WSO - wie geht es weiter?

  • Hallo,


    Ioan Holender hat heute bekanntgegeben, daß er seinen Vertrag nicht verlängern wird (endet 2010).


    Habt Ihr (also die Österreicher) eine Vorstellung oder einen Wunsch, wer ihm nachfolgen soll ?(


    LG
    Austria


    PS: Meinungen aus D, NL, CH, usw. sind natürlich auch willkommen ;-)

    Wir lieben Menschen, die frisch heraus sagen, was sie denken - vorausgesetzt, sie denken dasselbe wie wir (Mark Twain)

  • Hallo Austria,


    soweit ich das mitbekommen habe, stehen einerseits Shicoff (ÖVP-Favorit) und anderereits Welser-Möst (SPÖ-Wunschkandidat) zur Auswahl. Beide Kandidaten sind, wie ich finde, nicht gerade erste Wahl. Beiden fehlt jegliche größere Erfahrung im Management eines Opernhauses (zumal, wenn es sich um ein derartiges Schlangennest wie die WSO handelt). Shicoff hat ja außerdem neben dem tenorüblichen Großego auch ein ziemlich zittriges Nervenkostüm, wäre also mehr ein Frühstücksdirektor, dessen Tagesgeschäft dann von einem "normalen" Geschäftsführer oder so wahrgenommen werden müsste. Also insgesamt keine ideale Konstellation. Besser wäre es wenn Holender weitermachen würde. Vieleicht will er mit der Absage ja den Druck erhöhen, um bei der zuständigen Frau Minister bessere Konditionen für die WSO herauszuholen.


    :hello:


    GiselherHH

    "Mache es besser! (...) soll ein bloßes Stichblatt sein, die Stöße des Kunstrichters abglitschen zu lassen."


    (Gotthold Ephraim Lessing: Der Rezensent braucht nicht besser machen zu können, was er tadelt)

  • @Giselher


    Ja - Shicoff kann ich mir so gaaar nicht vorstellen, eher noch Welser-Möst. Und von Mortier war auch noch die Rede.


    LG
    Austria

    Wir lieben Menschen, die frisch heraus sagen, was sie denken - vorausgesetzt, sie denken dasselbe wie wir (Mark Twain)

  • Hallo Giselher


    Zitat

    Beiden fehlt jegliche größere Erfahrung im Management eines Opernhauses (zumal, wenn es sich um ein derartiges Schlangennest wie die WSO handelt).


    Das kann man bei Welser-Möst nicht so sagen. Immerhin war/ist er schon insgesamt acht Jahre (General-)Musikdirektor in Zürich, und kennt so den Betrieb eines Opernhauses ziemlich gut. Als bislang einziger Österreichischer Kandidat hat er den nicht zu unterschätzenden Vorteil, dass er mehr als nur eine Idee davon hat, welch Grabenkämpfe einem in Wien erwarten können.

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


  • Hallo zusammen,


    Schicoff als Intendant kann ich mir beim besten Willen nicht vorstellen. Mortier taucht in solchen Debatten immer als Kandidat auf - ich würde allerdings große Beträge verwetten, dass er es nicht wird und auch nicht will: Mortier (der nun auch nicht mehr der Jüngste ist - in Paris hat er die unüberwindbare Pensionsgrenze schon erreicht) würde der Wind derartig ins Gesicht blasen, dass selbst er sich das nicht mehr antun würde.


    Welser-Möst ist ja nun schon ewig im Gespräch - er wäre vielleicht gar nicht die schlechteste Lösung: endlich mal wieder ein einigermaßen vernünftiger Dirigent an der WSO. Vielleicht würde er sogar ein klein wenig mit der Repertoireschlamperei beim Staatsopernorchester aufräumen. Und zumindest ist er seit geraumer Zeit Chefdirigent am Zürcher Opernhaus und füllt diesen Job nicht schlecht aus. Zürich bietet jedenfalls vielfältigeres Repertoire, bessere Regisseure und Dirigenten und sicherlich auch keine schlechteren Sänger als Wien. Was natürlich auch das Verdienst von Alexander Pereira ist: Will der eigentlich nicht?



    Zitat

    Original von GiselherHH
    Besser wäre es wenn Holender weitermachen würde. Vieleicht will er mit der Absage ja den Druck erhöhen, um bei der zuständigen Frau Minister bessere Konditionen für die WSO herauszuholen.


    Holender hat sich ja einige Verdienste erworben - aber jetzt war er doch wohl lang genug am Ruder: Wenn ich mir die Premieren und Spielpläne der WSO in den letzten 2-3 Jahren ansehe..."In allen Wipfeln spürest du kaum einen Hauch".


    Viele Grüße


    Bernd

  • Theophilus:


    Welser-Möst kennt zwar den Opernbetrieb, aber er wäre als Intendant ja nicht nur für die künstlerischen Fragen, sondern auch für die administrativen Dinge verantwortlich, hätte also den Job, den Pereira in Züprich macht. Und ob er diese Doppelbelastung tatsächlich durchsteht... Da müsste man dann wie bei Shicoff moch einen zweiten Direktor fürs Tagesgeschäft engagieren.


    Zwielicht:


    Holender ist sicher kein großer Neuerer gewesen, der sich als Vorkämpfer der Moderne an der strukturkonservativen WSO große Meriten erworben hätte. Immerhin hat er es geschafft, dass nicht nur die alten Staubfänger-Inszenierungen gebracht wurden, sondern auch hin und wieder ein Regisseur von heute die Gelegenheit erhielt. Regie zu führen. Auf diesem Posten muss man ein kluger Taktiker sein, wenn man nicht vorzeitig die Fahne streichen will. Das Scheitern ambitionierter Staatsoperndirektoren, die mit dem Kopf durch die Wand wollten, ist geradezu sprichwörtlich.


    :hello:


    GiselherHH

    "Mache es besser! (...) soll ein bloßes Stichblatt sein, die Stöße des Kunstrichters abglitschen zu lassen."


    (Gotthold Ephraim Lessing: Der Rezensent braucht nicht besser machen zu können, was er tadelt)



  • Hallo Giselher,


    mit Holender und den Regisseuren hast Du ja recht - das würde ich auch ausdrücklich zu seinen Verdiensten rechnen. Allerdings finde ich es schon auffällig, dass z.B. Herbert Wernicke und Hans Neuenfels selten so schlechte Inszenierungen abgeliefert haben wie an der WSO ("Palestrina" bzw. "Le Prophète") - woran das auch immer liegen mag.


    Schlimmer fand ich (soweit ich das als Gelegenheitsbesucher mitbekommen habe) die musikalischen Zustände - weniger bei den Sängern, als bei den Dirigenten und beim Orchester. Hier hätte ich die Hoffnung, dass Welser-Möst die großen Potentiale besser ausreizen könnte.


    Die Gefahr des Scheiterns ist an der WSO immer groß (zumal die finanziellen Bedingungen ja offenbar immer schlechter werden). Aber aus der schnell beendeten "Ära" Drese/Abbado sind doch immerhin Produktionen hervorgegangen, die trotz mancher Schwächen bis heute ihre Gültigkeit bewahrt haben. Was wohl aus der Zeit Holenders bleiben wird?


    Viele Grüße


    Bernd

  • Hallo Giselher,
    just andersrum: Shicoff, ein persönlicher Freund von Kanzler Gusenbauer (SPÖ) ist der Wunschkandidat der Sozialisten. Holender hätte gerne Welser-Möst als Nachfolger, der sicherlich auch eher nach dem Geschmack der ÖVP ist.
    Mortier, der mir sehr recht wäre, wird wohl nicht in Frage kommen, in Salzburg hat er sich zu unbeliebt gemacht.
    Domingo, der früher wollte, will jetzt angeblich eher nicht mehr.
    Also kommt entweder eine absichtliche Übergangslösung (die Shicoff sein kann, denn der schmeißt ohnedies nach zwei Jahren hin), oder man zieht in alter österreichischer Tradition jemanden aus dem Ärmel, der eine völlige Überraschung ist.
    :hello:

    ...

  • Hallo Edwin,


    hast natürlich recht, ich habe die politischen Richtungen velwechsert. Das mag in Zeiten großkoalitionären Geschmuses schon mal passieren...


    :hello:


    GiselherHH


    P.S.: Vielleicht exhumieren sie ja noch den Herrn Dr. Seefehlner. :wacky:

    "Mache es besser! (...) soll ein bloßes Stichblatt sein, die Stöße des Kunstrichters abglitschen zu lassen."


    (Gotthold Ephraim Lessing: Der Rezensent braucht nicht besser machen zu können, was er tadelt)

  • Edwin, der kriegt doch schon nach zwei Monaten den ersten Nervenzusammenbruch, du bist ziemlich optimistisch, wenn du Shici zwei Jahre gibst
    Welser-Möst? Ich weiß nicht recht. Dirigenten als Direktoren haben in Wien doch immer in einem Desaster geendet, was ja auch klar ist, weil die das "Direktorenspiel" kaum als ihre Haupttätigkeit betrachten und in der Regel viel zu selten wirklich anwesend sind. Und genau das ist nötig, wenn der Betrieb funktionieren soll, besonders in einem so großen Haus wie Wien. Warum klappt's in Zürich so gut? Weil Pereira in und mit seinem Haus lebt, so gut wie jeden Abend anwesend ist, sich um jedes Detail persönlich kümmert (Sich z.B. auch ausbuhen lässt, wenn ein Florez absagt, weil er persönlich vor den Vorhang tritt und nicht so ein armes Würstchen vorschickt, das dann den geballten Zorn des Publikums über sich ergehen lassen muss wie z.B. vorgestern in der WSO) Dass er diesen ein Totaleinsatz auch von jedem seiner Mitarbeiter fordert und die zum Teil am Zahnfleisch gehen, ist ein anderes Kapitel...Ich glaube daher kaum, dass sich Pereira den Wiener Intrigenstadl antut, denn so schalten und walten wie in Zürich kann er bei uns nicht.
    Ich hätte mir wirklich gewünscht, Holender hätte noch ein Jahr verlängert und man könnte in Umsicht und Ruhe einen Nachfolger suchen. Aber ich fürchte, jetzt wird so eine typisch wienerische "Husch-Pfusch-Lösung" herauskommen.....
    lg Severina

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  • Zitat

    Was wohl aus der Zeit Holenders bleiben wird?


    Da gibt es schon beachtliche Produktionen: Der Mielitz-"Parsifal" etwa, ein interessanter "Peter Grimes", ein fulminanter "Billy Budd", eine glänzend spielbare "Jenufa", ein fast schon grandios zu nennender "Don Carlos", wir haben Holender Uraufführungen (Schnittke, Cerha) zu verdanken und eine sehr gut angenommene, extrem vielseitige Kinderoper.
    Es gab einen neuen "Ring" und wird demnächst eine weitere Neuinszenierung der Tetralogie geben. Auch ein "Boris Godunow steht vor der Tür, der interessant werden kann.
    Abgesehen davon hat Holender das von Drese hinterlassene Repertoire-Chaos beseitigt und in das bis dahin schwer zu handhabende Haus Strukturen gebracht.
    Die Dirigenten-Misere stimmt ebenfalls nur bis zu einem gewissen Grad. Wenn ein Haus einen dermaßen umfangreichen Spielplan hat, kann es schon passieren, daß manchmal jemand am Pult steht, der seiner Sache nicht ganz so sicher ist.
    Aber auch das werte ich eigentlich nicht unbedingt negativ: Holender liebt es, Leute auszuprobieren. Wenn sie sich bewähren, werden sie Schritt für Schritt vor größere Aufgaben gestellt.


    Abgesehen davon schätze ich es, wie sich Holender für das haus einsetzt, wie er geschickt kleine Eitelkeiten benützt und den politischen Ränkespielen entgegentritt. Drese war wesentlich zu weich, zu leicht beleidigt, völlig unfähig, sich auf dem glatten Wiener Parkett zu bewegen.


    Jedenfalls wird es jeder Nachfolger Holenders schwer haben, aus dessen Schatten hervorzutreten. Weshalb ich eigentlich für eine Art Übergangsdirektor wäre, ehe dessen Nachfolger dann quasi bei Null ansetzen kann.


    :hello:

    ...

  • Ja, ich denke auch fast schon mit einer Träne im Knopfloch an die Nach-Holender-Ära. Ich finde, er hat seine Sache ziemlich gut gemacht, unser Spielplan langweilt mich keineswegs, mir gefällt die Mischung aus traditionellen und modernen Inszenierungen und er hat vor allem ein einmaliges Talent, junge, talentierte SängerInnen zu entdecken. Im übrigen gilt das Sprichwort "Allen Menschen recht getan, ist eine Kunst, die niemand kann." Zumindest mir hat er es meistens "recht getan".
    lg Severina :hello:

  • Hallo Edwin,


    Zitat

    Original von Edwin Baumgartner


    Da gibt es schon beachtliche Produktionen: Der Mielitz-"Parsifal" etwa, ein interessanter "Peter Grimes", ein fulminanter "Billy Budd", eine glänzend spielbare "Jenufa", ein fast schon grandios zu nennender "Don Carlos", wir haben Holender Uraufführungen (Schnittke, Cerha) zu verdanken und eine sehr gut angenommene, extrem vielseitige Kinderoper. Es gab einen neuen "Ring" und wird demnächst eine weitere Neuinszenierung der Tetralogie geben.



    Holender ist jetzt immerhin fast 15 Jahre im Amt. Da kann man die (mit Hölszky) drei Uraufführungen als einen passablen Schnitt bezeichnen, mehr nicht. Den Mielitz-Parsifal fand ich ja nicht schlecht - aber eine wirklich große Inszenierung? Der "Don Carlos" war eine Übernahme aus Hamburg (gute Produktionen einzukaufen, ist sicher auch eine Kunst - sollte die WSO öfter machen). Der "Billy Budd" ist in der Tat großartig, "Peter Grimes" und "Jenufa" habe ich nicht gesehen. Ab und zu einen neuen "Ring" darf man von einem Opernhaus dieser Größe erwarten (besonders gelungen ist er ja nicht).



    Zitat

    Die Dirigenten-Misere stimmt ebenfalls nur bis zu einem gewissen Grad. Wenn ein Haus einen dermaßen umfangreichen Spielplan hat, kann es schon passieren, daß manchmal jemand am Pult steht, der seiner Sache nicht ganz so sicher ist.
    Aber auch das werte ich eigentlich nicht unbedingt negativ: Holender liebt es, Leute auszuprobieren. Wenn sie sich bewähren, werden sie Schritt für Schritt vor größere Aufgaben gestellt.


    Man vergleiche die Liste der aktuell wirkenden Dirigenten in Wien und in Zürich: warum findet man in Zürich Namen wie Christie, Eschenbach, Gardiner, Haitink, Harnoncourt, Minkowski, von Dohnanyi - die in Wien nicht auftauchen? Weil 1. in Wien die Barockoper so gut wie nicht vorkommt, und 2. sich manche Dirigenten weigern, unter den in Wien herrschenden Probenbedingungen anzutreten. (Bei den Dirigentennamen könnte man noch Nagano, Barenboim, Harding, Chailly etc. etc. anführen - und bitte jetzt keine Debatte über einzelne der genannten Dirigenten :D ).



    Zitat

    Abgesehen davon schätze ich es, wie sich Holender für das haus einsetzt, wie er geschickt kleine Eitelkeiten benützt und den politischen Ränkespielen entgegentritt. Drese war wesentlich zu weich, zu leicht beleidigt, völlig unfähig, sich auf dem glatten Wiener Parkett zu bewegen.


    Mag ja alles stimmen (ich sehe durchaus Holenders Verdienste). Es ist vielleicht eine realistische Einstellung, zu sagen: Ok, im Repertoirealltag muss man schmerzliche Kompromisse machen, es gäbe vielleicht auch bessere Dirigenten, etwas mehr Linie in Bezug auf Inszenierungsstil wäre wünschenswert, man könnte wirklich die Operngeschichte vor Mozart mal zu ihrem Recht kommen lassen, aber: die WSO ist nun mal ein Riesendampfer, wer sich als Intendant zu weit vorwagt, wird automatisch einen Kopf kürzer gemacht, das Staatsopernorchester hat nun mal seinen eigenen Kopf, da kann man nix machen usw. usw.


    Und trotzdem: Die Wiener Staatsoper, der ich wirklich alles Gute wünsche (auch in meinem eigenen Interesse :D ), hätte wie kaum ein anderes Opernhaus das Potential für viel mehr.


    Viele Grüße


    Bernd

  • Sämtliche Versuche mit Barockopern, die an der Wiener Staatsoper unternommen wurden, sind am Publikumsinteresse gescheitert. In Zürich gibt es eine gewisse Barock-Tradition. In Wien müsste sie erst geschaffen werden - aber dafür würde sich das Theater an der Wien wesentlich eher eignen als die Staatsoper.
    Man vergißt nämlich als Nicht-Österreicher nur allzu leicht, daß es in Wien mittlerweile vier Opernhäuser gibt (Staatsoper, Volksoper, Theater an der Wien, Kammeroper), von denen jedes ein bestimmtes Repertoire-Segment hauptsächlich bedient. Wenn die Staatsoper kein Barock-Repertoire spielt, heißt es nicht, daß Barockes in Wien nicht zu sehen ist.
    Zürich hat außerdem das Repertoire völlig anders gewichtet, an der Staatsoper gibt es eine Art Leitspielplan mit Mozart, Wagner und Strauss, den es in Zürich nicht gibt.


    Wenn man sich den Züricher Spielplan nun genauer ansieht, fallen einem sofort Stücke auf, die es dort nicht gibt: Stünde etwa in Wien tatsächlich nur eine Wagner-Oper auf dem Spielplan, müßte der Direktor wegen der Wut des Publikums demissionieren (hatten wir: Maazel und Drese wurde permanent vorgeworfen, zuwenig Wagner zu spielen); drei Mozart-Opern, von denen eine ein Außenseiter ist, wäre in Wien ebenfalls tödlich.
    Was 20. Jahrhundert anlangt: Berg gehört in Wien dazu - in Zürich offenbar nicht.
    Und so könnte man den Vergleich weiter treiben.
    Er bringt nur nichts - außer der Erkenntnis, daß Zürich und Wien keine vergleichbaren Häuser sind, und die Rivalität lediglich von Alexander Pereira betrieben wird, der schon seinerzeit, als er noch im Konzerthaus leere Säle produzierte, wahnsinnig gerne Staatsoperndirektor geworden wäre.


    Warum nun gewisse Dirigenten in Wien nicht am Pult zu erleben sind? - Ich kann es in einigen Fällen durchaus beantworten.


    Dohnanyi will nach einem Krach in Salzburg nicht mehr mit den Wiener Philharmonikern arbeiten.
    Eschenbachs Dirigierversuche sind der Staatsoper nicht würdig.
    Gardiner hat dirigiert, kam aber nicht gut an.
    Haitink gilt in Wien als Garant für gepflegte Langeweile und wird auch als Konzertdirigent nur als "einer unter vielen" wahrgenommen.
    Barenboim verlangt Gagen, die Holender nicht zu zahlen bereit ist.
    Chailly ist mit den Philharmonikern nicht gar so gut.


    Bleiben als wirklich schmerzliche Ausfälle Harnoncourt und Nagano.
    Andererseits: Zürich verzichtet auf Thielemann, de Billy, Luisi, Segerstam...
    Auch hier wieder: Es ist halt eine Frage des Geschmacks, ob man lieber Thielemann hat oder Eschenbach... (wobei letzterer übrigens auch in Zürich keine Oper dirigiert, zumindest nicht in dieser Saison - aber das nur am Rande).
    Die Publikumsakzeptanz der von Holender engagierten Dirigenten und Solisten ist jedenfalls so hoch, daß die Staatsoper, trotz jahrelang nicht angehobener Grundsubvention, positiv bilanzieren konnte; erst jetzt stellen sich rote Zahlen ein - kein Wunder, wenn alles teurer wird, dann eben auch der Opernbetrieb.


    So nebenbei hat Holender auch eine politisch stets saubere Position bezogen, hat bei den Jubiläumsfeiern in einer geradezu sensationellen Rede die braunen Flecken aufgearbeitet, wie er überhaupt sehr geschichtsbewußt mit dem Haus verfahren ist.


    Hätte er gar nichts anderes zuwege gebracht - allein dafür gebührt ihm jeder Respekt!


    :hello:

    ...

  • Edwin, völlige Übereinstimmung! :) Außerdem hat halt jeder Operndirektor seine persönlichen Vorlieben und Abneigungen, die er kultiviert. (Ist ja auch nur ein Mensch!) Pereira z.B. hasst französische Opern, daher gibt's in Zürich so gut wie keine, und die würden mir wesentlich mehr abgehen als Barockopern. Wobei das natürlich jetzt auch mein persönlicher Geschmack ist, und der wird insgesamt von Holender recht gut bedient.
    lg Severina :hello:

  • Mein Gott Edwin, was tatest du?


    Ein derart schönes Plädoyer für Ioan Holenders Direktorium muss einem erst einmal aus den Fingern tröpfeln. Meine Hochachtung! (Es dürfte also Schlagobers schon länger nicht mehr zu sehen gegeben haben und mit der Josephslegende scheinst du nicht so viele Probleme zu haben ;) ).


    Wie ich schon andernorts geschrieben habe, waren die letzten 15 Jahre trotz gewisser Einschränkungen ein einziger Glücksfall für die WSO. Der oder die Nachfolger werden wohl gegen einen übermächtigen Schatten anzukämpfen haben.


    Und die Nachfolge wird ein Problem werden. Bis jetzt gibt es noch keine wirklich vielversprechenden Kandidaten. Glücksfälle wie Zürich/Pereira lassen sich nicht auf die völlig anderen Wiener Verhältnisse übertragen. Aber man kann ja noch hoffen...

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


  • Hallo,


    wir suchen also nach einer eierlegenden Wollmilchsau :D - am besten einem dirigierenden Sänger, der etwas von wirtschaftlichem Management versteht, der sich politisch nicht vereinnahmen läßt, der eine genaue Vorstellung von seiner Aufgabe hat (also bereits ein Opernhaus geleitet hat), der Rückgrat beweist was Gagenforderungen angeht, der junge, vielversprechende Stimmen entdeckt und fördert, der weder zu alt noch zu jung ist, der sowohl Staubis als auch Regilies zufriedenstellt.


    Noch was?


    Bissl höflicher könnt' er vielleicht noch sein.....


    Naja - keine leichte Aufgabe für unsere neue Kulturministerin.


    ;-)
    Austria


    PS: Oder vielleicht mal zur Abwechslung eine Frau? wenn ja, wer?

    Wir lieben Menschen, die frisch heraus sagen, was sie denken - vorausgesetzt, sie denken dasselbe wie wir (Mark Twain)

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  • Zitat

    Original von Theophilus
    Wollen die Hamburger Frau Young etwa schon wieder los werden? :D


    ... nachdem, was ich über die "Frau ohne Schatten" gelesen habe, würde mich das nicht wundern... Wenn ich bedenke, wie oft ich früher in Hamburg war. Seit Frau Young dort den Taktstok schwingt, war ich noch nicht einmal wieder da...


    Ob das wirklich Spass macht, in Wien Staatsoperndirektor/in zu sein? Ich könnte mir vorstellen, dass es auch für Theaterleiter (wie sag ichs nur...) "angenehmere" Häuser gibt...

  • Zitat

    So nebenbei hat Holender auch eine politisch stets saubere Position bezogen, hat bei den Jubiläumsfeiern in einer geradezu sensationellen Rede die braunen Flecken aufgearbeitet, wie er überhaupt sehr geschichtsbewußt mit dem Haus verfahren ist.


    Wenn ich mich richtig erinnere ist er dafür vom Wiener Publikum vor laufender Kamera ausgezischt worden, oder hat man gebuht - ich weiß nur, dass Unmutsäusserungen bei seiner Rede waren.


    Zu Mortier:


    Jahrelang hat die österreichische "Klassikmafia" alles unternommen Mortier aus Salzburg zu vertreiben, er wird hierzulande vorwiegend gehasst, hat er doch versucht Salzburger Traditionen zu vernichten und an Privilegien zu rütteln. In Wien würde er keine Saison überleben, da hat man schon ganz andere Kaliber fertiggemacht


    Ich hoffe auf einen konservativen Operndirektor, der das Regietheater zum Teufel jagt und den Ruf der Wiener Staatsoper als konservativstes Opernhaus der Welt festigt.....


    man wird ja wohl noch träumen dürfen


    mfg
    aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Zitat

    Zitat Alfred
    In Wien würde er keine Saison überleben,


    Da bin ich mir nicht einmal so sicher. Der kleine Belgier hat unglaubliche Steherqualiäten. Er blüht förmlich auf, wenn es Gegenwind gibt. Das ist nicht das Problem bei Mortier.


    Das wahre Problem ist, daß kein Politiker den Mut hätte, Mortier zu verpflichten. Immerhin ist der Kulturminister Rudolf Scholten über Mortier gestürzt. Die aufgrund der Auflagenhöhe extrem einflußreiche Kronenzeitung behandelte den Fall Mortier zum Großteil nur noch in der Innenpolitik, weil der Kulturchef zwar kein Mortier-Fan ist, aber einfach die Tiefschläge und Wadlbeißereien nicht mitmachen wollte.


    Ein Staatsoperndirektor Mortier wäre eine Entscheidung frontal gegen die österreichischen Medien - mit einer einzigen Ausnahme. Denn wie ich zu Mortier stehe, habe ich bereits deponiert.


    Allerdings wäre Mortier auch ein (mir nicht unwillkommenes) Bekenntnis zum modernen Musiktheater, das eben auch Regietheater miteinbezieht.
    Schwieriger ist schon, daß Mortier immer gegen das für die Staatsoper essentielle Repertoiresystem votierte und unbedingt eine Art Stagione-Prinzip spielen möchte. In Wien absolut unmöglich - und eigentlich auch wenig wünschenswert, weil es den Charakter des Hauses wesentlich mehr angriffe als ein flott frecher Kurs in Richtung Regietheater.


    :hello:

    ...

  • Zitat

    Original von Alfred_Schmidt


    Wenn ich mich richtig erinnere ist er dafür vom Wiener Publikum vor laufender Kamera ausgezischt worden, oder hat man gebuht - ich weiß nur, dass Unmutsäusserungen bei seiner Rede waren.


    aus Wien
    Alfred


    Ja, das war in der Tat sehr beschämend und spricht ganz bestimmt nicht GEGEN Holender. Es ist halt so, dass die Wahrheit von einigen nicht gerne gehört wird.....
    lg Severina

  • Zitat

    Original von Edwin Baumgartner
    Ein Staatsoperndirektor Mortier wäre eine Entscheidung frontal gegen die österreichischen Medien - mit einer einzigen Ausnahme. Denn wie ich zu Mortier stehe, habe ich bereits deponiert.


    Allerdings wäre Mortier auch ein (mir nicht unwillkommenes) Bekenntnis zum modernen Musiktheater, das eben auch Regietheater miteinbezieht.
    Schwieriger ist schon, daß Mortier immer gegen das für die Staatsoper essentielle Repertoiresystem votierte und unbedingt eine Art Stagione-Prinzip spielen möchte. In Wien absolut unmöglich - und eigentlich auch wenig wünschenswert, weil es den Charakter des Hauses wesentlich mehr angriffe als ein flott frecher Kurs in Richtung Regietheater.


    :hello:


    Dann verstehe ich überhaupt nicht, wie du trotz besseren Wissens für Mortier Stellung beziehen willst.


    Außerdem wäre das nicht nur eine Entscheidung frontal gegen die Medien, sondern vor allem auch eine gegen das Publikum, denn gerade dieses hat keine guten Erinnerungen an Mortier in Salzburg.

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


  • Egal, was man von Mortier halten mag (in Paris ist er ja auffallend zurückhaltend): für Salzburg war es eine dringend notwendige Roßkur (insbesondere für die Leute, welche die Festspiele nur aus der Perspektive touristischer Umwegrentabilität betrachten). Auch wenn vieles nicht Gold war, was dort glänzte. Zudem hat der Mann Humor, einen ziemlich bösartigen sogar, wenn man an die vorsätzliche Abschlachtung des austriakischen Nationalheiligtums "Fledermaus" durch Neuenfels zurückdenkt...


    :hello:


    GiselherHH

    "Mache es besser! (...) soll ein bloßes Stichblatt sein, die Stöße des Kunstrichters abglitschen zu lassen."


    (Gotthold Ephraim Lessing: Der Rezensent braucht nicht besser machen zu können, was er tadelt)

  • Lieber Giselher,da mir Masochismus fremd ist, wünsche ich mir keinen Operndirektor, der "vorsätzlich abschlachtet", was mir lieb und teuer ist. Die Salzburger Fledermaus - die für mich keineswegs ein Nationalheiligtum, sondern bloß eine sehr gute Operette ist - fanden sogar meine nicht-austriakischen Freunde geschmacklos, obwohl sie extra wegen der Neuenfels-Regie angereist kamen. Unter Humor verstehe ich ehrlich gesagt etwas anderes. Aggression erzeugt bekanntlich immer Gegenaggression, und genau das löste Mortier mit seiner "Jetzt-zeig-ich-den-doofen-Ösis-mal- was-Kunst-ist"-Ideologie bei mir aus. Seine verbalen Rundumschläge und pauschalen Beleidigungen erreichten zumindest bei mir das genaue Gegenteil, ich hatte einfach keine Lust, mich mit diesem Typen auseinanderzusetzen, Salzburg war in der Ära Mortier für mich gestorben, und wahrscheinlich ist mir dadurch viel entgangen, was der Auseinandersetzung wert gewesen wäre.
    lg Severina

  • Ich sehe darin keinen Humor, wenn man dem Publikum Unsummen Geld aus der Nase zieht und ihm dann was vorsetzt, was es nicht sehen will.


    Restaurants sind für die Gäste da, nicht zu Befriedigung der Eitelkeit der Köche. Wer zahlt schafft an. Das war schon zu Mozarts Zeiten so...



    mfg
    aus wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Liebe Severina,


    damit wir uns nicht missverstehen: auch ich fand den künstlerischen Ertrag der Neuenfelsschen Inszenierung ziemlich gering. Aber darum ging es auch gar nicht. Es war sozusagen das "Abschiedsgeschenk" Mortiers in Form eines ausgestreckten Mittelfingers. Natürlich ist der Mann arrogant (wäre er sonst Intendant?; Herr Holender ist in dieser Beziehung ja auch nicht ohne). Aber nach dieser beispiellosen Pressekampagne gegen ihn, hatte er meines Erachtens jedes Recht, Neuenfels auf die "Fledermaus" loszulassen (das geht jetzt nicht gegen das Stück, sondern gegen die Fetischisierung durch ein bestimmtes Publikum, das sich gern an der eigenen Dui-Duu-Sentimentalität berauscht und über die Spitzen und Abgründe nur allzu gern hinwegsieht). Und die ohnmächtige Wut dieses Society-Gschwerls vor laufender Kamera serviert zu bekommen, diese puterrot angelaufenen Prominentenzahnärzte und Industriekapitäne samt Anhang, deren Festspielerwartungen dermaßen unterlaufen wurden, dass sie nur noch unzusammenhängende Satzfetzen stammeln konnten: das war es mir am Ende doch wert!


    :hello:


    GiselherHH

    "Mache es besser! (...) soll ein bloßes Stichblatt sein, die Stöße des Kunstrichters abglitschen zu lassen."


    (Gotthold Ephraim Lessing: Der Rezensent braucht nicht besser machen zu können, was er tadelt)

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