Nach dem Besuch der Vorstellung am letzten Sonntag weiß ich Alvianos plastischen Bericht erst richtig zu schätzen.
Und ich teile seine Begeisterung für Oper und Inszenierung!
Die Oper selbst erschließt sich mir erst durch die gesehene Vorstellung – allein mit der Musik konnte ich nach der von mir vom Radio mitgeschnittenen Aufnahme noch nicht allzu viel anfangen. Warum das so ist, wurde mir in der sehr guten Einführung klar, die das Theater anbot. Dort wurde nämlich dargelegt, dass die Musik Berlioz´ erzählend und nicht erklärend sei und sich nicht in den Vordergrund spiele. Insbesondere fehlen Leitmotive ( – das Gedächtnis hat also nichts zum „Festhalten“). Gleichwohl beeindruckt mich der Farbenreichtum dieser Musik sehr
Die sehr moderne Inszenierung ist wirklich nichts für erklärte „Staubis“, ich fand sie jedoch gerade wegen vieler abstrahierender Momente sehr plausibel. Gezeigt wird die Begegnung zweier Welten – Troja als archaische, organische Urzivilisation, die durch die technisierten Griechen zerstört wird, Karthago als hochzivilisierte, rational organisierte Welt, die durch einen kriegerischen Konflikt aus den Fugen gerät. Zentrale Figur ist nicht der Anti-Held Énée, sondern sind Cassandre und Didon, starke Frauen, die beide ihre Liebe nicht leben dürfen.
Die musikalische Umsetzung konnte insgesamt überzeugen und wurde vom Publikum mit Beifallsstürmen gefeiert.
Stimmlich wie darstellerisch großartig die Didon von Christiane Iven – Schwächen waren hier im Gegensatz zum Bericht von Alviano nicht (mehr?) zu hören.
Und auch bei Barbara Schneider-Hofstetter (Cassandre) vermute ich eine deutliche Steigerung gegenüber der Premierenvorstellung – persönlich beeindruckt hat mich die stimmliche Entwicklung dieser Sängerin, die ich vor etwa zehn Jahren in Passau als Alzira und Tosca erlebte.
Zum Énée von Ki-Chun Park teile ich Alvianos Ansicht, dass dieser Sänger sicher im italienischen spinto-Fach deutlich besser aufgehoben wäre, aber immerhin steht er die Partie achtbar durch, was leider auch nicht mehr selbstverständlich ist.
Besonders gefallen haben mir die Stimmen der Altistin Ceri Williams (Anna) und des Baritons Shigeo Ishino (Chorèbe), bei Roland Bracht (Narbal) hat mich dagegen der Ansatz zum Knödeln etwas irritiert.
Gute, homogene Leistungen des übrigen Ensembles und von Chor und Orchester.
Weil die Pausengestaltung hier schon Thema war: Überhaupt nicht störend empfand ich die beiden Pausen mit 50 bzw. 40 min Länge – ich habe allerdings auch die Zeit genutzt, das Haus zu verlassen – im nebenan gelegenen Landtagsrestaurant kann man in Ruhe das Erlebte nachklingen lassen.
Noch eine Anmerkung: die Vorstellung war als letzte „für dieser Spielzeit“ angekündigt – es besteht also berechtigte Hoffnung, dass diese sehens- und hörenswerte Inszenierung in die nächste Spielzeit übernommen wird.
Für mich persönlich war es zwar der erste, aber sicher nicht der letzte Opernabend mit Berlioz!
LG, Elisabeth