine Frau nciht mit einem anderen Mann teilen, aber es ist oft besser und gesünder für eine Ehe, die Realität einer Nebenbuhlers als den immerwährenden Traum von einem solchen zu teilen. Reale Liebhaber sind auch nur Menschen, Phantome von Liebhabern dagegen weit mehr als das!


    Tatjana wird mit Sicherheit weiter bzw nun erst recht vor Sehnsucht nach Onegin vergehen und das wird ihre Ehe evtl mehr vergiften als eine Affäre mit Onegin es je könnte. Aber wir sind wie gesagt im 19 Jh und da konnte Frau sich kaum solche Freiheiten nehmen......


    Was ist eigentlich aus Olga geworden?



    Fairy Queen


  • Liebe Fariy,
    daaaas verstehe ich jetzt aber nicht: Was hätte Tatjana denn dann von ihm?? :pfeif: (Denn ich gehe ja davon aus, dass du bei deiner Menage à trois
    nicht an Gremin gedacht hast :angel: )
    Um Olga mache ich mir übrigens keine Gedanken: Die wird ein paar Gewissensbisse wegen Lenskjis Tod haben und dann zur Tagesordnung übergehen, und das heißt bei ihr, das Leben zu genießen und sich zu amusieren. Wahrscheinlich ist die Mitgift groß genug, dass sich auch respektable Freier nicht durch den Eklat auf dem Ball abschrecken lassen.
    lg Severina :hello:

  • Liebe Severina, was verstehst du da nicht? ?( ;)
    Onegin ist, wenn überhaupt homoerotscihe Tendenzen da sind , mindestens bisexuell, denn dass er Tatjana am Ende liebt oder zu lieben glaubt und auch begehrt, scheint mir kein Hirngespinst zu sein sondern geht aus der Oper deutlich hervor
    Einen offen oder verdeckt bi-sexuellen Mann hat Frau aber ohnehin niemals ganz allein , also ist sie mit einer Menage à trois ganz sicher in diesem Fall noch besser bedient. Stell Dir vor, sie trennt sich von Gremin, verliert Alles, was sie hat und muss dann auch noch mitansehen wie Onegin auch Männer braucht, um glücklich zu sein.


    Nein, ich glaube wirklich, dass sie die grössten Chancen hätte , glücklich zu werden, wenn sie sowohl Gremin als auch Onegin in irgedneiner Weise behalten kann, ob dieser nun homoerotische Neigungen hat oder nicht.
    Nur lässt ihre Gradlinigkeit, ihre Erziehung und Religion das gewiss nicht zu.


    F.Q.

  • Liebe Elisabeth, liebe Severina,


    ich weiß nicht, ob wir hier wirklich verschiedene Ansichten wegen unterschiedlicher Perspektiven haben oder ob ich einem Übersetzungsproblem aufsitze. Wie gesagt: meine prägende Erfahrung mit EUGEN ONEGIN war eine deutschsprachige ZDF-Produktion, in der Hermann Prey einen recht sensiblen Onegin gab und Karl Michael Vogler zudem Auszüge aus Puschkins Versroman las, die eine Deutung wie die meine zumindest zuließen, wenn nicht nahelegten. Ich habe die nämlich auch deshalb so gut im Gedächtnis, weil ich für unsere damalige Edition für Topaz Classic das Textheft erstellte. Leider gibt es diese sehr gute Aufführung allenfalls noch antiquarisch auf VHS.


    Da mein Russisch nicht existent ist, kann ich das am Original schwer nachvollziehen. Ich werde mir aber gelegentlich gerne meine anderen ONEGINs noch einmal ansehen und -hören um das zu überprüfen. Neben der genannten und einer auch nicht mehr verfügbaren LP-Box mit Galina Wischniewskaja unter der Stabführung von Msistislaw Rostropowitsch wären das noch:


    die Solti-Einspielung mit Teresa Kubiak und Bernd Weikl in der filmischen Interpretation durch Peter Weigl



    Kennt die jemand?


    Und dann natürlich diese bereits erwähnte Aufnahme von der MET:



    Wenn ich nachgesehen habe, werde ich mich zu dem Thema wieder melden.


    :hello: Jacques Rideamus

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