Tristan und Isolde

  • Hallo!
    bevor ich mich heute in den tristan begebe, habe ich den RAI Mitschnitt aus Napoli mir angehört.
    Und da gab es für mich eine Sensation..
    wer kann mir etwas über Jeanne-Michèle Charbonnet sagen.
    Eine derart glutvolle Stimme habe ich schon ewig nichtmehr gehört.
    Thomas Moser hielt sich da wacker, bin schon neugierig...
    Gary Bertini zauberte mit dem San Carlo Orchester. Dürfte die Wagner Schulung von Gustav Kuhn sein..soviel ich weiß sind da viele in Erl dabei.
    Jedenfalls allein wegen der Frau Charbonnet ist dieser Tristan ein Ereignis.
    ,manrico

  • Hi Manrico!
    Du gehst bestimmt nach Wien in den Tristan?Dann sei aber bloß nicht enttäuscht von der sängerischen Leistung.Thomas Moser hält sich durchaus wacker,allerdings nur deshalb,weil er sich die ersten beiden Akte sehr zurückhält (wie es die meisten machen),um im dritten bei seinem "Soloauftritt" zu glänzen.Allerdings hat er eine schöne Stimme,so daß man mit ihm zufrieden sein kann.
    Gänzlich anders schaut es bei der Polaski aus.Einfach grauenhaft!Ich hab mir mehrmals die Ohren zuhalten müssen.Sie hat eine SEHR "breite" Stimme,die sich auch nocht recht hölzern anhört,und ihre Höhen (sofern sie die überhaupt erreicht) sind nur mit übel zu beschreiben.Diese Frau ist eine absolute Fehlbesetzung mit einer völlig kaputten Stimme.Ganz toll singt allerdings Nieminen"
    Aber für 3.50 Euro ist es dennoch hörenswert,mehr würde ich auf keinen Fall ausgeben!!!!!!!
    Gruß,der Wanderer

  • Hallo Wanderer!
    Also ich habe es überstanden. Und ich gab mehr als 3,50 aus, hatte die Aufführung in meinem Abo.
    Schneider wasr einfach zu laut, leider steht ihm nur die Vertikale zur Verfügung und keine Horizontale ...dadurch wird ihm das Orchester immer lauter...
    Moser war wirklich überraschend ausdauernd und erwischte einige Passagen traumhaft. Die Polaski gewann allerdings mehr als Darstellerin und gab eine akzeptable Isolde. Die Stimme war sogar sehr kompakt und es gelangen wunderbare Piani im 2.Akt...Von der Höhe war nichtmehr viel zu hören, die Zahnnervenreißer a la Schnaut gab es aber nicht. Schneider war so laut, dass auch Holl im letzten Akt nicht über die Rampe kam.
    Nieminen, den ich als schwachen Melot unter Thielemann in Erinnerung habe sang nicht. Ein sehr guter Kurvenal war Boaz Daniel, und ein ganz schwacher Melot Hans Peter Kammerer. Michelle Breedt sang eine sehr schöne Brangäne, nur sie litt unter dem Klanginferno am meisten.
    Jetzt wird das blöd klingen, nach dieser Beckmesserei ..das ganze hat mir doch gefallen.
    Meine nächsten Opernbesucher werden jetzt der Wether, Romeo und Aida sein.(Jordan, Villanzon und Maestri sind meine "Zieher".

  • Thomas Moser "hielt sich wacker" - das ist eine Bewertung, die man heutzutage eigentlich auf jeden Tristan-Interpreten anwenden kann. Will sagen: Gibt es derzeit einen Heldentenor, der dieser Irrsinnsrolle wirklich gerecht wird? Mir fällt keiner ein. Stattdessen beobachte ich mich, wie ich den ersten Teil des 3. Akts "klammheimlich" als sportives Ereignis beobachte, als Marathon mit ungewissem Ausgang. Überspitzt gesagt: Ist diese Oper mit den heute "in Blüte" stehenden Künstlern überhaupt rollengerecht aufführbar? Ich habe meine Zweifel.


    Jürgen Lotz

  • Hallo,


    ich bin der festen Überzeugung, dass man einen Tristan auch heutzutage überzeugend singen kann. Es geht doch nicht um die totale Verausgabung; oder um das Aufsparen von Energie für den dritten Akt um dann das letzte zu geben.


    Das 'Gesamtding' muss stimmen...


    Von einem Laien...


    Oliver

  • Das Problem liegt meiner Meinung nach in der Tatsache begründet, das viele Sänger, die nicht das Material für solche Partien wie "Tristan" haben,aber aus welchen Gründen auch immer im schweren , falschen Fach zu Hause sind. Gibt es heute noch Heldentenöre vom Schlag eines Lorenz,Suthaus,Wenkoff..?


    Gruss Heldenbariton

    Wie aus der Ferne längst vergang´ner Zeiten
    GB

  • Und meiner Meinung nach liegt es vor allem auch an den Taktstockprimadonnen. Bestes Beispiel dafür ist der Tristan vom Moser: ich habe damals die Premiere, die dritte Aufführung, und die erste Aufführung unter Welser-Möst gesehen. Und ratet mal, in welcher Aufführung der Moser am meisten Luft und Kraft zur Verfügung hatte und man in jedem Takt spürte, dass der Dirigent mit dem Sänger atmete ?


    Alles Liebe,


    Martin alias Zeus0043

  • Gab es - von Melchior, Lorenz und Vickers abgesehen - je Sänger, die das Zeug zum Tristan hatten? Man darf dabei nicht vergessen, dass bis vor ca. 30 Jahren selbst in großen Häusern nur arg gekürzten Fassungen aufgeführt wurden! Es gab erhebliche Striche im Liebesduett und in den großen Szenen des Tristan im 3. Akt. selbst der große Melchior hat fast ausschließlich solche Versionen gesungen! Erfahrene Opernbesucher der Vergangenheit wussten auch zu berichten, dass man von Windgassen im 1. und 2. Akt so gut wie nichts gehört hat.

  • Sehr angetan war ich von Clifton Forbis, der die Rolle von Peter Seiffert an der Berliner Staatsoper übernommen hat. Er hat eine markante Stimme, die sehr gut durchdrang (wobei die Staatskapelle unter Barenboim wirklich alles gegeben hat), füllte die Rolle mit so viel Leben wie es die Bachmann-Inszenierung nur zulässt und ist damit bislang einer der zugegebenermaßen wenigen Tristane, bei denen ich mich nicht verwundert frage, was Isolde denn wohl an ihm finden mag...


    Oder zumindest nur stellenweise.


    Aber das lag nicht an Forbis.

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  • Der "Tristan" scheint ein Werk zu sein, mit dem sich die Regisseure genauso schwer tun, wie die Interpret/innen der Hauptpartien. Keine der Aufführungen, die ich in den letzten Jahren gesehen habe, überzeugten mich völlig - und boten bei den Sängerinnen und Sängern manchmal wenig erfreuliches.


    Gestern in Essen (Regie: Barrie Kosky) war jetzt der grösste Clou gleich zu Beginn des Stückes beim Öffnen des Vorhanges zu erleben: die grosse Bühne dunkel, nur in der Mitte war als Spielfläche ein etwa 3 Quadratmeter grosser Kubus zu sehen - und der war eigentlich auch schon voll. Optisch wähnte man sich im 2. Akt des "Holländers": ein grosser Sessel steht mit dem Rücken zum Publikum, darauf sitzt eine blonde Frau, an der Wand lehnen Bilder, links ein Waschbecken, rechts ein Tisch mit einer Früchteschale, im Hintergrund ein Fenster, wie es auf Schiffen zu sehen ist.


    Eine Abstellkammer, vielleicht - der Platz, den man der Neuerwerbung für König Marke zugewiesen hat. Aber natürlich auch ein Raum, der die Enge greifbar macht, das Erdücktwerden, mit dem die Protagonisten kämpfen. Hier wird auch zusammengezwungen, was zusammen gehört, aber nicht zusammen sein darf.


    Neben ihrer Gouvernante Brangäne hat Isolde ganz realistisch den Kopf von Morold in Formalin eingelegt dabei, eine grausige Reliquie ihres Schmerzes und ihrer Wut.


    Tristan und seine Freunde lassen es sich mit reichlich Schampus gut gehen, die Nacht war lang und die Männer sind hinreichend derangiert. Auf der einen Seite wirkt das ein wenig so, als wäre diesen Typen alles egal, auf der anderen aber scheint vielleicht gerade Tristan auch das Vergessen im Suff zu suchen.


    Ganz interessant, dass die auf- abtretenden Personen irgendwie aus dem Nichts zu kommen scheinen (und eben auch dorthin wieder verschwinden), so, als wäre der Raum doch eher ein innerer Bereich der Erinnerung und der Reflexion.


    Die Geschichte wird, trotz der engen Verhältnisse, schlüssig und mit guter Personenführung transportiert.


    Sehr gelungen auch der Aktschluss: der Todes- und Liebestrank scheint eins zu sein, jedenfalls spült Brangäne noch schnell das Glas aus, damit eine Spurensuche erfolglos bleiben wird und dann wird Isolde in das Brautkleid gepackt. Der Schleier scheint unendlich und bedeckt Isolde bis zur Hüfte: eine Gefangene und hilflose Frau, von allen alleingelassen.


    Der zweite Akt zeigt wieder den Kubus - ein angedeutetes Zimmer: Tür, zwei Fenster, Lampe an der Decke, Fruchtschale am Boden. Die Tapete mit einem Muster, das sich auf Isoldes Kleid fortsetzt. Diesmal ist die Spielfläche allerdings noch etwas kleiner, als im ersten Akt.


    Der Würfel wird, während des grossen Liebesduettes, anfangen, sich fast unmerklich um die eigene Achse zu drehen. Die Welt gerät aus den Fugen, die Gefühle schwanken, es gibt nichts, woran sich Tristan und Isolde festhalten können, selbst nur unzureichend aneinander. Das wirkt im ersten Moment verblüffend, auch, wie die Körper von Tristan und Isolde sich den immer wieder neuen Verhältnissen von oben und unten anzupassen versuchen - aber die Personenführung leidet doch darunter. Es ist ein Versuch, etwas zu visualisieren, was sich nur schwer darstellen lässt, vor allem, wenn man den ins philosophische driftenden Text berücksichtigen will und die Raserei der Gefühle noch im Blick behalten muss.


    Der Raum wird beim Auftreten der Jagdgesellschaft auf dem Kopf stehen bleiben.


    Und hier knickt die Inszenierung weg: König Marke steht mehr oder weniger während seiner grossen Klage herum, Melot, Tristan, ebenfalls nicht glücklich geführt, das hat man in dieser Form schon viel zu oft gesehen. Ein guter Moment: Isolde wird Marke den Ehering zurückgeben, wenn sie beschliesst, Tristan zu folgen, wohin auch immer ihr Weg führen wird.


    Der dritte Akt bietet dann den bekannten Würfel, wieder kleiner geworden. Er zeigt ein Krankenzimmer, aber: die Bühne ist erstmal offen um den Kubus herum sieht man eine Schafherde. Kurwenal, mit Kittelschürze, näht ganz naturalistisch Tristans Wunde.


    Inszenatorisch passiert erstmal wenig - da wirken die Solisten auch etwas arg auf sich selbst gestellt, da fehlt eine Idee für die szenische Lösung, das Bühnenbild allein macht es nicht.


    Das ändert sich kurzfristig, wenn Tristan die Wunde in suicidaler Absicht aufreisst, die Menschen fallen aus dem Rahmen, treten in eine andere Welt ein, füllen plötzlich auch den grossen Bühneraum. Tristan stribt in diesem Moment, alles weitere nur Schein?


    Der letzte, heikle Moment einer "Tristan"-Aufführung: der Liebestod der Isolde. Hier wird Isolde an Tristans Leiche knien, schon nicht mehr erreichbar. Die Toten, Tristan, Melot und Kurwenal (der sich die Pulsadern geöffnet hat) verlassen die Bühne, Isolde steht allein im hellen Licht. Da sieht man ganz zu letzt im Dunkeln auf der Bühne wieder den toten Tristan. Isolde geht zu ihm, bedeckt den fast nackten und legt sich zu ihm.


    Es ist eine insgesamt akzeptable Aufführung geworden, aber eine mit Schwächen - einhelliger Jubel.


    Jetzt kommt das, wo ich mich gerne ein wenig drücken würde, aber da Sophia ausdrücklich nach dem Dirigenten und dem Titelrollensänger gefragt hat:


    Stefan Soltesz begann sehr verhalten, hat auch während des Abends immer wieder das Tempo rausgenommen, das ist nicht so meine Sache. Was aber prima war: viele Details wurden sehr schön herausgestellt - und an manchen Stellen liess Soltesz das Orchester die Emotionen hochkochen, dass es eine Freude war. Insgesamt eine gute Leistung des Orchesters (die hohen Streicher könnten eleganter, seidiger klingen) und des Dirigenten.


    Ist "Tristan und Isolde" heutzutage befriedigend zu besetzen? Immerhin bot Essen mit Evelyn Herlitzius eine vehemente Sängerin auf, die auch darstellerisch versiert war. Nur: eigentlich ist auch Evelyn Herlitzius ein Kompromiss, weil herausragende Wagnerstimmen zu fehlen scheinen. Neben kräftig ausgestellten Höhen gibt es Schwächen in der Tiefe, im zweiten Akt dann auch Probleme mit der Linienführung und dem sicheren Erreichen von Zielnoten, im dritten dann merkliche Ermüdungserscheinungen. Was mich kirre macht: ihre Vokalverfärbungen - nein, es heisst nicht "Schwart"...


    Jeffrey Dowd, den Tristan, kenne ich noch aus seiner Darmstädter Zeit -und ich war etwas überrascht, dass er sich ins schwere Heldenfach weiterentwickelt hat (bis hin zum Siegfried). Ihm fehlt es am Volumen, an der Kraft, es ist völlig in Ordnung, dass er sich schont, wo das geht, aber es fehlt dann doch an der Power, wo diese notwendig ist. Während ihm schon der zweite Akt Probleme bereitete, war der dritte dann mehr das Modell "irgendwie durch". Je länger der Akt sich hinzog, desto schwächer wurde der Tenor - und er ist schon nicht auf einem guten Niveau gestartet. Differenzierungen, leise Töne, Farben, Stimmungen, Bögen das alles fehlt. Nur: damit steht der Essener Tenor gerade in dieser Partie nicht allein da.

  • Zitat

    Original von Alviano
    Der "Tristan" scheint ein Werk zu sein, mit dem sich die Regisseure genauso schwer tun, wie die Interpret/innen der Hauptpartien. Keine der Aufführungen, die ich in den letzten Jahren gesehen habe, überzeugten mich völlig - und boten bei den Sängerinnen und Sängern manchmal wenig erfreuliches.


    Da kann ich mich nur anschließen. Während ich schon in unterschiedlicher Weise sehr überzeugende Aufführungen der "Meistersinger" oder des "Parsifal" erlebt habe (vom "Ring" ganz zu schweigen), geht "Tristan" immer wieder in die Hose. Keine Inzenierung hat mich auch nur annähernd begeistern können, weder auf der konventionellen Seite (Hampe in Köln), noch auf der avancierten (Konwitschny in München, Perceval in Stuttgart), und auch nicht bei den Kompromisslösungen (Krämer in Wien). Der erste Akt kann ja szenisch manchmal ganz originell sein, aber beim zweiten und erst recht beim dritten bleibt oft nur Schulterzucken (die Berghaus-Inszenierung in Hamburg habe ich leider nicht gesehen). Dazu kommen spätestens im dritten Akt die vokalen Defizite - entweder geht der Tristan im Orchester unter oder er schreit zum Gotterbarmen. Mit der notierten Musik hat das dann nicht mehr viel zu tun. Zumindest bei der szenischen Verwirklichung scheint nach Deiner Beschreibung die Essener Inszenierung eine der besseren zu sein.


    Viele Grüße


    Bernd

  • Hallo Alviano,


    schönen Dank daß Du meine Bitte nach dem Bericht erfüllt hast. Ich lasse mich nicht abschrecken, nächsten Sonntag hören und sehen wir weiter... Besonders gespannt bin ich nun wirklich, wie Dowd in meinen Ohren ankommt. In seinen letzten Rollen in Essen war mir immer, als begänne er eher verhalten und etwas schwach und steigere sich dann (Lohengrin, Walter von Stolzing).


    Allerdings habe ich mit den "Tristanen" wohl etwas mehr Glück gehabt als Du und Bernd. Vor ca. 6 Jahren wurde die Oper von John Dew in Dortmund mit Jayne Casselmann und John Pierce in den Hauptrollen inszeniert. Und vor 3 oder 4 Jahren sah ich eine Inszenierung von Christian Pöppelreiter in Salzburg. Beide Aufführungen waren schlicht phänomenal...


    Sophia

  • Hallo Bernd,


    die Hamburger Berghaus-Inszenierung habe ich mir auch nicht mehr angeschaut, was vor allem an der Titelrollensängerin lag - ich meine ausdrücklich nicht Gabi Schnaut -, aber Luc Perceval ist eine Schnittmenge - die haben wir also beide gesehen.


    Ich würde das von der Wirkung her in etwa mit Kosky vergleichen. Auch bei Perceval gab es für mich immer wieder Momente, die ich ganz spannend fand. Aber dann auch wieder Situationen, die unbewältigt blieben, z. B. das Liebesduett im zweiten Akt oder die Fieberphantasien des Tristan aus dem dritten Akt.


    Unbefriedigend für mich auch Christof Nel in Frankfurt (von ihm hätte ich mir eine deutlich stärkere Inszenierung erwartet) und allenfalls akzeptabel Joachim Schlömer in Hannover.


    Gesungen wurde leidlich - die beste Isolde bot Hannover mit Barbara Schneider-Hofstetter (die beiden anderen Sängerinnen waren ein Totalausfall). Über die Tristane decke ich mal den Mantel des Schweigens - immerhin bot John Treleaven in Frankfurt einen bemerkenswerten dritten Akt, der war richtig gut.


    Gruss zurück

  • Hallo Sophia,


    nein, nein, ich will niemanden abschrecken - im Gegenteil: ich möchte ermuntern und Lust darauf machen, sich die Produktionen anzuschauen.


    Das Thema "Gesang" ist mir allerdings wichtig - und so komisch es klingt: deswegen bin ich da etwas zurückhaltend mit kritischen Anmerkungen. Eigentlich möchte ich, dass die Leute wieder genauer hinhören, sich nicht von der Oberfläche blenden lassen. Wenn ich dann eine kritische Anmerkung mache und die ist nicht nachvollziehbar, habe ich schon irgendwie ein Stück weit verloren. Wie oft erlebe ich es, dass manche Sängerinnen oder Sänger einen Riesenbeifall einheimsen, ausschliesslich mit Effekten, und eine deutlich bessere Leistung eines anderen Mitwirkenden in der selben Aufführung nur mit mässigem Zuspruch rechnen kann. Gut, ist ein anderes Thema...


    John C. Pierce kann ich mir als Tristan auch nicht recht vorstellen, dass hätte ich auch nicht gedacht, dass er diese Partie schon gesungen hat.


    Jedenfalls wünsche ich Dir einen anregenden Opernabend in Essen, es ist sicher keine langweilige Aufführung.


    Gruss nach Köln

  • Hallo Alviano,


    Zitat

    Original von Alviano
    aber Luc Perceval ist eine Schnittmenge - die haben wir also beide gesehen.


    Ich würde das von der Wirkung her in etwa mit Kosky vergleichen. Auch bei Perceval gab es für mich immer wieder Momente, die ich ganz spannend fand. Aber dann auch wieder Situationen, die unbewältigt blieben, z. B. das Liebesduett im zweiten Akt oder die Fieberphantasien des Tristan aus dem dritten Akt.


    das sind die kritischen Momente jeder Tristan-Inszenierung, eben weil es keine Momente sind.



    Zitat

    Unbefriedigend für mich auch Christof Nel in Frankfurt (von ihm hätte ich mir eine deutlich stärkere Inszenierung erwartet)


    Habe ich leider verpasst. "Meistersinger", "Walküre" und "Parsifal" von Nel fand ich gut bis überragend.



    Zitat

    Über die Tristane decke ich mal den Mantel des Schweigens - immerhin bot John Treleaven in Frankfurt einen bemerkenswerten dritten Akt, der war richtig gut.


    Treleaven habe ich mal in einer konzertanten Aufführung des zweiten Akts gehört - da habe ich mich gefreut, den dritten Akt mit ihm nicht erleben zu müssen. Wenn die anderen Tenöre noch schlechter waren... 8o


    Viele Grüße


    Bernd

  • Nach Barrie Koskys sinnloser Wiener Lohengrin-Inszenierung (blinde Elsa, Bremer Stadtmusikanten, etc.) habe ich eigentlich gehofft, dass dieser Mann nicht so bald wieder als Regisseur arbeiten darf.
    Die Bühne war in Wien von Klaus Grünberg:





    Bitte bedenken Sie, dass lautes Husten - auch zwischen den Stücken - die Konzentration der Künstler wie auch den Genuss der Zuhörer beeinträchtigt und sich durch den Filter eines Taschentuchs o. ä. erheblich dämpfen lässt.

  • Zitat

    Original von Melot1967
    Nach Barrie Koskys sinnloser Wiener Lohengrin-Inszenierung [...]


    Ja, die Gruppierung von Chor und Sängern lässt in der Tat auf ein fantasieloses, traditionelles Herumsteh-Theater schließen. Hätte mich vermutlich auch gelangweilt.


    Viele Grüße


    Bernd

  • Hallo Bernd,


    jetzt kommen wir zwar etwas vom Thema weg, aber sei es drum: bei "Walküre" in Stuttgart bin ich ganz bei Dir, das hat mir auch toll gefallen, "Meistersinger" in Frankfurt auch eine klasse Inszenierung (mein Herz schlägt da etwas mehr für Konwitschny in Hamburg und, jaja, Neuenfels in Stuttgart) aber "Parsifal", den fand ich schwach - da kann ich nix mit anfangen. Wesentlich besser haben mir da "Butterfly", "Salome" und "Frau ohne Schatten" gefallen, vielleicht hattest Du Gelegenheit, einige der Inszenierungen zu sehen.


    Jaaa, das ist der Witz: Treleaven sang zwei Akte lang einen Tristan, der reichlich schwach war - um dann im dritten Akt noch zu punkten, zumindest interessant 8)


    Gruss nach Bamberg

  • Hallo Alviano,


    Nels "Parsifal" war sicherlich etwas konventioneller als andere seiner Inszenierungen, da gebe ich Dir Recht. Aber die kinetische Schlusszene mit dem quasi entmaterialisiert schreitenden Parsifal - das hatte als Entsprechung zur Musik wirklich Klasse. Auch bei seiner "Salome" hat mich der Schluss mit der nach dem Ende der Musik weiterheulenden und umherirrenden Salome besonders beeindruckt - bei der Premiere ein willkommener Anlass für einige wutschnaubende Buhrufer.


    Nels "Meistersinger" waren die beste Arbeit, die ich von ihm gesehen habe: wirklich konsequent durchdacht, manchmal etwas verkrampft, aber am Ende des ersten Aktes mit den umherfliegenden Schuhen auch von umwerfender theatralischer Komik. Konwitschny habe ich nicht gesehen, aber Neuenfels' Inszenierung in Stuttgart mochte ich auch sehr: die Gesamtkonzeption, aber auch die komischen Momente (umwerfend der Einzug der Meister im dritten Akt). "Butterfly" ist nicht mein Stück, und zur "Frau ohne Schatten" konnte ich mich auch nicht durchringen.


    Viele Grüße


    Bernd

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  • Am 17.12. habe ich diese Aufführung in Essen auch besucht. Soweit meine Meinung von den bereits mitgeteilten Schilderungen abweicht, ergänze bzw. protestiere ;) ich nun.


    Zitat

    Original von Alviano
    Gestern in Essen (Regie: Barrie Kosky) war jetzt der grösste Clou gleich zu Beginn des Stückes beim Öffnen des Vorhanges zu erleben: die grosse Bühne dunkel, nur in der Mitte war als Spielfläche ein etwa 3 Quadratmeter grosser Kubus zu sehen - und der war eigentlich auch schon voll. Optisch wähnte man sich im 2. Akt des "Holländers": ein grosser Sessel steht mit dem Rücken zum Publikum, darauf sitzt eine blonde Frau, an der Wand lehnen Bilder, links ein Waschbecken, rechts ein Tisch mit einer Früchteschale, im Hintergrund ein Fenster, wie es auf Schiffen zu sehen ist.


    Eine Abstellkammer, vielleicht - der Platz, den man der Neuerwerbung für König Marke zugewiesen hat.


    Dieses Quadrat mit seinen zahlreichen Rollos vor Türen und Fenstern weckte bei mir die Assoziation "Bahnabteil der 50er Jahre". Der Lehnstuhl sah aus wie ein elektrischer Stuhl, verstärkt wurde das durch Sitzhaltung und Armbandage der Isolde.


    Zitat

    Neben ihrer Gouvernante Brangäne hat Isolde ganz realistisch den Kopf von Morold in Formalin eingelegt dabei, eine grausige Reliquie ihres Schmerzes und ihrer Wut.


    Das fand ich ziemlich eklig, der Kopf sah aus wie ein grotesk weiß geschminkter, rote Tränen weinender Clown.


    Zitat

    Tristan und seine Freunde lassen es sich mit reichlich Schampus gut gehen, die Nacht war lang und die Männer sind hinreichend derangiert.


    Total daneben und völlig überflüssig fand ich die Aggression Kurwenals gegenüber Brangäne und die angedeutete Vergewaltigung der Frau.


    Zitat

    Die Geschichte wird, trotz der engen Verhältnisse, schlüssig und mit guter Personenführung transportiert.


    ups :) .
    Sollte es Absicht sein, die Figuren auf so engem Raum zu zeigen und damit innere Eingeschlossenheit zu demonstrieren, hat das bei mir leider eine völlig umgekehrte Wirkung als die beabsichtigte hervorgerufen. Ich fand die Inszenierung im 1. und 2. Akt sehr ermüdend, sowohl aufgrund des minimalen Bühnenbildes und dazu kaum vorhandener Personenführung. Die Figuren waren vollständig auf sich gestellt. Die Nacht der Liebe im 2. Akt wurde m.E. verschenkt, Herlitzius und Dowd wirkten subjektiv stundenlang darauf konzentriert die Balance zu halten, in der sie nicht umfallen und trotzdem noch singen können.


    Schlüssig wurde die Inszenierung für mich erst gegen Ende des 3. Aktes. Ab der Szene, wo Tristan aus dem Kubus auf die Erde fällt (übrigens der gleiche Effekt wie bei Marthaler in Bayreuth) und besonders das Schlußbild wenn Isolde Tristan mit ihrem Mantel zudeckt. Ganz interessant an der Aufführung war auch zu "rätseln", was nun Realität und was Traum an der Geschichte ist: leben nun Tristan und Isolde im Traum und die anderen in der Realität oder umgekehrt?


    Insgesamt jedoch hat mich die Aufführung nicht überzeugt und etwas zieht sich bei Inszenierungen von Barrie Kosky durch die Arbeiten: er produziert viele Bilder auf der Bühne aus denen jedoch nicht schlüssig hervorgeht was sie miteinander zu tun haben...


    Von den Sängern haben mir besonders die Nebenrollen gefallen :stumm:, allen voran Brangäne (Ildiko Szönyi) und Kurwenal (Heiko Trinsinger). Dowd schlug sich für meine Ohren achtbar, auch wenn er im 3. Akt hörbar schwächer wurde. Evelyn Herlitzius hat eine erschlagende Präsenz, ist mir für die Isolde leider viel zu expressiv. Diesen weichen, fließenden Klang des Orchesters fand ich eher irritierend, dazu klang mir das ganze nicht durchhörbar genug. Da bin ich von Markus Stenz in Köln inzwischen regelrechte Glanzleistungen gewöhnt - auch wenn Soltesz gestern wieder gefeiert wurde wie der Messias.


    Grüße,
    Sophia

  • Den Essener "Tristan" habe ich (einen Tag vor Heiligabend) jetzt auch gesehen und gehört. Es war von den mir bekannten eine der besseren Tristan-Inszenierungen. Das von Alviano und Sophia beschriebene Konzept und seine Verwirklichung haben mich durchaus streckenweise überzeugt, wenn auch nie mitgerissen. Die Stärken sehe ich vor allem (wieder mal!) im ersten Akt, bei dem der winzige Raum ideenreich genutzt wurde, und auch am Schluss des dritten Aktes. Die Idee mit dem rotierenden, alles auf den Kopf stellenden Würfel im zweiten Akt klingt in der Theorie gut, wird aber überstrapaziert und lässt die Personenregie auf die notwendigen sportlichen Übungen der Sänger zusammenschmelzen. Wie Alviano fand ich den Schluss des zweiten Aktes überaus schwach, mit einem reichlich teilnahmslosen und auch sängerisch schwachen Marcel Rosca als Marke. Völlig unterinszeniert wieder einmal die Fieberphantasien Tristans im dritten Akt - das übliche Gefuchtel und Gekabbel mit Kurwenal. Diese leider recht langen Durststrecken und Unentschiedenheiten trüben den Gesamteindruck der ingesamt stringenten Inszenierung erheblich (sehr schön die visuellen "Echoeffekte": der ewig lange Schleier Isoldes im ersten Akt und der ewig lange Verband Tristans im dritten Akt).


    Von Soltesz habe ich nach seinen früheren Wagner- und Strauss-Dirigaten mehr erwartet. Zweifellos: Das Orchester spielte sauber und engagiert, der Klang war relativ transparent, einige Details schön ausgehört. Aber sowohl die großen lyrischen Höhepunkte im Nachtgesang des zweiten Akts (Brangänenruf!) als auch die dramatischen Kulminationspunkte (Ende des zweiten Akts, Ankunft Isoldes im dritten Akt) klangen merkwürdig matt und nicht differenziert bzw. prägnant genug. Jeffrey Dowd bemühte sich, war aber nicht erst im dritten Akt stimmlich überfordert. Evelyn Herlitzius: stimmlich sehr präsent (in der hohen Lage), mit Durchschlagskraft, aber eher wenig Sinn für das Lyrische und die große Linie. Wirklich schlimm - da muss ich Alviano völlig rechtgeben - die Vokalverfärbungen: jedes zweite "e" wird zu einem "a". Brangäne und Kurwenal waren gut, wenn auch nicht überragend besetzt, sehr schwach - wie bereits gesagt - König Marke.


    Eine musikalisch stärkere Aufführung hätte sicherlich die erwartbaren Schwächen der Regie nicht so stark hervortreten lassen. So aber habe ich das Opernhaus mit einem Gefühl leichter Enttäuschung verlassen.


    Wie ich den Presseauszügen entnommen habe, fand die ruhrgebietstypische Jubelpresse wieder alles super und Weltklasse.


    Viele Grüße


    Bernd

  • Hallo Bernd,


    das finde ich ja klasse, dass Du den Essener "Tristan" auch gesehen hast (ganz nebenbei: wolltest Du nicht auch nach Stuttgart zum "Actus tragicus"...?).


    Zusammenfassend kann man wohl sagen, dass es keine überragende Aufführung geworden ist, allenfalls eine, die in Ansätzen überzeugen kann. Und musikalisch stehen mir andere Dirigenten gewiss näher, als Stefan Soltesz. Allein schon dieses Geschnaufe, Gestampfe und Gehüpfe kann ich nicht gut haben.


    Wo Du völlig recht hast: schon in der Premiere war der Sänger des König Marke unterirdisch - Die Stimme mochte nicht ansprechen, die ersten beiden Einsätze wurden zur Zitterpartie. Dann gab der Sänger Gas und versuchte mit Kraft zu retten, was nicht mehr zu retten war. Allerdings: Grosser Beifall auch für ihn beim Schlussapplaus.


    Gruss nach Bamberg (war ich im Sommer letzten Jahres erstmalig und hat mir gut gefallen, dort...)

  • Hallo Alviano,


    Zitat

    Original von Alviano
    das finde ich ja klasse, dass Du den Essener "Tristan" auch gesehen hast (ganz nebenbei: wolltest Du nicht auch nach Stuttgart zum "Actus tragicus"...?).


    Wernickes "Actus tragicus" läuft zum letztenmal am 10. Februar. Vielleicht schaffe ich es in diese Aufführung, aber eigentlich bin ich beruflich bis Mitte Februar so gebunden, dass es selbst am Wochenende mit einem Stuttgart-Trip schwierig werden wird. Wirklich tragisch, habe ich doch Wernicke gerade als meinen Lieblingsregisseur benannt. Zudem wollte ich eigentlich gleich noch einen Besuch von Bieitos neuer "Jenufa" dranhängen... Wie ich Dich kenne, wirst Du Dir die Premiere am Sonntag nicht entgehen lassen? ;)



    Zitat

    Zusammenfassend kann man wohl sagen, dass es keine überragende Aufführung geworden ist, allenfalls eine, die in Ansätzen überzeugen kann. Und musikalisch stehen mir andere Dirigenten gewiss näher, als Stefan Soltesz. Allein schon dieses Geschnaufe, Gestampfe und Gehüpfe kann ich nicht gut haben.


    Vielleicht ist es eine durch Namensähnlichkeit und gleiche Herkunft hervorgerufene Illusion - aber das Eckige und Kantige bei Soltesz erinnert mich immer an Georg Solti. Mein Lieblingsdirigent ist Soltesz auch nicht, aber seine "Salome", die ich vor etwa einem Jahr miterlebt habe, war schon eine reife Leistung.



    Zitat

    Gruss nach Bamberg (war ich im Sommer letzten Jahres erstmalig und hat mir gut gefallen, dort...)


    Viele Grüße zurück (von einem Rheinländer, der sich nach leichten Startschwierigkeiten in Bamberg gut eingelebt und die Stadt inzwischen fast schon ins Herz geschlossen hat)


    Bernd

  • Hallo Bernd,


    Wie, "Jenufa"? Stuttgart? Öhhhh... Doch, ja - ich bin am Sonntag in Stuttgart :D Das ist allerdings irgendwie ein echter Witz: ich wollte da ursprünglich gar nicht hin - David Alden reizt mich nicht so. Dann habe ich es mir nochmal überlegt: immerhin zählt Janacek zu meinen "Top Ten" und von Leandra Overmann als Küsterin verspreche ich mir eine packende Leistung. Also hab ich mir eine Karte bestellt...


    Rein Zufällig las ich über die Auswechslung des Regisseurs eine Notiz im "Kulturspiegel"... Was noch besser gewesen wäre: ich hätte diese Notiz nicht gelesen und wäre am Sonntag doch sehr überrascht gewesen.


    Jetzt würde ich beinahe noch Fragen, was Dich nach Bamberg verschlagen hat - aber dieses Thread heisst "Tristan", und ich will doch keinen Unmut eines Moderators auf mich ziehen (hüstel...).


    LG

  • Hallo Alviano,


    Zitat

    Original von Alviano
    Jetzt würde ich beinahe noch Fragen, was Dich nach Bamberg verschlagen hat - aber dieses Thread heisst "Tristan"


    sagen wir mal so: für den Ruf der Nacht fühle ich mich im Gegensatz zu Tristan+Isolde noch nicht reif genug - also war es eher "der Welten-Ehren Tagessonne mit ihrer Strahlen eitler Wonne" - vulgo: ein vernünftig bezahlter Job mit Perspektive - der mich nach Bamberg gezogen hat. :D


    Vergiss nicht, aus Stuttgart zu berichten!


    Viele Grüße


    Bernd

  • Hallo,


    am vergangenen Sonntag habe ich dann auch den Essener Tristan erleben können.


    Daß mich die Inszenierung nicht unbedingt begeistern würde, war mir von vorneherein klar (wie sehne ich mich nach dem abstrakten, aber ungemein ausdrucksstarken UND werkgerechten Bühnenbild im Aachener Tristan aus den späten 70gern des letzten Jahrhunderts!). Die ersten beiden Akte fand ich noch ganz gut erträglich - mit der Zeit wird man ja recht hart im Nehmen -, aber im dritten Akt hat mich die Bühne regelrecht angewidert. Die eklige Fadenzieherei, die der arme Kurwenal da betreiben mußte, machte die "Traurige Weise" für mich leider atmosphärisch völlig kaputt. Ich mußte mich immer wieder mit Gewalt dazu zwingen, die Augen zu schließen, um den Kontakt zur Musik nicht völllig zu verlieren.


    Die Sänger fand ich insgesamt sehr gut, besonders Evelyn Herlitzius konnte als Isolde richtig überzeugen; die hier im Thread monierten Vokalverfärbungen sind mir nicht aufgefallen .Marke war eher mäßig, das stimmt, aber in unserem Provinztheater habe ich schon weit Schlechteres erlebt.


    Ziemlich enttäuscht war ich hingegen von der Leistung des Orchesters und seines Chefs. Wurden die Essener nicht noch vor nicht unlängst als "bestes Opernorchester Deutschlands" ausgezeichnet? In dieser Aufführung war davon nicht viel zu spüren - es fehlte immer wieder an Spannung, an Intensität, an Engagement. Und darüber hinaus fand ich auch das technische Niveau eher mäßig - es gab jede Menge Unstimmigkeiten im Zusammenspiel, und die Intonation im Holz ließ vor allen Dingen am Anfang viel zu wünschen übrig. Klar, das Vorspiel ist eine Herausforderung, aber von einem A-Orchester erwarte ich da schon mehr als diese evident schiefe und klappernde Akkordik.


    Insgesamt war es eine eher mäßige Aufführung einer Oper, die mich dann aber rein musikalisch dann immer doch so sehr zu packen vermag, daß ich trotzdem mit einiger Begeisterung aus dem Theater komme....Tristan und kein Ende...



    Viele Grüße


    Bernd

  • Heute war ich zum zweiten Mal in dieser Oper und der Inszenierung von Konwitschny....auch sehr erschöpft, da gestanden, aber doch total erfüllt und glücklich von diesem grandiosen Musikerlebnis. Allerdings kam gleich ein Schock, denn Waltraud Meier wurde als krank gemeldet, die dann aber natürlich doch sang. Ihre Einschränkung wurde schon deshalb hörbarer, da Brangäne (Daniela Sindram) einfach supergut drauf war und letztendlich, neben Marke (René Pape) und auch Kurwenal (Michael Volle), durch entsprechenden Applaus zum Liebling des Abends gekürt wurde.


    Etwas durcheinander geriet evtl. John Treleaven, denn seine Isolde hatte sich nach dem Liebenstrank doch ordentlich verändert. Frau Meier konnte tatsächlich nicht mehr singen und, welch Wunder, ganz kurz vor Beginn des 2. Aufzugs erreichte das Geburtstagskind Linda Watson das Opernhaus und schlüpfte blitzschnell in ihr Kostüm. Es war natürlich schon eine gewaltige Umstellung für alle, die sich hauptsächlich auf W.M. gefreut hatten, aber für diesen Blitzstart machte sie ihre Sache wirklich gut. Ihre Stimme liegt mir halt nicht so ganz, aber ich gewöhnte mich so langsam dran. Der 2. Akt ist auch von der Inszenierung her nicht so mitreissend, wie man sich so eine aufregende Liebesnacht vorstellen könnte, denn sie sitzen beide brav auf einer Couch und jeder hat ein Licht in der Hand und noch ein paar um sich herum. Am Morgen ziehen sie dann ihre Obergewänder aus, sind drunter ganz in schwarz, legen diese dann auf die Couch und gehen dann ein paar Stufen runter in soz. eine andere Welt. König Markes Auftrittsarie läßt dann aber nur die Gänsehaut rauf und runter eilen und man denkt an nichts anderes mehr. Pape hat eine Stimme, die ist einfach der Wahnsinn und auch seine Mimik spricht Bände. Da könnte man nur noch heulen.


    Im 3. Akt haben dann aber wirklich Tristan und Kurwenal ihre ganz starken Auftritte. Als Tristan muss man da wohl einfach davor einen Gang zurückschalten, sonst schafft man den Schluss nicht. Er wurde auch schauspielerisch von Treleaven gut gemeistert und mit Volle haben die Münchner ja wirklich einen Paradebariton bekommen, der uns wirklich viel Freude machen wird. Bei meiner ersten Vorstellung sah ich Wolfgang Brendel in dieser Rolle und allein die Gestaltung unterschied sich schon wie Tag und Nacht. Die Züricher werden wahrscheinlich ziemlich traurig sein, V. nicht mehr bei sich zu haben. Auch von der Inszenierung her gefiel mir dieser Akt sehr sehr gut. Es war ein ziemlich kahler hoher Raum und ein kleiner Projektor im Zimmer warf Fotos an die Wand. Tristan saß auf einem Stuhl und Kurwenal lag zu seinen Füßen und als Tristan erwachte entwickelte sich dann die weitere Geschichte, die auch durch die Schatten an der Wand sehr wirkungsvoll wurden. Es kam dann auch wieder die 2. Ebene dazu.... aber vielleicht morgen mehr, denn nun bin ich wirklich müde zum Umfallen.
    Auf jeden Fall war auch das Orchester grandios und wenn manche davon schwätzen, Kent Nagano wäre ein Kühlschrank, dann ist das glatt gelogen. Alles zusammen hat mich auf jeden Fall viel viel mehr als das erste Mal bewegt und mitgenommen.


    :hello: Ingrid

  • Auch von mir kurze Anmerkungen zum gestrigen Münchner Tristan.
    Mir sind vor allem die Ensemblemitglieder Daniela Sindram und Michael Volle überaus positiv aufgefallen. Schön, wenn man sich als Stammbesucher auf Sänger solchen Formats verlassen kann. Enttäuscht war ich allerdings von John Treleaven, ich habe seinen Auftritt gestern über weite Strecken als Ringen um die richtigen Töne erlebt. Auch beim Staatsorchester scheinen verwackelte Einsätze mehr und mehr zur Regel zu werden, und die Intonation der Bläser ließ stellenweise sehr zu wünschen übrig.
    Aber natürlich Konwitschnys legendäre Inszenierung! Eine verkleinerte Hinterbühne, verniedlicht, auch comic-haft die Kulisse, scheinbar gestutzt die übermenschliche Tragödie. (Natürlich auch mit einigen Albernheiten, etwa der bescheuerte Seemann im 1. Aufzug, die Freischützoutfits im 2. und der Yetipelz des Hirten im 3.) Aber, bei allen Wunderlichkeiten, die sich während des Geschehens einstellen, im 3. Aufzug, mit Tristans melancholischer Diaschau, dem Dialog der Englischhornspieler auf der Vorderbühne, dem für meine Begriffe prächtig gelösten „Liebestod“, dessen Konzept sich bereits im 2. Aufzug andeutet und allerspätestens mit dem wunderbaren Schlussbild, hat dich der alte Regiefuchs gepackt.

    Man kann wirklich sagen, daß ich Mozart sehr, sehr viel verdanke; und wenn man sich ansieht, wie z. B. meine Streichquartette gebaut sind, dann kann man nicht leugnen, daß ich das direkt von Mozart gelernt habe. Und ich bin stolz darauf!
    Schönberg

  • Hallo zusammen,
    Ich hatte das Vergnügen den Tristan am 11.11. zu erleben mit einer fantastischen Waltraud Meier, die sowohl das Ensemble wie auch das Publikum zu erstaunlichen Höhenflügen geführt hat. Schade, dass sie offenbar eine Woche später krank war.
    Es war eine der wenigen Opernaufführungen, die ich erlebt habe, bei der nun wirklich alles gestimmt hat, für mich auch von der Inszenierung her.- Gut, Treleaven hatte manchmal etwas Mühe, aber es stellt sich schon die Frage wer es zur Zeit besser machen kann. (Im nächsten Jahr seh ich den Tristan in Berlin mit Seiffert, mal sehen)
    Meier und Pape waren an diesem Abend einfach eine Klasse für sich. Meier hat so wundervoll mühelose grosse Linien gesungen, dass man nur noch staunen bzw. geniessen konnte. Darum ist das voll besetzte Haus beim Schlussapplaus regelerecht von den Stühlen gesprungen, als sie sich verbeugte.
    Aber auch Holle war grandios und die Brangäne sehr sehr gut.
    Selbst Naganos Dirigat, den ich normalerweise nicht sonderlich schätze, hat mir sehr gut gefallen. Das Orchester war an dem Abend hervorragend- von schlechten Einsätzen und Intonationsproblemen keine Spur.


    Gruss Syrinx :hello:

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