DONIZETTI, Gaetano: DON PASQUALE-Kritiken

  • Hallo!!


    Ich möchte euch nun eine recht gute Aufnahme von Donizettis Buffo-Meisterwerk „Don Pasquale“ vorstellen:



    Don Pasquale Ewgenij Nesterenko
    Dottore Malatesta Bernd Weikl
    Norina Lucia Popp
    Ernesto Francisco Araiza
    Un Notaio Peter Lika


    Chor des Bayrischen Rundfunks
    Einstudierung Josef Schmidhuber
    Das Münchner Rundfunkorchester
    Dirigent Heinz Wallberg


    Aufnahmejahr: 1979


    „Eine merkwürdige, anbetungwürdige Musik“
    (Hans von Bülow über den Don Pasquale)


    Diesem Urteil kann ich mich nur anschließen. Die Musik des Don Pasquale stellt jede andere Buffo-Oper um längen in den Schatten. Die Komik und die Leichtigkeit dieser Musik sind einzigartig im Opera buffa Bereich.


    Die Oper hat kaum längen und strotzt nur so von magischen Momenten:
    „Povero Ernesto“, die Arie des Ernesto im zweiten Akt
    „Cheti, cheti immagninente“, das große Buffoduett im 3.Akt
    um nur die bekannten zu nennen.


    Es gibt keine Längen, außer vielleicht das ein oder andere Rezitativ, aber das wars schon. Wann immer Musik erklingt ist man verzaubert und hingerissen.


    Das liegt in dieser Aufnahme in erster Linie an dem ausgewogenen Ensemble und der Stimmgewalt der Protagonisten.


    Nesterenko, der russische Charakterbass, verkörpert einen kraftvollen und dämlich-naiven Pasquale, wie er gehört. Doch es gibt bessere, vor allem die italienischen Buffosänger, beherrschen es besser, doch Nesterenko beeindruckt mich vor allem durch die Kraft seiner Stimme.


    Weikl, der Allroundbariton gibt einen souveränen und hinterfotzigen Malatesta, der perfekt mit Nesterenko harmoniert, schließlich geht es ja doch nicht so schnell wie üblich, aber dazu später mehr.


    Araiza, der Ernesto dieser Aufnahme, gibt eine tolle Vorstellung ab. Seine großen Arien singt er sehr gefühlvoll und beeindruckt durch ein sehr langes fedeeeeeeeeeeeeeeeel in der „Povero Ernesto..“ Arie. Sein angenehmes Timbre, das ich sehr mag, tut das übrige dazu, dass man seinen Ernesto so mag.


    Lucia Popp, die ich bisher nur aus deutschen Opern von Lortzing kannte, liefert eine gefühlvolle liebende Norina und eine giftige Sofronia ab. Sie ist das Highlight dieser Aufnahme.



    Wenn man die Kritik bis hierher liest, meint man die Aufnahme hat keine Schwächen. Aber die hat sie:


    DEN DIRIGENTEN


    Heinz Wallberg, der das Orchester zwar gut führt, doch die alberne, ausgelassene Musik sehr gebremst spielen lässt. Er nimmt die Tempi teilweise heraus, wo es gar nicht sein müsste. Aber gottseidank ist die Musik oft so albern, dass es dem ernsthaften Dirigat Wallbergs nicht gelingt sie ernst klingen zu lassen.


    Er versucht hier den Don Pasquale nicht mehr witzig klingen zu lassen, aber es gelingt ihm nicht.
    Die Komik in Donizettis Musik triumphiert hier über den langweiligen Dirigentenansatz!
    Gut so!


    Wallbergs Donizettiaufnahmen klingen leider alle so, doch der Don Pasquale ist durch das gute Ensemble noch sehr gut anzuhören.
    Den Liebestrank, den er drei Jahre später mit beinahe demselben Ensemble aufnahm, hat er durch sein ernsthaftes Dirigat aber total entstellt. Aber dazu irgendwann anders mehr!


    Der Don Pasquale ist eine absolute Meisterleistung Donizettis im Allgemeinen und des Ensembles dieser Aufnahme im Speziellen.
    Aber den Dirigenten würde ich hier ignorieren und als Störenfried bezeichnen.


    Er versucht, teilweise macht es den Eindruck er macht es mutwillig, die Komödie wie eine fade Tragödie zu sehen. Teilweise zum Abgewöhnen!!!


    Fazit: Eine solide Aufnahme, die von einem tollen Ensemble getragen wird, aber durch den Dirigenten viel an seinem Witz und seiner Spritzigkeit verliert!


    Wird euch gefallen, wenn ihr wert auf ein gut eingespieltes Ensemble legt und von Buffoopern begeistert seid.


    Wird euch nicht gefallen, wenn ihr schon mehrere italienische Aufnahmen des Don Pasquale gehört habt.


    LG joschi


  • Naxos hat diese DVD herausgebracht. Bei der Produktion der Wiener Staatsoper in deutscher Sprache handelt sich sich um eine Reiseproduktion für die Arbeiterkammer, die gesetzliche Vertretung der Arbeitnehmer in Österreich, welche 1977 in mehrere Provinzsädte führte. Damit sollte auch jenen Opernfreunden Gelegenheit zu einem Opernbesuch gegeben werden, die nicht so oft oder gar nicht in die Hauptstadt kamen. Entgegen dem Foto auf dem Cover ist der Film selbst in Farbe produziert worden und noch heute sehr gut anzuschauen. Ich hatte große Freude an die Aufführung.:)


    Ich hatte die DVD auch im Opernführer angezeigt. Da dort aber nicht diskutiert werden soll, komme ich hier darauf zurück. Eine Reiseproduktion für die Arbeiterkammer also! Gibt es soetwas noch? War das damals eine einmalige Sache? Wer von unserer österreichischen Freunden weiß dazu mehr? Mich würde das sehr interessieren.

    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent

  • Lieber Rüdiger,


    es gab bis Ende der 1970er zahlreiche Produktionen, die von der Arbeiterkammer gesponsert wurden und mit kleinem Orchester und sparsamen Dekorationen durch Österreich getourt sind. Heute gibt es so etwas leider nicht mehr.

    (Ich kann mich an Barbier, Traviata und Don Pasquale erinnern. Es soll auch einen Waffenschmied gegeben haben.)


    Erich

  • Lieber Erich, danke für die Informationen. Auch ich kann der Idee dieser Touren viel abgewinnen. Und den großen Häusern würde gewiss keine Perle aus der Krone fallen, wenn sie mal mit solchen Wanderproduktionen auch heute noch über Land fahren würden zu den Menschen, die auch für sie aufkommen.

    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent