VOTING: OPERNINSZENIERUNG KLASSISCH vs. REGIETHEATER

  • Hey, ich schreibe was im Opernforum! 8o


    Ich habe für "Konservativ" gestimmt (das hat sicher niemanden überrascht).


    "Konservativ" schließt moderne Inszenierungen nicht aus, solange sie "bewahren", nämlich das Kulturgut, die Werte und Intention, die mit der jeweiligen Oper verbunden sind.


    Viele Grüße,
    Pius.

  • Nicht mit "konservativ" oder "provokant" abzuhandeln. Für mich gibts Inszenierungen die das Stück erzählen und den Eindruck der Musik noch verstärken. Das sind (meist noch) eher konservative Ansätze, es gibt aber eine grosse Zahl excellenter sehr moderner Regiearbeiten die für mich einen sehr starken Eindruck machen (Pountney die Wiener Jenufa, Konwitschny der Don Carlos, Willi Decker Billy Budd....). Und dann gibts Regietheater der übelsten Sorte, nämlich jenes welches die Musik sogar noch konterkariert. Beispiele gefällig: aus Wien Pountney die neue Forza del Destino, Barry Kosky der Lohengrin.


    Aber wie bei allem-die Schönheit liegt im Auge des Betrachters, wenn wir alle den gleichen Geschmack hätten - worüber würden wir hier dann diskutieren ;)


    LG
    Isis

  • Da es meine Option "Hauptsache gut gesungen und gut musiziert und nicht langweilig oder dumm inszeniert" hier nicht gibt, habe ich das kleinste Übel: "Egal Hauptsache, es gefällt" genommen.
    Ich war von der Kosky-Inszenierung des Figaro in Berlin genausowenig überzeugt wie von etlichen konservativen Covent-Garden oder Met Verdis.
    Ich habe zwar eher eine Präferenz für intelligentes Regietheater, das die Oper zeitgemäss ausdeutet und mir auch im 21 Jh noch Stoff zum Nachdenken gibt, bin aber da auch schon so heftig enttäuscht worden, dass ich nciht pauschal für Regietheater stimmen kann.
    In der Oper kommt es mir wie gesagt vor allem auf die Sänger an, aber die Canti-Fraktion wird ja hier leider nciht berücksichtigt. :(


    Noch eine Frage: ist der Begriff "Staubi" hier inzwischen wieder stubenrein und salonfähig?
    Mir wurde er aufgrund einer anonymen Beschwerdemail gegen solche "unverschämte Respektlosigkeit und Beleidgung der älteren Generation" nämlich "zum Nichtgebrauch nahegelegt!"
    é strano.......... ?(

  • Natürlich muß ich mich auch für konservativ entscheiden, obschon ich es eher als werkgerecht bezeichnen möchte.


    :hello:Herbert.

    Tutto nel mondo è burla.

  • Zitat

    Original von Fairy Queen


    Noch eine Frage: ist der Begriff "Staubi" hier inzwischen wieder stubenrein und salonfähig?
    Mir wurde er aufgrund einer anonymen Beschwerdemail gegen solche "unverschämte Respektlosigkeit und Beleidgung der älteren Generation" nämlich "zum Nichtgebrauch nahegelegt!"
    é strano.......... ?(



    Hm, ich lösche immer alles anonyme, was mir zugeht. :D Vielleicht sollte ich es doch mal lesen. Der entsprechende Anonymus hat aber offenbar die Etymologie des Begriffes "Staubi" nicht wirklich verstanden. Zum Glück ist aber Humorlosigkeit nicht an ein Alter gebunden . :)


    Gruß
    Sascha

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  • Lieber Sascha, der Anonymus ist ja nur deshalb anonym, weil er sich nciht bei mir persönlich, sondern bei der Moderation über mich unverschämtes, respektloses Wesen beschwert hat und diese mir dann die Beschwerde zukommen lassen muss-anonym.
    Ob besagter Mensch sich über die Anderen, die hier das Wort Staubi benutzen, ebenfalls beschwert hat, wage ich zu bezweifeln, denn sonst würde es ja nicht weiter munter hier grassieren. Very strange! ?(
    Jedenfalls geniere ich mich jetzt auch nciht mehr und staube munter weiter (ab) . :D


    F.Q.

  • Ich finde es ist ein Unterschied ob man sich selber als Staubi bezeichnet, so wie ich es bin und mache, oder ob man andere User damit bezeichnet, nicht jeder verträgt diese Bezeichnung, darauf sollte man Rücksicht nehmen.

  • Ich bin lieber ein Staubi, als ein FKK Anhänger einer Maskenball - Inszenierung!


    Deine Beiträge sind richtig und ich weiß nicht warum man jetzt das Theater und die Oper - auch Operette. jetzt so sozialkritisch hinterfragt.


    Ich habe es doch bedeutend lieber, wenn ich auch Staubi genannt werde, wenn in der Macht des Schicksals, wie zuletzt in Wien, ein stilisiertes Kreuz, es besagt dass ich in einem Kloster bin - nein da habe ich doch eine glaubwürdiges Bühnenbild auch gerne.


    Man will ja auch mit dem Auge genießen, wenn man auch manchmal nicht mit dem Ohr genießen kann.


    Die Traviata spielt ungefähr um 1860, also sie auch dort belassen, und nicht in ein Rotlichmillieu bringen,


    das sieht man schon in den div. TV - Krimis zur Genüge.

  • Zitat


    Original von Fairy Queen
    Noch eine Frage: ist der Begriff "Staubi" hier inzwischen wieder stubenrein und salonfähig?Mir wurde er aufgrund einer anonymen Beschwerdemail gegen solche "unverschämte Respektlosigkeit und Beleidgung der älteren Generation" nämlich "zum Nichtgebrauch nahegelegt!"
    é strano.. ?(........


    Mein Alter bringt mich in die komfortable Situation, das Wort Staubi unbeanstandet zu verwenden. Zunächst sehe ich keinen Kontext zwischen Staubi und dem biologischen Alter eines Menschen, kann demnach auch keine Respektlosigkeit oder Beleidigung daraus herleiten.


    Was Inszenierungen betrifft, möchte ich mich eigentlich als "Registaubi" bezeichnen. Was ich so an Inszenierungen aus der MET, dem ROH und der Scala als DVD habe, spricht mich ebenso wenig an wie extremes Regietheater, was ich an den Opernhäusern im Rhein-Main-Gebiet zu meinem Glück nur sehr selten sehe.


    :hello:


    Emotione

  • @ Musika Ich danke vielmals für diesen Einblick in empfindsames anonymes Seelenleben. Ich hoffe, dass alle Anderen, die hier unbefangen schon lange vor meiner Zeit von "Staubis" sprachen(und damit nciht etwa sich selbst sondern andere User meinten) ebenso aufmerksam dein Statement und die anonymen Abmahnungen, die sie ja ganz sicher auch aus besagter staubiger Quelle bekommen haben ,nun viel besser einordnen können. :yes:



    Lieber Wiener Peter, ich bin ein ziemlicher Gesangsstaubi, denn ich liebe "alte" Stimmen oft viel mehr als die Heutigen. :yes:
    Und ansonsten bin ich ganz mit Emotione konform, was mal wieder zeigt, dass Staubis und Regielis erstens kein Gegensatz sein müssen und zweitens nichts mit dem Alter zu tun haben.
    Gut, dass es hier in der Abstimmung auch dafür Varianten gibt.


    F.Q.

  • Oh, da war ich wohl der Erste. Ich habe in einem Thread mal von "Regielis" gesprochen und wurde daraufhin als "Staubi" bezeichnet. Ich fand's eher komisch, aber so nahm's wohl seinen Lauf.


    Zur Info: Im Freundeskreis sprechen wir mittlerweile von Regiemonstern, :stumm:aber gut: Ich kann auf diese Klassifizierungen im Forum auch verzichten.

  • Zitat

    Original von oper337
    Ich bin lieber ein Staubi, als ein FKK Anhänger einer Maskenball - Inszenierung!



    Ich habe den zitierten Maskenball nicht gesehen und maße mir daher nicht an, einen Kommentar dazu zu schreiben.
    Unabhängig ob staubi oder modern - eine Inszenierung muss in sich stimmig sein - und wenn es einen vollen Bogen macht, kann das auch durchaus unkonventionell sein. Aber wesentlich ist, dass es eine in sich konsistente Interpretation ergibt.
    Und gerade bei Maskenball (wie auch bei Rigoletto) darf nicht vergesen werden, dass die Zensur im Gegensatz zum originalen Libretto ein anderes Stück verlangt hat und ein Abweichen vom Original (welchem ???) daher nicht per se des Bösen ist.


    Michael 2

  • Am besten hole ich schon mal Wischmob und Staubsauger..... ;)


    Mein spätes Voting fiel zugunsten des Regietheaters aus nach einer eher vielschilchtig gelagerten Überlegung, die hier nur auf einen Schlusspunkt gebracht wird. Begründung s. Makenball - Thread (ich schreibe jetzt nicht nochmal alles ab).


    Die Problematik dieser Votings ist mir bekannt.


    LG
    :hello:


    Ulrica


    (Übrigens: "Alte" (belcantistische und deren Fortentwicklungen) Stimmkünste gepaart mit gelungenem Regietheater bedeuten grundsätzlich für mich einen gelungenen Opernabend)

  • Meine Meinung dazu lässt sich verkürzt so darstellen: Ich bin weder gegen das Traditionstheater noch gegen das Regietheater, wogegen ich aber definitiv bin, das sind EXTREMPOSITIONEN! Bei Gelegenheit werde ich an dieser Stelle mal ein paar Aspekte aus meiner Sicht darlegen, keine stringente Argumentation, nur verschiedene Denkansätze ...


    :hello: Florian

  • Da mir dieses Thema sehr am Herzen liegt möchte ich meinen ersten Beitrag diesem widmen.
    Vorab – ich verteidige die konventionelle Regie – das moderne Regietheater deprimiert mich nur!
    Aus gegebenem Anlass - kam ich doch während der letzten Woche zweimal in den Genuss solcher fragwürdigen Aufführungen – möchte ich hier kurz meine Meinung darlegen. Um mit dem größeren Ärger zu beginnen – eine meiner absoluten Lieblingsoper – „La forza del destino“ hat David Pountney derart verunstaltet dass ich bist jetzt noch keine der Aufführungen bis zum Ende ertragen habe. Nur mit geschlossenen Augen, und sich die alte Wallmann Inszenierung vorstellend ist halbwegs eine Illusion möglich. Allein die lächerlichen Balletteinlagen schmerzen den Opernfreund, von all den anderen Ungereimtheiten gar nicht zu reden.
    Und gestern „Manon Lescaut“ in der Robert Carsen Inszenierung - nun doch schon einige Zeit auf dem Spielplan – aber diese mit Gewalt in die Gegenwart übertragene Geschichte ist einfach nur lächerlich und ich kann auch nach etlichen Aufführungen keinen Sinn erkennen. Manon schickt Des Grieux in einem Warenhaus um Wasser weil sie am Verdursten ist und er kehrt erfolglos zurück – haarsträubend! Die wunderbare Schenk-Inszenierung, wo es noch Kutsche, Wirtshaus und erfreuliche Kostüme gab hat für diesen Unsinn weichen müssen. Wann immer Opernsujets der Vergangenheit in die Jetztzeit transferiert werden gibt es Diskrepanzen mit dem Text, über die sich jedoch einfach hinweggesetzt wird.
    Dabei muss man sagen dass wir Wiener ja noch gut dran sind im Gegensatz zu den deutschen Opernfreunden, uns sind zumindest noch einige Werke der großen Regiemeister erhalten geblieben – aber wer weiß was die neue Direktion bringen wird!?

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  • Zitat

    Original von fortunata
    Da mir dieses Thema sehr am Herzen liegt möchte ich meinen ersten Beitrag diesem widmen.
    Vorab – ich verteidige die konventionelle Regie – das moderne Regietheater deprimiert mich nur!
    Aus gegebenem Anlass - kam ich doch während der letzten Woche zweimal in den Genuss solcher fragwürdigen Aufführungen – möchte ich hier kurz meine Meinung darlegen. Um mit dem größeren Ärger zu beginnen – eine meiner absoluten Lieblingsoper – „La forza del destino“ hat David Pountney derart verunstaltet dass ich bist jetzt noch keine der Aufführungen bis zum Ende ertragen habe. Nur mit geschlossenen Augen, und sich die alte Wallmann Inszenierung vorstellend ist halbwegs eine Illusion möglich. Allein die lächerlichen Balletteinlagen schmerzen den Opernfreund, von all den anderen Ungereimtheiten gar nicht zu reden.
    Und gestern „Manon Lescaut“ in der Robert Carsen Inszenierung - nun doch schon einige Zeit auf dem Spielplan – aber diese mit Gewalt in die Gegenwart übertragene Geschichte ist einfach nur lächerlich und ich kann auch nach etlichen Aufführungen keinen Sinn erkennen. Manon schickt Des Grieux in einem Warenhaus um Wasser weil sie am Verdursten ist und er kehrt erfolglos zurück – haarsträubend! Die wunderbare Schenk-Inszenierung, wo es noch Kutsche, Wirtshaus und erfreuliche Kostüme gab hat für diesen Unsinn weichen müssen. Wann immer Opernsujets der Vergangenheit in die Jetztzeit transferiert werden gibt es Diskrepanzen mit dem Text, über die sich jedoch einfach hinweggesetzt wird.
    Dabei muss man sagen dass wir Wiener ja noch gut dran sind im Gegensatz zu den deutschen Opernfreunden, uns sind zumindest noch einige Werke der großen Regiemeister erhalten geblieben – aber wer weiß was die neue Direktion bringen wird!?


    BITTE VERDOPPELN, ich kann nur dasselbe schreiben! Das jetzige Regie Theater ist schrecklicher, als es das Primadonnen - Theater je war.


    Otto Schenk hat wenigstens die Oper RICHTIG inszeniert, also das was auch im Libretto steht, genauso inszeniert. Dabei noch die Bühnenbilder von Günter Schneider Siemsen oder Zeffirelli. :jubel: :jubel:


    Liebe Grüße und vielen Dank Dir liebe Fortuna, für Deinen Beitrag, Peter aus Wien. :hello: :hello:

  • Zitat

    Original von fortunata
    „La forza del destino“ hat David Pountney derart verunstaltet dass ich bist jetzt noch keine der Aufführungen bis zum Ende ertragen habe.


    Ist das die Inszenierung, deren Premiere neulich live im Fernsehen kam?


    Dann bitte verdreifachen. :beatnik:

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Hallo Fortunata,

    Zitat

    Nur mit geschlossenen Augen, und sich die alte Wallmann Inszenierung vorstellend ist halbwegs eine Illusion möglich.


    Kann es sein, daß Pountney mit der Illusion brechen wollte? Oder hältst Du das bei einer derart stilisierten Kunstform wie der Oper für keinen legitimen Ansatz?


    Zitat

    Und gestern „Manon Lescaut“ in der Robert Carsen Inszenierung


    Zweifellos ein schwächerer Carsen - aber hast Du Dir überlegt, daß es in "Manon", trotz Puccinis Musik, auch um andere Inhalte als um Kutschen geht...?


    :hello:

    ...

  • Zitat

    Original von Edwin Baumgartner


    Zweifellos ein schwächerer Carsen - aber hast Du Dir überlegt, daß es in "Manon", trotz Puccinis Musik, auch um andere Inhalte als um Kutschen geht...?


    :hello:


    Sich in der Oper Gedanken machen, wo kommen wir denn da hin......?!?!?!? :D :pfeif: ;)


    Ich halte es übrigens wie Brunello: "eine Inszenierung muss in sich stimmig sein - und wenn es einen vollen Bogen macht, kann das auch durchaus unkonventionell sein. Aber wesentlich ist, dass es eine in sich konsistente Interpretation ergibt. "


    Gruß
    Rosenkavalier

  • Zitat

    Original von Edwin Baumgartner
    Kann es sein, daß Pountney mit der Illusion brechen wollte? Oder hältst Du das bei einer derart stilisierten Kunstform wie der Oper für keinen legitimen Ansatz?


    Zweifellos ein schwächerer Carsen


    Von der Wiener Staatsoper darf man besseres Qualitätsniveau fordern als diese Carsen-Leistung - die ist einfach schwach, wenn auch irgendwie bemüht.


    Anders die Poutney-"Forza" - die ist sowohl gegen das Original inszeniert als auch nicht wirklich stimmig; sie wirkt auf mich gewollt provokant, aber nicht gekonnt provokant. Ob Poutney zu Verdi und der "Forza" einfach kein Verhältnis gefunden hat oder bloß Lust hatte, um jeden Preis aufzufallen (und damit sich erst recht in gewisse modische Verhaltensmuster einreihte) bleibt dem gegenüber sekundär. Die schwere Kunst, das Normale spannend zu gestalten, beherrschen halt nicht viele; die ebenso schwere Kunst, das Ausgefallene so zu gestalten, daß man das Normale nicht vermißt, beherrschen auch nur wenige. Handwerk allein ist zu wenig, aber wer das Handwerk nicht kennt oder verachtet, macht es in der Regel auch nicht besser.


    LG


    Waldi

  • "Die Manon Lescaut" finde ich bis zum letzten Bild sehr gut, dann allerdings spießt es sich wirklich, denn dass Des Grieux anno 2008 in einer Einkaufsstraße nix zumTrinken auftreiben kann, ist wirklich lachhaft. Aber von Carsen habe ich schon so viele wunderbare Inszenierungen gesehen, dass ich ihm diesen Ausrutscher gerne verzeihe. Übrigens sehe ich auch sehr gerne alte Kutschen, aber in der Wagenburg, nicht in der Oper :stumm:
    Ich fürchte, dass Meyer eher ein Rückschritt als ein Fortschritt wird, denn was er in Interviews bisher von sich gegeben hat, enttäuscht mich ziemlich. Edwin darf sich freuen, denn Otti Schenk darf einige seiner Uraltschinken aufpolieren :wacky: :wacky: :wacky: :wacky: :wacky: :wacky:
    Ich werde wohl in Zukunft noch öfter nach Zürich und auch wieder nach München fahren müssen......
    lg Severina :hello:


    PS: Sind wir hier nicht im falschen Thread?????

  • REGIETHEATER.


    Das Schlimmste was es gibt sind biedere, langweilige Inszenierungen im Stil von irgendwelchen Historienschinken.


    Und ähnlich wie Pius ("Konservativ" schließt moderne Inszenierungen nicht aus, solange sie "bewahren") relativiere ich:
    Modern schließt konservative Inszenierungen nicht aus, solange sie gegenwärtige Relevanz beinhalten.


    Tharon.

  • Allein die Formulierung "Operninszenierung klassisch versus Regietheater" suggeriert Gegensätze und schafft Spannung. Jede Kunstrichtung, die nicht im musealen Mief ersticken will, muss Neues schaffen, an bisher übliche Grenzen stoßen und darüber hinausgehen. Nur dann gibt es eine Weiterentwicklung. Die Frage ist also weniger, in welchem Stil inszeniert wird, sondern ob die Inszenierung gelungen ist und die Intentionen des Komponisten und des Textdichters umsetzen und vermitteln kann. Wie hier schon im Forum ausgeführt, lautet die Forderung WERKGERECHT. Wie wahrscheinlich jeder Opernfreund habe ich schon klassische Inszenierungen erlebt, die stink langweilig waren und moderne, die völlig gegen das Werk, seinen Charakter und seinen Geist verstoßen haben - ja diesen unzulässig umgedeutet und verfälscht haben. Die Provokation, die ein Regisseur erzielen will, darf nicht zum Selbstzweck werden. Die schreibende Zunft sollte bei gelungenen konservativen Regieleistungen nicht automatisch das Urteil fällen, "Dem Regisseur sei nichts eingefallen" und bei modernen Versuchen nicht sofort,"Kreuziget ihn" rufen. Gerade von den Fachleuten ist eine tiefgehende analytische Auseinadersetzung mit allen Regieformen gefordert. Gefährlich sind auch Modetrends. Plötzlich sind SS-Uniformen der letzte Schrei, der finale Todesschuß ist in, oder
    das neue Spielzeug der Regisseure sind Koffer, Koffer und nochmals Koffer. Das ist keine erneuernde Kreativität, sondern einfallslose Nachäfferei. Auch der gute Geschmack setzt Grenzen. Welche Einsichten bringt ein onanierender Mime, ein Hagen im Müll, alle Darsteller als verkleidete Affen oder kopulierende Paare ganz vorne am Bühnenrand, damit ja dier Voyeurismus bestimmter Zuschauer oder des Regisseurs selbst befriedigt werden kann. Ich glaube allerdings nicht, dass eine große Zahl von Opernbesuchern solche Auswüchse und Exzesse wünscht und goutiert. Damit siind wir bei einem nächsten Aspekt. Bei öffentlich subventionierten Theatern ist der Ankommenseffekt der Aufführung, die davon abhängige Auslastung des Hauses und die Einspielquote eine wichtige Meß- und Beurteilungsgröße. Teure Inszenierungen, die nach wenigen Vorstellungen wegen anhaltender Publikumsproteste abgesetzt werden müssen, sind Verschleuderung von Steurgeldern und damit ein Skandal, für den Regisseur und der Verantwortliche des Opernhauses zur Rechenschaft gezogen werden müßten.
    Weiterhin darf nicht unberücksichtig bleiben, dass unsere Hör- und Sehgewohnheiten sich durch die modernen Medien ändern. Ein Schlüsselerlebnis war für meine Frau und mich die völlig konträren Urteile über Katharina Wagners "Meistersinger-Inszenierung" bei den Bayreuther-Festspielen von uns und unseren Kindern. Wir fanden es hektisch und in Teilen übertrieben,also nicht gelungen, während unsere Jungen gerade vom Tempo und Schwung begeistert waren.
    Oscar Bie, der bedeutende Opernschriftsteller und Kritiker formulierte: "Die Oper, dieses unmögliche Kunstwerk wird leben und allen Schwierigkeiten zum Trotz weiter bestehen". Genau so wird und sollte es sein. Wir als engagierte Opernfreunde können dazu beitragen, in dem wir wie hier im Tamino-Forum diskutieren, unsere Meinung öffentlich kundtun und begründen ,warum uns eine Inszenierung gefällt, begeistert und berührt oder aus welchen Gründen wir sie scheußlich finden und ablehnen - egal ob diese nun klassisch oder modern ist - sie muss nur stimmig und überzeugend sein.
    Herzlichst
    Operus

    Umfassende Information - gebündelte Erfahrung - lebendige Diskussion- die ganze Welt der klassischen Musik - das ist Tamino!

  • Zitat

    Original von operus
    Teure Inszenierungen, die nach wenigen Vorstellungen wegen anhaltender Publikumsproteste abgesetzt werden müssen, sind Verschleuderung von Steurgeldern und damit ein Skandal, für den Regisseur und der Verantwortliche des Opernhauses zur Rechenschaft gezogen werden müßten.


    Lieber operus,


    mit einer solchen pekuniären Argumentation gerät man ganz schnell auf ein Glatteis, auf dem man böse ins Rutschen kommen kann. Sie lässt sich beispielsweise ebenso gut gegen die Aufführung von Werken einwenden, die nicht zum vom Publikum mehrheitlich nachgefragten Standardrepertoire gehören. Und letztlich wissen wir alle: jede Opernaufführung ist nur als subventionierte möglich, jede Opernaufführung kostet mehr, als sie an der Abendkasse einbringen kann. Wenn wir anfangen, über "Verschleuderung von Steuergeldern" zu reden, spielen wir den Feinden der subventionierten Kultur in die Hände. Die werden in den letzten Jahren immer stärker. Im Musiktheater ist es noch nicht so sehr zu merken, aber im Museensektor beispielsweise ist die Situation teilweise schon jetzt prekär. Solche Argumente, finde ich, sollten wir uns lieber verkneifen, wenn uns die Kunst lieb ist.


    Inhaltlich stimme ich im übrigen ziemlich mit dir überein - auch ich setze die Grenze lieber zwischen intelligenten und dämlichen Inszenierungen, zwischen erhellend und langweilig, als zwischen "modern" und "konservativ". Nichts ist verstaubter und blöder als das sinnlose Nachahmen von Regietheater-Konventionen der letzten 30 oder 40 Jahre, nichts öder als der tausendste uninspirierte Abklatsch eines Anna-Viebrockschen Warteraumes oder Westwoodscher Punk-Rokoko-Kostüme, ohne dass ein eigener Gedanke dahintersteckt.


    Grüße,
    Micha

  • Lieber Michael,


    danke für Deine Stellungnahme. Mit dem pekunieren Aspekt hast Du einen Punkt aus meiner Gesamtargumentation besonders beleuchtet. Dadurch wird er übergewichtet. M. E. kann jedoch nicht wegdiskutiert werden, dass der Erfolg, der Ankommenseffekt einer Produktion eine Rolle spielt. Natürlich muss auch dies immer im Rahmen eines ausgewogenen Gesamtspielplans gesehen werden. Ich war 45 Jahre lang Erster Vorsitzender des Heilbronner Sinfonie Orchesters und damit ständig mit Kulturämtern, Fraktionsvorsitzenden und sonstigen Entscheidern über offentliche Zuschüsse konfrontiert. Die ersten Fragen, die von nicht musischen Funktionären gestellt werden heißen:
    Wie hoch ist die Gesamtbesucherzahl, wie hoch das prozentuale Einspielergebnis, wieviel öffentlicher Zuschuss entfällt auf eine Eintrittskarte? Wenn es noch gut läuft kommt zusätzlich noch die Frage,wie hoch ist der Anteil junger Hörer? Bei den meisten Politikern zählt nur, welche Wählerschichten werden mit dem aufgewendten Geld befriedigt.
    Das muss nun nicht heißen, dass ein beliebiges, populistisches Programm gemacht wird. Wir haben jetzt am Sonntag, 8.2.09 ein Konzert mit zwei klassischen Sinfonien, Beethoven 2. Schubert 6. Sinfonie, dem Tzigane von Ravel und dann noch eine Uraufführung einer Auftragskomposition eines zeitgenössischen Komponisten. Eingepackt in die Klassiker wird auch die ausgefallenere Kost angenommen. Es ist also die große Kunst der Programmmacher, der Finanzverantwortlichen und der Marketingspezialisten eine Konzeption zu finden, bei der kultureller Auftrag, künstlerisches Wollen und Publikumserfolg in eine Balance gebracht wird. Wenn das gelingt, wenn ein Kulturveranstalter dadurch breiten Rückhalt in der Bevölkerung hat, dann ist das die beste Versicherung, um öffentliche Zuschüsse zu bekommen, zu erhalten und zu sichern.
    Herzlichst
    Operus

    Umfassende Information - gebündelte Erfahrung - lebendige Diskussion- die ganze Welt der klassischen Musik - das ist Tamino!

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