VOTING: OPERNINSZENIERUNG KLASSISCH vs. REGIETHEATER

  • Lieber Peter,
    ich glaube nicht, dass Knuspi hier seine ganz persönlichen romantischen Empfindungen zur Debatte stellen will, er hat lediglich gemeint, dass die nur in einer traditionellen Inszenierung geweckt werden, nicht aber im Regietheater, und das kann ich gut nachvollziehen.
    Romantische Empfindungen in der Oper sind für mich die Momente, wo einem warm ums Herz wird, um das einmal etwas kitschig zu formulieren. Ein solcher Moment ist für mich z.B. die Fontainbleau-Szene im Don Carlos, wenn Elisabeth und Carlos einander erkennen und ihre Liebe gestehen.
    Wenn aber nun der Infant in dieser Szene in einem Käfig steckt, der in einer Bahnhofshalle steht, und Elisabeth in Madonnenhabit distanzierte Kälte, aber kaum Liebe fühlen lässt, wird mir nicht warm ums Herz (das wäre ja auch pervers), und wenn ich die "Ersatzgefühle" nicht als interessante neue Erfahrung mit dieser speziellen Oper werte, sondern mich um meine romantischen Empfindungen betrogen fühle, dann werde ich den Verantwortlichen für meine Enttäuschung "hassen" (Ich zitiere jetzt Alfred, daher die Gänsefüßchen) Ein anderer, dem vielleicht die Fontainbleau-Szene bisher als unerträgliche Gefühlsduselei erschienen ist, wird beim Anblick des Käfigs wahrscheinlich erleichtert aufatmen "Endlich was Neues..."
    Bevor jetzt alle über mich herfallen: Ich hasse Bieito keineswegs, betone gerne noch einmal, dass ich seine Inszenierung interessant fand, aber sie war etwas fürs Hirn und nicht fürs Herz, und da ich gerne BEIDES bedient haben möchte (Im Idealfall in ein und derselben Inszenierung!) bin ich einfach froh, dass es auch noch andere "Carlosse" gibt. Und ganz bestimmt prangere ich niemanden an, der sagt, Oper soll romantische Empfindungen wecken, ebensowenig wie einen Vertreter der Gegenposition (Weg mit der Gefühlsduselei!)
    lg Severina :hello:

  • Zitat

    Original von severina
    ich glaube nicht, dass Knuspi hier seine ganz persönlichen romantischen Empfindungen zur Debatte stellen will, er hat lediglich gemeint, dass die nur in einer traditionellen Inszenierung geweckt werden, nicht aber im Regietheater, und das kann ich gut nachvollziehen.
    Romantische Empfindungen in der Oper sind für mich die Momente, wo einem warm ums Herz wird, um das einmal etwas kitschig zu formulieren.


    Liebe Severina,
    dieses "Defizit" des Inszenierungen im Regietheater sehe ich auch. Es ist ja ein gewolltes Abwenden, das auch dem Zeitgeist entspricht. Ich vermisse emotionale Momente auch, wenn es sie nicht in der Oper gibt, denn Oper ist für mich auch ein Gefühlstheater, eigentlich notwendig schon, weil Oper mit Musik verbunden ist Da du über die eine Bieito-Inszenierung sprichst, nehme ich nun die andere, die "Entführung". Das Konzept Bieitos geht für mich über weite Strecken der Inszenierung auf, selbst bei diesem Grenzfall der Marterarie. Dann aber kommt das große Quartett, in dem Unsagbares ausgelotet wird - fantastisch gesungen von den Sängern der KOB. Und danach ist die Inszenierung Bieitos irgendwie aus dem Tritt geraten, so sehr, dass er am Ende (fast) alle umbringen muss. Auch darin ist Bieito konsequent, das macht den Entwurf als Torso noch exzeptionell. Ich habe einiges mehr von Mozart verstanden, als in einer "geglückten" traditionellen Aufführung.


    Zitat

    wenn ich die "Ersatzgefühle" nicht als interessante neue Erfahrung mit dieser speziellen Oper werte, sondern mich um meine romantischen Empfindungen betrogen fühle, dann werde ich den Verantwortlichen für meine Enttäuschung "hassen" (Ich zitiere jetzt Alfred, daher die Gänsefüßchen) Ein anderer, dem vielleicht die Fontainbleau-Szene bisher als unerträgliche Gefühlsduselei erschienen ist, wird beim Anblick des Käfigs wahrscheinlich erleichtert aufatmen "Endlich was Neues..."


    Ich meine, man hat kein einklagbares Recht auf diese "romantischen Empfindungen" - nicht bei so einem Kunstwerk wie das von Verdi (oder von Mozart). Wenn diese Emotionen selbst etwas Neues aufreißen, so ist das ja gut, aber oft sind diese Emotionen nur noch die Erinnerung an die Erinnerung von gefühlten Emotionen, in denen man sich sicher fühlt, weil man glaubt, sie noch einmal aufrufen zu können. Für mich ist das nicht genug. Wie im Leben - die Liebe zur Kunst, die Nähe zur Kunst kann nicht dauerndes Wohlbefinden sein, sich begreifen und sich erleben im Angesicht der Kunst bedeutet auch immer das Risiko des Schmerzes. Dieses Ausloten, diese Grenznähe und -überschreitung, dieses Alles-Wagen, dieses Existenzielle, das man ja auch als ausübender Künstler kennt - das macht für mich eine große Stunde in der Oper aus. Die ist nicht von der Art der Inszenierung abhängig, wohl aber von der Dichte und Ernsthaftigkeit des Ansatzes, des Singen und des Dirigates.

    Zitat

    Bevor jetzt alle über mich herfallen: Ich hasse Bieito keineswegs, betone gerne noch einmal, dass ich seine Inszenierung interessant fand, aber sie war etwas fürs Hirn und nicht fürs Herz, und da ich gerne BEIDES bedient haben möchte (Im Idealfall in ein und derselben Inszenierung!) bin ich einfach froh, dass es auch noch andere "Carlosse" gibt.


    Das kann ich gut nachempfinden - das gilt auch für die "Entführung" vice versa.


    Zitat

    Und ganz bestimmt prangere ich niemanden an, der sagt, Oper soll romantische Empfindungen wecken, ebensowenig wie einen Vertreter der Gegenposition (Weg mit der Gefühlsduselei!)


    Wenn so eine Diskussion einen Zweck haben soll, dann nicht die, andere zu bekehren, sondern ein wenig mehr vom anderen zu verstehen. Da kann jeder für seine Erfahrungen wieder ein wenig mitnehmen, ohne dass er deshalb seine Vorliebe ändert. Mir geht es wohl so wie dir, ich stehe auf beiden Seiten :)


    LG Peter

  • Lieber Peter,
    danke, das ist schön zu lesen, dass man nicht alleine steht mit seiner Sicht der Dinge! :) Manchmal fühle ich mich zwischen diesen vielen strikten Entweder- Oder-Positionen ein wenig verloren.
    lg Severina :hello:

  • sehr schwer zu beantworten. wie schon des öfteren erwähnt: gutes und mist gibt es auf beiden seiten.


    mir am liebsten: eine konservativ (im wortsinne!) gemachte regietheaterleistung. da es das hier nicht gibt: REGIETHEATER!

    --- alles ein traum? ---


    klingsor


  • Eilige Meldung...Eilige Meldung....Eilige Meldung...Eilige Meldung


    Eine kleine Grupper aggressiver Regisseure hat sich in den europäischen Theatern eingenistet. Es besteht allergrößte Gefahr für das Seelenleben von Theatererstbesuchern, schöngeistig veranlagten Theaterliebhabern und intellektuellen Theaterkennern. Bis sich der Sturm gelegt hat, rät das Bundesministerium für Seuchengefahr, nur in äußersten Notfällen, also: Entzugserscheinungen - aber dann auch nur mit Augenklappen die Vorstellungen zu besuchen. Aus den okkupierten Intendanzbüros sind keine Entschädigungen für Schäden an Körper, Geist und Seele zu erwarten. Oberspielleiter Autoritär vom Musiktheater Haudrauf - ehemals bekannt als Musentempel - erklärt: "Letzthin hatten wir sogar einen Gast, der sich beschwert hat, weil sein Smoking mit div. Körperflüssigkeiten bespritzt war. In diesem sehr extremen Fall haben wir uns sogar entschlossen, die Reinigungskosten von unseren Subventionen abzusetzen. Aber das bleibt eine Ausnahme!" Die Aktivistengruppe rechtfertigt ihren Machtanspruch mit dem Hinweis auf das Recht der Zwangsbeglückung. "Wir hören erst auf, bis wir alle missioniert haben und der romantische Individualismus endgültig vernichtet worden ist", so Herr Autoritär.


    ;)

  • EILT---EILT---EILT---EILT---EILT---EILT---EILT---EILT---EILT


    Theater gerettet
    Einer Gruppe mutiger und gegenwartsbezogener Regisseure ist es gelungenen, das Theater zu retten.


    Das Theater war vielfach bis tief in die Gegenwart gesundheitsgefährdend. Die Inszenierungen sonderten Unmengen Staub ab, der für die Zuschauer gefährliche Auswirkungen haben konnte. Auch wurden wackelnde Kulisssen wiederholt als Auslöser von akuten Zwerchfellverkrampfungen ausgemacht. Ebenso gingen zahlreiche Regisseure besonders perfide zu Werk, indem sie das Publikum in einen stundenlangen Dauerschlaf versetzte, der auf das Gemüt verheerende Auswirkungen hatte: Die Menschen verloren jeden Realitätsbezug und hielten Theater für einen Ort harmloser Unterhaltung.


    Diesen Bestrebungen, das Theater zu einer Schlafklinik zu machen, konnten die Regisseure des sogenannten Regietheaters wirkungsvoll entgegentreten. Das Publikum ist nun merklich munterer und diskussionsbereiter. Auch konnte der inszenierungsbedingte Realitätsverlust wirkungsvoll ausgeglichen werden.


    Aus diesem Grund sind die Regisseure des sogenannten Regie-Theaters mit dem Aischylos-Orden für besondere Verdienste um ein zeitgemäßes Theater auszuzeichnen.


    :hello:

    ...

  • Euch ist beiden nicht mehr zu helfen :no: :no: :no:

    Früher rasierte man sich wenn man Beethoven hören wollte. Heute hört man Beethoven wenn man sich rasiert. (Peter Bamm)

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  • KONSERVATIV,
    wobei ich schon auch moderne Inszenierungen gesehen haben, die mir gefallen haben.Trotzdem mag ich die Oper doch lieber ,wenn sie mich in einer Traumwelt entführen können (von der kalte, graue-grausame Realität kriege ich genug im Tagesschau und auch andere Sendungen mit).
    nina

  • Zitat

    Original von nina
    KONSERVATIV,
    wobei ich schon auch moderne Inszenierungen gesehen haben, die mir gefallen haben.Trotzdem mag ich die Oper doch lieber ,wenn sie mich in einer Traumwelt entführen können (von der kalte, graue-grausame Realität kriege ich genug im Tagesschau und auch andere Sendungen mit).
    nina


    Aha, du bevorzugst das Regietheater. Weil: Eine konventionelle Inszenierung kann keine Traumwelt bieten. Sie hält sich streng an die Vorgaben von Librettist und Komponist, da ist kein Platz für Experimente. Die Originalversion einer Oper ist zumindest soweit bekannt, dass es da keine Überraschungen oder gar Träume geben kann. Das ist, wie wenn man zum wiederholten Mal eine CD anhört: Immer gut, aber niemals spannend. Daher bevorzuge ich - genau wie du - das Regietheater: Das kann zwar durchaus öde sein (bei untalentiertem Regisseur), aber hin wieder finden wir das, was wir suchen: Wir werden in eine neue, unbekannte Welt entführt.


    Also so wie's aussieht, steht die Abstimmung nicht 19 zu 15, sondern eher 32 zu 2 für's Regietheater. Da wird es Zeit für personelle Konsequenzen in den Theatern. Wir sind das Volk. Alfred, lass mal deine Kontakte spielen!



    Thomas Deck

  • Nana, ich finde jeder wird wohl noch wissen, was er oder sie bevorzugt und, dass jemand gesagt bekommt, dass er/sie das Gegenteil von dem mag, was er/sie vorgibt zu mögen, halte ich für ein bisschen anmaßend.


    Ich glaube eher, dass Nina Traumwelten eher als die Art von Inszenierungen versteht, die eine Welt zeigen, die es eigentlich nicht gibt und dabei in erster Linie Unterhaltung anstrebt. Und dafür ist eine konservative Inszierung ungleich besser geeignet.


    LG
    Georg


    P.S.: Wie kommst du auf 32 zu 2 für's Regietheater???


    P.P.S.: Also eigentlich sind wir hier mindestens 3 Völker (Deutschland, Österreich, Schweiz) mit diversen Kontakten zum Ausland (Niederlande, Kananda,...). Und deren individueller Geschmack kann abenteuerlich unterschiedlich sein (nicht nur bei Oper).

    Früher rasierte man sich wenn man Beethoven hören wollte. Heute hört man Beethoven wenn man sich rasiert. (Peter Bamm)

  • Regietheater, wenn es stimmt, daß Musik Kunst ist und Kunst sich auf dem Zeitpfeil nicht im Krebsgang bewegt. Wenn Kunst das Unerklärte unserer Existenz zum Gegenstand hat, darf, nein muß auch die (überkommene) Kunst jeweils neu bedacht und gedeutet werden. Ganz grob gesprochen ;)


    So gesehen ergibt die Umfrage bei allen Einschränkungen und Vorbehalten, die schon gemacht wurden, einen Sinn. Und Alfred hat natürlich vollkommen recht, wenn er dem Forum ein intellektuelles Niveau unterstellt, das sich in einem 'Sieg' für das Regietheater niederschlagen MUSS: der Mensch strebt nun mal nach immer mehr Erkenntnis :]


    Viele Grüße


    helmutandres

  • Zitat

    Original von georgius1988
    Nana, ich finde jeder wird wohl noch wissen, was er oder sie bevorzugt und, dass jemand gesagt bekommt, dass er/sie das Gegenteil von dem mag, was er/sie vorgibt zu mögen, halte ich für ein bisschen anmaßend.


    Ich habe ihr nicht erklärt, was sie mag, sondern wie das heißt, was sie mag: Regietheater. Auch wenn sie möglicherweise nur einen Teilbereich des Regietheaters gut findet.


    Zitat


    Ich glaube eher, dass Nina Traumwelten eher als die Art von Inszenierungen versteht, die eine Welt zeigen, die es eigentlich nicht gibt und dabei in erster Linie Unterhaltung anstrebt. Und dafür ist eine konservative Inszierung ungleich besser geeignet.


    Laut Abstimmung heißt es "klassisch" bzw. "konservativ". Und laut diverser tausendfach geführter Diskussionen versteht man darunter "so, wie es ursprünglich geplant war". Das lässt sich - entgegen der Meinung vieler Anhänger des Regietheaters - durchaus herausfinden. Die Inszenierungen müssen halt wissenschaftlich begleitet werden. Größtmögliche Annäherung an die Aufführungspraxis der Enstehungszeit der Oper. Wie im Museum. Hochwertig und sehr interessant. Aber alles andere als eine Traumwelt.


    Zitat


    P.S.: Wie kommst du auf 32 zu 2 für's Regietheater???


    Grob überschlagen. Mir fallen nur zwei Leute ein, die den Regisseur abschaffen wollen (bei wissenschaftlich begründeten Inszenierungen ist er in der Tat überflüssig). Der Rest will Opulenz. Das geht nur mit einem top-kreativen Regisseur.



    Thomas Deck

  • Hallo Thomas,
    als ich deine Antwort gelesen habe, blieb ich erst ohne Worte und dachte, daß ich etwas so geschrieben habe, daß du mich mißverstanden hast. Das war aber nicht der Fall. So, wie du versuchst mir klar zu machen was mir tatsächlich gefällt, erinnerst mich an einem Bekannten von mir (ein Sänger, übrigens), der sehr gerne meine Worte so lange umgedeutet hat, bis deren Inhalt ihm gepasst hat, aber leider nichts mehr mit das zu tun hatte, was ich ursprünglich gemeint habe. So ist es auch in diesem Fall passiert, aber was soll´s, Georg hat mich verteidigt- vielen Dank dafür! ;)
    Ich versuche also nochmal zu erklären, was ich bei dem Abstimmen gemeint habe: ich schaue auch moderne Inszenierungen an (hier, in Stuttgart, gibt´s nur solche), die sind aber für mich kein Grund dafür "abzuheben". Im besten Fall denke ich : es war OK. Dafür, dass ich dahinschmelze, oder Gänsehaut bekomme, oder von lauter Wonne in Tränen ausbreche, brauche ich einiges mehr. Oper ist für mich ein Fest für meine Ohren UND meine Augen. Und wenn ein Teil hinkt, oder gar nicht vorhanden ist, dann kann mein Genuss nicht vollkommen sein! Ich bleibe dabei: ich bevorzuge konservative Aufführungen.
    Liebe Grüße
    nina

  • Zitat

    Original von nina
    Oper ist für mich ein Fest für meine Ohren UND meine Augen. Und wenn ein Teil hinkt, oder gar nicht vorhanden ist, dann kann mein Genuss nicht vollkommen sein! Ich bleibe dabei: ich bevorzuge konservative Aufführungen.
    Liebe Grüße
    nina


    Hallo Nina,


    schön! Mir geht's genauso. Schon witzig, welchen Machtanspruch die Regietheater-Mission allerorten entwickelt. Ich komme mir immer vor, wie in der Penne.


    LG,


    Knuspi

  • Hallo zusammen,


    Anfang März gab's in Wien eine Konferenz zum Thema »Wie europäisch ist die Oper?«. Dort wurden u.a. auch Aspekte der Bühnenästhetik im Wandel der Zeit (seit dem frühen 19. Jahrhundert) diskutiert .
    Könnte vielleicht den einen oder anderen interessieren, oder?
    Einen Tagungsbericht findet ihr hier


    :hello:


    Medard

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  • Zitat

    Original von Edwin Baumgartner
    Und wenn man Oper als Fest für Ohren, Augen und Köpfchen schätzt, ist man mit dem Regietheater am allerbesten dran.
    :hello:


    Also bei aller Liebe, Edwin, ein Fest für die AUGEN war der Bieito-Carlos sicher nicht - außer man ist voyeuristisch veranlagt und sieht gerne Vergewaltigungen, Sado-Maso-Spielchen o.ä. Fürs Köpfchen war's ein Fest, die Ohren wurden zumindest recht anständig bedient.
    lg Severina :hello:

  • Nun ja, liebe Severina, schon klar, daß die Optik bei Regietheater nicht immer ein "Fest" ist - aber das ist ja wohl beim konservativen Theater nicht anders. Wenn Du etwa in die Wiener "Meistersinger" gehst und Eva im dritten Akt in knallgelb auftritt, haut einem das das Aug ein. Macht aber nix, kriegt man wenigstens vom Rest nicht so viel mit... :D
    :hello:

    ...

  • Zitat

    Original von Edwin Baumgartner
    Und wenn man Oper als Fest für Ohren, Augen und Köpfchen schätzt, ist man mit dem Regietheater am allerbesten dran.


    Das kommt aber natürlich immer drauf an - manchmal find ichs gut und manchmal denk ich mir, das ist einfach nur deppert


    Lg


    Roland

    Die Basis jeder Grundlage ist das Fundament

  • Zitat

    Original von Edwin Baumgartner
    Und wenn man Oper als Fest für Ohren, Augen und Köpfchen schätzt, ist man mit dem Regietheater am allerbesten dran.
    :hello:


    Nicht unbedingt. Es mag zum Denken anregendes Regietheater geben, aber ebenso gibt es eine Spielart des Regietheaters, in dem der Regisseur seine Interpretation des Stücks mit einer solchen Penetranz verbildlicht, dass dem Kopf gar kein Spielraum mehr gelassen wird. Z. B. La Clemenza di Tito endete in Münster damit, dass Titus auf der Bühne umgebracht wurde. Damit ist einem das Weiterdenken des Gezeigten doch bereits abgenommen. Ich hätte es als Regisseur damit bewenden gelassen, dass der eine oder andere Dolch gezückt worden wäre, Vorhang. In diesem Sinne finde ich, dass das Regietheater oft den Zuschauer eher bevormundet, als ihm das eigenständige Nachdenken zu ermöglichen. Eine Inszenierung sollte dem Zuschauer eher sagen: "Die Geschichte geht so aus, könnte aber auch ganz anders ausgehen" als sie definitiv und unumstößlich anders verlaufen zu lassen.

    „People may say I can't sing, but no one can ever say I didn't sing."
    Florence Foster-Jenkins (1868-1944)

  • Ja, nur von dem dummen Regietheater, das es eben auch gibt, spreche ich ja nicht.
    Als Anhänger des Regietheaters werde ich natürlich nicht gerade solche Inszenierungen wie den Wiener "Lohengrin" oder ähnliches ins Treffen führen, sondern vor allem die mir bekannten Meisterleistungen.


    Umgekehrt muß man ja auch schon ein Kulissenstaub-Fan sein, wenn man die konservative Regie auf der Basis des MET-"Rings" oder, mindestens ebenso schlimm, des Wiener "Rosenkavaliers" oder der Wiener (Staatsopern-)"Boheme" verteidigt.


    :hello:

    ...

  • Zitat

    Original von Edwin Baumgartner
    des Wiener "Rosenkavaliers" oder der Wiener (Staatsopern-)"Boheme"
    :hello:


    Rosenkavalier: Schenk/Bernstein 1968?
    La Boheme: Zeffirelli/Karajan 1963?


    Gibt´s auch noch die Tosca: Wallmann/Karajan 1958?


    Ach was werd´ ich sentimental, die waren alle in den 80ern, wo ich oft in der Staatsoper war, schon uralt ...


    Herzlicher Gruß
    Alexander


    PS: "Heimliches Geständnis": Und es waren allesamt unvergeßliche Opernabende ...


    PS 2: Intelligentes, zum Nachdenken anregendes Regietheater JA BITTE. Den Urhebern aus der Sicht der aktuellen Zeit heraus gerecht werden, dem Publikum von heute das Werk spannend aufbereiten JA BITTE. Sich selbst als den "Alleswisser" in den Mittelpunkt stellen NEIN DANKE.

    Freundlicher Gruß
    Alexander

  • Zitat

    Original von Alexander_Kinsky
    Intelligentes, zum Nachdenken anregendes Regietheater JA BITTE. Den Urhebern aus der Sicht der aktuellen Zeit heraus gerecht werden, dem Publikum von heute das Werk spannend aufbereiten JA BITTE. Sich selbst als den "Alleswisser" in den Mittelpunkt stellen NEIN DANKE.


    Dem kann ich voll und ganz zustimmen - was heutzutage am Häufigsten vorkommt, darüber kann man streiten ;-)


    Lg


    Roland

    Die Basis jeder Grundlage ist das Fundament

  • Zitat

    Original von Edwin Baumgartner
    Nun ja, liebe Severina, schon klar, daß die Optik bei Regietheater nicht immer ein "Fest" ist - aber das ist ja wohl beim konservativen Theater nicht anders. Wenn Du etwa in die Wiener "Meistersinger" gehst und Eva im dritten Akt in knallgelb auftritt, haut einem das das Aug ein. Macht aber nix, kriegt man wenigstens vom Rest nicht so viel mit... :D
    :hello:


    Hallo Edwin,


    wo wir gerade beim optischen Fest sind, kennst Du die Bilder von Schlingensiefs neuestem Streich, dem brasilianischen Samba-Holländer aus dem Regenwald ? Das Bild, welches den Titel des heutigen FAZ-Feuilletons ziert, zu kommentieren, ist ja doch eine journalistische Herausforderung. :D


    Gruß
    Sascha

  • Zitat

    Original von Antracis


    Schlingensiefs neuestem Streich, dem brasilianischen Samba-Holländer aus dem Regenwald


    Sag bloß nicht, dieser Klamauk-Provokateur darf immer noch Opern inszenieren?? Traurig, traurig.

    „People may say I can't sing, but no one can ever say I didn't sing."
    Florence Foster-Jenkins (1868-1944)

  • Er hat jetzt den fliegenden Holländer in der brasilianischen Amazonas-Metropole Manaus mitten im Regenwald inszenieren dürfen. Aber da muss man die klimatischen Tücken der Region berücksichtigen: Die Staubi-Papp-Kulissen fallen beim periodischen Regenguss halt schnell in sich zusammen. Gekachelte, regenfeste Regietheater-Monumente sind deshalb schwer gefragt. :D


    Wobei mir einfällt, dass wir den Klimawandel bisher bei unserem Disput total vernachlässigt haben. Mir dünkt, die zukünftigen Klimaextreme könnten vielleicht auch den letzten Staubikulissen in Mitteleuropa den Gar ausmachen, Pappfelsen und Plüschsessel sind ja nicht sehr wetterfest. Und unsere Ahnen werden nur noch in den Ruinen der Opernhäuser die Pinkelbecken von Neuhaus ausgraben. Damit ist dem Regietheater immerhin der Platz in der kunstgeschichtlichen Überlieferung gesichert. ;)


    Gruß
    Sascha

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