Was ist eigentlich Musik?


  • Holger, sei mir nicht böse, für mich sieht das nach einem der üblichen Rundumschlag-Grundsatzdiskussionen aus, die hier von Zeit zu Zeit unter immer wieder neuen Titeln aufbrechen. Das haben wir alles schon 1000x durchgekaut.


    Deine Lieblingsepochen sind Romantik und Spätromantik, also - etwas salopp formuliert - weitgehend typisches Bildungsbürgerrepertoire wie Mahler, Brahms, Tschaikowskij, Wagner etcpp... :pfeif:


    Deine Formulierung klingt mir sehr nach unreflektierter Verurteilung, frei nach dem Motto:" Alles, was mir nicht gefällt, ist keine Musik, vor allem nach 1945". Henze, Boulez und Stockhausen in einen Topf zu werfen, ist - sorry - nicht nur falsch, sondern ganz einfach unqualifiziert. :faint:


    Was hast Du überhaupt schon ohne Vorverurteilung an moderner Musik nach sagen wir 1920 gehört? Hindemith? Varese? Messiaen? Vaughan-Williams? Britten? Schostakowitsch? Feldman? Schaeffer? Hosokawa? Pärt? Kancheli? Sibelius? Toch? Usvolskaya? Schnittke? Bernstein? Lachenmann? Scelsi? Sciarino? Rihm? Reimann? Milhaud? Jolivet? Grisey? Vivier? Reich? Glass? Nono?


    Was ist denn zB mit Palestrina? Dowland? Ward? Monteverdi? Gesualdo? Perotin? de la Rue? Merulo? Senfl? Schütz? Fasch? Rameau? Charpentier? Victoria? Wie weit geht dein Musikgeschmack in diese Richtung, bis die Musik für Dich wieder zu fremdartig klingt, um noch "richtige" Musik zu sein?


    Eine solche Diskussion ist schön und gut. Jeder hat das Recht, Fragen zu stellen, dafür ist das Forum da. Der Ausgangsbeitrag sollte aber erkennen lassen, daß sich der Themenstarter ein paar tiefere Gedanken gemacht hat als "Henze, Boulez und Stockhausen sind :baeh01: doof ".


    Ich finde es auch nicht so überzeugend, so zu tun, als gehe es bei der Diskussion um die Definition von Musik. In Wirklichkeit geht es um Deinen Musikgeschmack, d.h., letzten Endes willst Du die Bestätigung, daß Henze, Stockhausen und Co. keine Musik sind, sondern nur Brahms, Mahler und Genossen...


    Und nein, ich mag weder Boulez (als Dirigent schon) noch Stockhausen. Mahler, Bruckner, Brahms und Tschaikowsky aber auch nicht 8)


    Deine Frage nach den Hubschraubern beantworte ich mit einer Gegenfrage: Woher nimmst Du das Recht, einem Komponisten die Einbeziehung von Hubschraubern in ein Streichquartett zu verweigern? :beatnik:

  • Das Helikopterquartett ist Teil eines umfangreichen Werkes, der 7-teiligen Licht-Oper Stockhausens, sollte also nicht isoliert betrachtet werden. Es müßte vielmehr im Zusammenhang von Stockhausens Gesamtkunstwerk diskutiert werden. Es ist natürlich kein Kammermusikwerk und nicht mit solchen Erwartungen zu hören.


    Innerhalb der mythologischen "Story", die Stockhausen in seiner Oper entwirft, macht es durchaus Sinn. Das kann ich anerkennen, auch wenn ich es auch nicht gerade zu den stärksten Stellen dieses Mammutwerks rechne und mit Stockhausens New Age geprägtem Mythologisieren auch wenig anfangen kann. Musikalisch gibt es in der Licht-Oper für mich allerding viele andere hochinteressante Momente, insbesondere im "Donnerstag" und "Samstag" aus "Licht".


    Übrigens hat die gezielte musikalische Einbeziehung von Alltagsgeräuschen eine lange Tradition. Da finde ich das Helikopterquartett vergleichsweise langweilig. Man hört halt, recht wohlabgeschmeckt, mit Ausnahme von Start und Landung gleichmäßige Rotorengeräusche, wie ein gleichbleibender Rhythmus. Das hat etwas Ambient-Music- haftes. Die Streicherstimmen sind verhältnismäßig wenig komplex, gemessen an Stockhausens starken, vor allem älteren Werken, wie "Gruppen", "Carré", "Kreuzspiel", wohl um sie am Mischpult auch live noch synchronisieren zu können.
    Dass ich also diesen Abschnitt von Licht auch nicht soo gelungen finde, grenzt es nicht aus "der" Musik aus, sondern macht es eben nur zu nicht so gelungener Musik.


    Ich bin jetzt bewußt beim konkreten Ausgangsbeispiel geblieben. Wenn man sich nicht nur wieder Meinungen gegenseitig an den Kopf werfen will, müßte man über ästhetische Konzepte diskutieren. Dann kann man auch zu dem Ergebnis kommen, dass einen ein ästhetisches Konzept aus bestimmbaren Gründen nicht überzeugt, aber, immanent betrachtet, etwas diesem Konzept entsprechesndes, nicht völliger, musikferner Unsinn ist.


    :hello: Matthias

  • Zitat

    Original von Johannes Roehl


    Deswegen heißt es ja auch Helikopterquartett! Wie beim Forellenquintett! ;)


    Aber immerhin bleibt die Forelle die ganze Zeit still. :beatnik:


    Viele Grüße

  • Auf youtube gibt es einen Clip mit einem Ausschnitt aus dem HelikopterQ mit den Ardittis. Mich läßt die Musik allerdings kalt.


    Wenn ich Hubschrauber in Kombination mit Musik haben will, lege ich "Apocalypse Now" in den DVD-Player 8)

  • Robert Stuhr schrieb :


    Zitat

    Ich finde es auch nicht so überzeugend, so zu tun, als gehe es bei der Diskussion um die Definition von Musik. In Wirklichkeit geht es um Deinen Musikgeschmack, d.h., letzten Endes willst Du die Bestätigung, daß Henze, Stockhausen und Co. keine Musik sind, sondern nur Brahms, Mahler und Genossen...


    Diese Bestätigung will ich definitiv nicht.
    Mich würde interresieren wie man das ganze in musikalische Verbindung bringt.


    Zitat

    Deine Frage nach den Hubschraubern beantworte ich mit einer Gegenfrage: Woher nimmst Du das Recht, einem Komponisten die Einbeziehung von Hubschraubern in ein Streichquartett zu verweigern?


    Das recht nehme ich mir gar nicht.
    Ich Hinterfrage es lediglich !


    Gruss
    Holger

    "Es ist nicht schwer zu komponieren.
    Aber es ist fabelhaft schwer, die überflüssigen Noten unter den Tisch fallen zu lassen"
    Johannes Brahms

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  • Lieber Robert,


    so aggressiv empfand ich Holgers Posting gar nicht. Und Vorsicht! Warst Du es nicht, der John Cage partout nicht als Komponisten bezeichnen wollte? ;)


    Eingedenk eines Werkes wie 4'33 sehe ich die Frage, was Musik eigentlich ausmache, als nachvollziehbar und durchaus gerechtfertigt an.


    Ich glaube nicht, daß Holgers Posting ein Rundumschlag gegen Musik des 20. Jhd darstellte - kann mir auch kaum vorstellen, daß er die Fantasia on Greensleeves, das Oboenkonzert und noch so manch anderes von Vaughan-Williams als "Nicht-Musik" bezeichnen würde.


    Was hat das mit Musik zu tun? Diese Frage wurde - darauf wies Edwin einst hin - schon häufig in der Geschichte der Musik gestellt.


    Aber in keinem Jahrhundert zuvor - man korrigiere mich, wenn ich mich irre - gab es derart viele, detaillierte Spielanweisungen seitens des Komponisten an die Interpreten. Oder eben umgekehrt: die Anweisungen auf ein Minimum reduziert: tacet - für 4 min. 33 sec ist die Musik das, was an Zufalssgeräuschen im Publikum entsteht.
    Daß hierbei jemand auf die Frage kommt, halte ich eigtl. nicht für unwissende Provokation.


    :hello:
    Wulf

  • Zitat

    Original von Wulf
    so aggressiv empfand ich Holgers Posting gar nicht. Und Vorsicht! Warst Du es nicht, der John Cage partout nicht als Komponisten bezeichnen wollte? ;)


    Aggressiv nicht, nur hatte ich sofort den Eindruck, als ob das wieder eine der üblichen Diskussionen wird, wo der Themenstarter nur Dampf ablassen und pauschal über moderne Musik herziehen will.


    Ich hätte es geschickter gefunden, wenn Holger mal erläutert hätte, was er an moderner Musik überhaupt jemals zu Ende gehört hat. Seine Antwort auf JRs Beitrag spricht nicht dafür, daß eine ernsthafte Auseinandersetzung erfolgt ist. Es sieht eher so aus, als wenn jemand von vornherein die Musik nur hört, um seine Ablehnung zu bestätigen. Sorry, aber wer Henze, Stockhausen und Boulez in dieser Form in einen Topf wirft, erweckt nicht gerade den Eindruck, als hätte er sich ernsthaft mit moderner Musik auseinandergesetzt. Meine Frage nach anderen Komponisten - in beide Richtungen - hat er auch nicht beantwortet.


    Zitat

    Original von Wulf
    Eingedenk eines Werkes wie 4'33 sehe ich die Frage, was Musik eigentlich ausmache, als nachvollziehbar und durchaus gerechtfertigt an.


    Die Frage ist berechtigt. Ich stelle sie mir auch bei so manchem Werk, zB. bei 4'33, aleatorischer Musik, musique concrete oder etlichen Werken elektronischer Musik, die ich in den letzten Wochen gehört habe. Nur habe ich nicht schon nach 5 Min die Brocken hingeschmissen, sondern die Werke zu Ende gehört. Und ich hätte im Eröffnungsbeitrag schon zu erkennen gegeben, daß ich mich mit der Problematik ernsthaft auseinandergesetzt habe.


    Die musique concrete ist auch so ein Fall. Als Filmmusik (Takemitsu, Die Frau in den Dünen) kann sie genial sein. Nur als Musik gehört, kann man sich in der Tat die Frage stellen, ob in der Aneinanderreihung zufälliger Geräusche und Töne noch ein Werk der Musik gesehen werden kann.



    PS: Ich glaube nicht, daß ich Cage in Anwendung meiner Komponisten-Dienstgradverordnung den Rang eines Komponisten absprechen würde. Immerhin gehört sein "In a Landscape" zu meine Unverzichtbaren. Aber ich habe oft erwähnt, daß ich seinen Einfluß auf andere Musiker und seine Bedeutung als Theoretiker für weit größer halte wie sein Talent als Komponist.


    Ob seine Werke Musik sind, kann ich offen lassen, denn selbst wenn sie es sind, sind sie jedenfalls langweilige Musik 8)

  • Hallo!


    Zitat

    Original von Zwielicht
    Vgl. dazu auch diesen Thread:


    Was ist eigentlich Musik?


    Kann man das nicht zusammenlegen?


    Ist hiermit geschehen. J. R. II


    Ich verstehe nicht, warum das immer wieder neu diskutiert werden muß. Einigkeit gibts doch eh nie.


    Die Frage beantwortet am besten jeder sich selbst.


    Viele Grüße,
    Pius.


  • Da bist Du aber eine der Wenigen (die Cage mehr Einflusspotenzial als Talent zusprechen). Cage gehört doch zu dem Aufregendsten, was das 20. Jhd. zu bieten hat. Hör Dir mal die Sonatas & Interludes fpr prepared pianoan. Was daran langweilig ist, erschließt sich mir nicht.
    Musik in meinen Ohren (so viel zur Ausgangsfrage). Und was für welche!!


    :hello:
    Wulf

  • Nun, ich denke, da wird man bis zum jüngsten Tag diskutieren können, ohne auch nur annähernd eine Einigung zu erzielen. Denn wie heißt es so schön:
    "Was dem Einen die Eule, dass ist dem Andren die Nachtigall!" :pfeif:


    Abgesehen davon machen ja gerade erst die vielfältigen Interpretationsmöglichkeiten in der Musik, so wie auch in allen anderen Kunstsparten, die Kunst für uns so interessant!
    Und obwohl ich mich wahrhaftig nicht für jede Form der Kunst begeistern kann, toleriere ich aber diese selbstverständlich ohne Vorbehalte. :yes:


    Mit adventlichen Grüßen,
    diotima. :hello:

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  • Musik ist die Sprache der Engel




    hab ich neulich noch irgendwo gelesen.


    Und im 20Jh fliegen Engel eben auch schonmal mit Helikoptern herum. Und ganz besonders engelhaft sind 4'33.
    Finde ich jedenfalls. :angel:


    Liebe Morgengrüsse zum 2. Advent


    Fairy Queen

  • Gestern war ich in einem Nachtkonzert in der Musikhochschule, Thema Messiaen. Es kam u. a. ein elektronisches Werk, das ca. 20 Minuten dauerte und bei dem ungefähr 10 verschiedene aufgenommene Geräusche immer wieder in verschiedenster Reihenfolge wiedergegeben wurden. Ein Geräusch war so laut (hat sich angehört wie ein überdrehtes Zusammenstoßen von zwei Holzsticks), dass es in den Ohren wehgetan hat.
    Die älteren Gäste, die vielleicht gekommen sind, um einmal ein Kulturangebot entgegenzunehmen, saßen während des Stückes nachdenklich im Saal und verzogen keine Miene. Der Applaus dauerte ca. 2 Sekunden. Sicher haben sie sich gefragt: "Ist das noch Musik?"
    Ich auch.

    "Das Große an der Musik von Richard Strauss ist, daß sie ein Argument darstellt und untermauert, das über alle Dogmen der Kunst - alle Fragen von Stil und Geschmack und Idiom -, über alle nichtigen, unfruchtbaren Voreingenommenheiten des Chronisten hinausgeht.Sie bietet uns das Beispiel eines Menschen, der seine eigene Zeit bereichert, indem er keiner angehört." - Glenn Gould

  • Hallo Rappy,


    von wem ist denn das elektronische Werk??


    @Lautsstärke: da zeichnete sich Dein Liebling Strauss aber auch nicht gerade durch vornehme Zurückhaltung aus. Und es gibt da noch ein paar andere Klassiker, wo es ob der hohen dB-Zahl in den Ohren weh tun könnte.


    :hello:
    Wulf

  • Robert Stuhr schrieb :



    Zitat

    Deine Formulierung klingt mir sehr nach unreflektierter Verurteilung, frei nach dem Motto:" Alles, was mir nicht gefällt, ist keine Musik, vor allem nach 1945". Henze, Boulez und Stockhausen in einen Topf zu werfen, ist - sorry - nicht nur falsch, sondern ganz einfach unqualifiziert.


    Das ist falsch, da Du hier einfach etwas reininterpretierst.
    Von daher halte ich diese Aussage eigentlich für unqualifiziert.
    Ich habe nichts aber auch rein gar nichts grundsätzliches über die Musik nach 1945 geschrieben.
    Henze, Boulez und Stockhausen haben vielleicht unterschiedliche Stile, das mag sein, aber es wird mich niemand daran hindern können zu hinterfragen :
    Ist das noch Musik ?
    Und ich weiss auch, daß ich dabei sicherlich nicht der einzige bin.....


    Zitat

    Was hast Du überhaupt schon ohne Vorverurteilung an moderner Musik nach sagen wir 1920 gehört? Hindemith? Varese? Messiaen? Vaughan-Williams? Britten? Schostakowitsch? Feldman? Schaeffer? Hosokawa? Pärt? Kancheli? Sibelius? Toch? Usvolskaya? Schnittke? Bernstein? Lachenmann? Scelsi? Sciarino? Rihm? Reimann? Milhaud? Jolivet? Grisey? Vivier? Reich? Glass? Nono?


    Zunächst einmal habe ich keine Vorverurteilung, denn wenn ich über Musik schreibe habe ich sie auch gehört ( sicherlich, manchmal auch nur zur hälfte ).


    Ich glaube es ist auch nicht angebracht, wenn jemand mit den Werken von Stockhausen, Henze etc. nichts anfangen kann und hier hinterfragt ob es sich hierbei eigentlich noch um Musik handelt, daß es sich dann um einen "Kunstbanausen"handelt der von nichts Ahnung hat.



    Aktuell höre ich :



    Das auch nicht zum ersten mal, also dürfte sich zumindet die Frage über Vaughan-Williams erledigt haben.
    Hindemith, Britten, Schostakowitsch, Pärt, Sibelius und Bernstein sind in meine CD Sammlung gut vertreten und werden auch oft gehört .
    Mit dem rest der Herren kann ich mich nicht identifizieren.


    Gruss
    Holger

    "Es ist nicht schwer zu komponieren.
    Aber es ist fabelhaft schwer, die überflüssigen Noten unter den Tisch fallen zu lassen"
    Johannes Brahms


  • Von Messiaen halt. Zum Glück kamen danach noch richtige Messiaen-Werke...
    Das ist wirklich nicht mit Orchesterbombast zu vergleichen, ich beschwer mich auch nicht bei der Turangalila-Sinfonie, aber das waren einfach nur lärmende Geräusche, ca. 10 Stück immer in der selben Gestalt wiederkehrend, 20 Minuten lang (die Geräusche dauerten so ca. 3-5 Sekunden). Nicht wenige haben sich die Ohren zugehalten.

    "Das Große an der Musik von Richard Strauss ist, daß sie ein Argument darstellt und untermauert, das über alle Dogmen der Kunst - alle Fragen von Stil und Geschmack und Idiom -, über alle nichtigen, unfruchtbaren Voreingenommenheiten des Chronisten hinausgeht.Sie bietet uns das Beispiel eines Menschen, der seine eigene Zeit bereichert, indem er keiner angehört." - Glenn Gould

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  • Zitat

    Original von HolgerB
    aber es wird mich niemand daran hindern können zu hinterfragen :
    Ist das noch Musik ?
    Und ich weiss auch, daß ich dabei sicherlich nicht der einzige bin.....


    Natürlich wird und sollte Dich niemand daran hindern, diese Frage zu stellen. Allerdings kann ich Robert insofern verstehen, als daß eine gute Werkkenntnis ein besseres Fundament für ein Urteil ist .


    Allerdings wird mich auch keiner daran hindern können, die Frage zu stellen, ob denn Palestrina überhaupt schon Musik ist! (Für mich erübrigt sich das, weil ich es für mich mit ja beantworten kann). Ich kenne durchaus einige - nicht nur klassikferne - Menschen, die das Gekreische des Bartoli-Vivaldi-Albums für alles, bloß nicht für Musik halten. (Ein satter Sopran kann für mein Gemüt MANCHMAL schlimmer sein als jedes elektronische Instrument :angel: )


    DIe Frage lässt sich insofern auch aus der anderen Perspektive stellen.


    :hello:
    Wulf

  • Rappy schrieb :


    Zitat

    Das ist wirklich nicht mit Orchesterbombast zu vergleichen, ich beschwer mich auch nicht bei der Turangalila-Sinfonie, aber das waren einfach nur lärmende Geräusche, ca. 10 Stück immer in der selben Gestalt wiederkehrend, 20 Minuten lang (die Geräusche dauerten so ca. 3-5 Sekunden). Nicht wenige haben sich die Ohren zugehalten.


    Also war das dann Musik ..... ;)


    :hello:


    Gruss
    Holger

    "Es ist nicht schwer zu komponieren.
    Aber es ist fabelhaft schwer, die überflüssigen Noten unter den Tisch fallen zu lassen"
    Johannes Brahms

  • HolgerB: Erstmal müssen wir wissen, wonach du urteilst. ;)
    Ich behaupte jetzt, Beethoven ist keine Musik mehr. Wie begründest du mir, dass das Gegenteil der Fall ist?

    "Das Große an der Musik von Richard Strauss ist, daß sie ein Argument darstellt und untermauert, das über alle Dogmen der Kunst - alle Fragen von Stil und Geschmack und Idiom -, über alle nichtigen, unfruchtbaren Voreingenommenheiten des Chronisten hinausgeht.Sie bietet uns das Beispiel eines Menschen, der seine eigene Zeit bereichert, indem er keiner angehört." - Glenn Gould

  • Meiner Meinung nach sind Werke in Moll keine Musik mehr, denn sie sind gegen die Natur komponiert (in der Obertonreihe gibt es keinen Molldreiklang).

    "Das Große an der Musik von Richard Strauss ist, daß sie ein Argument darstellt und untermauert, das über alle Dogmen der Kunst - alle Fragen von Stil und Geschmack und Idiom -, über alle nichtigen, unfruchtbaren Voreingenommenheiten des Chronisten hinausgeht.Sie bietet uns das Beispiel eines Menschen, der seine eigene Zeit bereichert, indem er keiner angehört." - Glenn Gould

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  • Hallo rappy !


    Anbei ein Zitat von Dir :


    Zitat

    Die älteren Gäste, die vielleicht gekommen sind, um einmal ein Kulturangebot entgegenzunehmen, saßen während des Stückes nachdenklich im Saal und verzogen keine Miene. Der Applaus dauerte ca. 2 Sekunden. Sicher haben sie sich gefragt: "Ist das noch Musik?" Ich auch .


    Du also auch.
    Nach was beurteilst Du dann ob es Musik ist ?
    Es muss dann ja also den Punkt geben wo man sagt : Ist das noch Musik ?


    Und genau um diesen geht es mir.


    Über Beethoven brauchen wir dann wahrscheinlich nicht mehr zu diskutieren !


    :hello:
    Gruss
    Holger

    "Es ist nicht schwer zu komponieren.
    Aber es ist fabelhaft schwer, die überflüssigen Noten unter den Tisch fallen zu lassen"
    Johannes Brahms

  • Zitat

    Original von HolgerB
    Nach was beurteilst Du dann ob es Musik ist ?
    Es muss dann ja also den Punkt geben wo man sagt : Ist das noch Musik ?


    Und genau um diesen geht es mir.


    Wie immer, lieber Holger, kommen die sinnreichesten Fragen durch Ellipsen zustande. Für den einen kann die Musik der Tuareg keine Musik "in seinem Sinne" sein, der andere scheitert an der Koto-Musik. Sobald man von der Musik schreibt, überfordert man entweder sich oder die Musik, die man zu hören glaubt. Denn zum Wahrnehmen der Musik gehört immer noch die Kenntnis ihrer Regel und der Regel, die sie erweitert. Wer sie nicht kennt, vergleicht Äpfel mit Birnen - mit eben den sinnreichen Ergebnissen, die sinnreiche Fragen mit sich bringen.


    Liebe Grüße Peter

  • pbrixius schrieb :


    Zitat

    Denn zum Wahrnehmen der Musik gehört immer noch die Kenntnis ihrer Regel und der Regel, die sie erweitert.


    Ist jede Regel erweiterbar ?
    Kommt nicht irgentwann der Punkt wo man sagen muss, mehr geht nicht ?
    Im Falle der Musik könnte das bedeuten :
    "Es tut in den Ohren weh" ( siehe rappy ) :no:


    Und selbst wenn, stellt sich die Frage ab wann es absurd wird.



    :hello:


    Gruss
    Holger

    "Es ist nicht schwer zu komponieren.
    Aber es ist fabelhaft schwer, die überflüssigen Noten unter den Tisch fallen zu lassen"
    Johannes Brahms

  • Zitat

    Original von HolgerB
    Über Beethoven brauchen wir dann wahrscheinlich nicht mehr zu diskutieren !


    :hello:
    Gruss
    Holger


    tatatataaa - das beknackteste Motiv der ganzen abendländischen Musikgeschichte :pfeif:
    (was Beethoven daraus macht steht freilich auf einem anderen Blatt geschrieben)

  • Zitat

    Original von rappy
    Meiner Meinung nach sind Werke in Moll keine Musik mehr, denn sie sind gegen die Natur komponiert (in der Obertonreihe gibt es keinen Molldreiklang).


    Nein, nein. Sie bereichern die Natur. ;)

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  • Ich habe nur eine der Gesetzmäßigkeiten angegeben, die es zwischen Werken einer Reihe (im Sinne der Prager) gibt, weil ich meinen Beitrag nicht so umfänglich machen wollte, wie man ihn machen muss, wenn es um die Musik gibt. Man darf nur nicht solche allgemeinen Gesetzmäßigkeiten heranziehen, wenn es nur um so etwas Unwesentliches geht, wie das Äußern eines persönlichen Missfallens.


    Wer beurteilen will, ob Regeln "nicht mehr gehen", kann dies nicht vom Standpunkt eines naiven Musikverständnisses tun, sondern muss die Regeln kennen, um die es konkret geht. Ich kann nicht javanische Musik beurteilen, wenn ich nicht ihre Regeln kenne. Wenn man hier unternimmt, über eine Musik mit Regeln zu urteilen, nach denen sie nicht geschrieben ist, dann wird es tatsächlich - absurd.


    Es gibt Formen orientalischer Musik, die tun auch meinen Ohren weh. Das sagt aber mehr über mein eigenes Unvermögen als über den Wert der Musik aus - ich muss eben zu hören lernen - hier wie überall.


    Liebe Grüße Peter


  • Ich habe nichts hineininterpretiert, sondern mich daran gehalten, was Du hier und im Stockhausen-Thread geschrieben hast.


    Dann räumst Du auch noch ein, die Werke nur zur Hälfte gehört zu haben (wenn überhaupt), denen Du den Charakter eines musikalischen Werkes absprechen willst. Die Mehrzahl der Komponisten und Komponistinnen, die ich angeführt habe, kennst Du nicht einmal. Das finde ich - zurückhaltend formuliert - nicht überzeugend. Dann auch noch zu behaupten, nicht vorzuverurteilen, ist schlicht abwegig.


    Ich habe Dich auch nicht als Kunstbanausen bezeichnet, sondern aufgrund Deiner Formulierungen und Argumente die Vermutung geäußert, daß Du gar nicht weiß, über was Du eigentlich redest. Bisher hast du mich nicht ansatzweise vom Gegenteil überzeugen können.


    Sich darauf zu berufen, nicht der einzige zu sein, ist ein reines Scheinargument. Es wird hervorgeholt, wenn man in der Sache selbst nichts zu sagen hat und sich daher auf andere beruft, wenn gegenseitiges Sich-auf-die-Schulter-klopfen sachbezogene Argumentation ersetzt.


    Fragen kann man schon, aber bitte auf intelligente Weise und so, daß man auch merkt, dass sich der Fragende Gedanken gemacht hat. Es reicht nicht, bloß ein persönliches Vorurteil zu äußern.


    Erkläre doch bitte mal selbst, was Du unter Musik verstehst (aber bitte anhand von Werken, die Du tatsächlich gehört hast) und worauf sich Dein Urteil stützt! Welche Bandbreite an Musik kennst Du überhaupt, auf die Du Deine Definition vom Musik stützt?

  • Robert Stuhr schrieb :

    Zitat

    Dann räumst Du auch noch ein, die Werke nur zur Hälfte gehört zu haben (wenn überhaupt), denen Du den Charakter eines musikalischen Werkes absprechen willst. Die Mehrzahl der Komponisten und Komponistinnen, die ich angeführt habe, kennst Du nicht einmal. Das finde ich - zurückhaltend formuliert - nicht überzeugend. Dann auch noch zu behaupten, nicht vorzuverurteilen, ist schlicht abwegig.


    Wieder reininterpretiert.
    Ich habe lediglich mitgeteilt, daß ich mich mit diesen Herren nicht identifizieren kann.
    Werke kenne ich, ich mag sie nur nicht.


    Zitat

    Sich darauf zu berufen, nicht der einzige zu sein, ist ein reines Scheinargument. Es wird hervorgeholt, wenn man in der Sache selbst nichts zu sagen hat und sich daher auf andere beruft, wenn gegenseitiges Sich-auf-die-Schulter-klopfen sachbezogene Argumentation ersetzt.


    Was ist sachbezogene Argumentation ?
    Meine Frage ist nach wie vor, ist das Musik ?
    Musik sollte für mich hörbar sein ohne "Schmerzen " in den Ohren zu verursachen darüber hinaus, was rappy heute schrieb bei seinem Konzertbesuch.
    Dann erklär mir doch bitte mal, warum Du die Werke dieser Herren als Musik bezeichnest ?
    Bisher höre ich auch nur Vorwürfe gegen das was ich schreibe.
    Und mir geht es nur darum heraus zu finden, was jemand an dieser MUSIK findet.
    Oder besser gesagt : Warum soll das Musik sein ?


    Gruss :hello:
    Holger

    "Es ist nicht schwer zu komponieren.
    Aber es ist fabelhaft schwer, die überflüssigen Noten unter den Tisch fallen zu lassen"
    Johannes Brahms

  • Zitat

    Original von HolgerB
    Ich habe lediglich mitgeteilt, daß ich mich mit diesen Herren nicht identifizieren kann.
    Werke kenne ich, ich mag sie nur nicht.


    Lieber Holger B,


    ich nehme mit tiefer Befriedigung wahr, dass Du offensichtlich die Damen - ich nenne hier einmal Hölsky - magst, es scheint also ein gender-Problem bei Dir zu sein, das per Ferndiagnose kaum zu lösen ist.


    Was aber diese "Herren" angeht, so schreibt etwa Henze durchaus kantable Musik - wenn nun einmal die Kantabilität ein Kriterium sein soll. Ich identifiziere mich nebenbei auch mit keinem Komponisten, allenfalls mit dem Ritter Gluck, der in einer solchen Debatte wohl kräftigere Worte gewählt hätte. Ihm wurde nämlich damals Ähnliches vorgeworfen, wie Du es den genannten Komponisten gegenüber getan hast:


    Die Zeitgenossen empfanden Glucks dramatische Werke als Ausdruckskunst schlechthin, teilweise sogar als expressiven Naturalismus, als einen Sturm und Drang, der die große Masse der Konservativen unter ihnen erbleichen ließ, der ihnen Schrecken einjagte, den sie ihrerseits als primitiv, lärmend, wild, ungezügelt, formlos verschmähten und bekämpften.


    (Gerber: Wege zu einer neuen Gluck-Betrachtung. in: Die Musik XXXIV,1 (1941/42), S. 89-98. zit. nach Wege der Forschung Bd. 613. Christoph Willibald Gluck und die Opernreform. Hrsg. Hortschansky. Darmstadt 1989, S. 18)


    Immerhin gingen die Zeitgenossen nicht so weit, Gluck das Komponistentum und seinen Kompositionen den Charakter von Musikwerken abzusprechen.



    Zitat

    Meine Frage ist nach wie vor, ist das Musik ?


    Selbstverständlich, was denn sonst?


    Zitat

    Musik sollte für mich hörbar sein ohne "Schmerzen " in den Ohren zu verursachen darüber hinaus, was rappy heute schrieb bei seinem Konzertbesuch.


    Möglicherweise wird Dir die Musik, die Metallica produziert, auch Schmerzen in den Ohren verursachen, meine Söhne werden da aber keinen Zweifel darüber zulassen, dass das Musik ist, obwohl beide der Klassischen Musik nicht nur passiv zugetan sind. Auch hier: natürlich ist das Musik, was denn sonst?


    Zitat

    Dann erklär mir doch bitte mal, warum Du die Werke dieser Herren als Musik bezeichnest ?


    Weil sie nach allen Regeln der Kunst, die sie repräsentieren, entstanden sind. Sie beziehen sich auf andere Werke der Musik und es gibt Werke der Musik, die sich auf sie beziehen, sie stehen im ästhetischen Kommunikationsrahmen der Musik. Es beschäftigt sich mit ihnen auch die Musikwissenschaft und keine andere wissenschaftliche Disziplin.


    Das alles hat mit einer Wertung, ob die Musik gut oder schlecht ist, nichts zu tun.


    Zitat

    Und mir geht es nur darum heraus zu finden, was jemand an dieser MUSIK findet.


    Das ist eine andere Frage, die ich Dir zu der begeisternden Musik, zu der Henze fähig ist (und die viele Interpreten und Hörer gleichermaßen begeisterte), gerne am richtigen Ort beantworten werde.


    Es ist manchmal so, wie zu meiner Jugendzeit, als ich in Renners Konzertführer so manches Abschätzige über Mahler und Schostakowitsch lesen konnte. Es gibt immer Leute, die aus einem Unverständnis heraus so seltsame Dinge schreiben, die sie heute wohl nicht mehr lesen möchten - entsprechend sind diese Passagen im Reclam-Konzertführer längst geändert worden. Herr Renner konnte wohl damals mit Mahler und Schostakowitsch ebenso wenig anfangen, wie Du jetzt mit Henze und Stockhausen. Dafür kannst Du die Komponisten wohl kaum verantwortlich machen.


    Mit lieben Grüßen


    Peter


  • 1. Nach allem, was du hier bisher ausgeführt hast, bezweifle ich, das Du Dich näher mit den Komponisten beschäftigt hast, um ein Urteil fällen zu dürfen. Ich möchte weiter bezweifeln (nach Deinem eigenen Eingeständnis), daß Du ein Werk dieser Komponisten zu Ende gehört hast.


    2. Netter Trick, aber wirkungslos: Nicht ich muß beweisen, daß Henze etcpp Musik schreiben (was ohnehin kein Fachmann ernsthaft bezweifelt), sondern DU bist in der Bringschuld. Wer eine These aufstellt, muß sie auch begründen können, bevor man darüber diskutiert. DU aber diffamierst Werke als "Nichtmusik", ohne dafür auch nur einen Hauch einer Begründung zu liefern. Und erwartest, daß die anderen Dir die geistige Arbeit abnehmen.


    Wenn Du das Schaffen von Henze, Stockhausen & Co. nicht als Musik anerkennen willst, dann zeige mal auf, welche Werke/Einspielungen der Komponisten Du vollständig kennst, welche Vergleichsmöglichkeiten Du hast, welchen musikalischen Horizont. Was ist denn für Dich Musik? Ein philosophische Definition erwartet niemand.


    Aber es sollte schon ganz deutlich mehr sein als "Musik ist's, wenn's mir nicht in den Ohren weh tut", mehr als die simple Gleichsetzung Deines - offenbar begrenzten - Musikgeschmacks mit Musik schlechthin.

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