Digitaler Skandal: kopierte Wiederholungen

  • Loge, Du hast in der Tat Beispiele genannt, die etwas unkonkret sind und eher eine Richtung angeben. Ein pp oder ein cresc. z.B. sind nur relative Vorgaben, die ziemlich unkonkret sind und dem Ausführenden relativ große Spielräume bei genauer Einhaltung bieten. Das macht das Vergleichen von Interpretationen ja so spannend.


    Die Angabe: "Takt 34 bis 68 wiederholen" ist dagegen eine konkrete und völlig unmissverständliche.


    Gruß,



    Uwe

    Ich bin ein Konservativer, ich erhalte den Fortschritt. (Arnold Schönberg)

  • Zitat

    Original von Edwin Baumgartner


    Das heißt, daß (die betreffenden) Wiederholungen Irrtümer des Komponisten sind, die ein besserwissender Interpret ausbügelt. Damit bügelt er zwar auch ein paar Proportionen weg, aber wenn es dem eiligen Zuhörer hilft...


    :hello:


    Natürlich nicht. Von Irrtümern kann keine Rede sein. Das Wiederholungszeichen ist zunächst einmal ganz bewusst eingefügt worden. Die Frage ist nur, ob es - jedenfalls im Falle der Exposition einer Sonatenhauptsatzform - auch eingefügt worden wäre, wenn der Komponist von technischer Reproduzierbarkeit gewusst hätte. In modernen Kompositionen der letzten 5 Jahrzehnte gibt es solche Wiederholungen (in welcher formalen Anlage auch immer) denn auch nicht mehr. [Oder kann jemand ein modernes Stück mit auszuführenden Wiederholungen im besprochenen Sinne nennen?]


    Das Argument mit den Proportionen ist äußerst wage. Denn die maßgeblichen Proportionen eines Musikstücks ergeben sich weniger aus der zeitlichen Länge seiner (wiederholten) Teile zueinander als vielmehr aus der Summe der Innenspannungen seiner Teile. Und hier wird es sehr schwierig. Reine Zeitmessungen jedenfalls helfen hier nicht. Man muss schon Takt für Takt und über das gesamte Stück hinweg die harmonischen Spannungen und Verhältnisse analysieren, um sich hier eine Meinung bilden zu können. Wer also behauptet, in der großen C-Dur Sinfonie von Schubert MÜSSTEN die zahlreichen Wiederholungen unbedingt ausgeführt werden, um die im Stück verborgenen musikalischen Proportionen zu wahren, dem steht aus meiner Sicht eine umfangreiche, äußert anspruchsvolle Argumentation bevor.


    Lass übrigens das "eilig" beim Zuhörer weg und es wird tatsächlich ein beachtliches Argument daraus.


    Loge

  • Zitat

    Original von Loge
    Die Frage ist nur, ob es - jedenfalls im Falle der Exposition einer Sonatenhauptsatzform - auch eingefügt worden wäre, wenn der Komponisten von technischer Reproduzierbarkeit gewusst hätte. In modernen Kompositionen der letzten 5 Jahrzehnte gibt es solche Wiederholungen (in welcher formalen Anlage auch immer) denn auch nicht mehr. [Oder kann jemand ein modernes Stück mit auszuführenden Wiederholungen im besprochenen Sinne nennen?]


    Die technische Reproduzierbarkeit ist für ein nicht für Tonträger konzipiertes Werk relativ belanglos.


    Und: Was sind Wiederholungen "im besprochenen Sinne"?

    Zitat

    Das Argument mit den Proportionen ist äußerst wage. Denn die maßgeblichen Proportionen eines Musikstücks ergeben sich weniger aus der zeitlichen Länge seiner (wiederholten) Teile zueinander als vielmehr aus der Summe der Innenspannungen seiner Teile.


    Das glaube ich nicht. Stelle Dir ein Stück vor, in dem 20 min lang sich harmonisch fast nichts tut und dann 1 Minute sehr viel. Ist das nicht unproportioniert? Nach Deiner These müßten die 2 Teile "gleichgewichtig" sein und das Ergebnis ausgewogen.
    :hello:

  • Zitat

    Original von Kurzstueckmeister
    Die technische Reproduzierbarkeit ist für ein nicht für Tonträger konzipiertes Werk relativ belanglos.


    Eigentlich ist sie das auch für z.B. Tonbandstücke. Jedes notierte Stück ist doch beliebig oft reproduzierbar. Im 19. Jh. reproduzierte man zu Hause 4-händig am Klavier. Und Klavierstücke konnte man sich sowieso dauernd vorspielen. Diese haben auch Wiederholungen - trotzdem.

  • Zitat

    Original von Loge
    Die Frage ist nur, ob es - jedenfalls im Falle der Exposition einer Sonatenhauptsatzform - auch eingefügt worden wäre, wenn der Komponisten von technischer Reproduzierbarkeit gewusst hätte.


    Salü,


    ausgehend davon, dass Wiederholungen grds. zu spielen sind, verstehe ich das Zitierte nicht. Prinzipiell ist es doch kein Unterschied für mich, ob ich ein Werk live mit Wiederholungen oder aus der Dose mit Wiederholungen höre.


    ?(


    Zum Glück ( :D ) gibt's auch Gegenbeweise für Loges These: Mozarts Werke für mechanische Orgelwalze: Auch hier notiert Mozart Wiederholungen, welche bei der Produktion der Walzen "ausgeschrieben" wurden. Natürlich klingen sie in diesem Falle "absolut gleich", da die Walze nicht interpretieren kann - aber es wurde im Prinzip nicht kopiert, sondern erneut gesetzt [was in diesem speziellen Falle auf das gleiche hinauskommt, dem Komponisten aber bewußt war!]. Zeitzeugen berichten von einer Spieldauer von rund 8 Minuten, was sich mit den meisten heutigen Einspielungen auf einer Kirchenorgel [mit Wiederholungen] deckt.


    Liebe Grüße


    Ulli

    Die Kunst ist [...] vielleicht das Denken des Herzens.
    (Blaise Pascal, 1623-1662)

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  • Die technische Reproduzierbarkeit ist außerdem zweitrangig, weil Dirigenten/Interpreten, die Wdh. auslassen, die im Konzert ja fast immer ebenso ausgelassen haben wie auf Schallplatte. Daraus, dass die Zuhörer die Stücke heute ja schon kennen, könnte man dann ebensogut folgern, dass man sie gar nicht mehr spielen müßte, es kennt sie ja eh jeder... :rolleyes:


    Natürlich sind die Überlegungen zu den Proportionen relativ vage. Sie werden aber in ihre simpelsten Form von all den Interpreten implizit anerkannt, die z.B. in der 5. oder 8. von Beethoven oder in einigen Haydn- und Mozart-Sinfonien die Kopfsatzwdh. machen, bei anderen Sätzen dagegen nicht. Weil ihnen die Sätze sonst zu kurz und damit zu "leichtgewichtig" erscheinen. Ebenso vermute ich, dass die Wdh. in Finale der 5. oft weggelassen wird, weil der Satz sonst zu lang für den Rest der Sinfonie scheint (ich bin nicht der Ansicht, es ist aber ein komplexerer, da ja strittig ist, ob im 3. Satz das Trio zweimal kommen soll, wie die neuesten Ausgaben wohl nahelegen)
    Natürlich ist das "Gewicht" nicht schlichtweg mit der Länge identisch. Aber es ist auch keineswegs unabhängig davon. Eine Bruckner-Sinfonie mit 4 Sätzen a ca. 8 min. wäre offensichtlich eine völlig andere Erfahrung. ;)


    Die "Weglasser" sind m.E. fast immer hochgradig inkonsistent. Bei Menuett/Scherzo Sätzen werden nämlich die Doppelstrich-Wdh. im Hauptteil oft dann doch gespielt, wiederum vielleicht weil die Sätze
    ohnehin kurz sind.
    Anders als Khampan bin ich keineswegs der Ansicht, dass das ein k.o. für die jeweiligen Interpretationen sein muß. Es schmälert meine Freude allerdings häufig erheblich und es gibt ja inzwischen auch sehr viele hervorragende Aufnahmen, die die Wdh. angemessen berücksichtigen.


    Letztlich sehe ich wie Uwe die Beweislast klar verteilt. Wer spielt was dasteht, muß das nicht extra begründen, wer davon abweicht durchaus. Egal ob es Hörner statt Fagotten oder ignorierte Wdh. sind.
    Und die Begründungen scheinen mir größtenteils eher fadenscheinig zu sein.


    viele Grüße


    JR

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Zitat

    Original von Loge


    Ich will Dir Deine Freude ja nicht verderben, aber das ist ohnehin eine Illusion. Trotz der vielen Vortragszeichen, die eine Partitur enthält, bleiben riesige Beurteilungsspielräume und Rätsel. ...


    nett, diese Flucht in Scheinargumente.
    Es ist ein Unterschied, ob man nicht genau weiß, wie sich der Komponist etwas vorgestellt hat, oder ob man weiß, wie er es sich sehr wahrscheinlich nicht vorgestellt hat.



    Zitat

    Original von Johannes Roehl
    Daraus, dass die Zuhörer die Stücke heute ja schon kennen, könnte man dann ebensogut folgern, dass man sie gar nicht mehr spielen müßte, es kennt sie ja eh jeder... :rolleyes:


    der gefällt mir :D


    Khampan

  • Ich möchte von mir aus nur noch ergänzend bemerken, dass es mir nicht um die Fage ging, ob man eine Wiederholung nun spielen sollte/muss oder nicht, etc.


    Ich meine, dass Loge recht hat, wenn er als Grund für eine Wiederholung der Themen in der Exposition bei der Sonatenhauptsatzform, beispielsweise, annimmt, dass dieses der Einprägsamkeit halber so vom Komponisten gesetzt worden ist. Es mag sein, dass hier und dort - wobei wir das doch unseren genialen Freunden nicht unterstellen wollen/sollten - diese formale Struktur auch ganz schlicht nur noch funktionslose Manier war (vielleicht war das ja bei dem ein oder anderen Epigonen der Fall, aber... :beatnik: ). Die einzige Alternative Funktion, die genannt wurde, ist, dass der Tanzbarkeit halber so komponiert wurde, aber das überzeugt mich nicht. Die Wiederholung in der Exposition - und einzig um die geht es bei meinen Beiträgen - hat auch definitiv keine strukturierende Funktion, wie der Refrain. Ich glaube nicht, dass man hier eine andere Funktion finden kann als die, dass es der Einprägsamkeit der Themen halber - ursprünglich - so gemacht wurde. Auch die mechanische Orgelwalze als Gegenbeispiel hilft hier IMO nicht weiter (ganz abgesehen davon, dass mir überhaupt nicht klar ist, ob Ulli von einer Wiederholung der Themenvorstellung in der Exposition redet - denn noch einmal: nur um diese geht es mir).

    Viele Gruesse.
    Holger.

  • Zitat

    Original von Holger
    Auch die mechanische Orgelwalze als Gegenbeispiel hilft hier IMO nicht weiter (ganz abgesehen davon, dass mir überhaupt nicht klar ist, ob Ulli von einer Wiederholung der Themenvorstellung in der Exposition redet - denn noch einmal: nur um diese geht es mir).


    Salü,


    hier geht es um die Wiederholungen an sich - da ist jene der Expo inkludiert, also: ja


    :yes:


    Ulli

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    (Blaise Pascal, 1623-1662)

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  • Es kann auch ganz anders kommen:
    Es gab da bei einer Cello-Klavier-Produktion eine sauschwere Passage in einem neuen Werk, welche nur so vor Oktavläufen strotzte.


    Ich habe diese 24 Takte lange Stelle genau zweimal hinbekommen.
    Beim anschließenden Schneiden müssen diese zwei Versionen dann hintereinander "geparkt" worden sein und....vergessen worden sein.


    Zum allergrößten Erstaunen auch für den Komponisten gab es dann bei dieser Passage plötzlich ein imaginäres Wiederholungszeichen auf der fertigen CD, da diese Stelle zweimal, allerdings leicht unterschiedlich-da wirklich zweimal gespielt- erklang.


    Dies gefiel dem Komponisten dann so gut, daß er diese unbeabsichtigte Wiederholung nachträglich in sein Werk aufgenommen hat.....
    =)


    Michael

  • Hallo Michael,



    :hahahaha:


    Tolle Anekdote.


    Viele Grüße


    :hello:

  • Zitat

    Original von Holger
    Ich möchte von mir aus nur noch ergänzend bemerken, dass es mir nicht um die Fage ging, ob man eine Wiederholung nun spielen sollte/muss oder nicht, etc.


    Sondern?
    Was du schriebst, sollte letztlich ein Argument dafür sein, Wdh. ebensogut wegzulassen, weil wir, da wir die Stücke schon kennen, mit dem themat. Material vertraut sind und die Hauptfunktion der Wdh. in der Steigerung der Vertrautheit besteht. Ist die Begründung nicht stichhaltig, dann auch das Weglassen nicht (es sei denn es gibt alternative Gründe).


    Zitat


    Ich meine, dass Loge recht hat, wenn er als Grund für eine Wiederholung der Themen in der Exposition bei der Sonatenhauptsatzform, beispielsweise, annimmt, dass dieses der Einprägsamkeit halber so vom Komponisten gesetzt worden ist. Es mag sein, dass hier und dort - wobei wir das doch unseren genialen Freunden nicht unterstellen wollen/sollten - diese formale Struktur auch ganz schlicht nur noch funktionslose Manier war (vielleicht war das ja bei dem ein oder anderen Epigonen der Fall, aber... :beatnik: ). Die einzige Alternative Funktion, die genannt wurde, ist, dass der Tanzbarkeit halber so komponiert wurde, aber das überzeugt mich nicht. Die Wiederholung in der Exposition - und einzig um die geht es bei meinen Beiträgen - hat auch definitiv keine strukturierende Funktion, wie der Refrain. Ich glaube nicht, dass man hier eine andere Funktion finden kann als die, dass es der Einprägsamkeit der Themen halber - ursprünglich - so gemacht wurde. Auch die mechanische Orgelwalze als Gegenbeispiel hilft hier IMO nicht weiter (ganz abgesehen davon, dass mir überhaupt nicht klar ist, ob Ulli von einer Wiederholung der Themenvorstellung in der Exposition redet - denn noch einmal: nur um diese geht es mir).


    Ich habe langsam keine Lust mehr, alles dreifach zu wiederholen. Woher die Wiederholung historisch kommt, ist weitgehend klar. Ursprünglich rührt es von den Tanzformen her, dann gab es Gelegenheit zur Auszierung usw.
    Sie ist also keineswegs dazu eingeführt worden, dass man sich das Material besser merken kann. Selbstverständlich kann sie später AUCH diese Funktion gehabt haben. Ich halte es aber a) für zweifelhaft, dass das die einzige oder auch zu zentrale Funktion war und b) für noch zweifelhafter, dass das heute ein Grund wäre auf die Expo zu verzichten. Im Gegenteil müßte man dann in Mahlersinfonien Wiederholungen reinschreiben, damit die Leute sich das Material leichter merken können (etwa in langen und komplexen Sätzen wie 7, i und 9,i) ;)
    Der Hauptsatz in Beethovens 9. ist annähernd so komplex wie der der Eroica, mnemotechnisch wäre eine Wdh. gewiß sinnvoll. Aber sie fehlt. Der Kopfsatz in op.59,1 ist ebenfalls länger und nicht weniger komplex als der in #2. #1 hat gar keine Wdh., #2 sogar noch die "obsolete" des 2. Satzteils. Offenbar spielte tatsächlich die Gesamtlänge des Satzes eine Rolle.
    Soll man nach Informationsstand des Publikums entscheiden? Wenn Beethovens 7. gespielt wird, die Wdh. weglassen, wenn Haydns 48., die weniger Leute gut kennen, alle Wdh. spielen? :hahahaha: Das mag man sogar überlegen, aber das sind doch wohl rein pragmatische, keine künstlerischen Erwägungen.


    Es gibt zweifellos eine Entwicklung weg von den Wdh. bis zum horror repetitionis der 2. Wiener Schule. Aber die zeigt sich dann dadurch, dass sie eben gar nicht gefordert werden, wie in Beethovens 9 oder Brahms 4. oder bei Bruckner. Selbst Mahler fordert sie noch in 1 und 6. Daraus kann man aber nicht schließen, dass man sie bei Mozart und Beethoven weglassen kann, wenn sie noch klar dasteht. Und wenn sie eben keine bloße Routine ist, sondern differenziert eingesetzt wird, wie Beethovens drei Quartette op.59 oder die späten Klaviersonaten zeigen. opp.106 und 111 haben die Wdh., strukturell wichtig, aber auch als äußerer Gegensatz zu "freieren" Kopfsätzen wie in op.109.


    Ebenso ist es keineswegs ein ausreichender Grund, Wdh. wegzulassen wenn es sich irgendwann um ein "funktionsloses", erstarrtes", aber verbindliches Formelement gehandelt hätte. Verbindliche Formelemente mögen ja wohl bitteschön beachtet werden, denn sie machen in ihrer Gesamtheit die Form aus.
    Natürlich hat sie eine strukturierende Funktion, nur halt nicht ganz so offensichtlich wie ein Refrain, denn zentrale dramaturgische Übergänge in der Sonatenform sind u.a. Expo -> Durchf, Durchf -> Reprise und ggf. Reprise -> Coda. Und die werden anders gehört, je nachdem, ob die Wdh. vorgesehen ist oder nicht und beachtet wird oder nicht. Es geht hier auch nicht nur um die Vertrautheit, sondern um harmonische Entwicklungen und Spannungen. Khampan hat anderswo etliche Bsp. relativ ausführlich erläutert.


    viele Grüße


    JR

    Struck by the sounds before the sun,
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    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Hallo Khampan,


    endlich gibt es den ersten Thread zu diesem interessanten Thema, dass Du schon mehrfach angesprochen hast! :jubel: =)


    Ich bin ein Freund der Wiederholungen insbesondere bei Symphoniesätzen der Klassik - irgendwie fehlt mir was, wenn das unterbleibt und ich hab am Ende das Gefühl, dass es das nicht gewesen sein kann. Außerdem ist ja die Überleitung einmal anders als zuletzt etc.pp.
    Bei Liveaufnahmen und interessanten Studioproduktionen sollten sich doch gewisse Steigerungen heraushören lassen - z.B. ging man in der Exposition schon einmal durchs Feuer, das anschließend nochmals kommt; gleich kann das nicht klingen, es muss wohl noch mehr Spannung aufgebaut werden etc.
    Und daher ist es meiner Meinung nach eine Sauerei und auch eine sterile Frechheit, die einfach zu kopieren... :boese2:


    Der Oberknaller sind echt Instrumentenaussetzer, Stühleknarren, Huster, Verspieler oder Flugzeuglärm ( 8o ) in doppelter Ausführung, an die man sich regelrecht gewöhnt beim Hören;
    Übrigens - aus einem vollständig anderen Bereich: auch im Pop hab ich sowas schon wahrgenommen, dass allein an der Sprache erkennbar war, was geschnitten wurde, da gab´s dann z.B. einen Refrain in 2 verschiedenen Ausführungen, die ähnlich waren, aber eben nicht gleich und beide immer wieder Wiederholt wurden - wenn ein und dieselbe Person ein und dasselbe Wort 2 x minimal verschieden spricht bzw. betont, fällt das schon auf...


    Frage: Wie konntest Du eigentlich so genau messen? (bis aufs Prozent genau) - Was ist Dein Verfahren? :angel:
    Ich wüsste gar nicht, wie ich das akurat vergleichen könnte... ?(


    :hello:
    Stefan

    Viva la libertà!

  • Ich stimme Johannes Roehl vollinhaltlich zu.
    Mozarts Klavierkonzerte kann ich mir ohne die "Orchestereinleitung", die ja im Grunde die erste Exposition vor der wiederholten mit dem Klavier ist, überhaupt nicht vorstellen. Wenn die prinzipielle Wiederholung von Expositionen überflüssig ist, warum hat Mozart dann immer so ausführliche Orchesterexpositionen in seine Konzerte komponiert? Dass Komponisten Wiederholungszeichen schreiben, akzeptiere ich als verbindlich vorgesehen, andernfalls würden sie es dazu vermerken (wenn es egal wäre). Wenn ich einen Sonatensatz höre, freue ich mich auf die Wiederholung der Exposition, weil sich mir dann die Themen noch besser einprägen und ich bei der Verarbeitung in der Durchführung sowie bei der Reprise die Nuancen viel deutlicher wahrnehme.
    Was das Kopieren „tongleicher“ Abschnitte betrifft, so könnte ich mir persönlich nicht vorstellen, einfach mit „Copy and Paste“ zu arbeiten. Ich plane, irgendwann für mich privat Schuberts G-Dur Sonate aufzunehmen. Dieses Werk ist natürlich „noch ewig länger“ mit der Wiederholung, aber für mich absolut unvorstellbar ohne sie bzw. ich müsste mich vor mir selbst genieren, wäre ich zu dem Schritt der Kopie bereit.


    Herzlicher Gruß
    Alexander

    Freundlicher Gruß
    Alexander

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  • Interessant, was da diskutiert wird.


    Mir fällt dazu ein, daß mir erzählt wurde - beim Beethovenfest 2006, als Pletnev alle 5 Beethovenklavierkonzerte an 2 Tagen spielte - hätte man nach der Aufführung noch einmal die Stellen gespielt, die entweder nicht so gut gelungen waren oder durch Huster u.ä. verhunzt wurden.


    Ich wollte das kaum glauben, aber, wenn ich Eure Texte lese, kommt mir das nicht mehr so absurd vor.


    Die Pletnev-Konzerte sind ja zum Teil erschienen, Publikumslärm ist da nicht zu hören.


    Die gleiche Frage stellt sich dann beim Konzertmitschnitt der Beethovensonaten, gespielt von Luccesini.


    Wenn die Schipselei so normal ist, wieso werden dann - auch hier im Forum - die Sonaten von Annie Fischer eher negativ, weil synthetisch erzeugt beurteilt.


    Vielleicht bin ich zu naiv, aber noch nie habe ich mich gerne bewußt beschummeln lassen. Das ist dann wie mit den fertigen Speisen, alles am Computer komponiert, um den beliebigen Geschmack zu produzieren.


    Haben Eurer Kenntnis nach die Interpreten bei der Schnipselei ein Mitspracherecht. Das wäre ja dann auch wieder eine originäre Leistung.


    Gruß aus Bonn :no: :no: :no: :no: :no: :no:

    Was Du nicht willst, das man Dir tu, das füg auch keinem andern zu

  • Hallo Khampan,


    Zitat

    Original von Khampan


    im Klartext: wer sich die doppelte Arbeit macht ist einfach nur bescheuert?
    Ich weiß ja wir haben alle einen an der Meise, und das ist gut so.


    Das ist doch nun wirklich abwegig, dass Wiederholungen kopiert würden, weil die Musiker so faul sind. Bekannte Ensembles reisen um die Welt und spielen überall das gleiche, aber im Tonstudio geht ihnen schnell die Puste aus, so dass sie nur das ihres Erachtens absolut Unerlässliche spielen, den Rest dann halt von der Technik erledigen lassen.
    Weitaus spannender fände ich die Frage, was von wörtlichen Wiederholungen (ganz gleich, ob kopiert) zu halten ist. Auch dabei glaube ich aber nicht, dass eine pauschale Antwort weiterhilft.
    Man muss sich in ästhetischen Fragen vielmehr dem Einzelfall widmen.


    - In der Aufnahme von Haydns op. 33 / 3 durch das Buchberger Quartett gibt es z. B. eine Wiederholung, die durch bestimmte Verzierungen variiert wird. Ist diese Variierung zulässig oder sogar geboten (wenngleich ein "ungeschriebenes" Gesetz)? Spielen da die Buchbergers gut?


    - Glenn Gould war ein bekennender Wiederholungsweglasser. Auch wenn seine Begründung dafür (die ich jetzt gerade nicht im Kopf habe) falsch ist, müsste man diese sich erstmal angucken. Oft ist man doch in der merkwürdigen Situation, dass eine bestimmte Interpretation insgesamt zwar nicht befriedigt, aber in einigen (vielleicht sogar falschen Punkten) interessant ist.
    Und wenn Gould andererseits in Bach-Suiten Wiederholungen spielt, dann tempo- und dynamikmäßig vernehmlich unterschiedlich und um jeweils andere Stimmen zu akzentuieren.


    Andererseits würde ich nicht ausschließen, dass es Fälle gibt, in denen ganz wörtliche Wiederholungen sinnvoller sind. Dem technischen Entstehungsprozess einer Aufnahme nachzuforschen, statt sich Gedanken über das klingende Ergebnis zu machen, halte ich für verfehlt.


    Viele Grüße


    :hello:

  • Hallo Stabia,

    Zitat

    Haben Eurer Kenntnis nach die Interpreten bei der Schnipselei ein Mitspracherecht


    Die Dirigenten, Solisten und Kammermusiker in jedem Fall.
    Orchestermusiker normalerweise nicht.


    Zitat

    hätte man nach der Aufführung noch einmal die Stellen gespielt, die entweder nicht so gut gelungen waren oder durch Huster u.ä. verhunzt wurden.


    Aber dies ist bei einem kommerziellen Life-Mitschnitt absolut gang und gäbe.


    Zitat

    Vielleicht bin ich zu naiv, aber noch nie habe ich mich gerne bewußt beschummeln lassen


    Dann darfst Du aber keine CDs mehr hören.... :angel:


    LG,
    Michael

  • Hallo Johannes,


    Irgendwie fühle ich mich missverstanden.
    Mir ging es nicht um Wiederholungen allgemein, sondern um Wiederholungen in der Exposition der Themata. Die taucht eben bei der Sonatenhauptsatzform auf, aber auch sonst immer mal. Es geht mir also um das ganz spezifische Phänomen der Wiederholung der Exposition, d.h. der Vorstellung der (normalerweise zwei, zunächst Tonart der Tonika, dann Tonart der Dominante) musikalischen Themen ganz zu Anfang eines Satzes - wie das etwa bei den ersten Sätzen von Klaviersonaten ganz regelmäßig vorkommt. Ich glaube nicht, dass diese spezifische Wiederholung der zentralen Themata am Anfang eines Satzes irgendwie von der Tanzmusik herrührt. Die einzige sinnvolle Erklärung ist, dass die Themen wiederholt wurden, damit klar wird, dass es sich dabei um die Hauptthemen handelt und dass sich diese gut einprägen - damit man nämlich bei der folgenden Variation der Themen in der Durchführung am Ball bleiben kann.


    Ob man deshalb die Wiederholungen deshalb nun heute weglassen sollte, weiß ich nicht. Ich würde sagen: eher nein, nicht weglassen.
    Wenn man einen Sonatensatz mag und die Themen, die zu Beginn vorgestellt und dann in der Durchführung variiert werden, dann mag man sie auch gerne 2x hören; wenn die Sonate einem über ist oder man sie eh nie mochte, dann tut's jawohl auch nichts, ob man sie nun 1x oder 2x spielt, am besten spielt man sie dann vermutlich gar nicht - wenn man nicht gerade zufällig Berufsmusiker ist.
    :hello:

    Viele Gruesse.
    Holger.

  • Hallo Uwe,


    Zitat

    Original von Uwe Schoof
    Es gibt ja häufig in der Tat belegbare und nachvollziehbare musikalische Gründe, die das Einhalten von Wiederholungen „zwingend“ vorschreiben. [...]Der Hauptgrund ist jedoch, dass es der Komponist eben so wollte und das Musikstück eben so ist wie es ist.


    Dieser "Hauptgrund" ist mir ein zu schwaches Argument. Da ist mir eine Interpretation lieber, die schnoddrig auf Wiederholung verzichtet (Gould z. B.), als ausnahmsloses ehrfurchtsvolles Erstarren vor der hohen Künstler-Persönlichkeit. Und sei auch schließlich der einzige Nutzen davon, dass man merkt, dass so die Proportionen verdorben und die Wiederholung mithin eben doch zwingend ist.
    Das Phänomen der weggelassenen Wiederholungen berührt ja auch die Frage, ob eine Interpretation sich immer 1 : 1 nach den Vorgaben der Partitur und der entsprechenden Aufführungspraxis zu halten haben. Wenn man das bejaht, sehen die auch hier oben im Thread gelobten alten Meister wie z. B. Furtwängler ganz besonders alt aus.


    Viele Grüße


    :hello:

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  • Hallo Stefan,


    danke für deinen Zuspruch, tut zwischendurch mal ganz gut :)

    Zitat

    Original von Barezzi
    Frage: Wie konntest Du eigentlich so genau messen? (bis aufs Prozent genau) - Was ist Dein Verfahren? :angel:
    Ich wüsste gar nicht, wie ich das akurat vergleichen könnte... ?(


    Das technische Verfahren habe ich in meinem ersten Posting erklärt. Ich markiere nur Anfang und Ende der Passagen in denen sich eine Auslöschung ergibt (nicht immer totale Auslöschung, z.B. bei Analogaufnahmen, oder wenn künstlicher Hall verwendet wurde wie reichlich in Immerseels Schubert, spielt aber keine Rolle), die Dauer der Auslöschung läßt sich mit den üblichen Markierungen beliebig genau ablesen, 1/10 Sekunde reicht allemal. Das ganze kommt in eine Tabelle, die mir die Prozentzahlen automatisch ausrechnet.


    Das ist überhaupt keine Hexerei, ich hoffe ja daß noch andere auf den Geschmack kommen. Man erfährt nebenbei einiges über die Unterschiede in vermeintlich langweiligen Wiederholungen.



    Zitat

    Original von Stabia
    Wenn die Schipselei so normal ist, wieso werden dann - auch hier im Forum - die Sonaten von Annie Fischer eher negativ, weil synthetisch erzeugt beurteilt.


    Vielleicht bin ich zu naiv, aber noch nie habe ich mich gerne bewußt beschummeln lassen. Das ist dann wie mit den fertigen Speisen, alles am Computer komponiert, um den beliebigen Geschmack zu produzieren.


    Haben Eurer Kenntnis nach die Interpreten bei der Schnipselei ein Mitspracherecht. Das wäre ja dann auch wieder eine originäre Leistung.


    Die Schnipselei ist normal, und darum geht es in diesem Thread eigentlich nicht. Wie gesagt, ich akzeptiere gerne 500 - 1000 Schnitte auf einer CD, wenn ich davon nichts bemerke. Musiker und Produzent sind dafür verantwortlich, daß die Schnipsel zusammenpassen, es wird vielleicht nie so aus einem Guß werden wie in einem guten Konzert, dafür braucht man keine Ausrutscher zu befürchten, und der Interpret bekommt die Gelegenheit, seine Interpretation sogar noch mehr auszuarbeiten (dadurch daß er zwischendurch abhören und die Wirkung kontrollieren kann) als er normalerweise dazu in der Lage ist.
    In diesem Kompromißrahmen zwischen technischer Perfektion und musikalischem Zusammenhalt bewegen wir uns normalerweise.


    Jetzt kommen einige Schlaumeier auf die Idee, wo die CD-Aufnahmen doch eh schon so künstlich sind, können wir uns die blöde Arbeit sparen, Wiederholungen doppelt aufzunehmen, und zu meinem maßlosen Erstaunen wird das von einigen Hörern sogar für völlig in Ordnung befunden. Diese Kopiererei ist NICHT normal, wie ich hoffentlich zeigen konnte, auch wenn das in der Diskussion über Sinn und Unsinn von Wiederholungen etwas unterzugehen droht.
    Ich bitte darum, Schnipselei und Kopiererei auseinanderzuhalten.
    Zur Schnipselei gibt es schon zahllosse Threads, ebenso zu dem Sinn von Wiederholungen im allgemeinen, siehe Aspekte zu Wiederholungszeichen und 'Ja, fällt denen denn gar nichts mehr ein' - vom Unsinn und Sinn der Wiederholung
    Es wäre mir lieb, wenn dort entsprechend weiterdiskutiert werden könnte.


    Interpreten haben natürlich ein Mitspracherecht beim Schnitt, es wird aber sehr unterschiedlich davon gebrauch gemacht. Die Verantwortung für das musikalische Ergebnis liegt letztlich beim Interpreten, er hat sogar das Recht, seine Zustimmung zur Veröffentlichung zu verweigern, wenn er mit dem Ergebnis nicht zufrieden ist. Manche Interpreten mögen CDs eher für Abfallprodukte ihrer Konzerttätigkeit halten und dem Abhören verschiedener Schnittversionen keine große Bedeutung beimessen. Dieser Verdacht drängt sich mir z.B. im Fall von Günter Wand auf (siehe Brahms Nr. 3).


    Ob die in meiner "schwarzen Liste" genannte extreme Kopiererei mit Wissen oder auf Veranlassung der Interpreten geschieht, ist mir noch ein großes Rätsel. Ich hatte im Lauf meiner Jahre so engen Kontakt zu zahllosen Musikern, daß ich das normalerweise ausschließen würde. Am besten es fragt mal einer bei Herrn Immerseel nach. Ich habe die CD nicht gekauft, also werde ich das nicht tun.


    :hello: Khampan


  • Danke m. L. für die Erweiterung m. W.


    [ot]Hast Du die beiden Takte schon live erleben können?[/ot]


    :hello:


    Ulli

    Die Kunst ist [...] vielleicht das Denken des Herzens.
    (Blaise Pascal, 1623-1662)

  • Zitat

    Original von Kontrapunkt
    Das Phänomen der weggelassenen Wiederholungen berührt ja auch die Frage, ob eine Interpretation sich immer 1 : 1 nach den Vorgaben der Partitur und der entsprechenden Aufführungspraxis zu halten haben.


    Hier kann man dieselbe Redenierung folgen wie bei Regie: "Staubi" ja oder "Regie" ja.


    LG, Paul


  • nein, das ist wohl labormusik :]

  • Hallo Paul,


    Zitat

    Original von musicophil


    Hier kann man dieselbe Redenierung folgen wie bei Regie: "Staubi" ja oder "Regie" ja.


    LG, Paul


    Das habe ich leider nicht verstanden.


    Viele Grüße


    :hello:

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  • Salü,


    'ne zwischengestellte Frage: Machen die Tonkleinmeister deswegen Hall drauf, um die Schnitte [wegen möglichem abweichenden Geräuschpegels] zu vertuschen?


    ?(


    Ulli

    Die Kunst ist [...] vielleicht das Denken des Herzens.
    (Blaise Pascal, 1623-1662)

  • Hallo Ulli,
    ich würde nicht generell nein sagen, aber einen schlechten Schnitt wird man auch mit viel Hall hören können, einen guten Schnitt hört man i.d.r. nicht.


    Allerdings höre ich auf meiner Anlage so ziemlich jeden mißratenen Schnitt und habe damit schon den einen oder anderen Tonmeister sehr genervt.


    Der Pegel sollte sowieso angeglichen werden, wer das vergißt, hat extrem gepennt.


    Ich persönlich habe überhaupt nichts gegen geschmackvolle Dosen von Zusatzhall.
    Je nachdem wie mies der Aufnahmeraum war, bleibt eh nichts anderes übrig.
    Für mich gilt immer, daß es dann ok ist, wenn es nicht auffällt.


    Leider fällt es sehr oft auf...... X(


    :wacky:


    Michael

  • Zitat

    Original von Kontrapunkt


    Das habe ich leider nicht verstanden.


    Wenn bei einer Oper steht: "Zeit: um 1550", dann wird ein "Staubi" diese Zeitandeutung berücksichtigen, und die Inszenierung so machen, daß Zuschauer die Idee bekommen, es spielt im 16. Jhdt. Er befolgt also die Anweisung(en).


    Ein "Regie" dagegen gönnt sich die Freiheit "frei" interpretieren zu dürfen und ggfs. nicht 1:1. Hier würde dann z.B. das Geschehen in der heutigen Zeit statt finden.


    Du siehst also, diese Meinungsunterschiede spielen auch an anderer Stelle.


    LG, Paul

  • Zitat

    Original von Kontrapunkt
    Man muss sich in ästhetischen Fragen vielmehr dem Einzelfall widmen.


    Recht hat er, der Kontrapunkt.


    Zitat

    Glenn Gould war ein bekennender Wiederholungsweglasser.


    Und auch damit. Womit wir zum Punkt kommen. Alle ganz großen Musikgestalter (Mahler [so die Überlieferung], Furtwängler, Karajan, Bernstein, C. Kleiber [mit umgekehrten Vorzeichen, indem er gerade die Wiederholungen gerne spielte, die sonst keiner brachte] bei der Dirigenten oder Gould und Rubinstein bei den Pianisten) pfiffen regelmäßig auf die Wiederholungszeichen und befreiten die Werke so von den Resten einer unnötigen Konvention. Mit der künstlerischen Substanz und dem Geist eines Werkes haben die Wiederholungen ohnehin nichts gemein. Oder sollen diese etwa darin bestehen, etwas "wortwörtlich" zweimal zu sagen? Wenn Beehoven etwas mehrfach sagen wollte, wie z. B. in seiner Sonate op.2,1, die er den treffenden Worten Joachim Kaisers zufolge wohl nach dem Motto "Du musst es dreimal sagen" komponierte, so schrieb er vieles eben dreimal aus - dabei aber jedesmal anders! Alles andere ist für Statistiker. Jedenfalls gilt das ab dem späten Mozart und Folgende, denn von hier an, gab das Entwicklungsprinzip den Ton an. Ich wiederhole es gerne: Da stören Wiederholungen nicht selten - jedenfalls für heutige hörerfahrene Ohren, die oftmals das ganze Werk schon im Geiste überblicken.


    Loge

  • Hallo,
    für mich gehört in der klassischen Sonatenform die Exposition unbedingt wiederholt.


    Ich bedauere es jedesmal, wenn ich als Orchestermusiker bei z.B. einer Brahms-Sinfonie diese Wiederholung weglassen muß, weil es der Maestro so will.


    Egal, ob schon alles gesagt war oder nicht, aus Gründen der Struktur eines Werkes gehört für mich die Wiederholung einfach dazu.
    Davon einmal abgesehen, daß sich bei der Wiederholung meistens sehr schöne und sinnvolle Unterschiede im Vergleich zum ersten Durchlauf einbauen lassen können-ja geradezu müssen.


    Eine Brahms 3.Sinfonie ohne die Wiederholung der Exposition finde ich z.B. unerträglich.


    In zwei Wochen führe ich die 4.Sonate C-Dur von Beethoven auf.
    Um Gottes Willen, ich glaube, kein Cellist auf der Welt käme auf die Idee, die Exposition nicht zu wiederholen-hoffentlich. ?(


    Zitat

    und befreiten die Werke so von den Resten einer unnötigen Konvention. Mit der künstlerischen Substanz und dem Geist eines Werkes haben die Wiederholungen ohnehin nichts gemein.


    Von meiner Seite, lieber Loge, leider ein großer Protest.
    Ich habe noch niemals gehört, daß die Wiederholung der Exposition eine unnötige Konvention wäre.


    Eher habe ich das Empfinden, daß Rücksicht darauf genommen wird, daß die Zuhörer heutzutage vielleicht schneller gelangweilt sein könnten.


    Bei einer CD-Wiedergabe, wo man eventuell eher nach dem nächsten Höhepunkt lechzt als in einem Konzert, da das visuelle fehlt, wäre mir das verständlich.


    Zitat

    jedenfalls für heutige hörerfahrene Ohren, die oftmals das ganze Werk schon im Geiste überblicken.


    Auch hier Widerspruch!
    Wir alle sollten uns auf unsere "hörerfahrenen Ohren" nicht zu viel einbilden.
    In früheren Zeiten, vor der Erfindung des Grammophons, war es unter Musikliebhabern durchaus üblich, nur die Partitur zu lesen oder einen Klavierauszug heranzuziehen.


    Natürlich macht man das als Liebhaber heutzutage immer noch so, aber früher war das eigentlich selbstverständlich und viel weiter verbreitet.


    Ich werfe durchaus in den Ring, daß frühere Generationen von Musikliebhabern in der Lage gewesen sind, ein ganzes Werk im Geiste zu überblicken.
    Vielleicht sogar besser.


    Gruß,
    Michael

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