Was höre und sehe ich zur Zeit: KLASSIK auf BLU-RAY - DVD - VIDEO - - - OPER - SINFONIE - KONZERT - LIED

  • Hallo zusammen,


    Ich möchte auf eine kleine Rarität aufmerksam machen, die ich kürzlich auf DVD anhören durfte. Es handelt sich um die Oper ,,Merlin" von Isaac Albeniz. Ich als jemand, der mit den Klavierwerken von Albeniz quasi aufgewachsen ist und nicht wusste, dass es tatsächlich Opern von ihm gibt, war vom dem Gedanken begeistert und kaufte im Überschwang der Begeisterung die einzige DVD, die es von dem Werk gibt:


    Isaac Albeniz (1860-1909): Merlin, DVD


    Vorab für die, die die Oper nicht kennen: Albeniz schrieb das Werk nach dem Libretto seines Gönners und Freundes Francis Burdett Money-Coutts, eines reichen englischen Adeligen, der Albeniz finanziell unterstützte und sich im Gegenzug seine Textbücher von ihm vertonen ließ. ,,Merlin" war der erste Teil einer geplanten, aber nicht vollendeten ,,König-Artur"-Trilogie. Musikalisch zweifellos tragisch, dass es bei einem Teil blieb. ,,Merlin" hat viele musikalische Höhepunkte und hat mich in der Hinsicht kein bisschen enttäuscht, eher sogar positiv überrascht. Eine Tanzeinlage im 3. Akt hat sogar verstecktes spanisches Kolorit und klingt wirklich nach dem, was man sich unter Albeniz vorstellt. Teilweise mitreißende Chorszenen, unter anderem eine am Ende des 1. Aktes, welches ein gregorianisches (oder gregorianisch-artiges) Thema zugrunde legt. Die Musik also ist ein Schmaus für alle Liebhaber der Spätromantik.


    Dagegen strotzt jedoch das Libretto nur so von herumarchaisierender Sprache, wie ein schlechter englischer Wagner-Abklatsch. Es gibt Brüche in der Dramaturgie (1. Akt: Artus zieht Schwert aus dem Stein und wird dafür zum König gekrönt, unter dem argwöhnischen Blick der Hexe Morgan le Fay und ihrem Sohn Mordred; 2. Akt: Mittlerweile wurde schon ein ganzer Krieg zwischen Artus und Morgan/Mordred geführt, den Artus gewonnen hat, wo man sich fragt: Hätte man da nicht eine Zwischenszene machen können, die zu diesem Krieg irgendeinen Bezug aufbaut? Vom 3. Akt will ich gar nicht erst anfangen), die Figuren bleiben schablonenhaft und im allgemeinen fragt man sich: Braucht es dafür wirklich eine Oper?


    Die andere Seite der Kritik ist die Einspielung. Wir sehen hier eine der ersten vollständigen Aufführungen der Oper, gefilmt im Teatro Real Madrid. Am Dirigierpult steht Jose de Eusebio (der die Originalpartitur teilweise rekonstruiert hat, nachdem sie für einige Zeit verschollen war), Regie führt John Dew. Die Inszenierung war annehmbar, kein großer Wurf. Die Massenszenen wurden ordentlich ausgekostet, aber letztlich hat es Dew nicht geschafft, den Schwächen des Librettos entgegenzuwirken. Jose de Eusebio als Dirigent ist die Mühe um das Werk sicherlich nicht abzusprechen, und im allgemeinen bewältigt das Orchester die Aufgabe recht souverän. Jetzt komme ich jedoch erst zur eigentlichen Schwachstelle. Wie ein Rezensent auf Amazon bereits festgestellt hat, schrieb der Kritiker Edward Greenfield über die Einspielung: ,,Großartig gesungen von einer Starbesetzung". Es tut mir in der Seele weh, sagen zu müssen, dass man davon leider nicht viel merkt. Stuart Skelton in der Rolle des König Artus ist noch relativ angenehm zu hören, eine Meisterleistung ist jedoch was anderes. David Wilson-Johnson in der Titelrolle des Merlin möchte ich auch nicht absprechen, dass er grundsätzlich singen kann. Er leidet ein wenig unter der (nicht ganz optimalen) Klangqualität. Trotzdem war er immer noch besser als Carol Vaness, die die Rolle der sarazenischen Sklavin Nivian übernimmt und dabei wirklich nur die tieferen Töne treffen kann. Doch den Vogel abgeschossen hat wirklich Eva Marton (!) als die böse Hexe Morgan le Fay. Eva Marton, bekanntlich in den 1980er Jahren eine Sängerin mit beeindruckendem Klangvolumen, scheint in der Zwischenzeit eine Nebenausbildung als lebende Fabriksirene gemacht zu haben, denn durch ihr Vibrato wird quasi jeder Ton (bis auf ein paar tiefere im 2. Akt) zu einem oszillierenden Geräusch entstellt. Ein Vergnügen ist wahrlich etwas anderes!


    Leider ist die DVD derzeit alternativlos, wenn man die Oper auf Video sehen möchte. Vielleicht kommt in den nächsten Jahren ja wieder jemand auf die Idee, die Oper aufzuführen mit Sängern, die der grandiosen Musik von Albeniz gerecht werden.


    LG aus Passau,

    Felix Graf Lambsdorff

    ,,Die Kunst ist eben keine hübsche Zuwage, sie ist die Nabelschnur, die uns mit dem Göttlichen verbindet." - Nikolaus Harnoncourt

  • Jean Sibelius

    Sinfonie Nr.2 D-Dur Op.43

    Paavo Berglund

    Chamber Orchestra of Europe

    Live: Finlanida Hall,23.08.1998

    Musik ist höhere Offenbarung als alle Weisheit und Philosophie. Wem meine Musik sich verständlich macht, der muß frei werden von all dem Elend, womit sich die anderen schleppen.

    Ludwig van Beethoven


    Bruckner+Wand So und nicht anders :)

  • Hallo zusammen,


    Nach längerer Inaktivität möchte ich mal wieder zu einem Opernmitschnitt meinen Eindruck mitteilen, nämlich über einen, den ich vor einiger Zeit über die Arte-Mediathek anschauen durfte (man findet ihn noch kostenpflichtig über medici.tv, siehe Dukas's Ariane et Barbe-Bleue (medici.tv), im Folgenden sollte aber klar werden, dass es sich bei einer solchen Darbietung nicht lohnt, Geld zu bezahlen). Es handelt sich dabei um die Oper ,,Ariane et Barbe-Bleue" von Paul Dukas. Ich als jemand, der ein großer Liebhaber der symphonischen Werke Dukas' bin (und diese reduzieren sich nicht auf den ,,Zauberlehrling"), ging mit hohen Erwartungen hinein. Die Handlung der Oper ist relativ schnell erzählt: Ariane soll Herzog Blaubarts sechste Ehefrau werden. Sie bekommt von ihm sieben Schlüssel für die Schatzkammern, den siebten, goldenen darf sie jedoch nicht benutzen. Sie erliegt ihrer Neugierde und benutzt den goldenen Schlüssel. Sie öffnet die Tür und findet dort Blaubarts fünf andere Ehefrauen, die er dort im Verlies festgesetzt hat. Ariane kann einen Ausgang aus dem Verlies finden und die fünf Frauen befreien und schließlich den festgesetzten Blaubart einem wütenden Mob von Bauern übergeben, doch die Frauen sind bereits zu sehr an Blaubart gebunden durch ihre Gefangenschaft und lehnen daher die Freiheit, die Ariane ihnen anbietet, ab. Also eine Emanzipationsgeschichte mit durchaus resignativem Ende.


    Zuerst einmal die positiven Dinge: Die Musik hat meinen Erwartungen durchaus entsprochen, äußerst klangvolle farbenreiche Musik, teilweise in wagnerischer Opulenz, jedoch stets die impressionistisch-virtuose Klangsprache Dukas' verratend, wie man sie aus dem Zauberlehrling kennt. An dem Dirigat von Lothar Koenigs ist nichts auszusetzen, er beherrscht Dukas' Orchesterklänge sehr souverän. Es hätte ein so schönes Hörerlebnis sein können, doch verschiedene Dinge haben das verhindert, die ich im Folgenden ein wenig aufarbeiten möchte. Von meinem leicht satirischen Unterton her sollte man schnell merken, dass ich mich ordentlich geärgert habe.


    Über die gesanglichen Leistungen möchte ich gar nicht allzu viele Worte verlieren. Tomislav Lavoie als Blaubart singt ganz ordentlich, aber nicht allzu viel in dieser Oper. Über die meiste Zeit hat man es mit den Sängerinen von Ariane und ihren Leidensgenossinen zutun, und ,,Leiden" ist hier ein gutes Stichwort. Katarina Karnéus in der Rolle der Ariane singt zwar zumindest auf mittelmäßigem Niveau, die Töne werden halbwegs getroffen, doch halte ich sie für eine Fehlbesetzung. Sie strahlt nicht die Stärke und Entschlossenheit aus, die eine Rebellin für Emanzipation gegen die gesellschaftlichen Normen der Zeit benötigt, sondern verrät in jedem Ton, den sie singt, eine recht divenhafte Selbstgenügsamkeit. Der Gesang der fünf anderen ähnelt mit wenigen Ausnahmen Geschrei mehr als eigentlicher Musik.


    Nun zum eigentlichen Kritikpunkt an der ganzen Sache. Wenn ich anfangs schon gewusst hätte, dass hinter der Produktion das Künstlerkollektiv ,,La Fura dels Baus" steckt, wäre mir diese Aufführung von vornherein spanisch vorgekommen - bzw. in diesem Fall katalanisch. Diese Ansammlung von Kulturphilistern, die aus jeder noch so oberflächlichen und geistlosen Modernisierung dramatischer Stoffe ihre künstlerische Selbstbefriedigung ziehen, hat sich nach der Ring-Inszenierung in Valencia, bei der ich den unbeweglich herumstehenden Darstellern nicht nur Ausdauer, sondern auch gute Thrombosestrümpfe gewünscht hätte, nun zur - gar nicht mal so unlösbaren - Aufgabe gemacht, Dukas' Oper einen frischeren Anstrich zu geben. Vor dem Hintergrund aktueller Themen und Debatten um den Feminismus hätte es da sicherlich genug Ansatzpunkte gegeben. Doch anstatt die Handlung der Oper etwa in eine Waschküche zu verlegen - das hätte ja wenigstens Sinn gemacht -, kam dem ,,Regisseur" Alex Ollé einer dieser für ,,La Fura dels Baus" so typischen Einfälle, die ihresgleichen suchen, hoffentlich aber nie finden. Aus der ganzen Burg Blaubarts wird mehr eine Feiergesellschaft, die Schatzkammer im 1. Akt ist mehr imaginär, die Edelsteine werden durch etwas oberflächliche Lichteffekte ersetzt, die ,,Flucht" aus dem Verlies wird dadurch dargestellt, dass die sechs Frauen einen Berg aus Tischen und Stühlen errichten, um diesen dann zu besteigen und uninspiriert auf ihm stehen zu bleiben, um am Ende wieder runterzugehen. Alles in allem habe ich schon einige moderne Inszenierungen gesehen, die am Ende nicht überzeugt haben und bei denen ich dennoch den Eindruck hatte, dass sie für manche Leute Sinn ergeben könnte. Bei vorliegender fehlte mir die Fantasie dafür.


    So gilt wie so oft: Bleibt abzuwarten auf eine bessere Fassung, oder man greift auf eine der CD-Einspielungen zurück.


    Mit besten Grüßen aus Passau,

    Felix Graf Lambsdorff

    ,,Die Kunst ist eben keine hübsche Zuwage, sie ist die Nabelschnur, die uns mit dem Göttlichen verbindet." - Nikolaus Harnoncourt

  • Nach längerer Inaktivität möchte ich mal wieder zu einem Opernmitschnitt meinen Eindruck mitteilen, nämlich über einen, den ich vor einiger Zeit über die Arte-Mediathek anschauen durfte (man findet ihn noch kostenpflichtig über medici.tv, siehe Dukas's Ariane et Barbe-Bleue (medici.tv), im Folgenden sollte aber klar werden, dass es sich bei einer solchen Darbietung nicht lohnt, Geld zu bezahlen).

    Genau diese Inszenierung aus Lyon kann man auch vollkommen kostenlos hier anschauen. Einstieg in die Oper ab Minute 00:19:00 (vorher werden Instrumente gestimmt).


    https://www.bilibili.com/video…337.search-card.all.click

    CAST
    Alex Ollé | Stage director
    Alfons Flores | Set designer
    Urs Schönebaum | Lighting
    Josep Abril Janer | Costume designer
    Katarina Karnéus | Ariane
    Anaïk Morel | Nurse
    Adèle Charvet | Sélysette
    Hélène Carpentier | Mélisande
    Tomislav Lavoie | Barbe-Bleue
    Margot Genet | Ygraine
    Amandine Ammirati | Bellangère
    Caroline Michel | Alladine
    Orchestre et Chœurs de l'Opéra de Lyon
    Lothar Koenigs | Conductor

    Alles Gute und einen Gruß von Orfeo

  • https://www.bilibili.com/video/BV1Ri4y1t7Fv/?spm_id_from=333.337.search-card.all.clickDa ich gerade dabei bin, auch die folgende Oper gibt es ohne Geld ausgeben zu müssen.

    Ich möchte auf eine kleine Rarität aufmerksam machen, die ich kürzlich auf DVD anhören durfte. Es handelt sich um die Oper ,,Merlin" von Isaac Albeniz.

    Isaac Albeniz (1860-1909): Merlin, DVD

    https://www.bilibili.com/video…t7Fv/?spm_id_from=333.337

    Alles Gute und einen Gruß von Orfeo

  • Danke, lieber Orfeo, für die Hinweise! So kann man besser nachprüfen, ob ich mit meinen Einschätzungen richtig liege. Allerdings fehlen beim Merlin die Untertitel - was dem Verständnis des etwas kryptischen Librettos sicherlich nicht gut tut. Aber das beste dieser Merlin-Einspielung sind meines Erachtens - auch dank der wunderschönen Musik von Albeniz - ohnehin die Tanzeinlagen im 3. Akt. Und die kann man sicherlich auch ohne Untertitel genießen.


    LG aus Passau

    ,,Die Kunst ist eben keine hübsche Zuwage, sie ist die Nabelschnur, die uns mit dem Göttlichen verbindet." - Nikolaus Harnoncourt

  • Gustavo Dudamel abseits des Mainstream

    mit

    Astor Piazzolla - Lalo Schifrin - Alberto Ginastera


    Programm auf der BluRay, die auch als DVD lieferbar ist:


    Piazzolla: Tanzago


    Schifrin: Kontert für Gitarre und Orchester Nr.2 - Concierto de la Amitad

    mit Angel Romero, Gitarre


    Ginastera: Estancia-Ballettsuite


    Piazolla: La muerte del angel

    Adios Nonino

    Oblivion

    Libertango


    mit Seth Asarnow, Zihharmonica (Bandoneon)


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    major, 2016, DTS HD


    Man ist gleich an die Waldbühne Berlin erinnert. Hier ist es das Los Angels PO in der Hollywood Bowl am 2.Augst 2016.

    Der grosse Gitarist Angel Romero als Solist und Lalo Schifrin als Komponist sind dabei. Standing Ovations !

    Ein Konzert das mal andere als gewohnte Töne anspielt - hat richtig Spass gamacht !


    Klangqualität: audiophil

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • Ein großartiges Werk und ebenso großartige Interpreten:


    Johann Sebastian Bach

    Messe in h-Moll BWV 232

    Ruth Holton, Sopran

    Matthias Rexroth, Alt
    Christoph Genz, Tenor

    Klaus Mertens, Bass

    Thomanerchor Leipzig

    Gewandhausorchester Leipzig

    Dirigent: Christoph Biller


    Bach gehört nicht unbedingt zu meinen bevorzugten Komponisten, ein Highlight ist für mich aber immer wieder mal die Hohe Messe in h-Moll. Dafür gibt es keinen besseren Ort als die Leipziger Thomaskirche. Dazu der hier reichhaltig besetzte Thomanerchor und das Gewandhausorchester, das zeigt, dass es auch Barock kann. Christoph Biller leitete 23 Jahre den Thomanerchor, den er künstlerisch in starkem Maße prägte. Das zeigt ganz bestimmt auch diese sehr eindrucksvolle Aufnahme mit jungen Sängern, die mit großer Intensität und Sangesfreude agieren.

    :hello:

    Wenn schon nicht HIP, dann wenigstens TOP


  • Anlässlich des Neuausgabe auf Blu-ray habe ich mir in den letzten Tagen zum mindestens 10. Mal den "Jahrhundertring" aus Bayreuth in der Inszenierung von Patrice Chéreau angeschaut und angehört. Damit habe ich diese Aufzeichnung, die damals in der Fernsehübertragung meine Liebe zu Wagner geweckt hat, nun schon auf Laserdisc (falls sich noch jemand erinnert, was das ist), auf DVD und nun auf Blu-ray besessen. Zu dieser "Ring"-Produktion muss ich hier nichts sagen, ich beschränke mich auf die technische Qualität der Neuausgabe. Das Bildmaterial wurde dafür neu in HD gemastert, was eine deutliche Verbesserung gegenüber der DVD gebracht hat (bessere Schärfe und Kontrast). Das Bild wurde also nicht einfach nur auf 1080p hochgerechnet, wie es leider bei vielen Neuveröffentlichungen älterer Opern-Aufzeichnungen auf Blu-ray der Fall ist. Dennoch kommt das Bild natürlich nicht an eine aktuelle HD-Aufnahme heran, und es ist weiterhin im 4:3-Format. Etwas anderes war auch kaum zu erwarten, weil damals in diesem Format für das Fernsehen gefilmt wurde. (Ich erwähne das nur, weil es in einer jpc-Rezension negativ vermerkt wird.) Auch die Tonqualität ist merkbar besser als bei der DVD (als PCM Stereo und 5.1 DTS-HD Master in jeweils 16 Bit verfügbar). Aber auch hier merkt man, dass die Aufnahme in den frühen 1980ern entstand und nicht 2022.


    Neben den 4 Teilen auf je einer Bluray enthält die Box auch die sehr sehenswerte Dokumentation "The Making of the Ring".


    Mein Fazit: Dieser "Ring" liegt nun endlich in einer zufriedenstellenden Bild- und Tonqualität vor. Auch für Besitzer der DVD-Box lohnt sich die Neuanschaffung, und wer diesen "Ring" noch nicht hat, wird ohnehin gleich zur Blu-ray-Ausgabe greifen.

    Der Traum ist aus, allein die Nacht noch nicht.

  • Lieber Bertarido


    pure dumme Neugier. Wenn ich den Text bei jpc richtig interpretiere, handelt es sich wahrscheinlich um eine Aufführung, die die meisten Kollegen hier dem RT zuordnen würden?

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  • Lieberv Bertarido


    pure dumme Neugier. Wenn ich den Text bei jpc richtig interpretiere, handelt es sich wahrscheinlich um eine Aufführung, die die meisten Kollegen hier dem RT zuordnen würden?

    Ja, das ist wohl so, obwohl diese Frage natürlich abschließend nur diese Kollegen beantworten können. :) Man kann aber sagen, dass auf der Bühne genau das passiert, was im Libretto steht und durch die Musik ausgedrückt wird. Es gibt Rheingold-Klumpen und einen Riing, Wotan trägt einen Speer, die Riesen sind riesig, der Walkürenfelsen wird wirklich von Feuer umrankt, Siegmund zieht ein echtes Schwert aus der Esche usw. Nur findet die Handlung nicht in einer mythologischen Vorzeit statt, sondern entwickelt sich von der Mitte des 19. Jahrhunderts bis hin zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Eine Zeit, in der die Industrialisierung tief in die Natur eingegriffen hat und die erste Szene Rheingold an einem Staudamm stattfindet, Mimes Schmiede eine dampfbetriebene Maschine ist usw. Betont werden die kapitalismuskritischen Aspekte des Rings. Walhall ist ein historistisches Gründerzeitpalais und Wotan der Patriarch einer Industriellenfamile, dessen Gier nach Reichtum und Macht seinen Untergang herbeiführt. Die Nibelungen sind die Proletarier, die in den Minen schuften, und Alberich träumt davon, selbst einmal der Boss zu werden, nachdem er den als Prostituierten dargestellten Rheintöchtern, die ihn als armen Schlucker abgewiesen haben, ihr Gold geraubt hat. Gunther tritt im Smoking auf, und Gutrune ist eine elegante höhere Tochter, die Siegfried umgarnt. Was aber jenseits dieser Deutung den besonderen Reiz der Inszenierung für mich ausmacht, ist die geniale Personenregie (ein Profi wie Werner Hintze mag mir da widersprechen, aber ich empfinde es so). Man achte auf die Blickkontakte von Siegmund, Sieglinde und Hunding im 1. Akt "Walküre", das finde ich ganz große Regiekunst. Siegmunds Tod (Wotan stößt ihm selbst den Speer in den Rücken und umarmt dann in tiefster Trauer den sterbenden Sohn) und sein Abschied von Brünnhilde (ihre Umarmung während des grandiosen orchestralen Höhepunktes ist perfekt getimed) sind tief bewegend gestaltet usw. - ich könnte seitenlang weiterschreiben. Die Qualität der Sängerinnen und Sänger kann man in einigen Fällen bemängeln, aber schauspielerisch sind die meisten kongeniale Partner des Regisseurs. Kann man Loge oder Mime besser spielen als Heinz Zednik es hier tut? Die mädchenhafte Brünnhilde besser als Gwyneth Jones? Das ist und bleibt mein "Ring" für die einsame Insel.

    Der Traum ist aus, allein die Nacht noch nicht.

  • Ja, das ist wohl so, obwohl diese Frage natürlich abschließend nur diese Kollegen beantworten können. :) Man kann aber sagen, dass auf der Bühne genau das passiert, was im Libretto steht und durch die Musik ausgedrückt wird. Es gibt Rheingold-Klumpen und einen Riing, Wotan trägt einen Speer, die Riesen sind riesig, der Walkürenfelsen wird wirklich von Feuer umrankt, Siegmund zieht ein echtes Schwert aus der Esche usw. Nur findet die Handlung nicht in einer mythologischen Vorzeit statt, sondern entwickelt sich von der Mitte des 19. Jahrhunderts bis hin zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Eine Zeit, in der die Industrialisierung tief in die Natur eingegriffen hat und die erste Szene Rheingold an einem Staudamm stattfindet, Mimes Schmiede eine dampfbetriebene Maschine ist usw. Betont werden die kapitalismuskritischen Aspekte des Rings. Walhall ist ein historistisches Gründerzeitpalais und Wotan der Patriarch einer Industriellenfamile, dessen Gier nach dem Gold seinen Untergang herbeiführt. Die Nibelungen sind die Proletarier, die in den Minen schuften, und Alberich träumt davon, selbst einmal der Boss zu werden, nachdem er den als Prostituierten dargestellten Rheintöchtern, die ihn als armen Schlucker abgewiesen haben, ihr Gold geraubt hat. Gunther tritt im Smoking auf, und Gutrune ist eine elegante höhere Tochter, die Siegfried umgarnt. Was aber jenseits dieser Deutung den besonderen Reiz der Inszenierung für mich ausmacht, ist die geniale Personenregie (ein Profi wie Werner Hintze mag mir da widersprechen, aber ich empfinde es so). Man achte auf die Blickkontakte von Siegmund, Sieglinde und Hunding im 1. Akt "Walküre", das finde ich ganz große Regiekunst. Siegmunds Tod (Wotan stößt ihm selbst den Speer in den Rücken und umarmt dann in tiefster Trauer den sterbenden Sohn) und sein Abschied von Brünnhilde (ihre Umarmung während des grandiosen orchestralen Höhepunktes ist perfekt getimed) sind tief bewegend gestaltet usw. - ich könnte seitenlang weiterschreiben. Die Qualität der Sängerinnen und Sänger kann man in einigen Fällen bemängeln, aber schauspielerisch sind die meisten kongeniale Partner des Regisseurs. Kann man Loge oder Mime besser spielen als Heinz Zednik es hier tut? Die mädchenhafte Brünnhilde besser als Gwyneth Jones? Das ist und bleibt mein "Ring" für die einsame Insel.

    Vielen Dank für Deine informativen Ausführungen .... So langsam kommt doch noch ein Interesse für den alten Knaben Wagner auf!

  • und sein Abschied von Brünnhilde (ihre Umarmung während des grandiosen orchestralen Höhepunktes ist perfekt getimed) sind tief bewegend gestaltet


    Dieses Beispiel hätte ich ebenfalls genannt. Wenn jemand das in dieser Inszenierung nicht berührend findet, sollte der- oder diejenige mit mindestens drei Folgen "Musikantenstadl" bestraft werden.


    LG :hello:

    "Was Ihr Theaterleute Eure Tradition nennt, das ist Eure Bequemlichkeit und Schlamperei." Gustav Mahler

  • Hier kann man die ganze Szene bis zum Ende des Aktes anschaiuen:



    Man achte mal darauf, wie die beiden Personen zueinander stehen. Am Anfang Wotan dominierend, Brünnhilde unterwürfig auf dem Boden izu ihm aufblickend und hre Bestrafung erwartend, und dann entwickelt es sich genau in die andere Richtung: Wotan kniet vor ihr, birgt sein Gesicht voller Trauer, sein geliebtes Kind aufgeben zu müssen, und sie streichelt ihm tröstend das Haar. Und dann die Umarmung von Vater und Tochter in gegenseitiger Liebe und Anerkennung. Wie das hier von der Regie gestaltet ist und von den beiden Akteuren umgesetzt wird, finde ich großartig und tief berührend.

    Der Traum ist aus, allein die Nacht noch nicht.



  • Gestern Nacht endlich dazu gekommen, hörte und sah ich das "Rheingold" aus der berühmten "Jahrhundertring"-Produktion von Chéreau/Boulez in der neuen Blu-ray-Ausgabe. Bertarido hat zur technischen Seite eigentlich alles gesagt. Tatsächlich ist das in der nun erfolgten Aufbereitung ein Meilenstein. Ich möchte noch hinzufügen, dass der Klang auch ungleich besser ist als in der CD-Ausgabe, die es eine Zeitlang gab und die ich wegen des faden Klangbildes nie mit Genuss hören konnte.


    Wäre Regietheater wie hier, ich könnte getrost damit leben. Tatsächlich hatte ich zumindest im Vorabend der Tetralogie eigentlich nicht das Gefühl, dass hier werkentfremdend herumgebastelt worden wäre. Das ist in sich stimmig, nah am Libretto und schauspielerisch sehr gekonnt umgesetzt. Alle Beteiligten agieren auch wirklich als Sängerschauspieler, was nicht unwichtig erscheint. Es fällt nicht leicht, einzelne Akteure besonders hervorzuheben, aber Heinz Zednik als Loge ist unglaublich und Hermann Becht als Alberich ebenfalls bezwingend.

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Wäre Regietheater wie hier, ich könnte getrost damit leben.


    Zeigt das nicht vielleicht an, dass die generalisierende und unspezifische Verwendung des Begriffs für alles, was irgendwie nach halbwegs modernem Theater aussieht, nicht sonderlich sinnvoll ist?


    LG :hello:

    "Was Ihr Theaterleute Eure Tradition nennt, das ist Eure Bequemlichkeit und Schlamperei." Gustav Mahler

  • Zeigt das nicht vielleicht an, dass die generalisierende und unspezifische Verwendung des Begriffs für alles, was irgendwie nach halbwegs modernem Theater aussieht, nicht sonderlich sinnvoll ist?


    LG :hello:

    Beim Betrachten fragte ich mich, ob man das Chéreau-"Rheingold" als RT bezeichnen sollte. Es ist jedenfalls weiter entfernt von dem Klamauk, der derzeit an der Berliner Staatsoper veranstaltet wird, als von Otto Schenks alter Met-Inszenierung.

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Beim Betrachten fragte ich mich, ob man das Chéreau-"Rheingold" als RT bezeichnen sollte. Es ist jedenfalls weiter entfernt von dem Klamauk, der derzeit an der Berliner Staatsoper veranstaltet wird, als von Otto Schenks alter Met-Inszenierung.


    Damit wird der Begriff "Regietheater" dann aber endgültig als beliebig entlarvt. Man hat nach seiner Premiere über Chereaus "Ring" ähnlich gesprochen und gewütet, wie man es jetzt teilweise über aktuelle heutige Inszenierungen tut. Die Vorwürfe waren dabei nahezu identisch - nicht "werktreu", unnütze "Zutaten" etc.


    Wenn man die Nicht-Verbindlichkeit von Ort und Zeit des Librettos als ein Schlüsselmerkmal von "Regietheater" nimmt, dann wird man sich wohl kaum der Schlussfolgerung entziehen können, dass Chereaus Produktion zum "Regietheater" gehört.


    LG :hello:

    "Was Ihr Theaterleute Eure Tradition nennt, das ist Eure Bequemlichkeit und Schlamperei." Gustav Mahler

  • Ich hatte oben ja schon in der Antwort auf astewes darauf hingewiesen, dass in dieser Inszenierung keine Veränderung der Handlung stattfindet: Auf der Bühne passiert das, was im gesungenen Text beschrieben und musikalisch ausgedrückt wird. Die Handlung findet eben nur nicht in einer mythologischen Vorzeit statt, Wotan ist mehr Industriebaron als Gott usw. Das mag man als "RT light" bezeichnen, wenn man den Begriff "Regietheater" denn unbedingt verwenden will. Ein Hardcore-Traditionalist wie Alfred wird freilich auch eine solche Inszenierung ablehnen, weil er auf "originalgetreuen" Kostümen und Kulissen besteht.

    Der Traum ist aus, allein die Nacht noch nicht.

  • Ich hatte oben ja schon in der Antwort auf astewes darauf hingewiesen, dass in dieser Inszenierung keine Veränderung der Handlung stattfindet: Auf der Bühne passiert das, was im gesungenen Text beschrieben und musikalisch ausgedrückt wird. Die Handlung findet eben nur nicht in einer mythologischen Vorzeit statt, Wotan ist mehr Industriebaron als Gott usw. Das mag man als "RT light" bezeichnen, wenn man den Begriff "Regietheater" denn unbedingt verwenden will. Ein Hardcore-Traditionalist wie Alfred wird freilich auch eine solche Inszenierung ablehnen, weil er auf "originalgetreuen" Kostümen und Kulissen besteht.


    Vor allem verstößt Chereau damit gegen das Diktum, dass Ort und Zeit der Handlung des Librettos nicht verändert werden dürfen. Diese "Vorgabe" kommt beileibe nicht nur von Alfred.


    LG :hello:

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  • Norbert

    Hat den Titel des Themas von „Was höre und sehe ich zur Zeit“ zu „Was höre und sehe ich zur Zeit: KLASSIK auf BLU-RAY - DVD - VIDEO - - - OPER - SINFONIE - KONZERT - LIED“ geändert.


  • Es folgte der erste Tag des Bühnenfestspiels vom Bayreuther "Jahrhundertring", aufgenommen 1980 im Festspielhaus unter Studiobedingungen. Das Wälsungenpaar Peter Hofmann und Jeannine Altmeyer sowie Matti Salminen als Hunding liefern einen bravourösen ersten Aufzug. Die Überraschung hier gerade Hofmann, Ende der 1970er Jahre eine große Hoffnung des Wagnergesangs, hier tatsächlich in sehr überzeugender Form und optisch idealtypisch, was verständlich macht, wieso sich große Dirigenten wie Karajan, Bernstein und Levine damals um ihn rissen. Vielleicht die Rolle seines Lebens. Wenig später begann der jähe Niedergang, von dem hier glücklicherweise noch nichts spürbar ist. Donald McIntyre gibt glaubwürdig den gealterten Wotan, dem der jugendliche Übermut im "Rheingold" bereits weitgehend verlorengegangen ist. Hanna Schwarz verkörpert eine eiskalte und im entscheidenden Moment dominierende Fricka. Gwyneth Jones als titelgebende Figur führt die Walkürenschar an. Obwohl eigentlich nur zwei Jahre jünger als McIntyre (und insofern damals auch schon Mitte vierzig), klappt das Vater-Tochter-Verhältnis hier, ohne absurd zu anzumuten. Boulez beschränkt sich größtenteils auf eine adäquate Begleitung und drängt sich nicht in den Vordergrund, vom Ansatz her gewiss moderner als seine Bayreuther Vorläufer Knappertsbusch, Keilberth, Böhm und Stein. Das Bild weiterhin gestochen scharf, der Stereoklang räumlich und nicht mehr mulmig wie in früheren Ausgaben.

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões



  • Mit etwas Verzögerung wurde nun der "Jahrhundertring" bei mir vollendet. Zweiter und dritter Tag der Tetralogie folgten in der letzten Woche sukzessive. Die Inszenierung bleibt weitestgehend schlüssig und überzeugend, selbst wenn ich in Detailfragen nicht immer voll überzeugt bin (aber wo ist man das andererseits schon). Im "Siegfried" tritt mit Manfred Jung sodann der letzte ganz große Protagonist hinzu. Insgesamt ist seine Leistung gewiss als gut zu bezeichnen, wenngleich man dem damals 40-Jährigen zumal Jung-Siegfried nicht wirklich abnimmt. Da hätte ich mir dann doch lieber René Kollo gewünscht, der - obwohl drei Jahre älter - der jugendlichere Typ war und auch sängerisch für meine Begriffe noch überzeugender. Kollo sang in den ersten drei Jahren dieser Produktion zumindest den Siegfried in der gleichnamigen Oper, ab 1979 wurde er dort von Jung abgelöst, der den "Götterdämmerungs"-Siegfried bereits seit 1977 übernahm (im Premierenjahr 1976 war dies Jess Thomas). Formidabel in jeder Hinsicht wiederum Heinz Zednik, diesmal als Mime. Besser geht's nicht. Auf ähnlichem Niveau der Wanderer von Donald McIntyre, der in den stärksten Szenen präsent ist. Überhaupt, der dritte Aufzug des "Siegfried", oft als Schwachstelle abgetan, erschien mir hier als Höhepunkt. Besonders die Szene Wanderer-Siegfried ist eine der wichtigsten im ganzen "Ring". Die sonstige Besetzung gibt keinen Anlass zum Tadel. In der "Götterdämmerung" kommt mit Franz Mazura ein Gunther hinzu, der mal wirklich durchaus herrscherliche Statur besitzt und diese oft recht blasse Figur in einer Weise zeichnet, dass sie mir näherkam. Fritz Hübner ist nicht der stimmlich imposanteste Hagen (er war auch der Fafner im "Siegfried"), aber macht dies durch seine gute Gestaltung wieder wett. Hermann Bechts kurze Alberich-Auftritte in beiden Teilen auf dem gewohnten sehr guten Niveau. Jeannine Altmeyer gibt eine überzeugende Gutrune. Bei Gwyneth Jones als Brünnhilde scheiden sich ja die Geister. Ich fand sie darstellerisch durchgängig exzellent. Stimmlich könnte man dies und das kritisch anmerken, wobei ich finde, dass diese Unzulänglichkeiten in "Siegfried" und "Götterdämmerung" deutlicher zu Tage treten als noch in der "Walküre". Die übrigen Rollen, die ich nicht extra anführte, sind allesamt stimmig besetzt. Das Fehlen des Wotans in der "Götterdämmerung" erschien mir diesmal recht schmerzlich, was gewiss auch an der großartigen Charakterstudie McIntyres liegt, die hier abgeht. Indes hat der Abschluss der Tetralogie natürlich seine ganz großen Momente, ist insgesamt ja auch der symphonischste Part des "Rings". Gerade das Hagen-Thema hat schon eine Wucht sondergleichen. Genial auch die Überleitung von Morgendämmerung zu Rheinfahrt. Und natürlich der Trauermarsch, aber auch das Zwischenspiel vor der Waltrauten-Szene im ersten Aufzug. Boulez ist ein guter Begleiter, der sich wohl ganz bewusst nie in den Vordergrund spielt, was m. E. freilich dazu führt, dass dies orchestral nicht die ergreifendste Aufnahme ist. In der Summe eine gelungene Gesamtproduktion und wahrscheinlich das beste Beispiel, wie "Regietheater Light" bei Wagner funktionieren kann, wenn die richtigen Leute damit betraut sind.

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    – Luís de Camões

  • Ein Hoch auf youtube, das die Produktion der "Bernauerin" des Wiener Volkstheaters von 1998 bietet. Eine damals von mir heiß ersehnte und dann doch verpasste Inszenierung - hatte ich doch eine besondere Beziehung zu dem Stück. Als Studienanfängerin(Theaterwissenschaft) war ich als Regieassistentin bei der Nürnberger Bernauerin mit von der Partie. Ein Open-air-Projekt anlässlich des achtzigsten Geburtstags von Carl Orff auf dem Nürnberger Hauptmarkt. Regie:Hans Peter Lehmann.
    Nun also die Wiener Version (Thomas Langhoff), in der jedes der 13 Bilder durch eine Texteinblendung eröffnet wird. Jeweils eine Art Überschrift und ein Zitat.
    Die Texte kamen mir sehr bekannt vor, nach genauem Abgleichen der Beweis: Sie wurden so gut wie 1:1 von meiner Inhaltsangabe im Nürnberger Programmheft übernommen.
    Die ersehnte Vorstellung verpasst, aber unwissentlich und ungefragt einen bescheidenen Beitrag dazu geliefert - was will man mehr.
    Die Angelegenheit ist verjährt, no damage done, wenn auch aufs copyright gepfiffen.
    Verjährt oder allzu verblasst ist aber hoffentlich nicht die Erinnerung derer, welche die beiden erwähnten Bernauerin-Inszenierungen erlebt hatten. Es würde mich auch besonders interessieren, welche Resonanz die Wiener Fassung von 1998 bei der Kritik hatte.
    Die Protagonisten der Nürnberger Produktion waren Peter Fricke, ein aristokratischer, schon äußerlich idealer Albrecht mit brillanter Diktion und beeindruckendem Pathos als Liebender und Verzweifelter.
    Ilse Neubauers Agnes : bildhübsch und anmutig, mit wohlklingender, nicht piepsiger Stimme, nicht maniriert-exaltiert, eine sympathische, anrührende Darstellung der Baderstochter.
    (Dass Tobias Moretti, auch er ein großartiger Sprecher, in der Darstellung doch mehr an einen Bauernburschen erinnert, mag wohl zu Lasten der Regie gehen)
    Wie gesagte, vielleicht hat ja jemand die eine oder andere Inszenierung noch auf dem Schirm, ich würde mich über Rückmeldungen freuen.
    Mit heißen Grüßen aus Nürnberg, derzeit 30 Grad