Händel, Georg Friedrich: Der Messias (Messiah)

  • Zitat

    Original von Gerhard
    Musiker, die ihn persönlich kannten, legten nicht unbedingt großen Wert auf seine Bekanntschaft, galt er doch als Neidhammel, der mit seinem Schicksal haderte, als Thomaskantor zu versauern.


    Hallo Gerhard,


    trotz größter Nähe zum Bachschen Werk halte ich mich für frei von allen Vergötterungstendenzen des Menschen Bach.
    Dessen Lebensweg hat für mich eine durchaus tragische Komponente, weil er wohl tatsächlich als Orgelvirtuosen- Genie verkannt wurde.Als Thomaskantor war er wohl tatsächlich nicht glücklich, vor allem in seiner Kreativität behindert. Man stelle sich vor, er hätte gedurft wie er gekonnt hätte... :jubel:
    Diese Fesseln haben ihn sicherlich verbittern und in manchmal unsäglich kriecherischer Weise um eine besser Stelle ersuchen lassen.


    Doch warum sollte er ein "Neidhammel" gewesen sein? Kennst Du dazu Belege? Mir scheint es eher so, daß Bach seine Kollegen außerordentlich schätzte, Ihre Kunst sogar überschätzte.Und sein Genie unterschätzte? Hätte er sonst so viele Abschriften von Werken gefertigt, die so klar von geringer Qualität waren, als seine Originalkompositionen? Ich denke er, daß er bei aller statusmäßigen Geringschätzung durch seine Zeitgenossen von seinen Musikerkollegen beneidet wurde! Und was kann es da naheliegenderes geben, als auch den Charakter des Neidobjektes herabzusetzen?


    Herzliche Grüße
    Stefan

    Psalmen sprechen und Tee trinken kann niemals schaden!

  • Zitat

    Original von Oolong


    trotz größter Nähe zum Bachschen Werk halte ich mich für frei von allen Vergötterungstendenzen des Menschen Bach.
    Dessen Lebensweg hat für mich eine durchaus tragische Komponente, weil er wohl tatsächlich als Orgelvirtuosen- Genie verkannt wurde.Als Thomaskantor war er wohl tatsächlich nicht glücklich, vor allem in seiner Kreativität behindert. Man stelle sich vor, er hätte gedurft wie er gekonnt hätte... :jubel:


    Die Tragik scheint mir doch etwas übertrieben. Die Thomaskantorenstelle war eine der drei oder vier renommiertesten Stellen dieser Art in Deutschland und sie war eine sichere Position, unabhängig von Launen irgendwelcher Fürsten. Gewiß sind prinzipiell bessere Bedingungen denkbar. Nun hatte Bach ja vorher andere Stellen asl Hof- oder Kammerkomponist gehabt. Wäre er auf solch einer geblieben, hätten wir nur einen Bruchteil seiner Kirchenmusik, dafür dreimal so viel weltliche Kantaten und Konzerte. Wäre das wirklich ein sinnvoller Tausch? Als Opernkomponist kann ich mir ihn auch mit einer anderen Biographie schlecht vorstellen; das lag ihm nach eingem Bekunden fern (die Dresdner Liedchen).


    Zitat


    Diese Fesseln haben ihn sicherlich verbittern und in manchmal unsäglich kriecherischer Weise um eine besser Stelle ersuchen lassen.


    Doch warum sollte er ein "Neidhammel" gewesen sein? Kennst Du dazu Belege? Mir scheint es eher so, daß Bach seine Kollegen außerordentlich schätzte, Ihre Kunst sogar überschätzte.Und sein Genie unterschätzte? Hätte er sonst so viele Abschriften von Werken gefertigt, die so klar von geringer Qualität waren, als seine Originalkompositionen? Ich denke er, daß er bei aller statusmäßigen Geringschätzung durch seine Zeitgenossen von seinen Musikerkollegen beneidet wurde!


    Was sollte es darauf für Hinweise geben? Warum sollten zB Telemann oder Händel, die sehr viel angesehener waren als Bach, auf ihn "neidisch" gewesen sein?


    Hier hagelt es momentan ziemlich Klischees... der "Lebemann" Händel wünschte sich bekanntlich an einem Karfreitag zu sterben (was auch geschah) und hatte seinerseits auch einiges zu ertragen: drei Pleiten mit den Operngesellschaften und ein Schlaganfall(?), den er nur dank seiner Pferdenatur überstanden hat, dann die Blindheit. Alle 8 Wochen oder so eine neue Oper zu schrieben dürfte eine Tretmühle gewesen sein, die der Bachs oder Haydns ähnlich war
    Es ist nun wirklich nicht so, dass das unvergleichliche Genie Bach versauert wäre, während andere Komponisten (die ja nur aus unserer Perspektive weniger gut sind als Bach; die Zeitgenossen hatten wenig Interesse an 3themigen Spiegelfugen) irgendwie auf seine Kosten erfolgreich gewesen wären.


    Zum Thema: Die deutsche Fassung des Messias unter Richter habe ich vor eingier Zeit mal meiner Mutter geschenkt. Ich fand sie insgesamt ziemlich enttäuschend. Die Solisten sind gut (aber auch nicht alle überragend) den Rest finde ich weitgehend langweilig. Dazu einige Striche. Die etwa aus derselben Zeit stammende (englischsprachige) Einspielung unter Davis ist sehr viel lebendiger.


    viele Grüße


    JR

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Hallo Johannes,


    Du hast mich weitgehend mißverstanden:


    1. Bach wollte nachweislich weg von der Thomaskantorenstelle, egal wie angesehen sie war. Er hat sich außerordentlich um den Dresdner Hof bemüht! Klar, dann wäre Bach ein eher weltliches Genie geworden. ICH bin nicht böse, daß er es nicht wurde - möchte ich doch keine Kantate hergeben.


    2.Doch nicht das eben gesagte empfinde ich als Tragik, sondern die aktenkundigen Eingriffe in Bachs Kompositionsfreiheit durch Leipziger Magistrat und Kirchenobrigkeit.Hätte es die nicht gegeben, hätte Bach in anderen Dimensionen arbeiten können! Man stelle sich nur eine noch " opernhaftere" Passion vor!


    3. Ich meinte nun gerade nicht Telemann und Händel, die Bach beneidet haben werden - außerdem bezog sich das " Beneiden" nicht auf öffentlichen Ruhm sondern zuuerst auf handwerkliche Fähigkeiten ( davon habe ich wenig Ahnung) in der Komposition. Dennoch erscheinen mir auch Telemanns und Händels Mittel weniger anspruchsvoll. Das daraus dennoch wunderbare Musik wurde, ist völlig unstrittig.
    Ganz besonders zeichnet Bach aber seine außergewöhnliche theologische Kompetenz ( dies vermag ich einzuschätzen) in Textauswahl und kompositorischer Verarbeitung aus.Dies konnte so meiner Ansicht nach auch nicht Händel oder Telemann.
    4. Und natürlich war weder Händel noch Telemann noch sonst irgendwer auf Bachs Kosten erfolgreich oder hätte es unmäßig leicht im Leben gehabt - das hat aber auch keiner behauptet... :beatnik:


    Leider fehlt mir momentan die Zeit, Literaturbelege herauszusuchen bzw. längere Beiträge zu schreiben. Daher sei nur auf Christoph Wolffs Bach Biographie "The Learned Musician" hingewiesen.


    Außerdem sollte es hier ja um den Messias gehen und dabei sollte es für mich momentan und an diesem auch Ort bleiben.


    Herzliche Grüße
    Stefan

    Psalmen sprechen und Tee trinken kann niemals schaden!

  • Hallo Johannes,
    ich finde die Solisten in der deutschsprachigen "Richter-Aufnahme"
    schon überragend.Die originalsprachige von C.Davis gehört auch
    zu meinen Favoriten.Ich bin allerdings kein Freund von
    "Originalklang".Ich betrachte den heutigen Klang als legitim für
    unsere Zeit.


    (Das ist aber nur mein total subjektiver Geschmack.) :D


    :hello:Herbert.

    Tutto nel mondo è burla.

  • Zitat

    Musiker, die ihn persönlich kannten, legten nicht unbedingt großen Wert auf seine Bekanntschaft, galt er doch als Neidhammel, der mit seinem Schicksal haderte, als Thomaskantor zu versauern. Er diente sich allen möglichen Leuten an in der Hoffnung, sein Genie würde entsprecchend gewürdigt. Aber so sehr man sein Spiel liebte, so sehr mied man die Person. So wurde ihm zu seinen Lebzeiten die Annerkennung versagt und nach seinem Tod lebte er nur noch etwas in seinen Söhnen weiter.


    Was ich hier als Zusammenfassung lesen muss, lässt mich im wahrsten Sinne des Wortes um Fassung ringen ! X(


    Es gab EINEN Komponisten, der Bach NACHWEISLICH nicht treffen wollte, und der war Händel, aber doch wohl aus dem Grunde, weil dieser generell keine kollegialen Kontakt suchte. Die Position als Thomaskantor galt als eine der angesehensten Stellungen, die in Deutschland zu vergeben waren, allerdings mit der Einschränkung, daß für den Kantor nur ein relativ geringer Spielraum
    für Eigen-Initiative blieb, aber dieses wusste Bach bereits VOR Antritt des Amtes durch seinen Vorgänger Kuhnau, der ihm sozusagen für Leipzig "den Sessel warm gehalten hatte".Das ganze Suchen nach einem (vermeintlich) "besseren" Kandidaten war eine Farce; die Würfel waren längst gefallen und man musste lediglich noch so tun, als würde eine Wahl stattfinden. Daß Graupner in Darmstadt keine Demission erhalten würde und Telemann einfach dämlich gewesen wäre, bei DEM Gehalt, das er in Hamburg erhielt, nach Leipzig zu gehn, das wussten auch die Ratsherren der Messestadt...


    Bach war mit dem großen Lautenviruosen S.L. Weiss befreundet und hatte besten Kontakt zu den Musikern des Hofes in Dresden. Telemann wurde der Pate seines Sohnes Emanuel. Noch zu Bachs Lebzeiten unterrichtete in Bologna Padre Martini, der als bedeutendster Vermittler des klassischen Kontrapunktes galt, seine Schüler anhand von Bachs Klavierwerken.
    Friedrich II. empfing Bach in Potsdam nicht deshalb, weil Bach darum gebeten hatte, sondern weil der König an dieser Begegnung interessiert war.
    Jemanden, dessen Gesellschaft man nicht schätzt, stelle ich mir doch ein wenig anders vor. Ohne Zweifel war Bach im Umgang nicht eben einfach, aber die Lektüre der Leipziger Akten spricht eben auch davon, daß er mehrfach vertragsbrüchig wurde, ohne daß das für ihn nennenswerte (und schon garkeine finanziellen) Konsequenzen hatte, was wiederum auch für eine gewisse Toleranz des Leipziger Rates spricht, der durchaus wusste und schätzte, was er an Bach hatte. Das der Job für Bach ungeeignet war, hatte er ja selbst erkannt, denn es "erschiene mir unanständig, aus einem Cantorem ein
    Cappelmeister zu werden" !

    Das geht über das Sagbare hinaus. Das läßt sich nicht deuten und bedarf keiner Deutung. Es kann nur gehört werden. Es ist Musik. (H.H.Jahnn)

  • Zitat

    Original von Liebestraum
    und was hat die Diskussion über pro und contra der Freunde Bachs hier im "Messiah"-Thread zu suchen?


    Es ist nun mal leider die Eigenschaft von Internetforen, daß sich manche Themen verzweigen, und auch, daß diese Verzweigungen durchaus interessant sind. Das immer gleich administrativ abzuwürgen, hielte ich für schade. Die Nebenthemen herauszuoperieren ist oft bis meist unmöglich.
    Aber:



    Kommen wir bitte zum Thema zurück? Die Diskussion über Bach kann aber gern an anderer Stelle weitergeführt werden.
    Reinhard

    Einer acht´s - der andere betracht´s - der dritte verlacht´s - was macht´s ?
    (Spruch über der Eingangstür des Rathauses zu Wernigerode)

  • Hallo miteinander,


    ihr seht mich ein wenig ratlos! Ich besitze bereits 9 " Messias- Aufnahmen - von Richter bis Christie- und dachte, das reicht! Nun schwärmt der gute Masetto so von der Jacobs- Aufnahme, er sagt so zermürbende Dinge wie " Jacobs setzt dort fort, wo er beim Saul aufhörte", dann kauft diese Scheibe auch Meister salisburgensis ein, freut sich und SCHWEIGT! WO IST DIE AUSFÜHRLICHE REZENSION, DIE MIR SAGT OB ICH EINE 10. AUFNAHME BRAUCHE... :yes::no:?(


    Findet Jacobs wirklich einen neuen Ansatz - gerade im Bezug zu Christie?


    Gruß vom gequälten
    Stefan

    Psalmen sprechen und Tee trinken kann niemals schaden!

  • Zitat

    Original von Oolong
    [...] dann kauft diese Scheibe auch Meister salisburgensis ein, freut sich und SCHWEIGT! WO IST DIE AUSFÜHRLICHE REZENSION, DIE MIR SAGT OB ICH EINE 10. AUFNAHME BRAUCHE... :yes::no:?(


    Findet Jacobs wirklich einen neuen Ansatz - gerade im Bezug zu Christie?


    Gruß vom gequälten
    Stefan



    Laß' mir noch ein paar Tage Zeit, damit ich die Aufnahme noch ein paar Mal gründlich hören kann, bevor ich meine Jubelarien poste. :D:stumm:



    herzliche Grüße,
    Thomas

    Da freute sich der Hase:
    "Wie schön ist meine Nase
    und auch mein blaues Ohr!
    Das kommt so selten vor."
    - H. Heine -

  • Hallo Thomas,


    einem alten Tee-ologen wie mir wohnt doch stets unerschütterliche asiatische Geduld inne... :pfeif: Also laß Dir Zeit, BESONDERS wenns denn Jubelarien werden!


    Bedenke stets DEINE große Verantwortung für den Zustand MEINER Haushaltskasse! :D


    Herzliche Grüße von
    Stefan

    Psalmen sprechen und Tee trinken kann niemals schaden!

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  • Hallo zusammen,


    ich muß gleich noch mal eine Frage nachschieben:


    Kennt jemand die neue Naxos Aufnahme der 1751- Fassung unter Higginbottom, wohl mit Knabensopranen? Gibt es weitere Einspielungen dieser Fassung und worin genau unterscheidet sie sich von der 1750er unter Jacobs?



    Gruß
    Stefan

    Psalmen sprechen und Tee trinken kann niemals schaden!

  • Zitat

    Original von Oolong
    [...] dann kauft diese Scheibe auch Meister salisburgensis ein, freut sich und SCHWEIGT! WO IST DIE AUSFÜHRLICHE REZENSION, DIE MIR SAGT OB ICH EINE 10. AUFNAHME BRAUCHE... :yes::no:?(


    Findet Jacobs wirklich einen neuen Ansatz - gerade im Bezug zu Christie?



    Hallo Stefan,


    die Frage nach dem Vergleich mit der Aufnahme von Christie kann ich momentan noch nicht beantworten. Dazu müßte ich den Christie erst nochmal hören. Ich bin aber momentan vom Jacobs fasziniert... Das einzige, was ich sagen ist, sind die unterschiedlichen Fassungen; Christie hat die Fassung der ersten Aufführung 1742 in Dublin gewählt, Jacobs eine Londoner Fassung von 1750.


    Nun aber zur Jacobs-Aufnahme: Mein allererster Eindruck war, dass diese Aufnahme genau das Richtige für jemanden sein dürfte, der schon ein paar Messias-Aufnahmen zuhause hat und das Stück gut kennt. Jacobs schafft nämlich das "Wunder", dieses so bekannte Stück völlig neu erscheinen zu lassen. Dabei führt er die Musiker gelegentlich an ihre Grenzen. Beispielsweise gleich am Anfang nach der Ouvertüre das accompagnato Comfort ye, my people. Der Tenor Kobie van Rensburg, singt das in einem äußerst spannungsvollem piano und schrammt dabei haarscharf am Wegbrechen seiner Stimme vorbei. Oder der Chor hat in All we like sheep sein maximales Tempo erreicht, die Koloraturen scheinen gerade noch machbar. Gelegentlich ist das also ein Tanz auf Messers Schneide, wobei es aber immer gut geht.


    Höchst beeindruckend finde ich die Baßpartie von Neal Davies - für mich das sängerische Highlight dieser Aufnahme. Wie der seine Koloraturen - beispielsweise im accompagnato Thus said the Lord of Hosts oder in der Arie Why do the nations so furiously rage together - man muß schon sagen rumpelt, das ist phänomenal! Dagegen verblassen die anderen Solisten etwas, allerdings zweifellos auf höchstem Niveau. Lediglich die Arie I know that my redeemer liveth fand ich persönlich nicht so schön gesungen (von der Sopranistin Kerstin Avemo), da fehlt es IMO ein wenig am inniglichen Ausdruck.


    Vom Chor kann ich auch sehr viel Gutes berichten. Er singt sehr homogen, was besonders erfreulich in den Koloraturen zum Tragen kommt. Auch der Klang des Chor überzeugt; kräftig, zupackend, großer Klang. Es gibt nur eine Stelle, an der der Sopran bei einem Spitzenton etwas unkontrolliert klingt (gegen Ende der Chorfuge He trusted in God ). Dieser Ton knallt ziemlich raus.


    Rene Jacobs verlangt auch vom Orchester höchste Bandbreite im Ausdruck, was vom Freiburger Barockorchester meisterlich umgesetzt wird. Ganz besonders gut gefällt mir die Sinfonia pastorale (Pifa) aus dem ersten Teil, die ganz romantisch nach Hirten am Lagerfeuer klingt. Dominierendes Continuoinstrument ist dabei die Laute - mir gefällt auch das sehr gut. Das komplette Gegenteil ist da das accompagnato All they that see Him laugh Him to scorn. Hier kratzen die Streicher derart auf ihren Instrumenten, dass es geradezu häßlich klingt. Derartige Mätzchen sind aber niemals Selbstzweck sondern folgen eng dem unterliegenden Text.


    Diese Aufnahme ist es meines Erachtens absolut wert, die Messias-Diskographie zu erweitern. Jacobs legt damit wieder eine gewohnt ausgefeilte Interpretation eines bekannten Werks vor, die sich zu kennen lohnt. Die vielen Details dieser Interpretation lassen sich gar nicht beim ersten Hören alle erfassen und machen die Aufnahme so spannend. Zum Beispiel ist der berühmte Halleluja-Chor kein stupfes Jubelgeschrei im Dauerforte, sondern ebenso ausdifferenziert wie alles andere. Oder auch wie Jacobs im Schlußchor direkt vor der Amen-Fuge das Ensemble ohne Spannungsverlust zurücknimmt, um dann in der Fuge langsam die Intensität wieder zu steigern bis zum krönenden Schlußakkord, das ist einfach toll. Ich denke, ich werde lange Spaß an dieser Aufnahme haben.



    Zitat

    Original von Oolong
    Bedenke stets DEINE große Verantwortung für den Zustand MEINER Haushaltskasse!


    Zu Risiken oder Nebenwirkungen dieses Postings fragen Sie bitte Ihren zuständigen Verwalter der Haushaltskasse oder ihren Chef nach Gehaltserhöhung. :D



    herzliche Grüße,
    Thomas

    Da freute sich der Hase:
    "Wie schön ist meine Nase
    und auch mein blaues Ohr!
    Das kommt so selten vor."
    - H. Heine -

  • Ich bin auch seit bald zwei Wochen ständig im Kampf, ob ich wirklich n o c h eine weitere Einspielung des Messias brauche.


    Zu meinen wirklich Unverzichtbaren gehört die Aufnahme von William Christie. Eigentlich brauche ich wohl im Grunde keine andere und kann andere Forenmitglieder bei ihren Äußerungen zu Christie nur bestärken.


    Zur Sicherheit habe ich gerade noch einmal Christopher Hogwood angehört, der hier auch immer wieder empfohlen wurde und der sonst bei mir weit obenan steht. Die Aufnahme von Christie ist für mich einfach schwungfaller, vitaler. Hogwood ist hier - für mich - keine Alternative.


    Nach den Meldungen hier geht aber wohl doch an Rene Jacobs kein Weg vorbei. Ich bin gespannt.


    Mit besten Grüßen


    Matthias

    Tobe Welt, und springe,
    Ich steh hier und singe.

  • Hallo Matthias,


    ich habe jetzt 2/3 (also zwei Teile von Dreien) aus der Jacobs-Aufnahme gehört - ich kann den Kauf nur empfehlen, gerade, wenn man schon einige andere Einspielungen liebgewonnen hat.


    So frisch, geradezu neu, im Detail oft mehr als verblüffend - habe ich mir das nicht vorgestellt. Vor allem Chor und Orchester sind wirklich überzeugend.


    Wenn ich den dritten Teil gehört habe, werde ich noch mal ein paar Sätze zum Thema "Mesiah" unter Jacobs hier einstellen.


    Mir gefällt die Einspielung gut.

  • Es ist so, dass man damit einfach nur dazugewinnen kann. Diese Aufnahme ist wunderschön und was ist so schlimm daran, den Messiah in noch einer anderen Aufnahme zu hören? Es gibt schlechtere Sachen, für die man das Geld sicher ausgeben wird
    :rolleyes:

    29.08.1958 - 25.06.2009
    gone too soon

  • Zitat

    Original von salisburgensis


    Zu Risiken oder Nebenwirkungen dieses Postings fragen Sie bitte Ihren zuständigen Verwalter der Haushaltskasse oder ihren Chef nach Gehaltserhöhung. :D


    Lieber Thomas,


    offensichtlich hat mein in Erwartung neuer Ernten aus Taiwan etwas verringerter Teekonsum meiner Geduld geschadet und ich habe mich erfrecht, den Jacobs- Messias schon in Erwartung Deines Lobes zu erstehen! Nun sehe ich uns mal wieder im Einklang unserer Eindrücke - diese Aufnahme sollte man durchaus kaufen, wenn man schon einige hat! :yes::jubel:


    Um die Sünde wider die Haushaltskasse auf die Spitze zu treiben habe ich außerplanmäßig auch noch die oben erwähnte Naxos- Aufnahme mitgeschleppt ( noch nicht gehört) um a) einmal zu hören, wie der Messias mit Knabensolisten klingt, vor allem aber b) möchte ich dermaleinst in ruhigerer Zeit die verschiedenen Fassungen gegeneinander hören - und darauf freue ich mich jetzt... :beatnik:


    Herzliche Grüße und vielen Dank!
    Stefan

    Psalmen sprechen und Tee trinken kann niemals schaden!

  • Zitat

    Original von Oolong
    Um die Sünde wider die Haushaltskasse auf die Spitze zu treiben habe ich außerplanmäßig auch noch die oben erwähnte Naxos- Aufnahme mitgeschleppt ( noch nicht gehört) um a) einmal zu hören, wie der Messias mit Knabensolisten klingt, vor allem aber b) möchte ich dermaleinst in ruhigerer Zeit die verschiedenen Fassungen gegeneinander hören - und darauf freue ich mich jetzt... :beatnik:



    Bitte das Berichten nicht vergessen, es wäre toll, wenn du zu gegebener Zeit etwas zu der Naxosaufnahme schreiben würdest.



    liebe Grüße,
    Thomas

    Da freute sich der Hase:
    "Wie schön ist meine Nase
    und auch mein blaues Ohr!
    Das kommt so selten vor."
    - H. Heine -

  • Hallo zusammen,


    nachdem ich nun zwei Abende recht intensiven Hörens mit der o.g. 1751er Fassung des " Messiah" mit dem Choir of New College Oxford und der Academy of Ancient Music unter Higginbottom verbracht habe,
    möchte ich hier meine Eindrücke schildern.


    Ich beginne damit, meine oben gestellte Frage " Muß man diese Aufnahme haben, wenn man schon einige Messias- Aufnahmen im Schrank hat?"


    Antwort: Man MUSS diese Aufnahme nicht haben! Sie bietet nichts grundsätzlich Neues, die 1751- Fassung ist auch kein neuer Messiah!


    ABER!


    Man SOLLTE sich durchaus überlegen, ob man 2 cm Platz im Regal und 12 € übrig hat- denn dies ist eine schöne, herrlich unaufgeregte und sich dem Hype um den völlig neuen Ansatz offensichtlich freiwillig entziehende Aufnahme!


    Die ganz Aufnahme strahlt eine große Wärme, eine große emotionale Vertrautheit des Ensembles mit dem Werk aus.Dies ma auch dadurch zustande kommen, daß auch die Männer- Solisten den Stallgeruch des New- College tragen, also quasi eine " Hausmusik" veranstaltet wird! Es wird nicht gebrüllt und nicht geschmettert sondern in einer bemerkenswert innigen Mittellage, die große Kraftreserven der Solisten verrät, gesungen.


    Nun ja- die Knabensoprane...! In der Summe hat mich dieser Ansatz nicht überzeugt - auch wenn er authentischer Händel 1751 ist. Nicht mal die Solo- Sopranarien sind das Problem ( z.B. " I know that my Redeemer liveth" wird von Henry Jenkinson sehr anrührend gesungen), nein die Chöre sind für mich nicht überzeugend - ihre Majestät versinkt doch stark im Zirpen der Knaben!


    Interessant hingegen sind Rückungen in den Tempi der Chöre, die Higginbottom vornimmt ( ob dies original so sein soll, weiß ich nicht): Zügig begonnen werden einzelne Sätze ganz langsam gesungen - meine ungeteilte Aufmerksamkeit war ihm so bei den altbekannten Chören in jedem Fall sicher!


    Die Academy of Ancient Music blieb leider recht blass aber ein ganz dickes Lob muß ich noch loswerden: Ich mag keine Countertenöre - aber das Timbre von Iestyn Davies hat mich mit seiner sanften Natürlichkeit bezaubert!


    Als Fazit läßt sich sagen: wer nur eine Aufnahme vom Messias haben möchte - sollte je nach Gusto vielleicht zu Christie oder Richter :stumm: greifen, wer einen genialen Neuansatz sucht ist bei Jacobs bestens bedient- wer aber die englische Chortraditon liebt, wer innige Momente sucht und wem Wärme in der Musik viel bedeutet, der ist als 2., 3. oder Zehnt- Aufnahme hier richtig gut bedient!


    Gruß
    Stefan

    Psalmen sprechen und Tee trinken kann niemals schaden!

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  • Lieber Stefan,


    Eine (vielleicht) ganz dumme Frage. Ist dieses Werk nicht ab Beginn geprägt von der englischen Chortraditon? Und is jene Ausführung dann nicht so authentisch wie möglich?


    LG, Paul

  • Lieber Paul,


    entschuldige - ich habe ungenau formuliert. Natürlich steht das Werk an sich in englischer Tradition. Ich meinte jedoch mehr den spezifisch englischen Klang, den gerade solche College-Chöre für mich ausstrahlen. Halt anders als die Festland- Ensembles, die nur aus erwachsenen Profi- Stimmen bestehen und meist den spannenderen Zugriff finden! Dennoch mag ich die College- Chöre!
    Und Du hast recht - diese Aufnahme hat sicher vom äußeren Setting eine Reihe direkter Bezüge zu den Foundling- Hospital- Aufführungen Händels.


    Gruß
    Stefan

    Psalmen sprechen und Tee trinken kann niemals schaden!

  • Ich geb es zu: zum 1. Mal hat mich eine Tamino-Besprechung zum Kauf einer
    CD "verführt". Alles, was ich hier über den "Messiah" in der Interpretation durch René Jacobs lesen konnte,. suggerierte mir: "da kann ja garnix schiefgehn"...


    Die Ouverture nimmt Jacobs schnell, aber nicht rasend. Keine Spur von der Klangrede eines Christie, Pinnock, Hogwood...
    Meine Mundwinkel senkten sich bedenklich, denn ich weiss nur ZU genau, daß bei einer Aufführung des "Messiah", in der der sogenannte "übergreifende Funke"
    springen soll, in den ersten 20 Minuten des Werkes erfolgen muss.
    Das geschieht leider nicht. Der Tenor, mein eigentlich schönstimmiger Landsmann Kobie van Rendsburg, ist schon mit dem einleitenden Rezitativ hoffnungslos überfordert und hat dann hörbare Mühe, seine Stimme nicht "absacken" zu lassen, und gerade dieser Anfang atmet die die Atmosphäre des in ein unwirkliches Leuchten getauchten Verkündigungsengels des William Blake. Bei Jacobs jedoch werden lediglich Noten in Klang umgesetzt....Den Clare-College-Choir hatte ich mit a-cappella-Einspielungen (Purcell, Palestrina)
    als ein wohlklingendes Ensemble in Erinnerung. Hier unter Jacobs und gemessen an der großen Konkurrenz bei "Messiah"-Einspielungen ist er allenfalls Mittelklasse. Wirklich Löbliches lässt sich nur über das Orchester sagen. Fazit: DIESE Aufnahme wars jedenfalls NICHT, die meine Einspielungen
    des Werkes unter Christie, Pinnock,Hogwood ablösen wird.

    Das geht über das Sagbare hinaus. Das läßt sich nicht deuten und bedarf keiner Deutung. Es kann nur gehört werden. Es ist Musik. (H.H.Jahnn)

  • Hallo BBB,


    da sind wir ja wiedermal zu einer ähnlichen Einschätzung bezüglich der Mängel dieser Aufnahme gekommen, ich habe es nur weniger deutlich formuliert als du. Spannend finde ich diese CD jedoch trotzdem - und bei mir hat es geklappt mit dem Funken. ;)


    Es gibt ja eine ganze Reihe sehr guter Aufnahmen vom Messiah, meines Erachtens kann die unter Jacobs gut neben den bisherigen Referenzen bestehen, wenn auch nicht verdrängen - auch hier volle Zustimmung zu dir. Grund dafür ist seine überzeugende Detailarbeit am Stück, die es für mich spanndend zu hören macht.


    herzliche Grüße,
    Thomas

    Da freute sich der Hase:
    "Wie schön ist meine Nase
    und auch mein blaues Ohr!
    Das kommt so selten vor."
    - H. Heine -

  • Mittlerweile habe ich die Neueinspielung von "Messiah" mit René Jacobs komplett gehört und mir macht die Aufnahme viel Freude.


    Das Gefühl, das ich schon bei Jacobs Mozart-Aufnahmen hatte, hier bekannte Werke quasi neu kennenzulernen, stellte sich auch beim "Messiah" ein. Seine Anlage ist insgesamt ruhiger, als ich das bsplsw. von Hengelbrock kenne (der sehr auf Dramatik und mitunter extrem schnelle Tempi setzt), aber sie macht auf mich einen geschlossenen, runden und stimmigen Eindruck. Ich finde die Art von René Jacobs sehr sympathisch. Nachteil: wirkliche Härten finden sich nicht, Vorteil: eine gewisse Leichtigkeit.


    Neben dem exzellenten Freiburger Barockorchester behauptet sich vor allem der Chor gut: selbst kleinste Nuancierungen bei der Dynamik oder des Tempos werden schön umgesetzt und lenken das Ohr zu vielen Details, die manchmal für mich auch ganz neu waren.


    Kleiner Schwachpunkt: die solistischen Leistungen sind nicht immer befriedigend. Am besten schneidet noch der Bass Neal Davies ab. Aber selbst der von mir vor allem live geschätzte Counter Lawrence Zazzo lässt Wünsche offen.


    Da auch ich schon die eine oder andere Alternativ-Aufnahme besitze, bin ich um die Neuerwerbung als Ergänzung durchaus dankbar - und ich würde die Aufnahme auch weiterempfehlen. Mir hat sie Lust auf den "Saul" gemacht, der fehlt mir nämlich noch - und jetzt höre ich erstmal den "Tito" mit Padmore und Jacobs.

  • Vor ein Paar Tagen hörte ich eine englische Einspielung das Messias, leider wiß ich nicht von wem, bei einem Freund, der die Kopie von einem Bekannten hatte.
    mein Kommentar: Der Messias halt.


    Gut gespielt, gut gesungen, aber nichts, das irgendeinen Eindruck hinterlassen hätte. Hätte Händel seine Stücke derart langweilig aufgeführt, wäre er sicher verhungert.


    Noch nicht einmal beim großen Hallejujah war auch nur der Hauch von BeGEISTerung zu spüren.


    So sagt an, wo ist der Messias, der mich vom Stuhl reisst?

  • Zitat

    Original von Gerhard
    Noch nicht einmal beim großen Hallejujah war auch nur der Hauch von BeGEISTerung zu spüren.


    So sagt an, wo ist der Messias, der mich vom Stuhl reisst?


    Wenn Du ein Halleluja der Extraklasse hören willst, empfehle ich Dir Sir Thomas Beechams Aufnahme von 1959 (wurde weiter oben bereits erwähnt).
    Des weiteren lege ich Dir die deutschsprachige Karl Richter-Aufnahme von 1965 ans Herz.

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Wer kann etwas zu dieser mir bisher unbekannten Aufnahme sagen?



    Sie ist scheinbar nur als nicht gerade billiger Japan-Import z.Zt. zu bekommen.

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Hallo Forianer,


    der DDR-Komponist Bernd Wefelmeyer schuf 1989 ein popsymphonisches Arragement zu Händels "Messias" bekannt unter dem Titel "Messias-Variationen" für Gesangssolisten, Chor, Popband und klassischem Orchester.


    Dieses Arragement hebt sich wohltuend von irgendwelchen grauenvollen Syntheziser-Bearbeitungen ab und ist durchaus sehr hörenswert.


    Anfang der 90er Jahre und Ende der 90er Jahre erfolgte eine Veröffentlichung auf CD. In den 2000er Jahren erschien ein Live-Mitschnitt eines Konzertes auf DVD, die derzeit im Handel erhältlich ist.


    Auf der CD, die gegenwärtig nicht erhältlich ist, wirken mit:


    Anke Lautenbach, Anke Schenker, Matthias Freihof
    Chor: Unternehmen Münchehofe
    Popband. Voices
    Klassische Instrumente: Rundfunkorchester Berlin
    Dirigent: Komponist Bernd Wefelmeyer


    Der CD-Veröffentlichung gingen Konzerte im damaligen Ostteil der Stadt Berlin voraus, die außerordentlich erfolgreich waren und auf eine breite Zustimmung des Publikums stießen. Ein solches Konzert habe ich mit den gleichen Solisten selbst live miterlebt und war schlichtweg begeistert!


    Alllen "Messias"-Freunde möchte ich diese Produktion wärmstens ans Herz legen.


    Vielleicht kennt einer von euch diese Aufnahme und kann sich selbst dazu äußern.



    Herzliche Grüße
    von LT :hello:

  • Gerhard


    Zu Deiner Frage:



    Zitat

    Zu meinen wirklich Unverzichtbaren gehört die Aufnahme von William Christie. Eigentlich brauche ich wohl im Grunde keine andere und kann andere Forenmitglieder bei ihren Äußerungen zu Christie nur bestärken.


    Auch nach dem Hören einer doch großen Zahl von Vergleichseinspielungen würde ich bei dieser Äußerung bleiben. Ob Dich die Musik selbst "vom Stuhl haut" ist natürlich eine andere Frage - aber wenn dann vielleicht am ehesten diese Aufnahme.


    Mit besten Grüßen


    Matthias

    Tobe Welt, und springe,
    Ich steh hier und singe.

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