Linkshänder

  • Selbst ein Linkshänder, und öfters mit der Frage konfrontiert ob ich mein Instrument nicht andersherum spiele (Cello), würde ich gerne folgende Fragen stellen:
    Gibt es Nachteile für z.B. für linkshändige Pianisten (G. Gould!), oder sogar Vorteile ebendieser für Streichinstrumente?


    Wer hat eigene Erfahrungen zu diesem Thema?


    Wie ist die prozentuelle Verteilung von LH unter Musikern, z.B. im Orchester?


    Weiß jemand von weiteren Musikern, die LH sind/waren (habe im Archiv nur einen Beitrag zu fraglicher Linkshändigkeit von Mozart gefunden)?


    Spielt jemand von Euch andersrum?


    So viele Fragen....

  • Das Thema wird unter Instrumentalpädagogen ernsthaft diskutiert.
    Es gibt Lehrer, die linkshändige Schüler auf dazu hergerichteten Instrumenten Seitenverkehrt spielen lassen.


    Auch gibt es Instrumentalisten wie z.B. den Bratschenprofessor Jürgen Kussmaul in Düsseldorf, die von Anfang an Seitenverkehrt gespielt haben, bei ihm liegt es aber an irgendeiner Krankheit-ich weiß da nichts genaueres.
    Es gibt auch Pianisten-Namen fallen mir aber jetzt nicht ein- welche auf speziellen Instrumenten Seitenverkehrt spielen, die hohen Tasten sind dann eben links.


    Der Cellist Walter Mengler hat sich sehr eingehend mit diesem Thema befaßt:
    "http://www.cello-ergonomie.de/index.php?id=linkshaendigkeit.php"


    "http://www.linkshaender.at/th_musikinstrumentenspiel.htm"


    Beim Eingeben des Namens "Walter Mengler" bei google bekommt man noch wesentlich mehr interessante Treffer.


    Angeblich soll es große Vorteile mit sich bringen, wenn ein Linkshänder andersum spielt.


    Ich persönlich möchte allerdings unter keinen Umständen im Orchester neben solch einem Andersrumspieler sitzen müssen.
    Man käme sich ständig in die Quere.
    Wenn wir beide z.B. einen Abstrich machen würden, würden wir auf halbem Wege kollidieren, das gäbe ernsthaft Ärger. :D


    Meine Freundin ist Cellopädagogin und sie unterrichtet eine Schülerin andersrum.
    Es soll sehr gut klappen, aber ich bin trotzdem kein Fan davon geworden.


    LG :hello:


    Michael

  • Zitat

    Original von Michael Schlechtriem
    Auch gibt es Instrumentalisten wie z.B. den Bratschenprofessor Jürgen Kussmaul in Düsseldorf, die von Anfang an Seitenverkehrt gespielt haben, bei ihm liegt es aber an irgendeiner Krankheit-ich weiß da nichts genaueres.


    Musste Reinhard Goebel nicht auch einmal umlernen, nachdem er mit rechts nicht mehr spielen konnte?
    Stelle ich mir ziemlich schwierig vor, alles spiegelverkehrt zu machen...



    Gruß, Peter.

  • Stimmt, Goebel ist auch so ein Fall gewesen.
    Keine Ahnung, ob er danach genausogut spielen konnte wie vorher.
    Er hat ja jetzt auch aufgehört.
    Es wird schon eine lange Zeit dauern, sich umzugewöhnen.
    Allerdings spiele ich einfachere Stellen in Proben aus Scherz manchmal andersherum und bin erstaunt, wievieles dann schon klappt.
    Es klingt zwar grauslich, die Saiten liegen dann ja auch "falsch" rum, aber ich bemerke schon, daß es möglich wäre.
    Warscheinlich bin ich Linkshänder und weiß es gar nicht ?(


    Gruß,
    Michael

  • Zitat

    Original von petemonova
    Musste Reinhard Goebel nicht auch einmal umlernen, nachdem er mit rechts nicht mehr spielen konnte?


    ja, aber es ist ein ganz anderes Problem, wenn man die Finger einer Hand krankheitsbedingt nicht genug bewegen kann.



    Der berühmteste Linkshänder unter den Musikern dürfte Beethoven gewesen sein. Und der soll ja als Pianist nicht schlecht gewesen sein.


    Unter den heutigen Berühmtheiten fällt mir spontan Hélène Grimaud ein. Ich finde es immer faszinierend, auf ihre linke Hand zu hören. Sie zaubert aus irgendwelchen scheinbar banalen Baßtönen oder Mittelstimmen oft unerhörte Melodielinien heraus. Normale Rechtshänder können womöglich z.B. die Pfundsnoten im Baß nicht so exakt dosieren, daß daraus ein längerer Zusammenhang entsteht, bzw. messen der Sache vielleicht keine Bedeutung bei.


    Ich will nicht ausschließen, daß es Einschränkungen für linkshändige Pianisten gibt, bzw. sie einen größeren Übungsaufwand erbringen müssen, um diese Einschränkungen zu überwinden. Oder sie verzichten einfach auf die Rechtshänder-Virtuosenstücke, was nicht unbedingt ein Schaden sein muß.



    Bei Streichern habe ich öfter gehört, daß Linkshänder im Vorteil wären, weil die linke Hand mehr feinmotorisch gefordert ist. Dies wurde mir sogar mal als Grund genannt, warum es so viele erfolgreiche jüdische Geiger gibt (keine Ahnung wie viele davon tatsächlich Linkshänder sind).



    Fazit: alles relativ unentschieden. Wer seinen Weg gehen muß, der geht ihn egal ob Links- oder Rechtshänder. Ohnehin kommt es sehr darauf an zu lernen, daß beide Hände ihre jeweilige Aufgabe annähernd gleichwertig meistern können.


    Gruß, Khampan

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  • Ich kann hier nur aus eigener Erfahrung sprechen da ich selbst Linkshänder bin.
    Als ich mit der Geige angefangen hab hat mein Lehrer auch länger überlegt ob ich "andersrum" lernen sollte, er hat sich jedoch dagegen entschieden. Ganz einfach aus dem Grund, das es so für ihn leichter war mir Dinge zu zeigen. Ausserdem wäre es z.B. im Orchester nicht wirklich förderlich so zu spielen, dann dürfte ich nur erste Geige spielen und nur am linken platz sitzen, sonst könnts zu bösen Verletzungen führen :D


    Im Endeffekt war es nicht wirklich ein Nachteil. Ich merke halt bis heute das ich mir mit der Linken Hand viel leichter tue als mit dem Bogen und das konnte teilweise schon dazu führen das ich bei einem Lauf mit der linken früher fertig war, aber mit der Zeit und dem entsprechenden Übepensum ist das nicht wirklich schwer auszugleichen. Wenn man rechtshänder ist wird es halt dementsprechend umgekehrt sein.


    Beim Klavier bin ich, eigentlich überraschend, trotzdem in der rechten Hand schneller und "zielsicherer" was aber wohl größtenteils mit der Literatur zu tun hat da man hier halt von Anfang an auf rechts "getrimmt" wird.
    Vielleicht wärs mal interessant sich etwas mit der Literatur für die Linke Hand ( Reger, Prokofieff, Rach usw. ) zu beschäftigen 8)


    LG,
    Michael

  • Zitat

    Original von Michael_Flaschberger
    Vielleicht wärs mal interessant sich etwas mit der Literatur für die Linke Hand ( Reger, Prokofieff, Rach usw. ) zu beschäftigen 8)


    ...oder die Bässe des Monsieur Alberti... :D



    Alberti-Sopräne [also dero Bässe in der rH] finde ich sowas von ekelhaft [da ungewohnt], KV 485, dass ich lieber gleich überkreuz spiele... wirkt auch irgendwie phänomenaler... :pfeif:


    :hello:


    Ulli,
    auch Linksträger

    Die Oper muss Tränen entlocken, die Menschen schaudern machen und durch Gesang sterben lassen.
    (Vincenzo Geilomato Hundini)

  • Zitat

    Vielleicht wärs mal interessant sich etwas mit der Literatur für die Linke Hand ( Reger, Prokofieff, Rach usw. ) zu beschäftigen


    UND Korngold :D
    :hello:


    Zitat

    Bei Streichern habe ich öfter gehört, daß Linkshänder im Vorteil wären, weil die linke Hand mehr feinmotorisch gefordert ist


    bei der aktuellen Diskussion geht es darum, daß die stärkere Hand, also im Falle des Linkshänders die linke, besser für den Bogen geeignet ist.
    Ein Streichinstrument kontrolliert man durch den Bogen, also durch die Bogenhand, diese ist eigentlich viel wichtiger als die "Griffhand".


    Zitat

    Bei Streichern habe ich öfter gehört, daß Linkshänder im Vorteil wären, weil die linke Hand mehr feinmotorisch gefordert ist. Dies wurde mir sogar mal als Grund genannt, warum es so viele erfolgreiche jüdische Geiger gib


    Dies habe ich noch nie gehört.
    Das mit den jüdischen Geigern stimmt zwar, aber den Rest von wegen der Feinmotorik habe ich bis jetzt noch nie gehört. ?(


    Zitat

    daß beide Hände ihre jeweilige Aufgabe annähernd gleichwertig meistern können.


    Schon richtig, aber die stärkere Hand übernimmt die Führung, und das ist beim Streichinstrument z.B. die Bogenhand.


    Zitat

    verzichten einfach auf die Rechtshänder-Virtuosenstücke


    Das müssen gar keine Virtuosenstücke sein.
    Die Melodie liegt allermeistens in den schwachen Fingern der rechten Hand, dem Ring- und dem kleinen Finger.
    Dies ist übrigens auch einer der Gründe für den gefürchteten "Pianistenkrampf", der durch eine Überbelastung dieser schwachen Finger herführt.
    Ein prominentes Beispiel dieser Krankheit ist der Pianist Gary Graffman, der schon sehr lange nur noch mit der linken Hand spielen kann.
    Inwieweit dies alles mit der "Focalen Dystonie" zusammenhängt, oder ob die Ursachen dieselben sind, weiß ich nicht.


    Die Idee der linkshändigen Pianisten, die andersrum spielen hat damit zu tun, daß jetzt die Melodie zwar nach wie vor in den schwachen Fingern liegt, aber nun in der stärkeren- der linken- Hand.
    Ich muß mir selber noch mal die Links, welche ich oben angegeben habe, durchlesen.
    Das Thema ist wesentlich komplexer.

    LG,
    Michael


  • Es hat schon seinen Grund warum seine Werke nicht wirklich in die Weltliteratur eingegangen sind :D
    Wieviel Werke hat er nochmal hinterlassen? 400? 500? Und da behaupte bitte noch jemand Vivaldi hätte 100 mal das gleiche Konzert geschrieben :faint:


    LG

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  • Ich bin auch Linkshänder (und Füßer :D ) und habe eigentlich auf dem Klavier auch die Erfahrung gemacht, das meine rechte Hand trotzdem sicherer ist. Das hängt wahrscheinlich wirklich einfach mit der gespielten Literatur zusammen.
    Auf der Geige, die ich "normal-herum" spiele, sind deutliche Unterschiede zu merken. Während mir Doppelgriffe und andere Schwierigkeiten für die Linke Hand nur wenig Mühe bereiten habe ich größere Probleme mit der Bogenführung. Immer wenn bogentechnisch anspruchsvollere Stellen auftreten ist zu bemerken, das die Linke Hand die Stelle längst spielen könnte, die Rechte Hand aber nicht.


    Gruß,
    Jonathan

  • Zitat

    Original von Michael Schlechtriem


    Dies habe ich noch nie gehört.
    Das mit den jüdischen Geigern stimmt zwar, aber den Rest von wegen der Feinmotorik habe ich bis jetzt noch nie gehört. ?(


    gut möglich daß ich da einem Gerücht aufgesessen bin. Danke für die Klarstellung.
    Jetzt tut's mir (Rechtshänder) doppelt leid daß ich nicht Geige gelernt habe.


    Gruß, Khampan

  • Zitat

    Der berühmteste Linkshänder unter den Musikern dürfte Beethoven gewesen sein. Und der soll ja als Pianist nicht schlecht gewesen sein.


    Nun, wenn dass wirklich stimmt, würde dass einiges erklären, denn mit der linken Hand ist bei Beethoven nicht zu Spassen.
    Aber den grössten ausgleich zwischen Linken und recht Hand macht, finde ich, Bach, der wechselt halt of die Hand mit der Melodie.

  • Ich bin Linkshänder.


    Der Wikipedia-Eintrag zur Linkshändigkeit finde ich sachlich verfasst. Er relativiert einige statistische Erhebungen und klärt angemessen auf.


    https://de.wikipedia.org/wiki/Linkshänder


    Im Taminoforum gibt es neben diesem Thread noch einen zum Thema: Mozart Linkshänder?


    Ich wurde beim Schreibenlernen nicht auf die rechte Hand umgeschult. Meine Schrift ist gestochen scharf und sehr leserlich. Allerdings irritiert es Zuseher, wenn sie meine Schreibrichtung sehen: Ich schreibe nicht seitlich von links nach rechts, sondern im rechten Winkel von meiner Körpermitte weg, vorallem dann, wenn ich schnell schreiben muss. Ich musste mir eine Technik aneignen, wie ich mit der Tinte schreibe, um das Geschriebene nicht zu verwischen. Mit einem Fliessblatt und einer oberhalb der Schreiblinie gekrümmten Handhaltung gelingt es mir auch seitlich zu schreiben. Ich beherrsche die Spiegelschrift fliessend wie Leonardo Davinci. Auch kann ich das Blatt um 180 Grad drehen und schreiben. Die Buchstaben stehen dann auf dem Kopf, dreht man das Blatt, kann man es wie gewohnt lesen.

    Das Schneiden mit einer Rechtshänderschere musste ich mit der linken Hand erlernen, weil es, als ich Kind wa,r keine Linkshänderscheren gab. Mit einer Linkshänderschere umzugehen, will mir heute nicht gelingen.

    Messer und Gabel nutze ich wie ein Rechtshänder, nur die Suppe löffle ich mit der linken Hand. Das Glas und die Tasse ergreife ich mit der Linken. Im Sport werfe und führe ich den Ball vorzugsweise mit Arm und Fuss der linken Körperhälfte. Ping-Pong- und Federballschläger führe ich links. Die Uhr trug ich lange am rechten Handgelenk. Mein Körpergefühl sagte mir, dass es angenehmer ist. Mit zunehmendem Alter hat sich das geändert.


    Nun zum Thema Linkshändigkeit in der Musik:

    Block- und Querflöte und alle anderen Holzblasinstrumente beherrsche ich in Rechtshänderhaltung. Das war nie ein Problem. Das beidhändig zu spielende Hackbrett war auch keine Herausforderung. Als ich das Spiel auf dem Kontrabass erlernte, musste ich mich sehr anstrengen wie ein Rechtshänder zu spielen. Ich sah es als Gehirntraining an. Gitarre oder Geige würden mir in der Rechtshänderlage sehr zu schaffen machen.


    Ob ich kreativer als Rechtshänder bin, kann ich nicht bestätigen. Allerdings fällt mir auf, dass ich, wenn es um Zusammenhänge geht, weniger auf Details achte und zunächst das Gesamte überblicke. Ich bin eher visuell ausgerichtet. Ich muss mich anstrengen, auf Kleinigkeiten zu achten. Ich bin aber schnell, das zu einem Ganzen zusammenzufassen. Emotional kann ich mich stark empathisch auf mein Gegenüber einlassen. Beim Hören halte ich das Smartphone ans linke Ohr. Meine Augenärztin bestätigte mir, dass mein linkes Auge das stärkere sei.


    Wenn ich Menschen begegne, fällt mir sofort auf, ob sie Linkshänder sind: Sie nutzen vornehmlich die linke Hand.

    Vor Schuberts Musik stürzt die Träne aus dem Auge, ohne erst die Seele zu befragen:
    so unbildlich und real fällt sie in uns ein. Wir weinen, ohne zu wissen warum; Theodor W. Adorno - 1928




  • Der kürzlich verstorbene Pianist und Dirigent Lars Vogt war Linkshänder. In einem You Tube Beitrag sah ich, wie er mit der Linken schrieb.


    Ob das beim Klavierspiel, in dem Beidhändigkeit gefordert ist, ein Vorteil ist, glaube ich nicht.


    Der Linkshänder und Amateurgeiger Charlie Chaplin hielt seine Violine seitenverkehrt.


    18634753_403.jpg


    Gegenwärtig übe ich mich als Anfänger im Bratsche-Spielen. Als Linkshänder halte ich das Instrument wie ein Rechtshänder. Meine Bratschenlehrerin fragte mich, als sie sah, dass ich mit der linken Hand schreibe, ob es mir keine Mühe bereite, den Bogen zu führen und die Saiten zu greifen. ich habe mich von Anfang an daran gewöhnt. Es war mir bewusst, dass ich mehr Zeit investieren muss. ich sehe es als Herausforderung.


    Mehr Infos zum Phänomen Linkshändigkeit liefert dieses Taschenbuch.


    Sebastian Jutzi


    Nur für Linkshänder



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    Vor Schuberts Musik stürzt die Träne aus dem Auge, ohne erst die Seele zu befragen:
    so unbildlich und real fällt sie in uns ein. Wir weinen, ohne zu wissen warum; Theodor W. Adorno - 1928




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  • Ich bin Linkshänder, spiele aber kein Instrument.

    Man hat mich auf rechts umgeschult. Somit schreibe ich rechts. Ich zeichne und male aber links.

    Es gibt übrigens einen guten Trick einen umgeschulten Linkshänder zu entlarven:

    Lassen Sie ihn eine Suppe essen...!!!

    Linkshänder zu sein bedeutet mehr als nur linkt zu schreiben etc.

    Der Linkshänder löst Probleme auf völlig andere Art, als Rechtshänder.

    Das Tückische daran ist, daß der Linkshänder - auch wenn er anders denkt - mit der Denkweise der Rechtshänder vertraut ist.

    Umgekehrt ist das aber nicht der Fall. Daraus ergibt sich, daß der Linkshänder dem Rechtshänder meist überlegen ist - was ihn unbeliebt macht -

    aber (meist) erfolgreich...


    mfg aus Wien

    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !