Brahms versus Bruckner - Für welchen entscheidet Ihr euch ?

  • Hallo Carola,
    nun bin ich zwar katholisch, aber auch ein großer Fan Norddeutschlands sowohl der Menschen als auch der Natur als auch der Städte. Ich fühle mich immer wohl in Norddeutschland.
    Ich kann Brahms' Symphonien nicht einmal als "Speckschollen-Symphonik" bezeichnen, weil mir Speckscholle schmeckt, und so gerne ich seinen Kontrapunkt "Rote Grütze ohne Schlackermaschü" nennen würde, es geht ob meines Faibles für Rote Grütze (wenngleich mit Sahne resp. Obers) nicht wirklich. Allenfalls fällt mir bei der "Tragischen Ouvertüre" Labskaus ein, obwohl auch der durchaus schmackhaft sein kann.
    Deshalb vermute ich, daß Brahms nur zufällig in Hamburg geboren wurde und in Wirklichkeit von den Fidschi-Inseln stammt.
    Nicht, daß ich Fidschi nicht mag.
    Fidschi ist mir nur wurscht (=gleichgültig). :D
    :hello:

    ...

  • Beim Hören habe ich keine Präferenzen.
    Aber wenn einer davon weg muss - dann Bruckner.
    Als Klavier-Dilletant lass ich mir nämlich die großartigen unübertroffenen Klavierparts vom Komplexisten Brahms nicht wegnehmen. Da macht das Üben jeder Begleitfigur süchtig.
    :jubel:

  • Bei mir ist Bruckner einige Meilen vorarus. Brahms schafft es m. E. einfach nicht, mal zusammenhängende Passagen zu komponieren. Da gefällt mir eine Brucknersche Generalpause noch besser als Brahms. ;) Hehe, nee, so schlimm ist es natürlich nicht. Es gibt bei Brahms schon einige interessante kurze Passagen. Aber am Stück aufmerksam hören kann ich bisher eigentlich nur den Ersten aus seiner Ersten.


    Ein gutes Beispiel für das Fragmentarische bei Brahms ist z. B. die Passage zwei Minuten vor Ende des zweiten langsamen Satzes der Zweiten, wenn das Blech das Forte des Orchesters anstimmt. Wunderbar!! - aber kaum ist man drin, schon ist's aus.
    Soweit ich das sehe, gilt das Schwelgen in Emotionen bei vielen Klassikhörern als verpönt. Vielleicht ist DAS der Grund, weshalb Brahms sich seiner Beliebtheit erfreut?! Denn in die Gefahr kann jedenfalls ich bei seinen Sinfonien kaum kommen. Oder man braucht für Brahms eine gewisse musikalische Vorbildung, um zu verstehen, was da passiert
    ?!
    Bisher habe ich nur seine Sinfonien gehört, da ich mich nach dieser Erfahrung nicht dazu durchringen konnte, mir eines seiner Konzerte anzuhören. Vielleicht ein Fehler?!



  • da kann ich nur sagen: STIMMT!!!! :jubel:

    --- alles ein traum? ---


    klingsor

  • Um die Frage kurz und bündig zu beantworten:


    Weder für den einen noch für den anderen :D


    Ich schätze beide sehr.


    Brahms ist- wenn man so will- der Vielseitigere der beiden Komponisten. Auf Brahms´Klavier- und Kammermusik möchte ich ebensowenig verzichten wie auf Bruckners Symphonien und seine geistliche Chormusik.


    Herzliche Grüße,:hello::hello:



    Christian

    Beherrsche die Sache, die Worte werden folgen! (Cato der Ältere)

  • Vielleicht ist das schrecklich oberflächlich betrachtet, aber Bruckners Musik (die in meinen Augen für sich selbst spricht) hängt noch das etwas mystische an (was in meinen Augen jede Note durchzieht) und hinter dem allen steht dann dieser etwas merkwürdige Mensch Bruckner. Das alles ist eine Kombination, die ich sehr reizvoll finde. Sicherlich ist es falsch, anhand von Ticks und Macken des Komponisten ein Urteil über seine Musik zu fällen, aber außer Acht lassen kann man es nicht. Diesbezüglich bietet Bruckner einiges.

    29.08.1958 - 25.06.2009
    gone too soon

  • Zitat

    Original von honigschlecker
    Brahms schafft es m. E. einfach nicht, mal zusammenhängende Passagen zu komponieren. [...] Bisher habe ich nur seine Sinfonien gehört, da ich mich nach dieser Erfahrung nicht dazu durchringen konnte, mir eines seiner Konzerte anzuhören. Vielleicht ein Fehler?!


    Hm, das hätte ich eher bei Bruckner gesagt, das er weniger zusammenhängend schreibt als Brahms.
    So richtig nachvollziehen kann ich das nicht, da doch Brahms, wie bereits angesprochen, seine Themen konsequent verarbeitet, so immer auf bereits Verklungenes zurückgegriffen wird und deshalb eine kompositorische Dichte entsteht.
    Probiere es dann doch mal mit Klavierkonzert Nr. 2. Wenn es dir dann immer noch zusammenhangslos vorkommt, weiß ich auch nicht.


    Wem ich persönlich den Vorzug geben würde - Brahms oder Bruckner - weiß ich nicht. Dazu liebe ich sie beide zu sehr.
    Mit Brahms bin ich größtenteils in die Klassische Musik eingestiegen und er hat mich mit seinen Werken bis jetzt ständig begleitet. Bruckner habe ich erst später kennengelernt, aber der hat dann eingeschlagen wie eine Bombe. Selten ging mir ein Werk so durch Mark und Bein wie die 8. Sinfonie. Und die Siebte ist eines der absolut schönsten Werke, die ich je gehört habe.


    Wenn ich mich aber entscheiden müsste, wahrscheinlich würde ich dann doch Brahms den Vorzug geben - und zwar aus dem Grunde, den Johannes schon ansprach: Bruckner ist zu wenig abwechslungsreich.



    Gruß, Peter.

  • Zitat

    Original von honigschlecker
    Brahms schafft es m. E. einfach nicht, mal zusammenhängende Passagen zu komponieren.


    Huch, von Brahms hätte ich gerade das Gegenteil gesagt. Wenn es um Musterbeispiele würd gelungene Struktur, Form bzw. Schlüssigkeit in der Musik geht, würde ich Brahms als ersten ranziehen.

    "Das Große an der Musik von Richard Strauss ist, daß sie ein Argument darstellt und untermauert, das über alle Dogmen der Kunst - alle Fragen von Stil und Geschmack und Idiom -, über alle nichtigen, unfruchtbaren Voreingenommenheiten des Chronisten hinausgeht.Sie bietet uns das Beispiel eines Menschen, der seine eigene Zeit bereichert, indem er keiner angehört." - Glenn Gould

  • Das gibt mir doch glatt Gelegenheit zur Werbung:





    BrucknerTage St. Florian 2008 unter dem Motto
    „Brahms und Bruckner“
    17.-23. August 2008


    Die BrucknerTage 2008 widmen sich in konzertanter und musiktheoretischer Gegenüberstellung der Musik von Anton Bruckner und Johannes Brahms sowie deren musikgeschichtlich überlieferter „Rivalität“ bzw. zeitgenössisch postulierter „Unvereinbarkeit“. Eine heftige zum Teil sehr polemische geführte musikästhetische Debatte hatte in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts zu einer Polarisierung dieser damals in Wien lebenden und wirkenden Komponisten geführt, wobei sich die beiden Künstler selbst an dieser Auseinandersetzung zu keinem Zeitpunkt verbal aktiv beteiligten. Hauptgrund für die „antipodenhafte“ Darstellung und Instrumentalisierung der beiden Meister war Bruckners angeblich allzu große Nähe zu Richard Wagner bzw. zur Neudeutschen Schule. Damit konnte der als „wagnerhaft“ etikettierte Sinfoniker Bruckner gegen den Sinfoniker Brahms ausgespielt werden, welcher im Sinne konservativer Wiener Musikästheten wie Eduard Hanslick als der eigentlich berufene Wahrer der Kunst galt. Die publizistisch daraus resultierenden persönlichen Verletzungen und Verunsicherungen Bruckners sind biographisch hinlänglich bekannt.
    Die BrucknerTage 2008 versuchen allerdings den Zugang zu diesem Thema nicht aus einer ästhetischen Sichtweise, sondern streben eine neutrale rein musikalische sowie geisteswissenschaftlich-musikanalytische Annäherung an Gemeinsamkeiten und Unterschiede beider Komponisten an. So soll in den Konzerten die Musik beider Komponisten genauso nebeneinander Platz und Geltung finden, wie diese auch zur gleichen Zeit in derselben Stadt lebten.


    Als Hauptwerk steht im Jahr 2008 Bruckners große Messe in f-Moll am Freitag, 22. 8. 2008 auf dem Programm. Sie wird in Kooperation zwischen dem StiftsChor St. Florian und dem Domchor Linz zusammen mit drei der großen Motetten Bruckners unter der Leitung von Stiftskapellmeister Matthias Giesen aufgeführt werden. Damit wird die Besetzung von Chor und Orchester auf sinfonisches Ausmaß erweitert (ca. 130 Mitwirkende). Diesem Werk wird am folgenden Abend das große kirchenmusikalische Pendant von Brahms – Ein deutsches Requiem – gegenüber gestellt, welches in der Urfassung mit vierhändigem Klavier, gesungen vom Ad-libitum-Chor unter Heinz Ferlesch im Marmorsaal erklingen wird (musica-sacra-Konzert).
    Das mittlerweile programmatisch fix verankerte Jazz-Konzert der BrucknerTage will am 21.8.2008 - dem Vorabend dieser zentralen Aufführung - eine Annäherung an Bruckners f-Moll-Messe aus der Perspektive heutiger kompositorischer Klangsprache in einer Fassung für Jazz-Ensemble des amerikanischen Komponisten und Arrangeurs Ohad Talmor eröffnen.
    Am 18.8.2008 sollen durch Solisten der Wiener Philharmoniker zwei jeweilige zentrale Kammermusikwerke - Bruckners F-Dur-Streichquintett und das B-Dur-Streichsextett von Brahms - einander unmittelbar gegenübergestellt werden.
    Das Orgelkonzert des Schweizer Komponisten Daniel Glaus am 19.8.2008 wird auf das Verhältnis beider Komponisten zur Orgel eingehen: Für Brahms ein Rückzugsgebiet zu kontrapunktischen Studien, bei Bruckner das Instrument improvisatorischer Entfaltungskraft.
    Der Klavierabend am 20.8.2008 mit den Haydn-Variationen von Brahms und einigen Ausschnitten aus Opern Richard Wagners beabsichtigt einen Beitrag zur im 19. Jahrhundert üblichen Musizier- und Vermittlungspraxis sinfonischer Werke auf zwei Klavieren. Grosse Orchesterwerke beider Komponisten (u. a. sowohl das Te Deum als auch das Deutsche Requiem) wurden im zeitgenössischen Wien im Klaviersalon Ehrbar (Brahms) resp. im Akademischen Richard-Wagner-Verein (Bruckner) in diesen Bearbeitungen uraufgeführt.
    Auch 2008 werden die Wiener Streichersolisten (Mitglieder der Wiener Philharmoniker) wieder zu Gast in St. Florian sein, u. a. mit dem Adagio aus dem Streichquintett Bruckners in chorischer Fassung und einem Mozart-Klavierkonzert. Im traditionellen Eröffnungskonzert werden sie wieder gemeinsam mit den langjährigen Solisten der BrucknerTage Thomas Staudinger und Klaus Laczika auftreten.


    Im Sinne einer ständigen Erweiterung des Spektrums der BrucknerTage wird 2008 ein begleitendes musiktheoretisches Symposion zu diesem Thema die Musik beider Meister aus analytischer und wissenschaftlicher Perspektive vergleichend untersuchen. Die jüngste musikanalytische Forschung hat hier seit einigen Jahren neue äußerst interessante und viel versprechende Ansätze ermöglicht. International renommierte Wissenschaftler aus Österreich, Deutschland, Großbritannien und den USA, deren Forschungs-Schwerpunkte der Genius Loci Anton Bruckner und Johannes Brahms bilden, haben bereits freudig ihre Teilnahme in diesem speziellen spirituellen und architektonischen Ambiente sowie musikalischen Kontext zugesagt. Geplante Symposions-Themata für die Folgejahre der BrucknerTage sind u. a. das Werk Bruckners in seiner „Fassungs-Problematik“ oder besser „Bruckners kompositorische Entwicklung anhand der Fassungs-Entwicklung“ sowie dessen Wirkung aus MusikMedizinischer Sicht.



    Matthias Giesen & Klaus Laczika
    Künstlerische Leiter der BrucknerTage


    lg


    Klaus

    "Play, man, play!" (M. Davis)
    "We play energy!" (J. Coltrane)

  • Hallo,


    Zitat

    Honigschlecker schreibt: Bisher habe ich nur seine Sinfonien gehört, da ich mich nach dieser Erfahrung nicht dazu durchringen konnte, mir eines seiner Konzerte anzuhören. Vielleicht ein Fehler?!


    Nein, es ist kein Fehler. Etwas besseres als die Sinfonien wird man im Orchesterbereich bei Brahms nicht finden; vielleicht mal bei den Streichquintetten hineinhören.


    Ich mag die Sinfonien, besonders die beiden ersten. Sie gehören zu den nicht allzu vielen Orchesterwerken, die ich häufig höre. Einige langsame Sätze bei Bruckner höre ich auch gerne, besonders das breite Blech, aber auch den sanften, dunklen, häufig tremolierten Streicherklang. Allerdings fühle ich mich bei der Musik Bruckners mehr eingeengt als bei Brahms, was kein qualitatives Urteil bedeutet. Bei Brahms wiederum faszinieren mich die häufigen rhytmischen Finessen; mich irretiert es manches Mal kurzzeitig, mitzuzählen, obschon alles irgendwie gerade wirkt und ist. Und genau diese unauffälligen rhytmischen Verschiebungen machen die Musik ungemein lebendig, aber auch verbindend (fast im Sinne von: zusammenklebend).


    Meine Präferenz gehört Brahms. Wie ich finde, kann auch er gut zusammenhängende Passagen komponieren :).


    Gruß,


    Uwe

    Ich bin ein Konservativer, ich erhalte den Fortschritt. (Arnold Schönberg)

  • Tamino Beethoven_Moedling Banner
  • Der reine Tor ist offensichtlich im Vorteil: Die Frage ob zusammenhängend komponiert oder auch kompositinstechnische Erwägungen, nun, das alles ist für mich ohne großen Belang.


    Brahms schwelgt nicht: ja, das stelle ich bei den Sinfonein 2 und 4 fest. Was er da an möglicher Leidenschaft vorbeirauschen lässt....
    Merkwürdigerweise wird er in dieser Hinsicht bei der Kammermusik viel intimer, zumal dem Kalvierquintett.


    Und Bruckner? Der schwelgt auch nicht. Seine Klangmassen ergeben sich aus dem Klang des Instrumentes, das er offensichtlich stets im Herzen trägt, der Orgel. Und Bruckner hat Zeit. Er hat alle Zeit dieser Welt. Brahms komponiert aus dem Alltag heraus, Bruckner ist dies alles egal. Wer Bruckner hören will, der muß den Alltag ignorieren. In der Hektik unserer Zeit ist Bruckners Musik fast so etwas wie Religion. Vielleicht ist es das, was sie für viele so wichtig macht.


    Liebe Grüße vom Thomas :hello:

    Früher ist gottseidank lange vorbei. (TP)
    Wenn ihr werden wollt wie eure Väter waren werdet ihr so wie eure Väter niemals waren.

  • Hallo Honigschlecker und Uwe Schoof,


    über Uwe´s antwort muß ich mich doch sehr wundern:

    Zitat

    Honigschlecker schreibt:
    Bisher habe ich nur seine Sinfonien gehört, da ich mich nach dieser Erfahrung nicht dazu durchringen konnte, mir eines seiner Konzerte anzuhören. Vielleicht ein Fehler?!


    Ich finde es einen Riesenfehler sich bei Brahms nur auf die Sinfonien zu beschränken !
    Höre Dir auf jeden Fall mal die Klavierkonzerte Nr.1 und 2 an, wie sinfonisch diese gestaltet sind. :jubel: Große Meiserwerke.
    Ganz und gar nicht vergessen sollte man auch Brahms Doppelkonzert, das zuerst als 5.Sinfonie konziopiert war und dann doch als Konzert komponiert wurde.
    :yes: Das sind die Meilensteine, von denen Celloflo und zustimmend Klingsor geschrieben haben.


    Auch die Serenade Nr.1 ist ein frühes spritziges Orchesterwerk, das Brahms als Vorstudie zu seinen Sinfonien komponiert hat - unbedingt mit Kertez (Decca) hören.
    Die Serenade Nr.2 ist in der tat etwas zu intim (um es gemäßigt auszudrücken) und spricht mich nicht so an.



    In diesem Thread, den ich mit großem Interesse verfolge hat mir folgendes am Besten gefallen:


    Zitat


    Zitat von Johannes Roehl:
    Noch erstaunlicher ist allerdings die Behauptung, man könne Äpfel nicht mit Birnen vergleichen (das geht doch völlig problemlos, beides sind sogar verwandte Obstsorten) oder zwei Komponisten, die Zeitgenossen aus demselben Kulturkreis waren. Bruckner mit Monteverdi zu vergleichen, ließe mich auch stutzen, aber warum nicht mit Brahms?


    :yes: Das finde ich auch und kann mich nur den Worten von Celloflo und Klingsor anschließen:


    Mir schmecken beide und ich mag Äpfel und Birnen gerne.
    (((Bei uns im rheinischen Vorgebirge schmeckt beides übrigens super!)))

    Zitat

    Für Beide !


    Für mich persönlich sind Beide Meilensteine der Musikgeschichte!

    da kann ich nur sagen: STIMMT!!!! :jubel:

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • Hallo.


    Mit Brahms habe ich ewig lange nichts anfangen können. Was mir heute komisch erscheint: Er war mir irgendwie zu spröde. (Und das von mir als gebürtigem und natürlich evangelischem Norddeutschen.)


    Nachdem ich jedoch die Brahms-Einspielungen von Bernstein (New York Philharmonic) in meinem CD-Regal entdeckte, habe ich Brahms neu gehört. Er war mir jetzt zugänglicher (warum auch immer). Mittlerweile habe ich, nicht zuletzt dank hiesiger Empfehlungen, mir einiges mehr von Brahms geholt und höre ihn sehr häufig.


    Für mich ist der Unterschied, dass Brahms tendenziell mehr Distanz wahrt, wohingegen Bruckner ohne Vorbehalt, in der Tendenz stets himmelsstürmend zu Werke geht; letzteres zu hören ist mir nicht täglich möglich, das ist manchmal eben too much.


    Im Übrigen empfinde ich das Bild von den Äpfeln, die man mit Birnen nicht vergleichen könne, als sinnlose Polemik. Da stimme ich Johannes Roehl zu. Und ich reihe mich in den Chor derjenigen ein, die weder Brahms noch Bruckner missen möchten. Wie viel ärmer wären wir, wenn wir die Musik beider nicht hätten.


    :hello:


    Gruß, l.

    "Jein".

    Fettes Brot

  • Zitat

    Original von teleton
    Hallo Honigschlecker und Uwe Schoof,


    über Uwe´s antwort muß ich mich doch sehr wundern:


    Ich finde es einen Riesenfehler sich bei Brahms nur auf die Sinfonien zu beschränken !
    Höre Dir auf jeden Fall mal die Klavierkonzerte Nr.1 und 2 an, wie sinfonisch diese gestaltet sind. :jubel: Große Meiserwerke.


    Wenn mir aber doch schon die Sinfonien nicht gefallen?! Daher fand ich Uwes Antwort hilfreich. (Ich weiß aber natürlich nicht, ob sie stimmt. ;) ) Irgendwann werde ich sicherlich mal ein Klavierkonzert versuchen.


    Aber viiel wichtiger ist erst mal Bruckners Dritte unter Young. :]

  • Servus,


    aus der unbestrittenen Tatsache, dass bei sehr wichtige Figuren der Musikgeschichte sind, ergibt sich bei mir aber noch lange keine Automatismus, beide gleichermaßen zu schätzen.


    Obwohl ich sonst mit der Sinfonik wenig am Hut habe, so gehört Bruckner doch zu den großen Ausnahmen (wie übrigens auch Mahler und Rachmaninoff). Ich schätze seine Sinfonien außerordentlich seit ich vor etlichen Jahren innerhalb kurzer Zeit die vierte und die sechste im Konzert erleben durfte.


    Brahms' sinfonische Werke lassen mich dagegen ziemlich ungerührt. ?(



    herzliche Grüße,
    Thomas

    Da freute sich der Hase:
    "Wie schön ist meine Nase
    und auch mein blaues Ohr!
    Das kommt so selten vor."
    - H. Heine -

  • Zitat

    Original von salisburgensis
    Brahms' sinfonische Werke lassen mich dagegen ziemlich ungerührt.


    Als Freund alter Musik (in HIPP-Version) solltest Du wirklich das deutsche Requiem (unter Gardiner) hören. Bei Brahms sich auf die Sinfonien zu versteifen ist ein großer Fehler ...
    :hello:

  • Zitat

    Original von rappy


    Huch, von Brahms hätte ich gerade das Gegenteil gesagt. Wenn es um Musterbeispiele würd gelungene Struktur, Form bzw. Schlüssigkeit in der Musik geht, würde ich Brahms als ersten ranziehen.


    Kann es sein, daß Honigschlecker sich nur ungenau ausgedrückt hat und ein ähnliches Gefühl hat wie auch ich? - Daß Brahms nämlich grandiose Anfänge erfindet, die dann aber in mäanderndem Kontrapunkt münden, der zumindest mir etwas ziellos erscheint? Ich denke konkret an den ungeheuren Anfang der Ersten Symphonie, dem dann ein weniger ungeheurer als für mich ziemlich trockener Erster Satz folgt.
    Meine Brahms-Ausnahme ist übrigens das Erste Klavierkonzert, das ich zumindest den Kopfsatz lang mit Begeisterung und den Rest des Werkes immerhin noch mit Interesse hören kann.
    Wobei ich bei Brahms die handwerkliche Perfektion restlos bewundere. Aber mir sind eben Bruckners Ecken und Kanten lieber...


    :hello:

    ...

  • Zitat

    Original von Edwin Baumgartner
    Daß Brahms nämlich grandiose Anfänge erfindet, die dann aber in mäanderndem Kontrapunkt münden, der zumindest mir etwas ziellos erscheint?


    Empfindest Du das auch bei den Klavierstücken op. 119?
    Schließlich geht es hier nicht nur ums sinfonische Werk ...
    :hello:
    PS: Ziellos empfinde ich Bruckner in der 8. Sinfonie auch über weite Strecken, was mich aber nicht stört.
    PPS: Wie sieht denn zielgerichtete Musik überhaupt aus (oder hört sich an)?
    ;)

  • Zitat

    Irgendwann werde ich sicherlich mal ein Klavierkonzert versuchen.


    Hallo honigschlecker,


    :yes: Hoere Dir mal diese SONY-Doppel-CD an und Du bist der absolute Brahms-Fan.



    :hello: Wenn nicht, ist Hopfen und Malz fuer Dich und Brahms verloren und
    :D Du kannst wieder Honig schlecken.

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • Zitat

    Original von Kurzstueckmeister


    Als Freund alter Musik (in HIP-Version) solltest Du wirklich das deutsche Requiem (unter Gardiner) hören. Bei Brahms sich auf die Sinfonien zu versteifen ist ein großer Fehler ...
    :hello:


    Genau deswegen habe ich oben ausdrücklich von Brahms' sinfonischen Werken geschrieben. Das Requiem schätze ich sehr, und habe natürlich auch die in meinen Ohren wunderbare Gardiner-Aufnahme. Und darüber hinaus gibt´s noch etliches an hervorragender Chormusik von ihm.


    :hello:
    Thomas

    Da freute sich der Hase:
    "Wie schön ist meine Nase
    und auch mein blaues Ohr!
    Das kommt so selten vor."
    - H. Heine -

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  • Man kann Brahms und Bruckner ganz wunderbar miteinander vergleichen, allerdings weniger über ihre Sinfonik, sondern über ihre a-cappella-Werke und auch da gebe ich Brahms in diesem Falle den Vorzug, trotz "Os justi" und "Vexilla Regis" bei Bruckner.


    Das "Amen" von op. 109 (2.Motette) gehört für mich zum schönsten überhaupt, was an geistlicher Chormusik, (und hier nicht nur im 19.Jahrhundert) geschrieben wurde und für nix in der Welt würd ich op.74 und op. 110 hergeben. Alle diese Werke sind wunderbar ausgereift, da ist absolut NIX von "mäanderndem Kontrapunkt" (sorry, Edwin!) und da ist dann auch noch die "Alt-Rhapsodie" mit der wir uns aber schon wieder einem Werkbestand nähern, für den es bei Bruckner keine Entsprechung gibt.


    Sollte ich ein Orgelwerk des ausgehenden 19.Jahrhunderts als opus ultimum benennen, käme da nichts von Max Reger ; ich nähme op. 122 von Johannes Brahms.


    Als Sinfoniker dagegen ist Bruckner für mich die unangefochtene Nr. 1.

    Das geht über das Sagbare hinaus. Das läßt sich nicht deuten und bedarf keiner Deutung. Es kann nur gehört werden. Es ist Musik. (H.H.Jahnn)


  • nur weil Honigschlecker diese Antwort von Uwe so hilfreich fand, muß ich hier relativierend widersprechen (bitte Uwe das nicht als Kritik an dir zu verstehen): mir geht es in ALLEN Punkten genau umgekehrt!


    Die Konzerte halte ich für Brahms' beste Sinfonien, und sogar die 2. Serenade ziehe ich noch den ersten beiden Sinfonien vor. Nur mit der 1. Serenade kann man mich jagen.
    Wohlgemerkt, Brahms gehört zu meinen 4 Lieblingskomponisten. Diesen Stellenwert hat er bei mir aber vor allem wegen seiner Kammermusik (+ Sinfonien 3-4, Klavierkonzert 2, Doppelkonzert). Und nur weil ich bei Bruckner etwas an Vielseitigkeit vermisse, habe ich die weiteren Plätze an Debussy und Janacek vergeben.
    ... was so eigentlich nicht stimmen kann, denn genau genommen betrachte ich Brahms und Bruckner als ideale Ergänzung. Will ich Kammermusik hören, dann nehme ich Brahms, soll es Sinfonik sein, dann Bruckner.
    Daß sie kompositionstechnisch und weltanschaulich so unterschiedlich sind, ist doch wunderbar.


    Vorsicht bei der empfohlenen Aufnahme des deutschen Requiems mit Gardiner: gerade die halte ich für aufnahmetechnisch mißlungen, sie plärrt wenn es laut wird, special thanks to DG :motz:


    Gruß,
    Khampan

  • Zitat

    Original von Khampan
    Vorsicht bei der empfohlenen Aufnahme des deutschen Requiems mit Gardiner: gerade die halte ich für aufnahmetechnisch mißlungen, sie plärrt wenn es laut wird, special thanks to DG


    Ist doch philips, oder?

  • Zwar ist man in guter Gesellschaft (Wolf und falls das Zitat stimmt, sogar Brahms selbst), aber ich finde schon recht erschreckend, was für einen Unsinn ein Experte wie Edwin hier äußert. Es ist letztlich eine Wiederauflage des Vorwurfs "keine Erfindung". Da ist nur insofern was dran als dass Brahms den "bloßen Einfall" geringschätzte, nicht dass er keine gehabt hätte (Wie melodienreich sind z.B. die 2. und 3. Sinfonie, das Violinkonzert usw.!).
    Inwiefern Bruckner einfallsreicher sein sollte, will sich mir schon gar nicht erschließen, wieviele seiner Themen (3.,4.,8.,9.) sind zum Verwechseln ähnlich! Diesbezüglich sind die beiden also gar nicht so unterschiedlich.


    "Mäandernder Kontrapunkt" contra Brahms und pro Bruckner anzuführen, ist ebenfalls ein ziemlich starkes Stück. Brahms ist immer, meist wesentlich, knapper und konzentrierter als Bruckner, es gibt kaum einen Komponisten, auf den mäandernd weniger passte als auf Brahms (und wenige, auf die es besser paßte als auf Bruckner!). Damit ist noch nichts dazu gesagt, ob häufige Wiederholungen, minimalistisches oder kontrapunktisch-demonstratives Mäandern gut oder schlecht sind. Aber als bloße Beschreibung halte ich es für einfach falsch. Auch hier ist Brahms bei ebenbürtiger oder überlegener Kunstfertigkeit viel diskreter, man vergleiche mal das Finale der 4. Brahms mit der 5. Bruckner. Bei letzterem kriegt auch der letzte noch eingebläut: Achtung, Fuge, und jetzt wird der Choral noch eingebaut und jetzt das Seitenthema usw. Bei Brahms Chaconne mußte ich als Anfänger erst die Noten sehen, um zu glauben, dass ein Schema 30mal wiederholt wird.


    Brahms Musik hat in der Tat ein anderes Tempo als Bruckners, sie geht zügiger, konzentrierter, knapper zu Wege, man kriegt nicht alles zweimal vorgewalzt, die Abneigung gegenüber Wiederholung von Material ohne Verarbeitung, die die Wiener Schule dann fast zum Dogma erhob, findet sich hier schon recht deutlich. Aber es ist natürlich Unfug, so was nur mit Blick auf die Zukunft zu bewerten, im Grunde ist es nur eine konsequente Entwicklung von Haydn und hauptsächlich Beethoven. Daraus ergibt sich auch, dass der Eindruck des Unzusammenhängenden gänzlich beim Hörer begründet ist. Brahms ist geradezu obsessiv beim Zusammenknüpfen aller Teile eines Satzes oder Werkes durch Motivverbindungen und Transformationen. Dadurch geht, das wäre eher meine Kritik, "Lockerheit" und Spontaneität etwas verloren, wie man sie bei Beethoven oder Schumann findet. (Aber auch das ist kaum ein Punkt für Bruckner, der ist etwa so spontan wie ein Gletscher ;))
    Bei Bruckner habe ich dagegen mitunter eher einen Eindruck der "Legokasten"-Arbeitsweise. Blöcke werden wiederholt, als Blöcke umgestellt oder kombiniert, das gesamte Raster ist wesentlich grober (entsprechend der breiteren Anlage). U.a durch die Wiederholungen und das "Übereinandertürmen" entstehen natürlich beindruckende, fast hypnotische Wirkungen.


    All das spricht per se gar nicht für oder gegen den einen oder anderen; es kommt eben darauf an, wie man, auch emotional, zu diesen teils sehr verschiedenen Strukturen und dem hörbaren Ergebnis steht. Der eine läßt sich von Bruckner mitreißen, der andere findet es enervierenden Lärm (hier liegt aber auch einiges an der Interpretation, zB Klemperer mit "deutscher" Sitzordnung, sehr präsenten Holzbläsern wirkt weniger blechlastig als manch andere Lesart). Von keinem der beiden würde ich sagen, dass er es dem Hörer ohne Weiteres leicht macht. Mein zwar nicht systematisch, sondern nur anekdotisch gestützter Eindruck ist, dass es für völlige Neulinge egal ist, viele sind vielleicht sogar von Bruckner mehr beeindruckt. Für denjenigen, der relativ gute Kenntnis der Wiener Klassik als Hintergrund mitbringt, dürfte Brahms dagegen zugänglicher sein.


    Zwar bevorzuge ich Brahms (auch bei den Sinfonien) ein wenig, was aber nicht heißt, dass ich die besseren Sinfonien Bruckners (3, 5, 7-9) nicht zu schätzen wüßte. Vieles davon ist einzigartig, allerdings gibt es für mich mehr Durststrecken, Ausfälle oder Einzelsätze, die ich schlicht nicht mag, als bei Brahms. Brahms war mal nach Beethoven mein Lieblingskomponist, von diesem Rang ist er inzwischen aber um einiges nach unten verdrängt worden. Mein Verhältnis zu Bruckner war schon immer etwas zwiespältig, daran hat sich weder zum Positiven noch zum Negativen viel geändert


    viele Grüße


    JR

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Zitat

    Khampan schreibt: nur weil Honigschlecker diese Antwort von Uwe so hilfreich fand, muß ich hier relativierend widersprechen (bitte Uwe das nicht als Kritik an dir zu verstehen): mir geht es in ALLEN Punkten genau umgekehrt!


    Hallo Khampan,


    ob Honigschlecker meine Antwort so hilfreich fand, ist ja gar nicht gesagt. Er deutete lediglich meine Antwort insofern richtig, als dass ich meinte, dass, wer mit Brahms´Sinfonien nichts anfangen kann, sein Glück nicht unbedingt bei seinen anderen Orchesterwerken erhoffen muss.


    Dein Widerspruch wird selbtverständlich nicht als Kritik an mir gesehen, sondern als Schilderung entgegengesetzter Empfindungen interessiert wahrgenommen.


    Interessant ist in der Folge natürlich, wodurch die (unterschiedlichen) Empfindungen bei den jeweiligen Werken hervorgerufen werden (gehört natürlich in die jeweiligen Werkfreds).


    Schöne Grüße,


    Uwe

    Ich bin ein Konservativer, ich erhalte den Fortschritt. (Arnold Schönberg)

  • In meiner Jugend konnte ich weder mit Brahms, noch mit Bruckner etwas anfangen:


    Bruckner war mir zu langatmig, er schien immer auf einen Höhepunkt zuzustreben um dann kurz vor der Klimax eine andere Entscheidung zu treffen
    (Interessant wie das zu seinem sonstigen Wesen passt, ich spiele hier auf die x-fachen Umarbeitungen seiner Sinfonien an. Er konnte sich einfach nicht entscheiden.


    Den Durchbruch schaffte bei mir Eugen Jochum im Rahmen eines Konzertes der Wiener Festwochen. Bruckner muß man eben LIVE hören - Tonträger können die Faszination nur bedingt wiedergeben (über dieses Theme eröffne ich heute oder morgen noch einen eigenen Thread)


    Brahms hingegen war mir zu sperrig zu trocken, zudem noch zu kompakt. Sie Aufnahmen seiner Sinfonien erschienen mir zu wenig durchhörbar. Irgendwann kam ich drauf, daß er eben relativ dicht orchestriert hatte - und akzeptierte es.


    Aber eigentlich kam ich zu Brahms über die Kammermusik


    An einem Sonntag nachmittag (etwa 1976) erreichte mich ein Anruf, daß ich Freikarten füre ein Kammerkonzert im Brahmssahl der Wiener Musikvereins abzuholen hätte (Ja es war ein muß - hätte ich die nicht konsumiert wäre meine Freikartenquelle für immer versiegt - so war die Spielregel)
    Widerwillig warf ich mich in Schale un besuchte das Konzert. Ich mochte damals weder Brahm, noch Kammermusik


    Auf dem Programm - ich erinnere mich noch genau - stand das Klaviertrio op 8, gespielt hat das Haydn Trio Wien ( HeinzMedjimorec, Klavier - Michael Schnitzler, Violine -Walter Schulz, Violoncello)


    Schon nach den ersten Tönen war ich verzaubert - und ich beschaffte mir das Werk in wenigen Tagen auf Schallplatte.


    Eignartigerweise war damit der Bann gebrochen - und ich begann - nach und - nach auch die Sinfonien und die restlichen Werke von Brahms zu lieben.


    Aber es ist nun wohl an der Zeit die selbst gestellte Frage zu beantworten:


    Im Falle des Falles würde ich mich für Brahms entscheiden - nicht zuletzt wegen der fantastischen - viel zu selten erwähnten Klaviersonaten (ich besitze sie in der Interpretation von Idil Biret, die ich für derart überragend halte, daß ich mich bis dato noch nicht getraut habe eine Alternative anzuschaffen. Dies wird jedoch demnächst geschehen...


    mfg aus Wien


    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Zitat

    Original von Alfred_Schmidt
    Den Durchbruch schaffte bei mir Eugen Jochum im Rahmen eines Konzertes der Wiener Festwochen. Bruckner muß man eben LIVE hören - Tonträger können die Faszination nur bedingt wiedergeben (über dieses Theme eröffne ich heute oder morgen noch einen eigenen Thread)


    Ich habe Bruckner (ebenso wie Brahms) schon als jugendlicher gerne gehört. Dabei habe ich (glaube ich) bis dato noch NIE Bruckner live gehört.
    :baby:

  • Hallo Johannes,

    Zitat

    was für einen Unsinn ein Experte wie Edwin hier äußert.


    Danke für den "Experten".
    Äh, und ja: Zu dem Unsinn steh' ich.


    Der Kurzstückmeister hat den Finger leider auf eine Wunde von mir gelegt, wo ich bekennen muß: Ganz unbegabt war Brahms ja nicht. Tatsächlich sind die Klavierstücke op. 119 wirklich wunderbar - auch op. 117 und 118 sind fabelhafte Musik.
    Jedenfalls um Klassen besser als die Klavierstücke Bruckners... :D


    Mit BBB bin ich hingegen nicht einer Meinung. Mir scheinen gerade "Os justi" und "Vexilla regis" höher zu stehen als die Brahms-a-appella-Werke, die ich kenne (aber ich werde das besagte "Amen" nachholen).


    Nun aber zu Deinem Vorwurf, Johannes, ich würde Brahms Einfallslosigkeit unterstellen.


    Ja, Du hast recht. Genau das mache ich.


    Nur geht es mir nicht so sehr um "melodische Inspiration". Auch bei Bruckner sind Themen und Melodien mitunter eher zurechtgezimmert als inspiriert. Nur was Bruckner dann damit macht, wie er Varianten baut, Blöcke gegeneinander setzt, Steigerungen im Nichts enden läßt etc. etc. - das scheint mir in höchstem Maße einfallsreich und extrem kühn. Brahms verfährt völlig anders, was er mit seinen Themen macht, wie er die einzelnen Sätze in sich strukturiert, ist relativ konventionell und berechenbar. Das geschieht bei ihm natürlich nicht aus Unvermögen, sondern aus Gründen des eigenen Temperaments, des Personalstils. Sicher auch gut - nur für mich weder sonderlich anspringend noch über die Analyse der Themenverwandlung hinaus wirklich interessant.


    Dazu kommt noch die Harmonik, die sicher auch bei Brahms interessante Stellen hat, aber dann meistens so betulich instrumentiert, daß man die Kühnheiten ja nicht hört.


    Womit wir bei der Instrumentierung sind: Brahms hat für mich auf diesem Sektor nichts zu bieten: Korrekt, halbwegs klangvoll, könnte man auch anders machen, ohne dass sehr viel verloren ginge.
    Bruckner hingegen schafft erregende Klangschichten und schroffe Kontraste durch seinen Klang (man stelle sich das einmal auf Instrumenten des 19. Jahrhunderts gespielt vor, speziell in Sachen Trompeten...).


    Ich mag es eben, wenn mich ein Komponist immer wieder beim Ohr nimmt und sagt: Hör mal, ich bin noch nicht fertig mit meiner Predigt, Freundchen, das wirst Du Dir jetzt schon noch anhören müssen. Ist mir jedenfalls lieber, als wenn er mir sagt: Ist ja nicht so schlimm, Jungchen, ich mach mal noch nen Kontrapunkt und dann ist Schluß.


    Oder anders gesagt: Bruckner rüttelt mich auf, springt mich an, drischt manchmal auf mich ein, ist also aufregende, wilde Musik für mich. Brahms ist - zumeist, ich weiß, es gibt Ausnahmen, die auch ich mag - nettes Musikmachen, sehr begabt, sehr vernünftig.


    Nur: Vernünftige Künstler sind mir immer etwas suspekt...


    :hello:

    ...

  • Zitat

    Original von Alfred_Schmidt
    Bruckner war mir zu langatmig, er schien immer auf einen Höhepunkt zuzustreben um dann kurz vor der Klimax eine andere Entscheidung zu treffen
    (Interessant wie das zu seinem sonstigen Wesen passt, ich spiele hier auf die x-fachen Umarbeitungen seiner Sinfonien an. Er konnte sich einfach nicht entscheiden.


    Zitat

    Original von Edwin Baumgartner
    Womit wir bei der Instrumentierung sind: Brahms hat für mich auf diesem Sektor nichts zu bieten: Korrekt, halbwegs klangvoll, könnte man auch anders machen, ohne dass sehr viel verloren ginge.
    Bruckner hingegen schafft erregende Klangschichten und schroffe Kontraste durch seinen Klang (man stelle sich das einmal auf Instrumenten des 19. Jahrhunderts gespielt vor, speziell in Sachen Trompeten...).


    Ich will niemandem widersprechen, aber das passt jetzt schön zusammen:


    Brahms instrumentiert austauschbar, ein Werk könnte ebensogut für eine komplett andere Besetzung sein (manche Werke waren auch erst für ganz andere Besetzung geschrieben).


    Bei Bruckner spielt die Instrumentierung eine große Rolle. Aber fix ist sie auch nicht, er läßt sich verunsichern, wenn Partituren zurückgewiesen werden, arbeitet alles x-mal um.


    Wenn ich an Brahmsens Oberschnulze langsamer Satz 3. Symphonie denke, ist die Instrumentierung des Streichorchesters aber schon bewunderungswürdig und keineswegs wirkungslos. Und vor allem immer dieses geniale Begleitgewusel ...

  • Zitat

    Original von Kurzstueckmeister


    PPS: Wie sieht denn zielgerichtete Musik überhaupt aus (oder hört sich an)?
    ;)


    Wie Beethovens Musik z.B. Vielleicht eine der wesentlichen Elemente bei Beethoven - seine Zielgerichtetheit.



    rappy: Noch eher als Brahms würde ich Dein (Avatar)alter ego heranziehen ;)

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