„Schreyt, denn ich bin taub!“
Taubheit ist das schlimmste, was ich persönich mir für einen aktiven Musiker vorstellen kann.Etwas schlimmer vielleicht noch, wenn man sein eigenes Ertauben aktiv miterleben muß, wie dies bei Beethoven der Fall gewesen ist. Was muß dieser Mensch durchgemacht haben? Und was hat er uns dennoch für sagenhafte Meisterwerke hinterlassen!
"Beethoven war so taub, daß er sein ganzes Leben lang dachte, er malt." Dieser Spruch gewinnt an Witzigkeit im Sinne von "geistreich", wenn man beispielsweise die Tonmalerei als Synonym für das Komponieren an sich in Betracht zieht. Aber es geht durchaus noch weiter: Wenn man wirklich davon ausgeht, dass Beethoven in den letzten Jahren, in denen er fast bis ganz taub war, ja zwangläufig nichts mehr gehört hat - dann hat er tatsächlich gemalt. Meine diesbezügliche Fragestellung als Diskussionsthema ist dahingehend etwas kompliziert darzustellen. Natürlich hatte Beethoven als noch Hörender sehr viel Hörerfahrung, die ins spätere Komponieren einfließen konnte. Doch wenn ich beispielsweise die letzten Takte der 9. Sinfonie in Betracht ziehe, so bin ich der Meinung, dass solche Klänge durchaus ausschließlich von einem tauben Menschen erdacht werden konnten: Da ist so viel durcheinander - auch bei der "großen Fuge". Irgendwie sieht es auf dem Papier [bezogen auf die Druckform] sehr wohl durchdacht und strukturiert aus [also quasi "gemalt"], es erklingt aber ein beinahe totales Chaos. Ob Beethoven sich dessen bewußt war, das ist meine Frage... Noch wesentlich interessanter wäre die Frage, inwieweit diese "Zufallsprodukte" aufgrund von Beethovens Taubheit, die ich jetzt einfach mal dreist unterstelle, Einfluß auf Werke anderer Komponisten nahmen. Ich weiß, es ist alles etwas weit hergeholt und rein spekulativ, aber sehr interessant.
Viele Grüße
Ulli