Ich möchte an dieser Stelle mal eine Lanze für die Deutsche Oper Berlin brechen. Sicher ist hier in der Vergangenheit einiges schief gelaufen. Den beiden anderen Häusern verzeiht man Fehler. Bei Pannen an der DOB heisst es sofort: "Schon wieder die DOB ..." Das ist nicht fair. Das Haus präsentiert die meisten interessanten Gäste und ist von den Besetzungen her wesentlich abwechslungsreicher als die Staatsoper. Man hat allerdings über Jahre hinweg versäumt, ein wirklich gutes Ensemble aufzubauen, mit dem man, wie die Staatsoper, viele Aufführungen besetzen kann. Auch Thielemann hat nichts zur Verbesserung dieses Umstandes beigetragen.Das Orchester der DOB muss offenbar gefordert werden, um grossartige Leistungen zu erbringen. Stehen gute Dirigenten wie Thielemann (ist ja noch nicht so lange her), Runnicles, Zedda oder Nelsons am Pult, erlebt man Aufführungen auf sehr hohem Orchester-Niveau.
Kritiker erleben die Opernhäuser oft nur bei Premiere oder bei wichtigen Gästen. Manche gute Repertoire-Aufführung bleibt dabei völlig unbeachtet. Dafür wird das Haus nach dem nächsten Premieren-Flop wieder niedergemacht. Sicher, muss sich die Leitung des Hauses an den Neuproduktionen messen lassen, aber eben nicht nur.
Beänstigend ist jedoch die Naivität, mit der man zu Werke geht. Für Germania 10 Aufführungen anzusetzen, die zum Teil sehr leer waren, spricht nicht gerade für eine realistische Einschätzung der Situation. Als Flop würde ich diese Produktion dennoch nicht bezeichnen. Da wird gerne das wiederholt, was alle sagen. Auch die Premieren-Besetzungen der nächsten Spielzeit sind leider so, dass man höchstens einmal reingeht, um die Produktion gesehen zu haben.
Christine Lemke-Matwey schreibt meiner Meinung nach recht populistisch und z. T. falsch. Im Tagesspiegel hat sie in ihrer Kritik behauptet, Manuela Uhl wäre von den eigenen Leuten in der GP ausgepfiffen worden und hätte das Handtuch geworfen. Richtig ist, dass sich nach ihren Arien keine Hand gerührt hat. Die Bohème-Produktion gehört zu den belibtesten Produktionen des Hauses und verbleibt hoffentlich noch lange im Repertoire. Zu den Gardroben-Frauen und den Türstehern möcht eich anmerken, dass hier leider viele bekannte Geischter, die mit Herzblut ihren Job gemacht haben, nicht mehr da sind und z. T. durch 1-Euro-Jobber ersetzt worden sind (und die sind nicht alle jung, eher im Gegenteil). Falsch ist übrigens auch die Aussage, José Cura hätte in Cavalleria gesungen. Das hat er im Bajazzo.
Ob Renato Palumbo die richtige Besetzung als GMD ist, wird sich in den nächsten Monaten zeigen. Die Rechnung, neue Stars machen zu wollen (die oft aus der Agentur kommen,die ihn vertritt), geht bisher nicht auf. Auch scheint seine Verpflichtung im Hinblick auf die Stückauswahl der Intendantin nicht gerade plausibel. Unstrittig ist sicher, das es einen ganzen Haufen ordentlicher Dirigenten gibt, die ihre Sache sicher nicht schlechter machen würden.
Dennoch lohnt der Weg in die DOB. Ich kenne übrigens Leute, die vielmehr die Staatsoper boykottieren. Selber schuld.