Dissonanzen und Synkopen - was die Musik interessant macht

  • Auf die Anregung von yarpel hin hier ein eigener thread zum Thema falsche Noten



    Meine These: Dissonanzen und Synkopen sind in der Musik lebensnotwendig. Ein Musikstück, das immer nur "harmonische" Klänge aneinanderreiht, nach einheitlichem rhythmischem Schema, verdient den Namen Musik nicht.


    Warum haben Dissonanzen so einen schlechten Ruf?


    Warum kommt der durchschnttliche Hörer mit Synkopen so viel leichter klar als mit "schrägen" Tönen?

  • Was gibt denn das für eine Diskussion?
    Niemand hat die Absicht zu behaupten, daß Dissonanzen einen schlechten Ruf haben. Ausserdem hat sich die Ansicht, was als Dissonanz zu bezeichnen ist seit Palestrina ja in unzähligen Schritten gewandelt. Jetzt mach ich mich mal ganz schlau und melde mich wieder zu Wort.
    Gruß, Markus

  • Servus Heinz


    Ja, ein sehr schöner, erhellender Text, auf den Du uns da gelinkt hast. Dem dürfte zwar noch einiges hinzuzufügen sein, denn die Musikgeschichte hört ja nicht mit Bruckner auf, aber was die Entwicklung und Tolerierung der Dissonanzen in der Musikgeschichte betrifft, ist man hiermit schon ausreichend bedient.
    Solch intelligente Links finde ich durchaus förderlich für das Forum - ich denke, da geht keine Gefahr für Mitgliederschwund oder Verzettelung aus.
    Gruß, Markus

  • Salut,


    nicht nur Dissonanzen (wie auch immer qualifiziert...) und Synkopen machen die Musik interessant: vergesst nicht enharmonische Verwechslungen, Dur/moll-Wechsel, Querstände (Dissonanzen-Quartett!!), verminderte Septakkorde, Tritonus, Krebsgänge, Fugati, und der schönste überhaupt bereits bei Bach:


    Keine Ahnung, wie sich das im Fachjargon nennt!! ?( Jedenfalls die "Auflösung" eines Dur-Akkordes (z.B. D-Dur) nach moll (hier dann g-moll, also g-b-d) und im Bass das Es!!


    Das könnte ich pausenlos hören... :D


    Viele Grüße, Ulli

    Die Oper muss Tränen entlocken, die Menschen schaudern machen und durch Gesang sterben lassen.
    (Vincenzo Geilomato Hundini)

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  • Zitat

    Original von Ulli


    Keine Ahnung, wie sich das im Fachjargon nennt!! ?( Jedenfalls die "Auflösung" eines Dur-Akkordes (z.B. D-Dur) nach moll (hier dann g-moll, also g-b-d) und im Bass das Es!!


    Das könnte ich pausenlos hören... :D
    i


    Hallo Ulli,


    das könnte ein Trugschluß sein oder ein Neapolitaner, auf jeden Fall ist der "g-moll" Akkord in Wirklichkeit ein Es7 :D


    Hast du ein konkretes Stück parat, in dem diese Wendung vorkommt?


    Gruß
    Heinz

  • Zitat

    Original von Heinz


    Hast du ein konkretes Stück parat, in dem diese Wendung vorkommt?


    Salut, Heinz!


    Ich wollte das eigentlich in meinem Beitrag schon reinschreiben, war aber zu faul!! :D


    Jetzt hast Du mich gezwungen, die Noten rauszukramen und ich habe sie: Johann Sebastian Bach, Sonata V BWV 1018 für Violine und Cembalo, 1. Satz (ohne Bezeichnung) f-moll, Takt 106 - hier "beisst" sich das C in der rechten Hand mit dem des im Bass.


    Klar, dass es ein Trugschluss ist... nur WIE heißt er?


    Viele Grüße, Ulli

    Die Oper muss Tränen entlocken, die Menschen schaudern machen und durch Gesang sterben lassen.
    (Vincenzo Geilomato Hundini)

  • Zitat

    Original von Heinz
    [
    das könnte ein Trugschluß sein oder ein Neapolitaner, auf jeden Fall ist der "g-moll" Akkord in Wirklichkeit ein Es7 :D


    Salut,


    es könnte aber auch das "d" ein Vorhalt sein und sich "vorläufig" nach cis auflösen, wonach wieder alles zum D-Dur zurückkehrt... :D :stumm: :yes:



    Grüße, Ulli

    Die Oper muss Tränen entlocken, die Menschen schaudern machen und durch Gesang sterben lassen.
    (Vincenzo Geilomato Hundini)

  • Der Thread will weitergeführt werden? Da fällt jemandem aber früh ein, dass hier noch eine Frage offen ist :D Obs überhaupt noch von Interesse ist?


    Bei mir geht der erste Satz nur 89 Takte, aber im drittletzten (meinst du den, Ulli?) ist ein Des im Bass und ein C in der rechten Hand.
    C-Des7, also ein eigentlich stinknormaler Trugschluss, aber eine große Septime im Zielakkord - schon seltsam! Intuitiv würde ich es zum B auflösen wollen. Dann entstünde ein (subdominantischer) b-Moll-Akkord mit kleiner 7 (septième ajoutée) und Terz im Bass.
    Aber ich bin mir seeehr unsicher, was sagen denn die Fachmänner hier?

    "Das Große an der Musik von Richard Strauss ist, daß sie ein Argument darstellt und untermauert, das über alle Dogmen der Kunst - alle Fragen von Stil und Geschmack und Idiom -, über alle nichtigen, unfruchtbaren Voreingenommenheiten des Chronisten hinausgeht.Sie bietet uns das Beispiel eines Menschen, der seine eigene Zeit bereichert, indem er keiner angehört." - Glenn Gould

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  • Für mich ist es mittlerweile einfach ein Trugschluß + richtigem Schluß übereinandergeklebt, Dur + moll. Basta. Einer meiner Lieblingsakkorde mittlerweile.


    :hello:


    Ulli

    Die Oper muss Tränen entlocken, die Menschen schaudern machen und durch Gesang sterben lassen.
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  • Zitat

    Original von Maexl
    wo denn?


    Ende des ersten Satzes: S. 141, drittletzter Takt, Schlag 1 [f-moll + des im Baß].


    :hello:

    Die Oper muss Tränen entlocken, die Menschen schaudern machen und durch Gesang sterben lassen.
    (Vincenzo Geilomato Hundini)

  • Ich glaube nicht, dass es für diesen Vierklang einen Namen gibt, will man nicht mit verkünstelten Entgleisungen wie „Bachs List-an-Akkord“ herumoperieren.


    Allenfalls kann man ihn wohl in seiner Funktion beschreiben, was natürlich sofort ins Deuten und Spekulieren ausartet.


    Ulli entscheidet sich für eine gedachte Tonika mit Leitton zur Doppeldominante, über die dann ja auch zur Dominante aufgelöst wird.
    Ebenso denkbar wäre eine Interpretation als Subdominante mit - statt sukzessiv - simultan umspieltem Grundton (c-b-as-b), der aber selbst nicht in Erscheinung tritt.


    Ein C7 habe ich allerdings nicht gefunden, lieber Maexl. Wo ist das versteckt?


    Gruß,



    audiamus



    .

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  • natürlich gibt es auch für diesen klang einen simplen namen: großer Dur7 nur hat das Des7+ da eigentlich nix zu suchen...
    das C7 erscheint logischerweise im Takt davor (also 4t letzter Takt Schlag 3) als Dominante zum folgenden f-moll + verminderte 6te.
    die folgende violinstimme macht, glaube ich, die subdominante b plausibel.


    unentschlossen, max

  • Zitat

    Original von Maexl
    natürlich gibt es auch für diesen klang einen simplen namen: großer Dur7 nur hat das Des7+ da eigentlich nix zu suchen...x


    und das Des ist ja das Wichtigste im Akkord... Der BZA* kommt übrigens auch in BWV 853 T. 28 vor... der Bass will Ces-Dur erzwingen, die anderen Stimmen gehen nach es-moll (das ges fehlt allerdings und es wird nach Es-Dur aufgelöst) wieder so eine Stelle, um derentwegen ich das Stück so liebe...


    :jubel: :jubel: :jubel:


    Ulli


    *Bachsche Zwitter-Akkord

    Die Oper muss Tränen entlocken, die Menschen schaudern machen und durch Gesang sterben lassen.
    (Vincenzo Geilomato Hundini)