Kurznotizen aus den Opernhäusern!

  • Aleksandra Kurzak hat im letzten Sommer in Salzburg das "Ännchen" im Freischütz gesungen - als Rosina in Rossinis Barbiere kann ich mir sie eigentlich nicht vorstellen, da höre ich doch lieber eine Mezzo-Sopranistin oder eine Koleratur-Altistin.


    In Hamburg sah ich Aleksandra Kurzak als Marzelline im "Fidelio". Das ist aber auch schon ein paar Jahre her!


    LG


    :hello:

    Harald


    Freundschaft schließt man nicht, einen Freund erkennt man.
    (Vinícius de Moraes)

  • Kurznotiz zur Semele im Aalto-Theater, Essen


    Ein böses Spiel mit Anachronismen



    Ein übergroßes Bild des Turms zu Babel in der Bühnenmitte. Livrierte Diener decken die Tische und zünden Kerzen an. In barocker Pracht gekleidete Menschen schreiten herein, scherzen, tratschen, bewundern sich, während wir Opernbesucher zu ihreren Plätzen strömend. Auf ein kaum sichtbares Startzeichen geht's los, eine kurze Ouvertüre und wir sind mitten im Geschehen, in einer prunkvollen Hochzeitsfeier also, wie sie vor 250 Jahren wohl an einem fürstlichen Hof stattgefunden haben könnte.


    Leider will die Braut nicht so, wie Vater und Bräutigam wollen. Sie liebt jemand anderen, niemand geringeren als Jupiter himself. Spinnt die Braut? Offenbar nicht: Gewitter, Getrommel und der aufgeregte Bericht über eine Entführung durch einen riesigen Adler. Entsetzte Gesichter - als wenn die Barockmenschen daran noch geglaubt hätten!


    Aber das funktioniert in der Oper und wir lassen uns gern ein auf diese schönen Lügen, wenn sie nur gut gemacht sind. Und diese Semele ist gut gemacht! Wir glauben den wunderschönen Kostümen, wir glauben, dass es so ausgesehen haben könnte, damals, in der Barockzeit. Und wir glauben, dass dieser rot gewandete, einen angesengten Schal tragende Herr Jupiter sein könnte, der der etwas zickigen Semele verfallen ist. Agiert er doch so herrscherlich würdig wie auch "menschlich": leicht angenervt, dann wieder voller Zuneigung, dann von rührender, lächerlicher Hilflosigkeit. Einmal verspotten wir ihn gar beim Zusehen, wenn er angestrengt hin- und herrennt um einen Trick angestrengt nachsucht: "I must with speed amuse her ", bis ihm endlich was einfällt, um Semele vom Nachdenken abzulenken.


    Und vor allem glauben wir beim Anschauen dieser Inszenierung, dass die Menschen "damals" keine Spur besser waren als die Heutigen. Dietrich Hilsdorf muss wohl keine gute Meinung von Menschen aller Zeiten haben: durch in edlen Kleiderhüllen scheint häufig das Schäbige im Menschen auf. Und wir erkennen uns wieder. Wenn im Schlussteil der inzwischen im Rollstuhl sitzende Vater der Semele sein reiches Mahl verzehrt und der Bettler an der rechten Bühnenecke Hundefutter schlecken muss, ist das kein lächerlicher Regieeinfall sondern ein Bild aus allen Zeiten: unserer Zeit mit dem krassen Gegensatz zwischen Arm und Reich, aber auch der von Händel - und wohl aller Zeiten.


    Im Programmheft werden die Inspirationsquellen der Inszenierung genannt, unter anderem "Barry Lyndon", der großartige Film des einzigartigen Stanley Kubrick. Das erklärt vielleicht, warum die Aufführung nicht eigentlich "spannend" war, der Autor einer online-Opernkritik beklagt bei aller Opulenz eine gewisse "Schwunglosigkeit".


    Nun ist Hilsdorf kein Kubrick, dem man ja auch gern "Schwunglosigkeit", einen "Mangel an Spannung zugunsten von Opulenz" nachsagte.
    Aber man muss bewundernd sagen: diese "Semele" (keine Oper, sondern von Händel als weltliche Komposition "in the manner of an oratorio" gedacht) war in Essen ausserordentlich "realistisch" gemacht. Hofmaler, edle Hunde, Prachtkleider, gebratener Fasan - alles da.
    Das Zusehen macht dermaßen Freude, so perfekt, echt wirkten die Menschen, ihre Bewegungen, die Choreographie aller Beteiligter, dass man sich nicht sattsehen kann.


    Ach ja: die Musik. Eigentlich war ich ja deswegen gekommen ...
    Nun ist der Dirigent des Abends, Jos van Veldhoven ein großer Kenner vor allem der barocken Musik. Was er auch in Essen wieder bewiesen hat. Sein (Chor-)Dirigat ist bewundernswürdig. Alles fließt, warm, weich, tänzerisch, edel. Im ZDF-Theaterkanal gab's letztens die Inszenierung von Robert Carsen in Zürich mit Cecilia Bartoli, die damals natürlich alle anderen Protagonisten an die Wand gesungen hat. Weltstars gab es in Essen nicht. Es ist also nicht fair, Cecilia Bartoli mit der Essener Semele, Christina Clark (kleine, schlanke, etwas dünne Stimme), zu vergleichen. Vielleicht war daher auch die Essener Musik weniger rau, etwas zahmer als unter William Christie in Zürich. Veldhovens Version war irgendwie aristokratischer, hatte etwas weniger Biß, passte aber wunderbar in diesen scheinbar so edlen Rahmen (der sich im Laufe der Inszenierung als ziemlich wurmstichig entpuppte).


    Ein Highlight: die Chöre. Semele enthält einige großartige Chorstellen, die hier höchst abwechslungsreich präsentiert werden. Mal an der Rampe (selten), mal seitlich, mal vom hinteren Bühnenteil, mal überraschend vom obersten Rang. Immer präzise agierend, den Text oft ironisch brechend. Beispielsweise im jubelnden Schlußchor "Happy shall we be, free from care", wenn mal wieder tüchtig über die Strenge geschlagen wird und der sowieso häufig verwendete Alkohol restlos in Strömen fließt. Hybris, Größenwahn, Egoismus, Armseligkeit also überall und dann die gewissenlosen Götter Jupiter (Uwe Stickert), dem der eigene Spaß am wichtigsten ist und seine betrogene Frau Juno (Barbara Kozelj: rachsüchtig, herzlos mit klarem Ausdruck), die lächelnd Semele in ihren Untergang treibt. Semeles Vater (Marcel Rosca mit kernigem, volltönenden Bass) auch kein Sympath, selbst Semeles bedenkliche Mengen Rotwein trinkendel Schwester (Marie-Helen Joël) Ino ist für den Athamas von Matthias Rexroth nicht gerade ein Lottogewinn.


    Die Oper Essen ist schon Klasse: sehr gute Sänger und Sängerinnen, das auf Barock getrimmte kleine Orchester hervorragend auf Zack und dann diese beeindruckende Regie. Alle Achtung, großer Beifall im vollbesetzten Haus!

    Beste Grüße!

  • Meine Lieblingsoper von Verdi, "Simon Boccanegra", steht momentan wieder auf dem Programm der WSO, in einer im Vergleich zur PR anno 2002 völlig neuen Besetzung. Anscheinend hat es niemand der Mühe wert gefunden, der Sängerriege Peter Steins klares und zumindest mich ästhetisch überzeugendes Regiekonzept nahe zu bringen, sodass im bekannten Bühnenbild überwiegend herumgestanden und großteils sehr schön gesungen wird. Immerhin, zumindest musikalisch kam ich also auf meine Rechnung, weshalb ich mich also bald auf das Hören beschränkte, was am Galeriestehplatz insofern leicht ist, als man sich nur auf die Stufe setzen muss, dann sieht man ohnehin fast nichts mehr vo der Bühne ;)
    Ich hörte also erstmals an der WSO Leo Nucci als Simone und fand bestätigt, was ich schon im Nucci-Thread geschrieben habe: Er gefällt mir erst jetzt im Herbst seiner Sängerkarriere so richtig gut! Auch als Simone fand er zu sehr innigen Tönen, aber auch die exponierten Lagen funktionieren noch, ohne dass es allzu angestrengt klingt, die große Ratsszene mit dem Ausbruch "Plebe! Patrizi!" gelang ihm sogar überzeugender als Hampson, der aber natürlich durch seine großartige Rolleninterpretation punktete. Bei ihm ging die Verfluchung Paolos wirklich unter die Haut, aber gerade in dieser Szene scheint man Peter Steins Regieanweisungen nun völlig zu ignorieren. Aber Nucci wirkte nicht nur hier seltsam unbeteiligt, die übliche 100%ige Identifikation mit der Rolle (wie z.B. beim Rigoletto) vermisste ich diesmal bei ihm.
    Mehr als Leo Nucci beeindruckte mich Giacomo Prestia als Fiesco, der mit prächtigem Stimmmaterial auftrumpfte und sich als Einziger auch um Gestaltung bemühte, ein ziemlich einsames Unterfangen allerdings. Alleine seine voll tönende Tiefe beim Schlusston von "Maria, prega per me!" sichert ihm in meinen Ohren den "Sieg" über seinen Rollenvorgänger Ferruccio Furlanetto.
    Gabriele Adorno wurde von Mario Malagnini gesungen, und es ging mir wie immer bei diesem Sänger: Ich kann ihm absolut nichts vorwerfen, er bewältigte diese Partie problemlos (problemloser als seine Vorgänger), auch sein Timbre ist alles andere als hässlich, und trotzdem ließ er mich wie immer völlig kalt.
    Wirklich unzufrieden war ich mit Ejiro Kai als Paolo, der es weder stimmlich noch als Persönlichkeit mit Boaz Daniel aufnehmen kann und in jeder Beziehung blass blieb. Schade, denn gerade die Simone-Fiesco-Paolo-Szenen zählen zu meinen liebsten in dieser Oper.
    Bleibt noch Ruxandra Briban, die zum ersten Mal als Amelia auf der Bühne der WSO stand und sich mit Anstand aus der Affäre zog. Das klingt nicht besonders begeistert, und das war ich ehrlich gesagt auch nicht. (Im Unterschied zu einigen Kritikern, denn meine Stehplatznachbarin meinte, sie hätte ausgezeichnete Kritiken bekommen und müsse daher gut sein....) Für mich bot Briban eine gute, solide Leistung, aber nicht mehr.
    Mehr als solide hingegen Yves Abel am Pult, der mit den Philis offensichtlich gut kann, wie man schon bei seiner Fille-Serie gesehen hat.
    Unter dem Strich war es also eine musikalisch sehr schöne, szenisch hingegen langweilige Aufführung, sodass ich mich am Samstag der Radioübertragung (auf Ö1) widmen kann, ohne das Gefühl zu haben, dass mir die Optik dazu fehlt.
    lg Severina :hello:

  • Spannende Premiere in Aachen: Salome von Richard Strauss


    Mein Live-Eindruck von der Premiere: Einfach hervorragend! Besonders beeindruckt haben die Gäste, Anne Lünenbürger als Salome vor allem. Eine Stimme von hoher Strahlkraft, ihre grausige Forderung nach dem Kopf des Propheten hatte Gruselcharakter - leise und immer nachdrücklicher vortragend bis hin zur Explosivität. Souverän in jeder Situation.
    Hubert Delamboye: klar intonierend, volltönend, dabei absolut textverständlich.


    Positiv überraschte der Aachener Neuzugang Bastiaan Everink mit standfest und unerschütterlichem Bariton als der von seiner Botschaft überzeugter Jochanaan.


    Die Aachener Symphoniker schließlich mit reichlich Emphase, sehr druckvoll. Dass dabei die Sänger nicht zugedeckt wurden, ist erneut Marcus Bosch zu verdanken, der immer weiss, wann die Lautstärke den Sängern gefährlich werden kann und der jederzeit die heikle Balance im Griff hat.


    Sehr langer, begeisterter Beifall auch für das Regieteam um Reinhild Hoffmann und Dieter Hacker, die in einem ganz einfachen Bühnenaufbau mit dunkel-hell-Kontrasten starke Szenen schufen.



    Und das Besondere: die Premiere live im Internet auf "myclassicworld.com"


    Eine Idee, allen Lobes wert, die Aufführung per Livestream ins Internet zu senden.
    Und es hat funktioniert! Das heißt: technisch wars noch stark mängelbehaftet. Der Server war überlastet, das Bild ruckelte, die Auflösung war nicht besonders.
    Dagegen waren Bildgestaltung und -perspektiven, Überblendungen etc. sehr gut.


    Bis heute abend kann die Aufzeichnung noch angeschaut werden. Lt. Website wurden über 4.000 Zuschauer gezählt. Ich meine, wenn der Stream ruckelfreier funktioniert hätte, wären es gewiß viel mehr gewesen. Aber immerhin: ein tolles Projekt. Es ist zu hoffen, dass noch mehr kleinere Opernhäuser sich dieser Idee anschließen werden.

    Beste Grüße!

  • Mit gemischten Gefühlen verließ ich die 5. Aufführung des neuen „Faust“. Einerseits war ich von der Klangschönheit des Staatsopernorchesters unter Bertrand de Billy überwältigt, von der Leistung des Staatsopernchors, der von Thomas Lang einstudiert wurde. Andererseits fehlten doch einige Puzzleteile, um den Abend wirklich „groß“ werden zu lassen.


    Doch der Reihe nach.


    Wie schon von anderen Rezensenten angesprochen, bleibt die Inszenierung nur Stückwerk. Fast hatte man das Gefühl, dass Kristina Siegel aus Pietätsgründen die vom verstorbenen Andreas Reinhardt angefertigten Entwürfe nicht weiter verfolgt hat, sondern ein „Work in Progress“ auf die Bühne gestellt hat. Den gleichen Eindruck hatte ich auch von der Inszenierung (Stéphane Roche), die auf dem szenischen Konzept von Nicolas Joel aufgebaut war. Insofern ist dieser „Faust“ absolut repertoiretauglich, da die Sänger mehr oder weniger auf sich selbst gestellt sind – eine Entwicklung oder tiefere Charakterisierung der einzelnen Figuren bleibt rudimentär und jedem einzelnen Akteur überlassen. Dies funktioniert bei so begnadeten Singschauspielern wir Adrian Eröd, scheitert aber bei Sängern wie Angela Gheorghiu, die außer Standard-Operngesten im schlimmsten Sinne nichts weiter zu bieten hat.


    Und die Szene der Walpurgisnacht war überhaupt verschenkt. Positiv anzumerken ist, dass – sicherlich auch zu erwarten bei einer Produktion mit Gheorghiu/Alagna – die Kostüme wirklich nett anzuschauen waren (von der Geschmacksverirrung mit dem T-Shirt mit gefaktem Brusthaar für den Méphistophélès einmal abgesehen).


    Die sängerischen Leistungen waren leider im Schnitt nicht der Brillianz des Orchesters und Chores gleichzusetzen. Da beginne ich mit dem Star des Abends, was den Schlussapplaus und den Applaus nach seiner Arie betrifft – Adrian Eröd. Über all die Jahre hat er sich zum absoluten Publikumsliebling der Wiener gemausert und er vermag es, auch kleinere Rollen zu veredeln. Sein Valentin war glaubhaft dargestellt und gesungen. Besonders augenscheinlich war seine Sterbeszene – der einzige Mensch aus Fleisch und Blut auf der Bühne schied da dahin, während neben ihm puppenhaft händeringend die Gheorghiu eigentlich nur noch peinlich wirkte.


    In kleineren Rollen erfüllte Janina Baechle (Marthe) ihren Auftritt mit Bravour, weniger beeindruckt war ich dieses Mal von Dan Paul Dumitrescu (Wagner). Auch Sophie Marriley, die als Siébel debütierte (und durch das Streichen einer ganzen Szene einiges von ihrer Gesamtrolle verloren hat), blieb eher blässlich.


    Dass Kwangchul Youn nicht unbedingt als „schwarzer“ Bass zu bezeichnen ist, wusste man schon, als man ihn für diese Produktion engagierte. Einerseits kommt sein lyrischer Stil der französischen Oper sicherlich entgegen, doch wenn man jemanden darstellen soll, der das Böse und die Versuchung verkörpern soll – ja dann kann man nicht ganz glücklich mit dieser Besetzung sein. Allerdings war Youn’s Auftritt im Rahmen seiner Möglichkeiten sehr gut. Das ist wieder so ein Fall, dass das Nachtrauern an vergangene Zeiten und Besetzungsmöglichkeiten nicht weiter hilft – wo bleiben die „schwarzen“ Bässe der Gegenwart??


    Nach seiner eher durchwachsenen Manon-Serie hat Roberto Alagna mit seinem Auftritt als Faust seine Fans wieder teilweise entschädigen können, allerdings mit Einschränkungen. Im 1.Akt war er stimmlich auf der Höhe, doch kann man nicht abstreiten, dass teilweise falsch ausgesuchte Partien seine Stimme doch beeinträchtigt haben. Er hatte alle Spitzentöne vorrätig (teilweise forcierte er da gewaltig), doch der Übergang von Brust- zu Kopfstimme war immer recht „holprig“. Ich hatte jedes Mal das Gefühl, dass er immer wieder stimmlich kollabieren könnte, was den Genuss doch beeinträchtigte. Mit Fortdauer des Abends konnte ich teilweise eine stimmliche Ermüdung feststellen.


    Bleibt noch Angela Gheorghiu übrig. Was sie auf der Bühne verkörperte, war ungefähr so von Fleisch und Blut wie die Gipsstatue am Stimmrad, die Faust in der 1.Szene zu sehen bekommt. Künstlich von den Haaren bis zu den Zehenspitzen scheint sie vor allem eine Person zu lieben, nämlich sich selbst. Das kam auch bei den Szenen mit Alagna zum Vorschein – wenn in einer Beziehung zwei Menschen die gleiche Person lieben (in diesem Fall Gheorgiu), dann fehlt einfach das „gewisse Etwas“, was man z.B. zwischen Villazon und Netrebko spürt… Gesanglich war im Prinzip nichts auszusetzen – schöne Piani beeindruckten, auch ihr Stimmvolumen ist der Partie entsprechend. Aber alles leblos und kalkuliert.


    Trotz aller Kritik finde ich, dass man der Produktion eine Chance geben sollte, doch die Qualität der Aufführungen wird im hohen Maße von der musikalischen Leitung und von Singschauspielern abhängen – weil - wie oben besprochen – weder Szenerie noch Personenführung sehr hilfreich sein werden.

    Hear Me Roar!

  • Ich sah den Faust nur in der Premiere, solche ja immer schwieriger zu beurteilen sind als die Folgeabende. Ich habe mich wirklich selten so gelangweilt. Spannend wie ein Weinbergschnecken-Rennen - wäre nicht das exzellente Dirigat von Betrand de Billy und der ausgezeichnete Adrian Eröd als Valentin gewesen, aber sonst bleibt nur die Hoffnung auf die Reprise im Frühjahr (die nicht vorhandene Inszenierung wird leider bis dahin aber auch nicht anders ausschauen). Ein Mephistopheles ist nach Ramey für mich immer schwierig ohne unfair vergleichend zu werten, aber so fad wie diesmal wars (trotz der an sich schönen Stimme von Youn) schon lang nicht. Das oben genannte Brusttoupee tröstet nicht wirklich. Alagna ist Geschmackssache - seine Frau nicht. Da ist viel grosse Selbstinszenierung mit ausserordentlich sparsamem Stimmeinsatz gepaart, als Diva weiss sie aber natürlich an welchen Stellen sie Effekt machen kann. Der Umstand, dass sie ein geplantes Fernsehinterview zur Premiere platzen ließ nur weil in der gleichen Sendung über den Boheme Film mit Villazon/Netrebko berichtet wurde, macht sie für mich auch nicht wirklich zum Sympathieträger :no:


    LG
    Isis

  • Zugegeben, ich kannte die Oper bisher nur in Form des Arien-Hits "Nessun Dorma". Die Deutsche Oper Berlin brachte nun eine Neuinszenierung heraus, über die die Kritik sich gespalten äußerte. Musik hui - Regie pfui (Regisseur: Lorenzo Fiorini). Das machte mich neugierig und so besuchte ich vor wenigen Tagen eine Aufführung.


    Zusammengefasstes Fazit: Hörenswert, nicht unbedingt aber sehenswert. Auf keinen Fall langweilig! Die Musik ist wirklich großartig, besonders beeindruckte mich der Chor, der gewaltiges leistete. Nicht umsonst wurde er unlängst in der jährlichen Kritikerumfrage der Zeitschrift Opernwelt als "Chor des Jahres" geehrt. Von den Sängern gefiel mir am besten der Kalaf, verkörpert durch den Tenor Mario Berti. Natürlich brillierte er in der genannten Arie, die mächtig Szenenbeifall bekam, aber auch sonst überzeugte er musikalisch sehr. Die Rolle der Turandot war mit der Sopranistin Lise Lindstom besetzt, die etwas weniger zu tun hatte, aber auch stimmlich begeistern konnte. Die anderen Rollen fielen eigentlich kaum ab.


    Von der Szenerie hatte ich ja nicht viel erwartet. Auf der Bühne eine Ansammlung von Stuhlreihen, für das sensationsgeile Publikum, das den Hinrichtungen beiwohnte. Im Hintergrund eine Wand mit einer offenen Luke: Die Loge für die Ehrengäste um den senil wirkenden Kaiser (Peter Maus). Im dritten Akt dominiert ein Kindertisch in der Mitte, an dem die Protagonisten, Turandot und Kalaf, Platz nehmen zum gemeinsamen Rätselraten, das wider Erwarten der Kandidat gewinnt. Beide erklären nun ihre Zuneigung, Kalaf (in seinem Habitus erinnerte er an Paul Potts) ersticht im Vorbeigehn seinen Vater und beide ziehen mit Messern bewaffnet los um ihre Gewaltphantasien auszuleben.


    Sehr freundlicher und verdienter Beifall für die Akteure einschließlich des gut disponierten Dirigenten Pinchas Steinberg.

    Wenn schon nicht HIP, dann wenigstens TOP

  • Hallo,
    man sollte Dir zugestehen noch nicht viel Turandots gesehen und gehört zu haben.
    Aber Marco Berti als Calaf und Lise Lindtröm als Turandot.nee danke.
    Über die Inszenierung sprechen wir lieber nicht.


    Wenn Paul Potts dann die Leutein die Opernhäuser bringt,hat das wenigstens etwas gebracht.
    Mehr aber auch nicht!


    Rita

  • War am Sonntag in Lohengrin in der WSO. Die Karte hab ich mir gekauft, weil ich Robert Dean Smith sehen bzw. hören wollte. Er hat mir anläßlich der Kino-Übertragung des MET-Tristans im März ja so toll gefallen.
    Insgesamt kam ich so zu einem eigentlich sehr erbaulichen Opernabend.
    Mein "Liebling" hat nahezu gehalten, was ich erhofft. Nahezu: Im ersten Akt war er sogar mir etwas zu lyrisch, zu wenig heldisch. Brautgemach, Gralserzählung und Abschied jedoch wunderschön - ich war ganz glücklich. Mag aber nach wie vor sehr persönlicher Eindruck sein. Die Botha-Fans rümpfen alle die Nase über diese meine Meinung. Nun ich kann nix machen, den Botha begreif ich nur im Kopf, der sagt dann "Toll, er singt aber schön". Den Smith hingegen irgendwie mit dem Herzen und er singt ja objektiv wirklich wunderschön (die typischen Wagner-Brülltüten mach ich sowieso nicht), mit viel Ausdruckskraft und er SINGT an vielen Stellen, die man auch als Sprechgesang schon gehört hat.
    Camilla Nylund war Elsa. Eine glasklare sehr gerade Stimme. Auch eigentlich sehr lyrisch für die Elsa - so gesehen haben die zwei zusammen gepaßt. Nur dass sie ganz im Gegensatz zu ihm eher sehr kühl und manchmal fast steril klingt.
    Falk Struckmann als Telramund. Nun schön muß Telramund ja nicht singen. So gesehen ein lebendiger Theaterauftritt und insgesamt eine gute Leistung.
    Eine Dame namens Lioba Braun war Ortrud. Mir ganz neu. Manchmal etwas unsauber in den Tönen aber nicht übel.
    Anstatt den von mir sehr geschätzten Markus Eiche war Herr Morten Frank Larsen der Heerrufer. Naja. Eine laute Stimme hat er ja.
    Nochmals speziell negativ aufgefallen ist mir Ain Anger. Daland hab ich ihm noch irgendwie verziehen - aber König Heinrich... Für mich ist das Königsgebet eine der Höhepunkte des Abends und fiel diesmal recht armselig aus. (Der ist ja im neuen Onegin als Gremin angesetzt. Ich hab in Berlin René Pape gehört und weiß schon wo ich nicht hingeh.)
    Supertoll drauf die Philharmoniker unter dem irgendwie recht "knallig" interpretierenden Leif Segerstam. Wunderbar auch der Chor - wobei im Lohengrin ja die Chorszenen einfach überhaupt herrlich sind (da mein ich jetzt nicht den Hochzeitschor).
    Anektote am Ende, wobei man wissen muss, dass in der verblödeten Inszenierung viel Unfug aber kein Schwan vorkommt: Robert Dean Smith kommt zum ersten Solovorhang heraus und ein Stofftier fliegt ihm aus der Proszeniumloge zu Füßen. Ein Bärli? Es gibt verrücktere Fans als mich? Nein!! Es ist ein SCHWAN!!! Köstlich! Endlich hatte Lohengrin einen Schwan, den er dann auch die restlichen Vorhänge - fröhlich grinsend - wie Hans im Glück die Gans unterm Arm hielt!