Ist Mozart überschätzt?

  • Eduard Hanslick über die Zauberflöte (1877)


    „Weit mehr als in der Entführung sind in der Zauberflöte Darsteller und Zuschauer so recht von Herzen bei der Sache. Es ist in Wien, besonders an einem Sonntag, ein Hochgenuß, Mozart´s Zauberflöte zu hören und das vergnügt teilnehmende Publikum dabei zu beobachten. Kein Plätzchen im ganzen Hause ist unbesetzt, kein Musikstück bleibt unapplaudiert; die andächtige Stille während der ersten Scenen spricht ebenso deutlich wie die ausbrechende Fröhlichkeit bei den komischen von der Unverwüstlichkeit dieser Oper. (...)

    Die ganze Gattung der Wiener Zauberposse ist uns längst entfremdet; alle einstigen Rivalen der Zauberflöte, selbst die letzten Ausläufer der Richtung (Raimund), sind von den Bühnen verschwunden. Die Zauberflöte allein besaß in Mozart´s Musik einen wunderthätigen Schwimmgürtel, der sie über den Strom der Zeit flott erhielt. Trotzdem bleibt sie das letzte, freilich höchste, Exemplar einer untergegangenen Race. Ein Fremdling seltsamen Gefieders, ein wundersam schillernder Papageno, steht sie gegenwärtig in der Reihe unserer übrigen großen Opern. (...)

    Selbst mit zahlreichen Äußerlichkeiten und Nebendingen wurzelt die Zauberflöte in dem alten Wiener Zauberspiele und hat von diesen eine Menge Elemente, die zu dem gegenwärtigen Begriffe der „Oper“ nicht passen. Mehrere dieser possenhaften oder volkstümlichen Elemente, wie den Tanz der wilden Tiere u. dgl., hat man schon beseitigt. Unseres Erachtens darf man in dieser Purifizierung nicht weiter gehen, will man dem Werke seine eigenthümliche Physiognomie nicht rauben. Treibt man die Bildung so weit, wie das Pariser Théâtre lyrique, welches die Schlange im ersten Acte, das Schloß vor Papgeno´s Mund, das alte Weib (Papageno´s Vorläuferin) u. s. w. ausmerzt, so bleibt uns eben ein Stück, das nicht die Zauberflöte ist. Dagegen müssen das Publicum und die Kritik in Deutschland protestiren. Aber ein anderer Uebelstand kann und soll reformirt werden: die Albernheit und Trivialität der Diction. Sie ist kaum länger zu ertragen. Überzeugt uns doch jede Vorstellung, dass gerade in den ernsten Scenen der sprichwörtlich gewordene Zauberflöten-Unsinn eine Heiterkeit erregt, welche den Eindruck der Mozart´schen Musik paralysirt und mit der Würde eines ernsthaften Theaters unvereinbar ist. Wenn der weise Sarastro mit breitestem Pathos singt: „Wen solche Lehren nicht erfreu´n, verdienet nicht ein Mensch zu sein“ – wenn sein ebenso weiser Unter-Staatssekretär das schöne Geschlecht mit dem Ausspruch charakterisiert: „Ein Weib thut wenig, plaudert viel“ – wenn Pamina und Papageno ein gefühlvolles Duett mit dem endlos wiederholten Refrain: „Mann und Weib, Weib und Mann“ schließen u. s. w., so kann man doch unmöglich in der Stimmung bleiben. Dies sind Dinge, die eine erfahrene Hand mit zwei Federstrichen zu ändern vermag. Wenn diese Hand zuvor das französische Libretto der Flûte enchantée durchblättern wollte, würde sie manchen werthvollen Anhaltspunkt finden. Die französischen Bearbeiter haben der Mozart´schen Musik durchaus bessere, passendere Verse unterlegt, ohne den Charakter derselben zu alteriren.“


    Schöne Grüße

    Holger

  • Naja, der gute Hanslick hat ja die Qualität dieses Schrotttextes schon recht gut erkannt. Hierzu noch eine köstliche Parodie meiner Großmutter (schon hier bekannt: die Dienstmädchenoperette des 18. Jhdts) über "In diesen heil´gen Hallen":

    In diesen heil´gen Hallen

    dort, wo kein Vogel singt,

    da lässt der Mensch was fallen,

    was erbärmlich stinkt! (stammt auch aus dem 19. Jhdt.)

    Passt!

    Es fehlt hier immer noch Deine Antwort auf die Frage: welche Gründe hatte Mozart einen derartigen Schrott zu vertonen? Meine Begründung (und vieler anderer) ist bekannt: Knetebeschaffung.

  • In diesen heil´gen Hallen

    dort, wo kein Vogel singt,

    da lässt der Mensch was fallen,

    was erbärmlich stinkt! (stammt auch aus dem 19. Jhdt.)

    Das glaube ich nicht, denn im 19. Jahrhundert konnte man noch reimen und wäre nie so dämlich gewesen, in Zeile 4 eine Silbe auszulassen.

    welche Gründe hatte Mozart einen derartigen Schrott zu vertonen?

    Vielleicht doch auch denjenigen, dass dieser angebliche "Schrott" gar nicht (nur) "Schrott" ist?

    Meine Begründung (und vieler anderer) ist bekannt: Knetebeschaffung.

    Natürlich spielte dieser Grund auch eine Rolle, gar keine Frage. Dennoch hat Mozart auf kaum eines seiner Opernlibretti dermaßen großen Einfluss genommen wie in diesem Fall. Er war an dieser Thematik, die ein orientalisches Märchen mit einer der wichtigsten Freimaurer-Schriften, dem Sethos-Roman von Terrasson, verband, sehr interessiert und konnte hier unter dem Deckmantel des Hanswurst-Theaters do viel mehr sagen und zeigen, was er an der Hofoper nicht gedurft hätte, denn in der Vorstadt war die Zensur weit gnädiger als bei Hofe.


    Aber auch das wirst du natürlich wieder alles leugnen und bei deiner unumstößlichen "Wahrheit" bleiben, dass die "Zauberflöte" ein Scheißdreck sei. Deshalb werde ich, der es besser weiß, weil ich in dem Stück schon mehr Wertvolles gefunden habe als in den allermeisten anderen Opern, mich auf eine weitere Diskussion nicht einlassen, denn wenn jemand bewusst die Augen vor etwas verschließt und bestimmte Dinge gar nicht sehen will, dann wird er sie auch nicht sehen...

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"

  • Wie ich mir gedacht habe kommt von Dir ein völlig unsachlicher Kommentar. Hanslicks Rezension zu analysieren ist nämlich sehr aufschlussreich:


    1. Mozarts Oper ist der letzte Vertreter einer längst untergegangenen Operngattung. Und sie hat sich über den Tod der Gattung nur erhalten einzig und allein wegen ihrer überragenden künstlerisch-musikalischen Qualität (der "Schwimmgürtel"). An dieser überragenden Qualität der Zauberflöte lässt Hanslick nicht den geringsten Zweifel und auch nicht daran, dass das Publikum die Oper genau wegen dieser ihrer überragenden Qualitäten schätzt.


    2. Die Kritik von Hanslick bezieht sich einmal auf Elemente, die gattungsspezifisch sind und die er deshalb als überlebt empfindet. Deswegen plädiert er im Sinne der Pariser Oper für eine Bearbeitung.


    3. Es zeugt aber wiederum für den großen Sachverstand von Hanslick, dass er sieht, dass der Versuch der Franzosen, Mozarts Stück zu einer erhabenen "großen Oper" zu machen und entsprechend ihre komödiantischen, volkstümlichen Elemente völlig zu eliminieren, ihrem Charakter nicht gerecht wird.


    4. ... sieht Hanslick eine Diskrepanz zwischen der Qualität der Musik und der Qualität des Librettos. Hier muss man allerdings sagen, dass dies typisch für das 19. Jhd. ist. In Wahrheit ist Schikaneders Libretto weit besser als sein Ruf. Man betont im 19. Jhd. die monumentalische Größe und hat entsprechend wenig sind für den aufgeklärten Humanismus, eine Versöhnung zwischen dem komödiantisch-"niederen" und erhabenen, hohen Stil zu finden. Da ist der Erzromantiker Novalis - obwohl er sich auf die Zauberflöte nicht direkt bezieht - viel näher an dem poetischen Geist des Stücks. Hanslick findet gewisse Stellen des Librettos peinlich wie wohl etliche andere Zeitgenossen auch, geht aber natürlich nicht so weit, das Libretto als "Schrott" zu bezeichnen. Denn das wäre unter seinem Niveau. Man kann nämlich nur erfolgreich bearbeiten, was auch Substanz hat.


    Schöne Grüße

    Holger

  • Wie ich mir gedacht habe kommt von Dir ein völlig unsachlicher Kommentar

    ...und offensichtlich fällt es Geisteswissenschaftlern wie Dich sehr schwer zu kapieren, dass die meisten Analysen, Kommentare, Rückschlüsse zu derartigen Themen nichts Weiteres sind als subjektive Meinungen. Wie immer, gibt es da sofort Gegenmeinungen, die genauso subjektiv sind. Typisches Beispiel:

    dass das Publikum die Oper genau wegen dieser ihrer überragenden Qualitäten schätzt.

    Wer ist denn nun das "Publikum"? Etwa die klatschenden Besucher/Hörer? Und was machen wir mit dem Teil des "Publikums", welches Achsel-zuckend aus der Oper rausgeht und sagt "nie wieder"? Und das nicht nur wegen der "Qualität" des Textes, sondern auch wegen der Musik.

  • ...und offensichtlich fällt es Geisteswissenschaftlern wie Dich sehr schwer zu kapieren, dass die meisten Analysen, Kommentare, Rückschlüsse zu derartigen Themen nichts Weiteres sind als subjektive Meinungen. Wie immer, gibt es da sofort Gegenmeinungen, die genauso subjektiv sind. Typisches Beispiel:

    Die Dialektik merkst Du halt nicht: Du verstehst nichts von geisteswissenschaftlicher Methodik und behauptest subjektiv beliebig, dass Geisteswissenschaftler nur unverbindlich irgendwelche Meinungen äußern. Zu denken, dass nur eine technisch-naturwissenschaftliche Denkweise wissenschaftlich sei, ist aber einfach nur beschränkt.

    Wer ist denn nun das "Publikum"? Etwa die klatschenden Besucher/Hörer? Und was machen wir mit dem Teil des "Publikums", welches Achsel-zuckend aus der Oper rausgeht und sagt "nie wieder"? Und das nicht nur wegen der "Qualität" des Textes, sondern auch wegen der Musik.

    Wenn ein Teil der Zuschauer achselzuckend aus der Oper gegangen wäre, hätte ein Musikkritiker wie Eduard Hanslick darüber auch geschrieben. Es gibt aber solche Quellen schlechterdings nicht, die ein solches Verhalten belegen. Es gibt allerdings jede Menge später sehr populärer Bühnenwerke, die bei ihrer Uraufführung beim Publikum zunächst einmal durchfielen. Niemand, auch ein Mozart nicht, kann bzw. konnte kalkulieren, wie das Publikum auf die Zauberflöte reagieren würde. Wenn man die reichhaltigen Quellen sichtet, die es über die Rezeption der Zauberflöte gibt, dann kommt man letztlich begründet zu dem Schluss, dass das Werk wegen seiner herausragenden Qualität so erfolgreich war und nicht wegen irgendwelcher anderer willkürlich vermuteter Gründe, die nur mal so ohne Quellenbeleg geäußert werden. Denn das ursprüngliche Publikum des 18. Jhd, was ein Werk der Gattung "Zauberoper" erwarten konnte, gab es schon im 19. Jhd. längst nicht mehr. Warum sollte es also ein solches Werk so hochschätzen? Wegen der vermeintlichen Albernheiten des Librettos? Die Beweislast trägst also Du mit Deiner befremdlichen, sehr subjektiven Einschätzung. Dann bringe doch mal Belege dafür, dass Kritiker, Künstler, Musiker... Mozarts Zauberflöte auch musikalisch als minderwertig bewertet hätten! Und weil es diese Quellen nicht gibt, musst Du Dir dann das Urteil gefallen lassen, dass Dir für die Zauberflöte schlicht das Verständnis fehlt - du wegen Deiner Vorurteile die Qualitäten dieser Oper nicht wahrzunehmen in der Lage bist. Nicht mehr und nicht weniger.


    Schöne Grüße

    Holger

  • Du verstehst nichts von geisteswissenschaftlicher Methodik und behauptest subjektiv beliebig, dass Geisteswissenschaftler nur unverbindlich irgendwelche Meinungen äußern. Zu denken, dass nur eine technisch-naturwissenschaftliche Denkweise wissenschaftlich sei, ist aber einfach nur beschränkt.

    Nein. Nur Beweise sind und bleiben Beweise, unwiderlegbar, unwidersprochen, zeitunabhängig. Die technisch- naturwissenschaftliche und geisteswissenschaftliche Methodik unterscheiden sich nicht. Wenn wir etwas nicht beweisen können, äussern wir Hypothesen. In der Geisteswissenschaft geschieht das leider seltener. Gegenmeinungen, die es bei Hypothesen immer geben wird, werden dann flugs als "unwissenschaftlich", oder wie Du es unternimmst als "vorurteilsbehaftet" bezeichnet (was natürlich auch sein könnte, nur nicht beweisbar).

    Wenn ein Teil der Zuschauer achselzuckend aus der Oper gegangen wäre, hätte ein Musikkritiker wie Eduard Hanslick darüber auch geschrieben

    Womit wir beim Thema wäre: hätte.....hätte..... Fahradkette!

    Es gibt aber solche Quellen schlechterdings nicht, die ein solches Verhalten belegen

    Soso. Dann lies doch bitte einmal:

    https://www.deutschlandfunkkul…ml?dram:article_id=367291

    Tja, wat denn nu? Machwerk (Hegel) oder Meisterwerk (Goethe)?


    Oder:

    „Die Musik und das Dekor sind hübsch, der Rest eine unglaubliche Farce.“

    „Die neue Maschinenkomödie, mit Musik von unserm Kapellmeister Mozart, die mit großen Kosten und vieler Pracht in den Dekorationen gegeben wird, findet den gehofften Beifall nicht, weil der Inhalt und die Sprache des Stücks gar zu schlecht sind.“

    Zwei Berichte über die Uraufführung der „Zauberflöte“

    Über den Begriff "hübsch" könnte man auch füglich streiten.

    Im übrigen wird Mozarts Musik von Nägeli (Vorlesungen über Musik, 1826) ab Seite 157 ganz schön generell auf die Hörner genommen.

    Oder:

    http://ninanoeske.de/data/docu…say_Zauberfloete_2013.pdf

  • Nein. Nur Beweise sind und bleiben Beweise, unwiderlegbar, unwidersprochen, zeitunabhängig. Die technisch- naturwissenschaftliche und geisteswissenschaftliche Methodik unterscheiden sich nicht. Wenn wir etwas nicht beweisen können, äussern wir Hypothesen. In der Geisteswissenschaft geschieht das leider seltener. Gegenmeinungen, die es bei Hypothesen immer geben wird, werden dann flugs als "unwissenschaftlich", oder wie Du es unternimmst als "vorurteilsbehaftet" bezeichnet (was natürlich auch sein könnte, nur nicht beweisbar).

    Das sind wieder nichts als Vorurteile über die Geisteswissenschaften und Unverständnis für die Geisteswissenschaften. Erst einmal sind Geisteswissenschaften historisch und entsprechend ist auch das Sinnverständnis von einem historischen Verstehenskontext geprägt. Und zweitens ist eine Annahme keine Hypothese mehr, wenn sie durch eine Auslegung der Quellen belegbar ist. Genau das ist beim Zusammenhang Freimaurertum-Aufklärung-Zauberflöte der Fall. Zu behaupten, dass sei bloß hypothetisch, ist schlicht nur ignorant.

    Womit wir beim Thema wäre: hätte.....hätte..... Fahradkette!

    Das ist auch wieder unsinnig. Für die Rezeption muss man ausweisbare Quellen haben. Und Musikkritik pflegt natürlich auf die Reaktion des Publikums einzugehen. Wenn Hanslick als Quelle sagt, dass die Reaktion des Publikums ausnahmslos positiv war, dann sagt die Quelle eben das aus und nicht das Gegenteil.

    Soso. Dann lies doch bitte einmal:

    https://www.deutschlandfunkkul…ml?dram:article_id=367291

    Tja, wat denn nu? Machwerk (Hegel) oder Meisterwerk (Goethe)?

    Ein schönes Beispiel, wie man seine Vorurteile bestätigt bekommt, wenn man nicht sorgfältig mit den Quellen umgeht. Hegel hat nämlich im Gegenteil Mozarts Zauberflöte hoch gelobt und Schikaneders Libretto gegen seine Kritik verteidigt. Das kommt davon, wenn man das Wörtchen "Machwerk" aus dem Kontext reißt. Hier das vollständige Hegel-Zitat:


    "Erstens müssen wir auf die Beschaffenheit des Textes, der sich zur Komposition eignet, einen Blick werfen, da sich der bestimmte Inhalt der Worte jetzt für die Musik und deren Ausdruck als von wesentlicher Wichtigkeit erwiesen hat. ...


    Am passendsten dagegen für die Musik ist eine gewisse mittlere Art von Poesie, welche wir Deutschen kaum mehr als Poesie gelten lassen, für die aber die Italiener und Franzosen viel Sinn und Geschicklichkeit besessen haben: eine Poesie, im Lyrischen wahr, höchst einfach, mit wenigen Worten die Situation und Empfindung andeutend; im Dramatischen ohne allzu verzweigte Verwicklung klar und lebendig, das Einzelne nicht ausarbeitend, überhaupt mehr bemüht, Umrisse zu geben als dichterisch vollständig ausgeprägte Werke. ...


    Denn da die Musik sich den Worten anschließen soll, müssen diese den Inhalt nicht sehr ins einzelne hin ausmalen, weil sonst die musikalische Deklamation kleinlich, zerstreut und zu sehr nach verschiedenen Seiten hingezogen wird, so daß sich die Einheit verliert und der Totaleffekt schwächt.


    In dieser Rücksicht befindet man sich beim Urteil über die Vortrefflichkeit oder Unzulässigkeit eines Textes nur allzuoft im Irrtum.


    Wie oft kann man nicht z.B. das Gerede hören, der Text der "Zauberflöte" sei gar zu jämmerlich, und doch gehört dieses Machwerk zu den lobenswerten Opernbüchern.


    Schikaneder hat hier nach mancher tollen, phantastischen und platten Produktion den rechten Punkt getroffen. Das Reich der Nacht, die Königin, das Sonnenreich, die Mysterien, Einweihungen, die Weisheit, Liebe, die Prüfungenund dabei die Art einer mittelmäßigen Moral, die in ihrer Allgemeinheit vortrefflich ist,- das alles, bei der Tiefe, der bezaubernden Lieblichkeit und Seele der Musik,weitet und erfüllt die Phantasie und erwärmt das Herz."


    Warum sagt Hegel "Machwerk"? Um das zu verstehen, muss man einmal wissen, dass Hegels Ästhetik den Vorrang des Kunstschönen vor dem Naturschönen lehrt. Das "Machwerk" als Form des Künstlichen und Kunstschönen bedeutet von daher erst einmal grundsätzlich nichts Negatives. Die negative Bedeutung wird nur aus dem System verständlich. Für Hegel ist der Gipfel der Poesie das dramatische Kunstwerk. Das Ideal, was er da im Blick hat, sind Sprachkunstwerke wie "Antigone" oder "Hamlet". Die Oper hat eindeutig nicht diesen Rang für Hegel - d.h. gemessen an "Hamlet" oder "Antigone" ist ein Opernlibretto wie beispielsweise das von Schikaneder ein "Machwerk". Diese Abwertung bezieht sich also generell auf das Opernlibretto und speziell gar nicht auf die Zauberflöte.


    Und wenn Du wirklich vorurteilsfrei diese Quellen lesen würdest, die Du verlinkt hast, dann könntest Du sehen, dass der Hintergrund eine nahezu ausnahmslos positive Rezeptionsgeschichte der Zauberflöte ist, weswegen man dann bemerkt: Vergesst bitte nicht, dass es auch kritische Töne gibt! (So ungefähr, wie wenn die Kritik nach einer gewonnenen Fußballweltmeisterschaft sagt: Aber wir hatten auch schwache Momente in unseren Spielen!) Daraus zu konstruieren, dass die Zauberflöte als ein fragwürdiges oder gar minderwertiges Werk in der Regel rezipiert worden wäre, ist schlicht absurd falsch. Und man kann auch sehen, woran man bei der Uraufführung Anstoß nahm bzw. Anstoß nehmen konnte: Das ist die Heterogenität. Das widersprach dem Gattungsdenken des 18. Jhd., was die Einhaltung von Gattungsnormen voraussetzte. Schon in der Romantik mit ihrer Bevorzugung von Mischgattungen ändert sich das aber und entsprechend auch die Wahrnehmung genau dieses Aspekts der Zauberflöte. Das ist auch der Hintergrund, warum Hegel das Märchenhafte und die Buntheit bei Mozart positiv wertet. Das gehört eben zur "romantischen Kunstform".


    Schöne Grüße

    Holger

  • Soso. Dann lies doch bitte einmal:

    https://www.deutschlandfunkkul…ml?dram:article_id=367291

    Tja, wat denn nu? Machwerk (Hegel) oder Meisterwerk (Goethe)?

    Es lohnt sich diese Anmerkung zum "Machwerk" sich komplett reinzuziehn (mal dabei ganz abgesehen von der Frage, wie authentisch überhaupt Mitschrift(en) dieser Vorlesung sind):


    ".... In dieser Rücksicht befindet man sich beim Urteil über die Vortrefflichkeit oder Unzulässigkeit eines Textes nur allzuoft im Irrtum. Wie oft kann man nicht z. B. das Gerede hören, der Text der »Zauberflöte« sei gar zu jämmerlich, und doch gehört dieses Machwerk zu den lobenswerten Opernbüchern. Schikaneder hat hier nach mancher tollen, phantastischen
    und platten Produktion den rechten Punkt getroffen. Das Reich der Nacht, die Königin, das Sonnenreich, die Mysterien, Einweihungen, die Weisheit, Liebe, die Prüfungen und dabei die Art einer mittelmäßigen Moral, die in ihrer Allgemeinheit vortrefflich ist, - das alles, bei der Tiefe, der bezaubernden Lieblichkeit und Seele der Musik, weitet und erfüllt die Phantasie und erwärmt das Herz.
    ...."

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  • Das sind wieder nichts als Vorurteile über die Geisteswissenschaften und Unverständnis für die Geisteswissenschaften. Erst einmal sind Geisteswissenschaften historisch und entsprechend ist auch das Sinnverständnis von einem historischen Verstehenskontext geprägt. Und zweitens ist eine Annahme keine Hypothese mehr, wenn sie durch eine Auslegung der Quellen belegbar ist. Genau das ist beim Zusammenhang Freimaurertum-Aufklärung-Zauberflöte der Fall. Zu behaupten, dass sei bloß hypothetisch, ist schlicht nur ignorant.

    Typisch für Geisteswissenschaftler: ohne die Anwürfe "Vorurteile, Ignoranz" kommen die wohl nicht aus. Da fällt einem nur mehr der alte Spottspruch ein: Geisteswissenschaften sind der systematische und permanente Missbrauch eigens für sie erfundener Sprachen. Dass Geisteswissenschaften (auch) historisch sind ist hinlänglich bekannt. Auch, dass dafür Quellen erforderlich sind. Nur, jede Auslegung einer Quelle ist eine Hypothese. Eine eindeutige Quelle bedarf keiner Auslegung, sie sagt alles aus. Damit fängt die Misere an: Quellenkritik scheint ein unbekannter Begriff bei Geisteswissenschaftlern zu sein. Beispiele: hat Hanslick alle Opernbesucher, also ggfls. Hunderte befragt und von allen die Auskunft erhalten, dass die Oper positiv sei? Gibt es darüber ein Protokoll, oder ist das möglicherweise sein Wunschdenken, seine Fantasie? Oder: der Koran schreibt, dass er Wort für Wort durch den Erzengel Gabriel dem Mohamed eingegeben wurde. Die Quelle sagt das, also stimmt das auch Deiner Ansicht nach. Na denne: Prost!

    Jeder auch nur einigermaßen gebildete Mensch weiß mittlerweile, dass historische Quellen in vielen Fällen nur mit äusserster Vorsicht genossen werden können, sie stets auf ihre Hintergründe/Echtheit geprüft werden müssen, was häufig nicht mehr möglich ist. Solange das nicht geschehen ist, bleibt jede Auslegung hypothetisch. Das gilt auch in der Musik. Nur die Originalpartitur des Komponisten ist eindeutig. Gibt es von dem Werk nur Kopien, fängt sofort die Quellenkritik an. Erkundige Dich mal bei den entsprechenden Institutionen. Bis zu Dir hat sich das wohl noch nicht herumgesprochen.

    Diese Diskussion ist nunmehr überflüssig wie Bauchschmerzen.

  • Typisch für Geisteswissenschaftler: ohne die Anwürfe "Vorurteile, Ignoranz" kommen die wohl nicht aus. Da fällt einem nur mehr der alte Spottspruch ein: Geisteswissenschaften sind der systematische und permanente Missbrauch eigens für sie erfundener Sprachen. Dass Geisteswissenschaften (auch) historisch sind ist hinlänglich bekannt. Auch, dass dafür Quellen erforderlich sind. Nur, jede Auslegung einer Quelle ist eine Hypothese. Eine eindeutige Quelle bedarf keiner Auslegung, sie sagt alles aus. Damit fängt die Misere an: Quellenkritik scheint ein unbekannter Begriff bei Geisteswissenschaftlern zu sein. Beispiele: hat Hanslick alle Opernbesucher, also ggfls. Hunderte befragt und von allen die Auskunft erhalten, dass die Oper positiv sei? Gibt es darüber ein Protokoll, oder ist das möglicherweise sein Wunschdenken, seine Fantasie? Oder: der Koran schreibt, dass er Wort für Wort durch den Erzengel Gabriel dem Mohamed eingegeben wurde. Die Quelle sagt das, also stimmt das auch Deiner Ansicht nach. Na denne: Prost!

    Jeder auch nur einigermaßen gebildete Mensch weiß mittlerweile, dass historische Quellen in vielen Fällen nur mit äusserster Vorsicht genossen werden können, sie stets auf ihre Hintergründe/Echtheit geprüft werden müssen, was häufig nicht mehr möglich ist. Solange das nicht geschehen ist, bleibt jede Auslegung hypothetisch. Das gilt auch in der Musik. Nur die Originalpartitur des Komponisten ist eindeutig. Gibt es von dem Werk nur Kopien, fängt sofort die Quellenkritik an. Erkundige Dich mal bei den entsprechenden Institutionen. Bis zu Dir hat sich das wohl noch nicht herumgesprochen.

    Diese Diskussion ist nunmehr überflüssig wie Bauchschmerzen.

    Gratulation! Die Show ist wirklich bühnenreif, die Du hier abziehst! Da weist man Dir einen schludrigen Umgang mit Quellen nach im Falle Hegel und Du antwortest davon ungerührt, dass derjenige, der Dir so etwas nachweist, nicht wisse, wie man mit Quellen umgeht. Was da alles an Seltsamkeiten zu lesen ist, darüber kann jeder, der nur ein bisschen etwas von Hermeneutik versteht, nur herzlich lachen.


    Nochmals: Wenn Du behauptest, die Zauberflöte sei "Schrott", also Musik und Libretto letztlich Schund und das könne man auch durch die Rezeptionsgeschichte nachweisen, dann ist Dein Versuch, Hegel als Gewährsmann anzuführen, erst einmal grandios fehlgeschlagen. Wenn Du nicht mehr zu bieten hast, dann hast Du Dich selbst jedenfalls endgültig ad absurdum geführt! :D


    Schöne Grüße

    Holger

  • Ich habe hier ab Beitrag 160 mitgelesen (vorher war es eigentlich etwas langweilig, kaum Wider- oder Einsprüche) und muss sagen, der "Neue"- Bachianer, ein Name der bestimmt Programm bedeutet - hat durchaus so etwas wie "Regietheater"-Pep hineingebracht. Um es für mich gleich auf den Punkt zu bringen: Bachianer hat mich mit seinen Argumenten nicht überzeugt. Wird wohl auch niemanden überraschen, wenn er auf meinen Avatar schaut. Dafür hat der Herr Doktor (hätt' ich auch nicht gedacht!) so einige argumentative Zitate und Erklärungen abgeliefert, die mich sofort überzeugt haben. Auch das wird keinen Mitleser wundern. Der Satz

    Zitat

    Diese Diskussion ist nunmehr überflüssig wie Bauchschmerzen.

    ist in meinen Augen bedauerlich, denn ich hätte den Schlagabtausch gerne noch weiterverfolgt...


    :P

    .


    MUSIKWANDERER

  • Zit. Dr. Holger Kaletha: "Was da alles an Seltsamkeiten zu lesen ist, darüber kann jeder, der nur ein bisschen etwas von Hermeneutik versteht, nur herzlich lachen."


    Mir, der ich diesen Diskurs von Anfang an mitverfolgt habe, ist gar nicht mehr zum Lachen zumute. Als ich heute, im typisch selbstgewissen Ton vorgebracht, die Behauptung las: "Nur, jede Auslegung einer Quelle ist eine Hypothese. Eine eindeutige Quelle bedarf keiner Auslegung, sie sagt alles aus. Damit fängt die Misere an: Quellenkritik scheint ein unbekannter Begriff bei Geisteswissenschaftlern zu sein", da platzte mir als Historiker beinahe der Kragen.

    Ich kann mir das diskursive Verhalten von Bachianer nur so erklären, dass er keinerlei Kenntnis von dem hat, worüber er hier in thesenhaft beharrlicher Weise seine Auffassungen vertritt. Der Methodik der Erkenntnisgewinnung in den Geisteswissenschaften zum Beispiel.

    Das erste, was ein Student der Geschichtswissenschaft lernt, ist die Bedeutung der Quelle für den historischen Erkenntnisprozess und die Methodik ihres kritischen Einsatzes im Rahmen desselben.


    Auf wunderliche, ganz und gar unbegreifliche Weise prallen alle durchaus sachlich gut begründeten Argumente an Bachianer ab. Ich kann, obwohl das nicht meiner hier im Forum ist, den Ton inzwischen gut verstehen und nachvollziehen, in dem Dr. Holger Kaletha diesem diskursiv entgegentritt.

  • Lieber Helmut, gelacht habe ich auch nicht.

    Und ich kann mir nicht vorstellen, dass Holger nicht sehr früh gemerkt hätte, wie unverstanden seine schlagenden Gegenargumente, Erläuterungen und Belege in des Bachianers Ohr verhallten. Dennoch waren sie nicht vergebens, denn er schrieb sicherlich auch im Bewusstsein dessen, dass er den wenig lustigen Hauruck-Meinungen etwas Vernünftiges entgegensetzen konnte, was andere Leser womöglich bereichert - so jedenfalls mich. Dass schon Hegel z.B. die Stärken des Librettos hervorhob, war mir nicht bekannt. Und das ist nur ein Beispiel. Jedenfalls konnte dieser doch auf recht ungleichem inhaltlichen Niveau geführte Disput immerhin dazu dienen, einige Qualitätsebenen der "Zauberflöte" ins Bewusstsein zu rücken.

  • Da könnte man viel dazu sagen - vor allem in den zahlreichen Zauberflöten-Threads. Statt dessen wird dieser allgemeine Mozart-Thread zu einem Zauberflöten-Thread umfunktioniert, der mit Mozarts Wert als Komponist nur mehr wenig gemeinsam hat.

    Ich gestehe, daß ich zwar den angestrebten Effekt des Theatermannes Schikaneder voll erkenne, aber ich dem Werk eine tiefere Bedeutung nicht zuerkennen kann. Wie sollte ich auch? Schikaneder war alles andere als ein begnadeter Dichter, wie seine rund 50 erhaltenen Libretti bestätigen.

    Hingegen hat Schikaneder sehr wohl gewusst, was beim Publikum ankommt und was nicht. Dabei hat er zahlreiche wirkungsvolle Elemente sehr effektvoll miteinander verknüpft, aber dabei die logischen Zusammenhänge vernachlässigt. Schon die Götterwelt ist uneinheitlich - sowas negiert man gern. Der "böse Mohr" muß in neueren Inszenierungen (z.B London) einem bösen Weissen weichen, wobei man hier erstmals das Sakrileg begangen hat, den Text zu ändern. Sarastro - die "Überfigur" wird heute gern als Pharisäer mit einem Hang zum Diktator einerseits und einem ebensolchen Hang zum Heuchler andererseits interpretiert. Der "tapfere Held" Tamino, einst ein "Vorbild für die Menschheit" gesehen - wird nun als eher charakterschwacher Wendehals gedeutet.

    Es ist kein Wunder, daß man dieses Werk stets formen kann wie ein Stück Wachs...

    Aber der Threadtitel war anders gemeint.

    Nämlich - inwieweit Mozart alle anderen Zeitgenossen überragt - und wenn das bejaht wird, warum man sich dann bei zahlreichen Zuschreibungen so unsicher ist....


    mfg aus Wien

    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • aber ich dem Werk eine tiefere Bedeutung nicht zuerkennen kann.

    Das hast du ja auch schon häufig bekundet. Und du wirst auch zukünftig den Teufel tun, mal etwas zu lesen, was diese tiefere Bedeutung nachweist...

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"

  • Es ist kein Wunder, daß man dieses Werk stets formen kann wie ein Stück Wachs...

    Aber der Threadtitel war anders gemeint.

    Mea culpa, mea maxima culpa. Ich war der Übeltäter, der die Zauberflöte u.a. in diesen Thread als überschätztes Mozartwerk eingebracht hat. Die Folgen hätte ich voraussehen können. Der Schwerpunkt meiner Kritik liegt wie bei Dir beim Text (Schrott), weniger bei der Musik, obwohl ich aus meiner Sicht wesentlich bessere, geniale Mozartwerke kenne.

    Erstaunlich: kritisiert man einen (historischen) Text, ist schwupps! eine Truppe von "Geisteswissenschaftlern" da, in Form von Historikern, Philosophen (es fehlen noch die Theologen), die einem ihre Texthintergründe/auslegung als einzig wahre verkaufen. Das ist wie mit Karl d. Gr. Alle berufen sich auf identische Quellen (es gibt keine anderen) ,nur die Auslegungen dieser Texte ist teilweise diametral widersprüchlich. Das Ganze wird dann als "exakte" Wissenschaft deklariert. So wird dann aus dem "bösen Mohr" ein "Weißer", und Tamino ein Wendehals.

  • So wird dann aus dem "bösen Mohr" ein "Weißer", und Tamino ein Wendehals.

    Das ist ganz klar.

    Denn man hat gewisse "Ideale" in Werke hineinprojiziert, aber leider findet sich auf viel störendes, was sich nicht mit dem gegnewärtigen Zeitgeist vereinen lässt.

    Das wird dann -schwupps - angepasst. In damit das Ganze unangreifbar wird, werden immer wieder "Experten" zitiert.

    Im Falle des "bösen Mohren" ist man nicht mal davor zurückgeschreckt Teile des Textes dieses Meisterweirkes abzuändern.

    Hat man eigentlich die "frauenfeildlichen" Passagen schon gestrichen oder wenigstens abgemildert oder verbessert ?

    Ich hätte diese Diskussion lieber in einem der vielen "Zauberflöten Threads gesehen an denen ja bei Tamino kein Mangel herrscht, damit wir hier für andere Aspekte von Mozarts Werk - vor allem in Hinblick auf seine Konkurrenten diskutieren können.


    Hat die Zauberflöte eine Aussage ?

    Die Zauberflöte - Ein Machwerk ?

    Mozarts Zauberflöte: Mozarts beste Oper?

    Die Zauberflöte heute

    "Die Zauberflöte" - welch großartige Musik trotz grauenvollem Libretto


    mfg aus Wien

    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Der Schwerpunkt meiner Kritik liegt wie bei Dir beim Text (Schrott), weniger bei der Musik, obwohl ich aus meiner Sicht wesentlich bessere, geniale Mozartwerke kenne.

    Das hörte sich aber in der Diskussion anders an - da wurde Mozarts Empfindsamkeit als Trivialmusik für Dumme hingestellt, die er nur komponiert habe, um Kasse zu machen

    Erstaunlich: kritisiert man einen (historischen) Text, ist schwupps! eine Truppe von "Geisteswissenschaftlern" da, in Form von Historikern, Philosophen (es fehlen noch die Theologen), die einem ihre Texthintergründe/auslegung als einzig wahre verkaufen.

    Das ist natürlich kompletter Unsinn. Der Schikaneder-Text wurde immer kritisch rezipiert. Das bestreitet niemand. Aber eine Oper ist ein Gesamtkunstwerk und ihre Bedeutung ist auch entsprechend die des Gesamtkunstwerks. Man kann nicht die Komplexität einer Rezeptionsgeschichte reduzieren und ein Werk als "Schrott" hinstellen und sich dann beschweren, dass "Geisteswissenschaftler" auf die Komplexität hinweisen.


    Schöne Grüße

    Holger

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  • da wurde Mozarts Empfindsamkeit als Trivialmusik für Dumme hingestellt, die er nur komponiert habe, um Kasse zu machen

    Tja, man lernt doch nie aus. Seit wann sind Musik/Kompositionsstile (hier die Empfindsamkeit) vor Trivialitäten geschützt? Oder ist das nur wieder eine Schutzbehauptung für banale Melodien/Harmoniefolgen/Sätze unter dem Motto "das darf man sooo nicht hören, da ist empfindsam"?


    Aber eine Oper ist ein Gesamtkunstwerk und ihre Bedeutung ist auch entsprechend die des Gesamtkunstwerks.

    Ach ja, ein "Gesamtkunstwerk"! Was gehört denn da alles dazu? Texte, Musik, Tanz/Parodie, Bühnenbild, Bekleidung, Schauspielerei? Sollte man da nicht auch gleich das Getränkeangebot in der großen Pause dazurechnen?

    Das klitzekleine Problemchen ist nur: stimmt eines dieser Dinge nicht, oder geschmacklich gesehen als unpassend, ist jenes ominöse Gesamtkunstwerk den Bach runtergegangen. Der/die arme Sänger(in), der in einer 10-Minutenarie die Bühne auf- und abtippeln muss, ab und zu einige Hand- oder Kopfbewegungen vorführt (was anderes bleibt ihr/ihm nicht übrig), so ganz nebenbei sich auch noch auf ihre Partie voll konzentrieren muss, klappt äusserst selten. Ein herrlicher Grund mit der Mäkelei anzufangen.

    Abgesehen davon, der Begriff "Gesamtkunstwerk" und seine wagnerianische Diktion war Mozart völlig unbekannt. Der hatte wahrscheinlich völlig andere Vorstellungen.

    Herr Philosophiedoktor, wie war das noch einmal mit dem "baren Unsinn"?

  • In damit das Ganze unangreifbar wird, werden immer wieder "Experten" zitiert. (...)

    Ich hätte diese Diskussion lieber in einem der vielen "Zauberflöten Threads gesehen an denen ja bei Tamino kein Mangel herrscht, damit wir hier für andere Aspekte von Mozarts Werk - vor allem in Hinblick auf seine Konkurrenten diskutieren können.

    Lieber Alfred, es mag vielleicht Menschen geben, die an einer solchen Unangreifbarkeit interessiert sind. Mir selbst geht es nicht darum. Mein Verständnis vom Dialog über Kunst ist ein anderes - grundsätzlich ist alles "angreifbar" und jedes Urteil über Kunst ein dem historischen Wandel unterworfenes. Zudem kann es nicht darum gehen, vermeintlichen Autoritäten etwas nachzuplappern.

    Mir fiele allerdings auch nicht ein, in einer solchen Diskussion wie hier einfach das, was kunstverständige Menschen über eine Oper herausgefunden haben, blindlings zu übergehen, um an meiner stumpf repetierten und dabei noch mit klaren inhaltlichen Fehltritten garnierten Meinung festzuhalten.

    Wer hier mit inhaltlichem Engagement immer wieder neue Aspekte, Zusammenhänge und Belege angeführt und wer sich hingegen einem offenen Austausch verschlossen hat, lässt sich m.E. eindeutig im jüngeren Threadverlauf festhalten.


    Und auch beim Thema der 'Überschätzung' kann ich mich Holger ohne Weiteres anschließen: Wenn es um die Beurteilung von Künstlern geht, sollte Ausschau nach den besten Werken gehalten und das Ergebnis daran festgemacht werden. Bei Mozart sind es für meine Begriffe vor allem Opern und nicht zuletzt Klavierkonzerte, die nach meinem ästhetischen Urteilsvermögen zum Schönsten und Gelungensten gehören, was klassische Musik zu bieten hat. Ich muss allerdings dazu sagen: Auf dem kirchenmusikalischen Auge z.B. bin ich so gut wie blind. Aber dazu können sich sicherlich andere fundiert äußern.

  • Tja, man lernt doch nie aus. Seit wann sind Musik/Kompositionsstile (hier die Empfindsamkeit) vor Trivialitäten geschützt? Oder ist das nur wieder eine Schutzbehauptung für banale Melodien/Harmoniefolgen/Sätze unter dem Motto "das darf man sooo nicht hören, da ist empfindsam"?

    Wenn man keinen Sinn für Empfindsamkeit hat, kann man Empfindsamkeit auch nicht (nach-)empfinden und so kein ästhetisches Urteil entwickeln, wann Empfindsamkeit authentisch ist und wann sie in Kitsch-Trivialität abgleitet. Auch der barocke, artistisch-rhetorische Stil kann manieriert und floskelhaft werden. Deshalb muss man aber nicht meinen, musikalische Rhetorik sei prinzipiell floskelhaft und unauthentisch, wie die empfindsame Kritik am Barockstil unterstellt hat. Genausowenig kann man vom Standpunkt einer barocken Kunstästhetik aus wiederum die Empfindsamkeit pauschal als trivial hinstellen. Aus dem Abstand der Zeit sollte man in der Lage sein, hier zu einem differenzierteren Urteil zu kommen, als es die Zeitgenossen vielleicht konnten, als solche ästhetischen Kämpfe ausgetragen wurden.

    Ach ja, ein "Gesamtkunstwerk"! Was gehört denn da alles dazu? Texte, Musik, Tanz/Parodie, Bühnenbild, Bekleidung, Schauspielerei? Sollte man da nicht auch gleich das Getränkeangebot in der großen Pause dazurechnen?

    Das ist albern.

    Das klitzekleine Problemchen ist nur: stimmt eines dieser Dinge nicht, oder geschmacklich gesehen als unpassend, ist jenes ominöse Gesamtkunstwerk den Bach runtergegangen. Der/die arme Sänger(in), der in einer 10-Minutenarie die Bühne auf- und abtippeln muss, ab und zu einige Hand- oder Kopfbewegungen vorführt (was anderes bleibt ihr/ihm nicht übrig), so ganz nebenbei sich auch noch auf ihre Partie voll konzentrieren muss, klappt äusserst selten. Ein herrlicher Grund mit der Mäkelei anzufangen.

    Nur ist die Zauberflöte nicht "den Bach runtergegangen", sondern gehört zu den am meisten geschätzten Opern (auf Platz 1 der Beliebtheitsskala).

    Abgesehen davon, der Begriff "Gesamtkunstwerk" und seine wagnerianische Diktion war Mozart völlig unbekannt. Der hatte wahrscheinlich völlig andere Vorstellungen.

    Herr Philosophiedoktor, wie war das noch einmal mit dem "baren Unsinn"?

    Was aber nicht heißt, dass man ihn auch rückwirkend verwenden kann. Die Oper hat es als heterogenes Kunstwerk ja schwer neben dem rein sprachlichen Drama zu bestehen - wegen ihrer Heterogenität. Der Begriff "Gesamtkunstwerk" ist da der Versuch, dem "Machwerk" (um Hegel zu zitieren) Oper einen positiven Sinn zu geben im Sinne der Entwicklung einer originären Opernästhetik.


    Man kann sich darüber streiten natürlich, welche Oper von Mozart man für seine bedeutendste(n) hält. Für Kierkegaard z.B. war der Don Giovanni die Oper aller Opern. Je nachdem, welchen Aspekt man in den Vordergrund rückt, kommt man da zu einer jeweils anderen Bewertung. Die Frage ist letztlich, was die Zauberflöte so einmalig und unvergleichlich macht. Und das ist - so sehe ich es und wohl auch nicht alleine - dass sie den Geist des Zeitalters in exemplarischer Weise verkörpert: die Aufklärung, mit ihrer Toleranz, ihrer Empfindsamkeit usw. Künstlerisch ist da der Geist der Aufklärung einfach exemplarisch umgesetzt. Da an irgendwelchen Einzelheiten herumzumäkeln ist deshalb Beckmesserei, die an der überragenden Bedeutung des "Gesamtkunstwerks" Zauberflöte vorbeigeht.


    Schöne Grüße

    Holger

  • Danke, vielleicht nähern wir uns einem vernünftigen Diskussionsstil.


    Wenn man keinen Sinn für Empfindsamkeit hat, kann man Empfindsamkeit auch nicht (nach-)empfinden und so kein ästhetisches Urteil entwickeln, wann Empfindsamkeit authentisch ist und wann sie in Kitsch-Trivialität abgleitet.

    Als Verehrer der Musik Bachs und seiner (Enkel)Schüler habe ich sehr viel Sinn für die Empfindsamkeit. Nur, man sollte an diesen Stil genauso musikalisch-kritisch herangehen wie an die anderen. Ich kenne genügend triviale Fugen und maniriert-floskelhafte Stücke des Barocks. Daran mangelt es leider nicht. Selbiges gilt aber auch für die Empfindsamkeit. Vor allem sollte man die Empfindsamkeit regional in Nord und Süd trennen. Sie haben kaum Gemeinsamkeiten. Der sog. "galante Stil" des Südens hat in den Augen der Nordlichter nichts mit Empfindsamkeit zu tun und wurde scharf abgelehnt. Die Begründungen hierfür sind hinlänglich bekannt. Auch wurde im Norden die musikalische Rhetorik und Polyphonie zwar auch kritisiert, jedoch nicht abgelehnt. Hierzu ein Beispiel:

    JF Reichardt (den Du sicherlich als einen der Häupter der 2. Berliner Liederschule zu schätzen weißt) in seinen "Briefen, die Musik betreffend", Hamburg 1775:

    " Diese vortreffliche Fingersetzung des Herrn Bach (CPE) macht auch, dass wir nun mit weit weniger Schwierigkeit drei bis vierstimmige Sachen auf dem Klavier spielen können, die sonst nur Bache, Händels und Goldberge (!!!) mit ihrer unbegreiflichen Gewalt zwingen konnten".

    Dieses o.a. Reichardtwerk ist übrigens voller weiterer Anregungen, Kritiken, die Musik betreffend (nicht nur das Klavier) und sehr erhellend für die "nördliche" Empfindsamkeit. Selbiges gilt für die "Wahre Art Clavier..."(CPEB), Kirnbergers "Grundsätze des General-Basses" und "Die Kunst des reinen Satzes", sowie Marpurgs "Abhandlung von der Fuge". Alles ist im Norden in der empfindsamen Zeit veröffentlicht worden.

    Als "Nordlicht" bin ich musikalisch mit diesen Werken und Schriften groß geworden und habe deswegen eine möglicherweise überkritische Einstellung gegenüber der südlichen Galanterie. Bitte um Verständnis.


    Das ist albern

    Sollte es auch sein.

  • Als Verehrer der Musik Bachs und seiner (Enkel)Schüler habe ich sehr viel Sinn für die Empfindsamkeit. Nur, man sollte an diesen Stil genauso musikalisch-kritisch herangehen wie an die anderen. Ich kenne genügend triviale Fugen und maniriert-floskelhafte Stücke des Barocks. Daran mangelt es leider nicht. Selbiges gilt aber auch für die Empfindsamkeit.

    Da haben wir schon einmal eine andere Basis! An Kritik der Empfindsamkeit mangelt es ja auch nicht. Nur sollte man dann auch konkret belegen können - genauso wie beim manierierten Barock - wann die Betonung des Einfachen und Natürlichen authentisch ist und wann nicht. Bei der Zauberflöte fehlen mir da die Belege. Und man sollte bedenken, dass Musik hier Teil des Theaters ist: Wenn eine Person ein schlichtes Gemüt hat, darf die Musik, die sie charakterisiert, auch einfach sein. Kritik der Empfindsamkeit kann sehr schnell ins Ideologische abgleiten - der Kitschverdacht kommt da allzu leicht. Hat Tschaikowsky wirklich das Tragische mit Schlagermelodien zum Ausdruck gebracht, wie Adorno behauptet?


    Schöne Grüße

    Holger

  • Denn man hat gewisse "Ideale" in Werke hineinprojiziert, aber leider findet sich auf viel störendes, was sich nicht mit dem gegnewärtigen Zeitgeist vereinen lässt.

    Das wird dann -schwupps - angepasst. In damit das Ganze unangreifbar wird, werden immer wieder "Experten" zitiert.

    Im Falle des "bösen Mohren" ist man nicht mal davor zurückgeschreckt Teile des Textes dieses Meisterweirkes abzuändern.

    Hat man eigentlich die "frauenfeildlichen" Passagen schon gestrichen oder wenigstens abgemildert oder verbessert ?

    Ach, Alfred...

    Der alte Sturm, die alte Müh'...

    Leider ein weiteres Beispiel dafür, wie wenig du "Die Zauberflöte" wirklich verstehst...


    Aber ein sehr treffendes Beispiel für die Vielschichtigkeit dieses außergewöhnlichen Werkes: das gibt es also im Rahmen des dort natürlich (auch) vorhandenen Wiener Vorstadt-Theaters, des Hanswurst und Schenkelklopf-Theaters einige Beispiele dafür, wo sich Männer abfällig über Frauen äußern. Eine der Schattenseiten der Freimaurerei, wo immer noch keine Gleichberechtigung herrscht - und das nehmen Mozart und Schikaneder auf's Korn: "Ein Weib tut wenig, plaudert viel" - das Publikum wiehert, weil es eigene Vorurteile so schön bestätigt findet.

    Und dann gibt es da aber doch die Rolle der Pamina, der eigentlich nur die Rolle eines passiven Spielballs zwischen verschiedenen Mächten und verschiedenen Männern (nebst einer Frau) zugedacht ist und die im Laufe des Stückes deutlich über diese ihr zugedachte Rolle hinauswächst. Zu den "Prüfungen" ist sie laut Satzung gar nicht zugelassen, nur Tamino und Papageno müssen sich diesen offiziellen Prüfungen unterziehen - mit mehr oder weniger Erfolg. Die größten "Prüfungen" hat aber niemand anderes als Pamina zu bestehen - Prüfungen ihrer Menschlichkeit. Zuerst muss sie ihrer Angst gegenüber diesem merkwürdigen ihr unbekannten "Vogelfedervieh" überwinden, das sie zur Flucht verleitet, die durch das Eintreffen Sarastros vereitelt wird. Wie diesem nun gegenübertreten? Ihm die Hucke voll lügen? Nein, sie spricht die Wahrheit, gesteht ihm ihre Fluchtabsicht und schildert ihm auch ihre Gründe dafür.

    Dann geht's für den Geliebten und den guten Freund mit Kapuzen über'm Kopf zu den Prüfungen, Pamina bleibt scheinbar außen vor. Sie schläft am Brunnen, Monostatos will am liebsten über sie herfallen, die Mutter verhindert dies, aber nur, um die erwachende Tochter einer noch größeren Prüfung ihrer Menschlichkeit auszusetzen. Eigenhändig soll sie Sarastro töten und den Sonnenkreis der Mutter ausliefern. Pamina kann nicht morden. Monostatos hat alles belauscht und fordert nun von ihr, sich ihm - im Gegenzug für sein Schweigen - hinzugeben. Wieder lehnt Pamina ab, lieber will sie sterben - sie bleibt so menschlich integer, auch wenn sie als Konsequenz den eigenen Tod füchten muss, was Sarastro jedoch rechtzeitig verhindert. Dann aber die schlimmste Prüfung für sie: sie hört in der Ferne das Spiel der Zauberflöte, eilt dem Klang freudig nach, trifft endlich ihren Geliebten wieder, der sich über dieses Wiedersehen jedoch nicht zu freuen scheint, sondern ihr ein Gespräch verweigert. Warum weiß sie nicht, er sagt es ihr auch nicht. Dieses Verhalten lässt sie so sehr verzweifeln (was für eine erschütternde g-Moll-Arie, eine der beeindruckendsten Mozart-Arien ever, die sich in der eindrucksvollen Schilderung ihres Schmerzes vor keiner Nummer der "Matthäus-Passion" verstecken muss), dass sie "verrückt" wird und den einzigen Ausweg im Selbstmord sieht - die Knaben verhindern dies im letzten Moment. Pamina wird also in Wahrheit den schlimmsten Prüfungen ausgesetzt, muss emotional durch die Hölle gehen und meistert dennoch alle ihr auferlegten menschlichen Prüfungen blendender als ihr ach so "männlicher" Geliebter. Sie ist durch diesen Weg zu Erkenntnissen gekommen, die Tamino zu diesem Zeitpunkt noch verborgen sind. Während er vor der entscheidenden Feuer- und Wasserprobe zagt und hadert, kommt sie rechtzeitig dazu und führt ihrerseits beim gemeinsamen Weg durch diese entscheidenden Prüfungen. Sie enthüllt ihm das Geheimnis der Zauberflöte, sie sagt zu ihm "Ich selbsten führe dich", sie führt übrigens auch musikalisch, und die Geharnischten singen: "Ein Weib, das Nacht und Tod nicht scheut, ist würdig und wird eingeweiht."

    Pamina hier als Frau also völlig gleichberechtigt, den Männern (insbesondere Tamino) mindetens ebenbürtig, letztlich seine Retterin, da er die ihm aufgelegten Prüfungen zwar buchstabengetreu befolgt hat, dabei menschliche Integrität aber eingebüßt hat (er hat sie mit seinem Verhalten beinahe in den Selbstmord getrieben) - die Frau als Retterin des Helden, eine Vorläuferin Leonores - und ein Anspruch auf eine Gleichberechtigung, der ungeheuer war, auch für die so fortschrittlichen Freimaurer, die in dieser Hinsicht auch heute noch so rückständig sind (Frauenlogen gibt es zwar, diese sind aber bei weitem nicht so anerkannt wie die klassischen Herrenlogen, noch weniger anerkannt sind freilich die gemischten Logen...). Und das alles thematisieren Mozart und Schikaneder in diesem scheinbar heiter-harmlosen Singspiel, in diesem "Schmarrn" und geben mit der Gestalt der Pamina genau die richtige eindrucksvolle Antwort auf diese Sprüche. Genialer kann man dieses Thema doch gar nicht thematisieren, oder nicht? :)

    Deswegen ist es freilich meines Erachtens auch völlig verkehrt, diese Sprüche zu eleminieren oder abzumildern - sie richten sich angesichts der Gestalt Paminas und ihres Verhaltens von selbst. Und das gehört zur Genialität dieses Stückes dazu, die Gleichzeitigkeit solcher platten Sprüche und dieser Pamina. Tilgt man sie (die "anstößigen" Stellen), fehlt die "Fallhöhe".


    Und das ist nur ein Aspekt von unzähligen Aspekten dieses Werkes, die ähnlich eindrücklich angelegt sind und zeigen, dass Mozart noch weiter, noch fortschrittlicher dachte als die damals schon so fortschrittlichen Freimaurerlogen, denen er angehörte und an denen er sich dennoch rieb, produktiv rieb, in diesem Werk, diesem Welttheater! Er propagierte hier ihre aufklärerischen Ideen und versohlte zugleich derbhumorig ihre Schattenseiten. Einfach genial!


    Und das soll alles in diesem Stück gar nicht drin sein? Ich denke schon...

    (Genug Leute haben eindrucksvoll nachgewiesen, dass es so ist, einer der ersten war Ludwig van Beethoven, der in Mozarts "Zauberflöte" zurecht sein - aus seiner Perspektive - größtes Werk erkannte und eben genau an dieses anknüpfen konnte, an die Finalchöre des 1. und 2. Aktes, an ein Werk, in dem erstmal auf der Opernbühne von "Menschheit" die Rede ist - der Weg zu "Fidelio" und der Neunten ist von dort aus gar nicht mehr weit, sondern schon vorgeprägt. Mozart blieb keine Zeit mehr, um diesen selbst weiterzugehen. (Was sich mit seinem Humor, der Beethoven fehlte, gar nicht ausschließen musste.)


    Aber auch das wirst du wieder bestreiten, weil dir die ganze Aufklärung zuwider ist, weil du dir voraufklärerische Zeit von Maria Thresia (vor Joseph II.) und Ludwig XV. (vor der französischen Revolution) zurückwünschst und weil du dir deshalb ein Mozart-Bild erschaffen willst, in welchem dieser genauso reaktionär ist wie du. Das war er nun aber de facto ganz und gar nicht, es gibt unzählige Fakten die dies belegen, eines der eindrucksvollsten Werke, die dies belegen, ist eben "Die Zauberflöte" und genau deshalb kannst du mit dieser nichts anfangen. ^^


    Du könntest dazu natürlich mal etwas lesen, wenn du die faszinierenden Schichten dieser Welttheateroper jenseits der Oberfläche des Schenkelklopf- und Hanswurst-Theaters ergründen wollen würdest, aber das willst du ja gar nicht... :no:


    Dann lass dir mit den Worten des einen Priesters an Papageno sagen: "Dann wirst du die himmlischen Vergnügen der Eingeweihten" nie erfahren." (Soll heißen: dann wirst du eben kein "Eingeweihter" in Sachen "Zauberflöte".)


    Nun kannst du gerne mit Papageno sagen: "Je nun, es gibt ja noch mehr Menschen meinesgleichen." - und damit hättest du völlig recht. Allerdings hat Papageno auch nicht ständig ausposaunt, dass es das, was ihm aufgrund seines Verhaltens verschlossen bleibt, gar nicht gäbe... Er hat sich nicht mehr darum gekümmert und sein Glück anderweitig, im weniger Elitären, gefunden, was ja auch ganz wunderbar ist, das ihm das gelingt. :)


    Auf einen Widerspruch muss ich aber noch aufmerksam machen: Entweder ist der Text der "Zauberflöte" angeblich ein "Machwerk", wie du und andere behaupten, dann wundert es mich, dass gerade die, die ihn als "Machwerk" oder "Schrott" geißeln, dann empört sind, wenn man ihn abändert und der heutigen Gegewart anpasst, denn ein "Machwerk" oder "Schrott" ist nun wirklich nicht schützenswert, schon gar nicht vor sinnvollen Veränderungen.

    Oder aber der Text ist doch nicht solch ein "Schrott", sondern möglicherweise doch ein genialisches Welttheater auf Höhe der Shakespearschen Schauspiele (die auch ungeheuer derb sind, aber eben nicht nur derb - genauso wie "Die Zauberflöte"), dann könnte man zwar im Dialog immer noch behutsame Veränderungen vornehmen (macht man bei Shakespeare ja auch, hat man schon im 19. Jahrhundert gemacht), das ist dann aber in diesem Fall eigentlich gar nicht nötig, wie man am Beispiel der nur scheinbaren Frauenfeindlichkeit der "Zauberflöte" gesehen hat: an den derben Stellen ("Ein Weib tut wenig, plaudert viel" usw.) kann das Publikum wiehern, um dann im weiteren Verlauf der Oper gerade angesicht des eindrucksvollen Weges, den Pamina zurücklegt, vielleicht doch auch nachdenklich werden. Für den, der offenen Auges, Ohres und Herzens in dieses Stück geht, kann es eine Offenbarung sein - ob es eine solche ist oder nicht, liegt nicht zuletzt an einem selbst, aber das Potential im Stück ist dafür zweifellos da.


    Noch zwei Nachbemerkungen:

    1. Du kannst ja sagen, dass du diese Diskussion lieber in einem anderen Thread hättest, aber wenn du vorher selbst hier in diesem Thread diesbezüglich argumentierst (Stichwort: Frauenfeindlichkeit), dann musst du auch an genau dieser Stelle die Gegenargumentation ertragen. :)

    Sonst denkt man doch, du hast das nur hinterhergeschoben, weil du nicht möchtest, das man dir widerspricht, und diesen falschen Eindruck möchtest du doch sicher nicht entstehen lassen, oder? ;)

    2. Ich finde, du solltst doch mal etwas seriöse Litertatur (Analyse von Text und Musik!) zur "Zauberflöte" lesen. Immerhin sollte doch für dich gelten, was Schikaneder Tamino (den Namenspatron dieses seriösen Klassik-Forums) sagen lässt: "Ein Weiser prüft und achtet nicht, was der gemeine Pöbel spricht." ;):hello:

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"

  • Vor allem sollte man die Empfindsamkeit regional in Nord und Süd trennen. Sie haben kaum Gemeinsamkeiten. Der sog. "galante Stil" des Südens hat in den Augen der Nordlichter nichts mit Empfindsamkeit zu tun und wurde scharf abgelehnt.

    Es gibt eine aufschlussreiche Quelle in dieser Frage, das ist Johann Georg Sulzer:


    „In die letzte Stelle setzen wir die Anwendung der Musik auf Concerte, die bloß zum Zeitvertreib und etwa zur Übung im Spielen angestellt werden. Dazu gehören die Concerte, Symphonien, die Sonaten, die Solo, die insgemein ein lebhaftes und nicht unangenehnes Geräusch, oder ein artiges und unterhaltendes, aber das Herz nicht beschäftigendes Geschwätz vorstellen.“


    Bei Sulzer geht es um den Musikbegriff, ob Musik nun "Gesang" ist vornehmlich oder als Instrumentalmusik verstanden wird - bekanntlich gibt es um 1800 durch die Romantik einen Paradigmenwechsel. Sulzer wertet die Instrumentalmusik ab, sie sei nur unterhaltsam und nicht empfindsam ("das Herz rühren" ist die Standardformel für Empfindsamkeit in der Musik im 18. Jhd.). Nur Vokalmusik kann eigentlich empfindsam sein nach Sulzer. Aber es ist anzunehmen, dass bei ihm hier eine Kritik auch des galanten Stils mitschwingt, der als nicht wirklich "tief" empfindsam, sondern nur oberflächlich unterhaltend angesehen wird. Es geht also um das wahre Verständnis von Empfindsamkeit. Und man sollte nicht vergessen, dass die Empfindsamkeit auch in der Musik nicht nur ein regionales deutsches Phänomen ist. Bei Beethoven steht in der Partitur der Pastorale "Mehr Ausdruck der Empfindung als Malerei". Beethoven schreibt also die Empfindsamkeit vor - und ist nachweislich dabei von Jean-Jacques Rousseau beeinflusst.


    Und das alles thematisieren Mozart und Schikaneder in diesem scheinbar heiter-harmlosen Singspiel, in diesem "Schmarrn" und geben mit der Gestalt der Pamina genau die richtige eindrucksvolle Antwort auf diese Sprüche. Genialer kann man dieses Thema doch gar nicht thematisieren, oder nicht? :)

    Deswegen ist es freilich meines Erachtens auch völlig verkehrt, diese Sprüche zu eleminieren oder abzumildern - sie richten sich angesichts der Gestalt Paminas und ihres Verhaltens von selbst. Und das gehört zur Genialität dieses Stückes dazu, die Gleichzeitigkeit solcher platten Sprüche und dieser Pamina. Tilgt man sie (die "anstößigen" Stellen), fehlt die "Fallhöhe".


    Und das ist nur ein Aspekt von unzähligen Aspekten dieses Werkes, die ähnlich eindrücklich angelegt sind und zeigen, dass Mozart noch weiter, noch fortschrittlicher dachte als die damals schon so fortschrittlichen Freimaurerlogen, denen er angehörte und an denen er sich dennoch rieb, produktiv rieb, in diesem Werk, diesem Welttheater! Er propagierte hier ihre aufklärerischen Ideen und versohlte zugleich derbhumorig ihre Schattenseiten. Einfach genial!

    Sehr schön und wirklich erhellend! Wer das systematisch untersucht hat - zwar nicht speziell am Beispiel der Zauberflöte, wohl aber des Wieder Vorstadttheaters, ist Volker Klotz:


    41E9DEZT7DL.jpg


    Zitat Volker Klotz - dafür ist die Zauberflöte ein besonders gutes Beispiel:


    „Das aufgeführte und aufgenommene Theaterstück erweist sich (...) als – leibhaftig herbeigeführtes – ästhetisches Treffen: wo gleiche oder widerstreitende Weltbilder aneinander geraten und neue aufkommen; wo Standpunkte sich verfestigen oder verfallen; wo Gewohnheiten und Konventionen befolgt oder angeschlagen werden; wo Nachfragen befriedigt, enttäuscht und umgepolt werden; wo Einverständnisse oder Missverständnisse entstehen.“


    Schöne Grüße

    Holger

  • Bei Sulzer geht es um den Musikbegriff, ob Musik nun "Gesang" ist vornehmlich oder als Instrumentalmusik verstanden wird

    Das bekannte Sulzerzitat zeigt nur einen nicht lösbaren Widerspruch auf: ist Musik "Gesang" oder "instrumental" oder beides. In praxi gilt mehrheitlich beides. Selbiges passiert mit dem Begriff "Empfindsamkeit". Für die einen ist das der schlichte, einfache Gesang im "Volkston" (was auch immer darunter verstanden wird), der die Herzen rühren soll, für die anderen ist das die musikalische Wiedergabe aller Empfindungen, die ebenfalls das Herz rühren sollen, aber auch den musikalischen Verstand.

    Die Ursachen dieser Auseinandersetzung im 18. Jhdt. sind hinlänglich bekannt. Der um sich greifende Opernbetrieb mit den eitlen SängerInnen, die alle kompositorisch bedient werden mussten damit sie vorführen konnten, was sie alles so beherrschen (die Arie der Königin der Nacht ist ein spätes Beispiel). Schlimmer noch, die teuren, weltreisenden Kastraten. Hinzu kamen die ebenfalls teuren, eitlen Instrumentalvirtuosen, die ebenfalls bedient werden mussten. Selbst in der Kirchenmusik wurde die Kritik und Opposition aktiv. Die Pietisten, offensichtlich Vertreter der einfachen Empfindsamkeit wetterten vehement gegen die Figuralmusik, von der lutherischen Orthodoxie bevorzugt..."der greuliche Opernbetrieb in der Kirche!"

    Die Reaktionen darauf sind bekannt. Es wurden einfache, schlichte Lieder komponiert, unzählig viele. Typischer "Renner" war schon damals das Lied "Der Mond ist aufgegangen", Dichter Claudius, Komponist JAP Schulz. Einfacher, frommer Text, sehr einfache Melodie, leicht zu singen, herzrührend also empfindsam, aber auf die Dauer musikalisch nicht befriedigend. Spott: Viele sind froh, dass es nach der 6. Strophe vorbei ist. Der Pietismus schuf ähnliche Lieder, Beispiel: "Herz und Herz vereint zusammen", ebenfalls schlicht, einfach, aber musikalisch unbefriedigend.

    Die Komponisten mussten darauf reagieren. Was tun? Recht einfach: man schreibe einerseits schlichte, einfache Lieder im "Volksliedton", andrerseits Vokal/Instrumentalwerke, die mit den Liedern kaum etwas gemein hatten. Diese Musik sollte auch Empfindungen wiedergeben, möglichst "Galanterien" vermeiden, aber im "Volksliedton"? Nein, danke! Selbst vehemente Vertreter der "Liedtradition", z.B. 1. und 2. Berliner Liedschule wie Reichardt oder JAP Schulz komponierten 2- spurig: schlichte Lieder und komplizierte Vokal/Instrumentalsachen, die nichts mit den Liedern zu tun haben.

    Dieser Widerspruch lässt sich nicht auflösen. Gott sei Dank gibt es ihn.

  • Aber auch das wirst du wieder bestreiten, weil dir die ganze Aufklärung zuwider ist, weil du dir voraufklärerische Zeit von Maria Thresia (vor Joseph II.) und Ludwig XV. (vor der französischen Revolution) zurückwünschst und weil du dir deshalb ein Mozart-Bild erschaffen willst, in welchem dieser genauso reaktionär ist wie du. Das war er nun aber de facto ganz und gar nicht, es gibt unzählige Fakten die dies belegen, eines der eindrucksvollsten Werke, die dies belegen, ist eben "Die Zauberflöte" und genau deshalb kannst du mit dieser nichts anfangen.

    Ich will mich kuz fassen und werde nicht viel argumentieren - das habe ich in zahlreichen Threads dieses Forums bereits getan

    Daß ich ein Gegener der französichen Revolution bin, wo der Pöbel naheztu die gesamte Elite des Landes abgesachlachtet hat - was von heutigen Proleten teilweise noch bis in unsere Zeit bejubelt wird - das sei unbestritten.

    Aber wie wir wissen gab es DANACH noch den Fürsten Wenzel Metternich und andere konservativ denkende Herrscher - deren Typus gerade in diesen Tagen wieder im Kommen ist. Es ist ein Zeichen unserer Zeit, daß man verlernt hat konsequent zu denken. Man sollte sich schon entscheiden on man das Freimaurerum und seine IMO esoterisch anmutenden Rituale verherrlichen oder verspotten will. Sich jeweils das geeignet erscheinende herauszupicken - das ist ein Merkmal gegenwärtiger Weltbetrachtungen - vermutlich war das aber schon immer so.

    Die Anschauung vom der Vormachtsstellung des Mannes war um 1790 eine unumstößliche. Und selbst heute, wo man immer wieder von "Quoten" spricht sitzen dennoch in den meisten Fällen die Männer an den Hebeln der Macht. Und daran wird sich auch in absehbarer Zeit nicht viel ändern.

    Bei all den Betrachtungen dürfen wir allerdings nicht ausser acht lassen, daß der Text schliesslich von Schikaneder stammt.

    Schikaneder war sicher kein Weltverbesserer, sondern eher ein Pragmatiker, der sehr genau wusste, daß seine Zugehörigkeit zu den Freimaurern für ihn nützlich sein konnte, und der genau wusste, wie man ein Thema aufbereitet, damit es die Leute ins Theater bringt.

    Er riss zeitgeistige Themen an, liess sich aber zu keiner eindeutugen Aussage hinreissen, was gewisse Publikumsschichten hätte vergraulen können. Ähnlich wie Künstler späterer Jahre war ihm das politisch Umfeld eigentlich egal - sein einziges Interesse war ein volles Haus.

    Vielleicht ist diese Taktik der Grund, daß man in die Zauberflöte fast alles hineinprojizieren kann was man will.....

    Mozarts Zauberflöte war von den Zeitgenossen in aller Munde. Und das vor allem, der exzessiven Ausstattung und zahlreicher technischer Bühneneffekte wegen.wegen ("Maschinenoper")

    Mozarts Musik war natürlich auch ein Magnet - Aber, daß die Klientel eines Vorstadtheaters (und ein solches war das Theater an der Wieden) sich mit den Gedanken der Aufklärung auseinandergesetzt haben soll (von Ausnahmen abgesehen)- das halte ich denn doch für weit hergeholt)


    Dia Bedauern, daß diese Diskussionen HIER und nicht in den Spezialthreads zur Zauberflöte stattgefunden haben ist ein Wahres, ebenso wahr ist, daß ich selbst mich habe vereleiten lassen hier - am Rande der eigentlichen Thematik - mitzudiskutieren.


    mfg aus Wien

    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Man sollte sich schon entscheiden on man das Freimaurerum und seine IMO esoterisch anmutenden Rituale verherrlichen oder verspotten will.

    Aber warum denn? Mozart und Schikaneder haben beides zugleich getan. Die positiven Ideen der Aufklärung propagiert und beglaubigt - und zugleich alles, was diesen eigenen Idealen zuwiderläuft (Frauenbild) aufs Korn genommen - besser geht's nicht! :)

    das ist ein Merkmal gegenwärtiger Weltbetrachtungen - vermutlich war das aber schon immer so.

    Eben! Es ist ja auch unsinnig, etwas Heterogenes nur als total positiv oder negativ zu erkennen.

    Die Anschauung vom der Vormachtsstellung des Mannes war um 1790 eine unumstößliche.

    Im Laufe der Handlung dieser Oper sieht man, dass das bereits im Wandel begriffen ist. Und auch im ersten Jahr der von dir so verhassten Französischen Revolution mit ihrer Proklamation der Menschenrechte für alle Menschen, hatten die Frauen (auch durch einige eigene Demonstrationszüge) bereits gezeigt, dass ab sofort mit ihnen zu rechnen ist. Das gefällt dir nicht, ich weiß... :)

    Vielleicht ist diese Taktik der Grund, daß man in die Zauberflöte fast alles hineinprojizieren kann was man will.....

    Das kann man in jedes Werk. Das Besondere bei der "Zauberflöte" ist aber, dass man da gar nicht viel hineinprojezieren muss, sondern dass da einfach wahnsinnig viel DRIN ist, das man einfach nur durch Werkanalyse herausarbeiten muss. Und wenn man das mittels halbwegs seriöser Text- und Notenanalyse tut, dann kann man eben unendlich viel zutage befördern, was wirklich drin ist, auch wenn es dir nicht passt. Was da zum Thema Frauenbild in diesem Stück drin ist, habe ich dir vor wenigen Stunden in Beitrag 236 dieser Rubrik auseinandergesetzt.

    Mozarts Zauberflöte war von den Zeitgenossen in aller Munde. Und das vor allem, der exzessiven Ausstattung und zahlreicher technischer Bühneneffekte wegen.wegen ("Maschinenoper")

    Auch das, keine Frage! Es reicht ja nicht, anzukündigen, dass man die Vorstädter mal mit den Ideen der Aufklärung konfrontieren möchte, dann kommt ja keiner. Das muss man schon verkaufsträchtig verpacken in eine spektakuläre Show, in ein orientalisches Märchen, garniert mit viel derbem Humor, damit das Ganze ankommt und die Leute reingehen. Und dennoch sind die Ideen der dir so verhassten Aufklärung eben auch drin und werden unter dieser "Zirkusfolie" besser an den Mann gebracht, als wenn es diese nicht gäbe. :)

    Aber, daß die Klientel eines Vorstadtheaters (und ein solches war das Theater an der Wieden) sich mit den Gedanken der Aufklärung auseinandergesetzt haben soll (von Ausnahmen abgesehen)- das halte ich denn doch für weit hergeholt)

    Diese Gedanken sind in dem Stück zweifelsfrei drin, das Publikum ging rein, um sich gut zu unterhalten und zu amüsieren - und schwuppsdiwupps - bekam es diese Ideen, die intergraler Bestandteil dieses Werkes sind (sonst hätte Schikaneder eins zu eins das Lulu-Märchen auf die Bühne bringen können, Sarastro wäre der Böse und die Mutter die Gute geblieben - hat er aber nicht!) gleich mitserviert - wie wenn man die Medizin, die das Kind pur niemals runterschlucken würde, in ein schmackhaftes Getränk oder ein Stück köstliche Schokolade hineinpackt und das Kind die Medizin so doch runterschluckt. :)

    ebenso wahr ist, daß ich selbst mich habe vereleiten lassen hier - am Rande der eigentlichen Thematik - mitzudiskutieren.

    Eben! :D

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"

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