Boris Lyatoshynsky - Die 5 Symphonien

  • An dieser Stelle möchte ich Euch gerne die 5 Symphonien des ukrainischen Komponisten, Dirigenten und Lehrer Boris Lyatoshynsky (1895 - 1968 ) vorstellen.


    Symphonie Nr. 1 A-Dur op. 2


    Symphonie Nr. 2 h-moll op. 26


    Symphonie Nr. 3 h-moll op. 50 "25 Jahre Oktoberrevolution"


    Symphonie Nr. 4 h-moll op. 63


    Symphonie Nr. 5 C-Dur op. 67 "Slawische"


    Die Werke wurden vom Ukrainian State Symphony Orchestra mit dem Dirigenten Theodore Kuchar eingespielt und sind bei Marco Polo (8.223540, 8.223541, 8.223542) erschienen.


    Die symphonische Ballade "Grazhyna" op. 58 wurde an die Aufnahme der ersten Symphonie gekoppelt.


    Die Musik zeichnet sich durch große Melodiebögen und einer straffen Dramatik aus. Oft wechseln sich lyrische Themen mit radikalen ab. Plötzliche Wutausbrüche verklären sich ebenso schnell wie sie entstanden sind.


    Die Werke sind vor allem Kraftakte für die Bläsergruppen und das Schlagwerk.


    Wer die Musik von Schostakowitsch, Prokofieff oder Steinberg mag, wird diesen Werken auch nicht widerstehen können.


    Mein Favorit ist die zweite Symphonie. vor allem der geniale Schlußsatz hat mich tief beeindruckt.


    Viel Spaß beim hören.


    Davidoff

    Verachtet mir die Meister nicht

  • Hallo Davidoff,
    auf Marco Polo hab ich nur die 1. Sym.
    dafür auf Russian Disc 1-3 + Klavierkonzert, Romeo u. Julia Suite,
    div. Overtüren dann 4. +5. auf cpo, auf Harmonia Mundi Polnische Suite und einige andere Orchesterwerke.

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    Die Musik ist fesselnd, zum Teil klingts wie Korngold oder eben Filmmusik der goldenen Ära :yes:
    Aber wirklich gut gemacht.... ;)


    Gruß
    embe

  • Hallo embe, da hast Du ja mehr als ich kenne! 8o


    Das Klavierkonzert und die anderen Orchesterwerke würden mich auch interessieren.


    So habe ich halt noch etwas zu entdecken! :yes:


    Davidoff

    Verachtet mir die Meister nicht

  • Hallo Christian,


    Zitat

    Original von Davidoff
    Wer die Musik von Schostakowitsch, Prokofieff oder Steinberg mag, wird diesen Werken auch nicht widerstehen können.


    das mag schon sein.


    Jedoch:
    Boris Lyatoshinskys (1895-1968):
    Symphonie Nr. 1 A-dur, opus 2 1917-19

    Ukrianian State Symphony Orchestra, Theodore Kuchar
    Marco Polo, 1994, 1 CD



    die ich gestern während einer hoch interessanten Musik-Höraktion bei Jörg / Klingsor erstmals kennenlernte, würde ich eindeutig als eine Mischung aus Alexander Scriabin und Reinhold Glière (Symphonie Nr. 3 "Ilya Murometz") charakterisieren. - Mit Schostakowitsch und Prokofiew hat dieses fabelhafte frühe Opus also noch wenig bis gar nichts zu tun.


    Insofern würde mich interessieren, ob es noch weitere Werke Lyatoshinskys gibt, die stilistisch ähnlich einzuordnen sind wie seine I.


    Schöne Grüße
    Johannes

  • Die erste Symphonie klingt noch etwas "unaufgeräumt". Lyatoshynsky hat sie als Abschlussarbeit für das Konservatorium komponiert und in ihr, wie ich finde, zuviel reingepackt.


    Die von mir bereits angesprochene zweite Symphonie stellt in ihrem Aufbau und ihrer Themenverarbeitung ein viel reiferes Werk da, also der ungestüme Erstling.


    Davidoff

    Verachtet mir die Meister nicht

  • Hallo,
    die zweite Sinfonie gefällt mir auch sehr gut.
    Ich besitze eine ältere Melodija--Schallplatte mit dem Ukrainischen Staatsorchester, die auch klanglich sehr gut ist.


    Die dritte Sinfonie habe ich in einer Aufnahme unter Mrawinski, muß aber sagen, daß ich die zweite Sinfonie klar bevorzuge.


    Bei ukrainischen Komponisten gibt es überhaupt einiges zu entdecken.
    Von Lew Rewutzki, einem Zeitgenossen von Lyatoschinski, besitze ich auf Schallplatte eine wunderbare Sinfonie sowie ein sehr interessantes Klavierkonzert.
    Leider sind diese Aufnahmen nie auf CD herausgekommen.


    Gruß,
    Michael

  • Dieser thread brach vor über sieben Jahre ab, die damaligen Diskutanten sind gesperrt oder entschwunden, Zeit den Faden wieder aufzugreifen. Anlass ist die Wiederveröffentlichung der 5 Symphonien von Lyatoshynsky (oder Lyatoshinsky) durch Naxos. Ob dies mit dem derzeitigen Interesse an der Ukraine zusammenhängt oder Zufall ist, weiß ich nicht, ist ja letztendlich auch egal.



    Zuerst einige biographische Daten, die bisher unterschlagen wurden. Geboren am 3. Januar 1895 (damit im kommenden Jahr 120. Geburtstag) in Zhytomyr, das heute in der Ukraine liegt (120 km westlich von Kiew). Lyatoshynsky war damit vier Jahre jünger als Prokofieff und 11 Jahre älter als Shostakovich. Von 1914-18 studierte er in Kiev Jura und nahm daneben Kompositionsunterricht bei Reinhold Gliere. Ab 1919 unterrichtete er selbst am Konservatorium in Kiev und wurde dort 1935 Professor. Ab 1956 war er führend im sowjetischen Komponistenverband tätig. Er starb am 15. April 1968 in Kiev.


    Wie die meisten Komponisten seiner Generation hatte Lyatoshynsky immer wieder Probleme mit der Kommunistischen Partei und den Forderungen des "Sozialistischen Realismus". Das gilt auch für die 2. und 3. Symphonie. Die 1935-36 komponierte 2. Symphonie durfte zuerst gar nicht aufgeführt werden und erlebte erst 30 Jahre später ihre Uraufführung. Die 1951 komponierte 3. Symphonie musste der Komponist mehrfach umarbeiten, bis sie 1955 durch Mravinsky in Leningrad ihre UA erlebte.


    Nachdem ich jetzt die Symphonien 2-5 gehört habe, denke ich dass 2 und 3 die gelungensten sind und empfehle jedem, mit diesen zu starten. Die erste, die ich nicht kenne, ist nach vielfachen Aussagen noch etwas unausgegoren.


    Lyatoshynsky gilt als Vater der ukrainischen Symphonie. Für meine Ohren klingt seine Musik russisch und zwar russischer als die von Prokofieff oder Shostakovich. Ich würde eine direkte Linie ziehen wollen von Mussorgsky über Tschaikovsky und Borodin, Glasunow, Gliere und Scriabin zu Lyatoshinsky. Er entwickelt diese Linie weiter, reichert sie an mit Zutaten aus dem deutschen Expressionismus und von Gustav Mahler. Seine Musik klingt völlig anders als die von Prokofieff oder Shostakovich, so dass hier eine unabhängige Entwicklung zu verfolgen ist, die bei seinem Schüler Silvestrov endet. Und nach dem Hören dieser zwei Symphonien gibt es m.E. einen Komponisten, der maßgeblich durch Lyatoshynsky beeinflusst wurde, das ist der von mir und Wolfgang (Teleton) hochgeschätzte, eine Generation jüngere Andrej Eshpai.


    Die 2. Symphonie, dreisätzig, 30 min Spieldauer ist die vielleicht originellere (interessanterweise erinnert sie an einigen Stellen an ... Arnold Bax), die 3. Symphonie, klassisch viersätzig, 46 min sicher die effektvollere. Das könnte eigentlich ein "Blockbuster" werden. Dem melodischen und rhythmischen Schwung des Finalsatzes mit bei Mahler abgehörter Apotheose kann man sich kaum entziehen. Dieser Satz als Filmmusik, der Oscar wäre ihm sicher gewesen.


    Das alles sind vorläufige Höreindrücke, die sicher noch vertieft werden müssen, aber bei dieser CD kann man - wenn man einen oder alle genannten Komponisten schätzt - nichts falsch machen.


    Für das Ukrainische Orchester unter Theodore Kuchar ist dies natürlich ein Heimspiel, die Aufnahme ist o.k. An manchen Stellen hört man ein wenig den typischen Hangar-Klang, aber nicht so, dass es wirklich stört.

  • Als ich das Wiederaufleben des Threads am 19. Dezember 2014 bemerkte, habe ich die - nunmehr bei Naxos wiederaufgelegten - und daher sehr günstig zu habenden - Sinfonien auf meine Jänner- Bestelliste gesetzt - und am 8. Jänner wurden sie an mich abgeschickt. Ich habe mir vorgenommen, nach und nach diese Sinfonien zu hören und subjektive Eindrücke zu schildern. Seit vorgestern höre ich nun die erste Sinfonie. Wenn ich einen mir bis dato unbekannten Komponisten kennenlernen will, beginne ich meist mit seinen ersten Werken, da hat sich der Personalstil noch nicht so entwickelt, weil meist von seinen Lehrern beeinflusst. Zudem beurteile ich das Werk nicht in Relation auf allenfalls "reifere" Werke - weil ich sie nicht kenne. Das kann ein Vorteil - aber auch ein Nachteil sein. In sämtlichen mir zur Verfügung stehenden Konzertführern, aber auch in meinem 4 bändigem Musiklexikon wird Komponist und Werk verschwiegen, bzw ignoriert. Ich bin also auf WIKIPEDIA, dieseen Thread, aber auch auf das eigentlich recht gute, englischsprachige Booklet von Naxos angewiesen, wenn ich näheres wissen und weitergeben will.
    Die Komposition der ersten Sinfonie zieht sich über einige Jahre hinweg und wurde anfangs auch nicht komplett aufgeführt.
    Die Arbeit fand noch während der Studien des Komponisten am Konservatorium in Kiew statt. Zuerst wurde der zweite Satz geschrieben, der als eigenständiges Stück gedacht war und den Namen "Lyrisches Gedicht" trug. Das war 1917, Lyatoshinsky, war damals 22 Jahre alt und er dirigierte die Uraufführung selbst. Später folgten dann die beiden anderen Sätze, die Sinfonie war 1919 fertiggestellt, die Uraufführung fand indes erst 1923 statt und zwar unter dem Dirigat von Reinhold Gliere, der sowohl Lyatoshynskys Kompositionslehrer, als auch Direktor des Konservatoriums war.
    Ich habe mir das Werk 3 mal angehört, weil ich relative Schwierigkeiten hatte, Themen zu erkennen, alles wirkte auf mich zwar durchdacht, aber dennoch ein wenig amorph.
    Der erste Satz beginnt sehr verhalten, fast könnte man sagen belanglos, steigert sich dann aber in eine gewisse Unruhe hinein, die immer wieder unterbrochen wird. Die Spannung wird weder durch ein rasantes Tempo, noch durch hohe Lautstärke erzielt, sondern durch den Kontrast von melancholischer Ruhe in den tiefen Lagen des Orchesters und andauernden Störungen durch andere diskantbetonte Instrumente. Der Satz endet mit einem Tusch, bzw Fanfaren.
    Der zweite Satz ist - von den schon weiter oben beschriebenen Störungen abgesehen durchwegs lyrisch, aber auch eine Spur abgründig. Ich habe selten aus meunen Lautsprechern so tiefe Orchestertöne bei gleichzeitig minimaler Lautstärke gehört. Der dritte Satz ist - gemessen an debeiden anderen - eher extrovertiert und heiter - aber auch das nur oberflächlich. Generell ist die gesamte Sinfonie von einer verhaltenen Unruhe durchzogen, die ich nicht beschreiben kann. Ob die lediglich ein Kennzeichen dieser Sinfonie - oder aber Personalstil des Komponisten ist - das wird die Zukunft zeigen....
    Wie die meisten Sinfonien entes auch diese hier mit einem "triumpierenden" Finale...
    Wenngleich die Sinfonie in Etappen (mit zusätzlichen Revisionen) entstand, so bietet sie dennoch ein relativ einheitliches Bild


    mit freundlichen Grüßen aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Eigentlich wurde ja fast alles über die Zweite bereits gesagt, die Fakten bereits mitgeteilt. Was bleibt, ist die Möglichkeit, den persönlichen Eindruck zu schildern, den die Sinfonie auf einen gemacht hat. In der Tat wirkt sie geschlossener als das Erstlingsertk, vielleicht ist es aber auch so, daß ich mich an die Tonsprache Lyatoshynskys schon ein wenig gewöhnt habe. Es ist eigentlich keine "schöne" Musik, aber interessant ist sie allemal. Schon der düster anmutende Beginn des ersten Satzes ist bemerkenswert. Diese Ruhe lässt eigentlich nichts Gutes erwarten. Und in der Tat, allmählich kommt Bewegung in die Szene, wie ein Dämon , den man geweckt hat und der nun drohend vor einem steht. Aber auch daß ist nur ein Zwischenstadium, das Tempo wird angehoben, aber nur kurz, dann kehrt wieder Ruhe ein, die in Wahrheit nur trügerisch ist, eine leise Passage wiegt den Hörer in Sicherheit, aber allmählich kommt Bewegung in die Szene, in Form von erruptiven Ausbrüchen, die durch Sequenzen beinahe idyllischer Stille unterbrochen werden. Der Satz endet ambivalent mit einer triumphierenden Gebärde, die aber plötzlich verebbt.
    Im zweiten Satz hat sich alles wieder beruhigt, die Idylle hat scheinbar gesiegt. Aber das ist nicht von langer Dauer steht findet ein Wechselspiel zwischen Ruhe, nervöser Anspannung und geballter Kraft statt. Das setzt sich im dritten Satz fort, gegen Ende erklingt ein beeindruckendes Finale.
    Die teilweise gespenstisch ruhige Szenerie, die immer wieder von Eruptionen erschüttert wird ist quasi das Markenzeichen dieser Sinfonie (oder des Komponisten ?)


    mit freundlichen Grüßen aus Wien
    Alfred


    PS: Naxos hat in gleicher Besetzung einige Werke von Komponisten der Ukraine im Programm - da kommt noch eine Menge auf einige von uns zu......

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



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  • Inzwischen habe ich auch die erste Symphonie von Lyatoshynsky gehört, die ich ursprünglich übergangen hatte, da die Kritiken über das Stück eher mäßig waren. Aber da ich sie kürzlich für € 3 fand, habe ich sie mitgenommen und sei es nur der Vollständigkeit halber. Aber die Symphonie ist besser als ich erwartete. Unausgegoren ist sie schon etwas und der junge Komponist schiesst m.E. auch übers Ziel hinaus, aber das ist mir im Zweifelsfall lieber als allzu brav die Vorlagen wiederkäuen. Die ersten beiden Sätzen klingen IMO wie eine Mischung aus spätem Scriabin (Poeme de l'extase) und frühem Schönberg (Pelleas bzw Gurrelieder), im zweiten Satz höre ich auch klare Bezüge zum 3. Tristanakt. Der Schlußsatz zeigt dann auch klare Einflüsse von Tschaikowsky. Alfred hat zwei Beiträge weiter oben die Sätze genauer charakterisiert und die Entstehungsgeschichte beschrieben. Das Stück ist mit 37 Minuten eine ausgewachsene spät-spätromantische Symphonie und gelegentlichen Hörens durchaus wert.


    Interessanterweise klingt die symphonische Dichtung "Grazhyna", obwohl sie 40 Jahre später entstand nicht moderner, im Gegenteil. Grazhyna, das ist eine Ballade des polnischen Dichters Adam Mickiewicz (1798-1855), die die mythische Frau eines litauischen Hauptmanns zum Gegenstand hat, die an Stelle ihres Mannes die Truppen in den Kampf gegen den Deutschen Ritterorden führt und dabei zu Tode kommt. Die 20-minütige Ballade beginnt mit verträumten Bläserkantilenen, die an Sibelius erinnern. Es folgen Passagen, die deutlich von Tschaikowsky (1812, Francesca) beeinflusst sind und an den Schlachthöhepunkten türmen sich die Bläser a la Schostakowitsch übereinander. Das ist effektvolle fast cinemaskopische Musik, nicht sonderlich originell aber gut zu hören. Das Thema des Freiheitskampfes gegen übermächtige Unterdrücker war natürlich 1955 - zwei Jahre nach dem Tode von Väterchen Stalin - nicht zufällig gewählt, insofern hat das Stück auch heute leider eine gewisse Aktualität.


    Das Ukrainische Staatliche SO und Theodore Kuchar spielt das alles sehr engagiert und lässt auch durchaus mal die Sau raus. Leider ist die Aufnahmetechnik dem nicht ganz gewachsen, wie bei vielen Aufnahmen aus Ländern der ehemaligen SU klingt es als wenn im Flugzeughangar aufgenommen.

  • Mehr oder weniger zufällig stieß ich kürzlich auf Hörschnipsel dieser CD - das fand ich sehr vielversprechend:



    Bislang war mir dieser Komponist völlig unbekannt - folglich auch seine Symphonien. Er wäre wohl eine Entdeckung wert - was ich auch der schönen Vorstellung von Lutz entnehme! :hello:


    Schöne Grüße
    Holger

  • Die schon erwähnten Aufnahmen mit Theodore Kuchar sind seit neuem in einer preiswerten Box erhältlich:


    Grüße aus der Nähe von Hamburg


    Norbert


    Das Beste in der Musik steht nicht in den Noten.

    Gustav Mahler


  • Der komplette Zyklus unter Theodore Kuchar auf Naxos stellt derzeit wohl die einfachste Möglichkeit dar, unkompliziert die fünf Symphonien von Ljatoschynskyj kennenzulernen. Die Interpretationen sind auch gut bis sehr gut.


    Allerdings sind die Referenzinterpretationen in meinen Augen größtenteils älteren Datums und wurden zu Sowjetzeiten eingespielt. Das Hauptproblem ist die schwere Verfügbarkeit. Es kostete mich auch etliche Wochen, dieser Aufnahmen habhaft zu werden. Es geht konkret um die nachfolgenden (die genauen Aufnahmedetails auf diesen Russian Disc-Ausgaben stimmen teilweise nicht, ich gebe sie hier gleich in korrekter Form wieder):


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    Symphonie Nr. 1; Ouvertüre über vier ukrainischen Themen*; Poem über die Wiedervereinigung*

    Symphonieorchester der Ukrainischen SSR*

    Symphonieorchester des Ukrainischen Rundfunks und Fernsehens

    Wadim Gnedasch

    Aufnahme: 1974; 1987*


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    Symphonie Nr. 2; Slawisches Konzert für Klavier und Orchester*

    Symphonieorchester der Ukrainischen SSR

    Symphonieorchester des Ukrainischen Rundfunks und Fernsehens*

    E. Rshanow, Klavier*

    Fedor Gluschtschenko; Wadim Gnedasch*

    Aufnahme: 1974*; 1982


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    Symphonie Nr. 3; "Romeo und Julia"-Suite*

    Symphonieorchester der Ukrainischen SSR

    Symphonieorchester des Ukrainischen Rundfunks und Fernsehens*

    Stefan Turtschak; Wadim Gnedasch*

    Aufnahme: 1976*; 1980


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    Symphonie Nr. 4; "An den Ufern der Weichsel"*; Lyrisches Poem^

    Symphonieorchester der Ukrainischen SSR

    Symphonieorchester des Ukrainischen Rundfunks und Fernsehens*^

    Igor Blashkow; Wiktor Sirenko*;Fedor Gluschtschenko^

    Aufnahme: 1989; 1992*^


    Die sowjetische Aufnahme der 5. Symphonie unter Roshdestwenski konnte ich noch nicht auftreiben.


    Eine weitere unverzichtbare Einspielung ist allerdings auch neueren Datums und wohl die Referenz für die 3. Symphonie mit dem Originalschluss sowie der Symphonischen Ballade "Grashyna":



    Ich habe die meisten Orchesterwerke von Ljatoschynskyj in der letzten Zeit gehört und würde meinen, sein Opus magnum ist schon eindeutig die Symphonie Nr. 3. Mir gefällt die Fassung mit dem revidierten Finale persönlich auch noch besser. Die alte Turtschak-Aufnahme (s. o.) ist m. E. insgesamt nicht zu toppen. Die LP sah wie folgt aus:


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    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Danke für die ausführliche Aufzählung, lieber Joseph II.!

    Auf die von Norbert genannte Naxos-Box habe ich schon ein Auge geworfen, bislang habe ich von Lyatoshynsky noch nix. Hat außer Karabits noch jemand die Originalfassung der 3. Sinfonie aufgenommen und wie stark unterscheidet sie sich von der revidierten Fassung (nur im Schluss)?


    Außerdem weist jpc die Aufnahme der 2. Sinfonie aus der Naxos-Box in den Klangbeispielen ebenfalls als "rev. Fassung" aus, gibt es eine Aufnahme der Originalfassung?


    Liebe Grüße

    Amdir

  • Lieber Amdir,


    m. W. war Karabits der erste Dirigent, der die Originalfassung eingespielt hat (2018). Es gab seither zumindest noch eine Aufführung durch das ORF RSO Wien unter Duncan Ward, der sich ebenfalls dieser Urfassung bediente (2019 im Funkhaus Wien; Rundfunkübertragung, bisher aber nicht veröffentlicht). Bis 1991 stellte sich die Fassungsfrage gar nicht, da nur die revidierte Fassung en vogue war (Ljatoschynskyj selbst hat das Werk schon 1960 für Melodia in dieser eingespielt - allerdings noch in Mono). Aber auch Kuchar (der ukrainische Wurzeln hat) bediente sich in der Naxos-Aufnahme von 1993 ohne Not der Letztfassung. Dies widerspricht damit dem Argument, das Andrew Burn im Booklet zur Karabits-Aufnahme bemüht, dass die Urfassung als die überlegene angesehen würde. Der Unterschied betrifft lediglich den Finalsatz, der den sowjetischen Behörden zu wenig optimistisch und zu "bourgeois" erschien. Im Detail habe ich die Unterschiede nicht verglichen, aber man könnte sagen, dass das Werk nach der Revision strahlender ausklingt.

    Was nun die 2. Symphonie angeht: Ich habe soeben nachgesehen. Auch die Einspielung von Gluschtschenko verzeichnet "1935-36, rev. 1940". Ich gehe daher davon aus, dass es von der Urfassung hier gar keine Aufnahme gibt. Im Beiheft der Ausgabe von Russian Disc heißt es, die Änderungen beträfen insbesondere wiederum das Finale.


    Beste Grüße

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões


  • Der Vollständigkeit halber sollte man noch erwähnen, dass Roland Bader mit den Krakauer Philharmonikern die Symphonien Nr. 4 und 5 für cpo bereits 1994 eingespielt hat. Diese beiden späten Werke (1963 und 1966) fand ich vergleichsweise schwer zugänglich. Speziell die Vierte hat schon einen Hang zum Dissonanten. In der Fünften, betitelt als "Slawische", kommen Anklänge an die Volksmusik zum Tragen.

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Boris LYATOSHINSKY: Sinfonie Nr 3 in b moll op 50


    Nachdem dieser Thread aus seinem Dornröschenschlaf erweckt wurde, möchte auch ich mein Scherflein dazu beiragen. ich setze hier also fort mit der 3. Sinfonie, die ich somit das erste Mal höre. Die Sinfonie ist Lyatoshynskys beliebteste und am meisten gehört Musik. Sie wurde 1951 fertiggestellt und mit großem Erfolg uraufgefühert, aber die Russischen Zensoren hatten Einwände uns verlangten eine Umarbeitung. Speziell das Epitaph im 4. Satz "Frieden wird den Krieg besiegen" musste verschwinden, wenn weitere Aufführungen möglich sein sollten. Der Komponist reagierte lange Zeit unentschlossen , stellte aber 1954 eine revisionierte Fassung zur Verfügung, wonach das Werk in Lenigrad (unter Jewgeni Mravinski) in Lenigrad (heute wieder St. Petersburg) und in anderen Städten der Sowjetunion erfolgreich aufgeführt wurde. Lyatoshynsky litt allerdings unter dieser Zwangsrevision.

    Die Musik ist stellenweise (eigentlich haupsächlich) von klangwuchtiger Düsternis und Brutalität, wogegen als Kontrast immer wieder extrem lyrisch - esoterische Passagen auftauchen. Die Aufnahme unter Threodore Kuchar ist geradezu von suggestiver Eindringlichkeit und trotz ihrer Klangmassen sehr räumlich und durchhörbar. Es wird die revisionierte Version von 1955 gespielt


    1) Andante maestoso - Allegro impetuoso

    2) Andante con moto

    3) Allegro ferroce

    4) Allegro risoluto



    und hier die Originalversion:







    mfg aus Wien

    Alfred


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    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !