Max Reger: Die Nonnen

  • Dank der Hilfe von Caesar73 habe ich nun die Partitur:


    Max Reger: "Die Nonnen" op. 112
    für gemischten Chor und großes Orchester (1909)


    und mit der Partitur nun den Text des Chorwerks. Reger schrieb dazu (22.7.1908 an Straube): "Von den 'Nonnen' ist die erste Strophe fertig; drei Strophen hat das Gedicht, es wird ein sehr eigenartiges Ding." Am 26.6.1909 schrieb er (wieder an Straube): "Wundervoller Text zum Chorwerk habe ich, höchst eigenartig! Ganz neu in der Stimmung. Er ist von Boelitz." Und am 28.5.1910 im Brief an den Verlag Bote & Bock: "Es ist ein Stimmungsbild, wie wir es in der gesamten Chorliteratur bis jetzt noch nicht haben! Es ist ein Text von ganz wundervoller Poesie."


    Martin Boelitz: Die Nonnen


    Helle Silberglocken schwingen
    durch den kühlen Tempelhain,
    junge heiße Seelen singen
    in die stille Nacht hinein.
    "O süße Mutter des Einen,
    um den wir beten und weinen,
    Maria, nimm dich unser gnädig an!"


    Wieder tönt das Liebeszagen
    voll unsäglich bangem Laut,
    zitternd wie das ängstige Klagen
    einer sterbenden Braut
    "O süßer Sohn der Einen,
    wir beten zu dir und weinen,
    Christ, unser Herr, hör' deiner Mägde Flehn!"


    Sieh, und aus dem goldnen Rahmen
    tritt der Heiland nun herfür,
    daß er ihre Stirn berühr',
    und die Lippen hauchen Amen!
    Tiefer noch beugen die Reinen
    das Knie und lächeln und weinen -
    in roten Herzen blüht ein Wunder auf.


    LG Peter

  • Hallo Peter,
    kommt da noch mehr zu dem Thema? Mich würde es nämlich interessieren, weil Reger einer der wenigen Komponisten ist, bei dem ich noch nicht entschieden habe, ob ich ihn mag oder nicht :wacky:


    Deswegen hab ich mich auch ein wenig schlau gemacht und dabei Stimmen gefunden, die das Gedicht nicht unbedingt für ein großes Werk halten und auch Regers Vertonung wurde zwiespältig aufgenommen.


    Interessant erscheint mir Regers Ausspruch, dass er die Nonnen als "katholisches Gegenstück zum protestantischen 100. Psalm schaffen wollte". Wie ist das aus Deiner Sicht zu verstehen? Ich kenne übrigens bislang keines der beiden Werke....


    LG
    Rosenkavalier

  • Zitat

    Original von Rosenkavalier
    kommt da noch mehr zu dem Thema? Mich würde es nämlich interessieren, weil Reger einer der wenigen Komponisten ist, bei dem ich noch nicht entschieden habe, ob ich ihn mag oder nicht :wacky:


    Lieber Rosenkavalier,


    ich hatte dazu einiges unter "Heute gehört" geschrieben, das kann ich aber gerne hier noch etwas ausführlicher einbringen.


    Zitat

    Deswegen hab ich mich auch ein wenig schlau gemacht und dabei Stimmen gefunden, die das Gedicht nicht unbedingt für ein großes Werk halten und auch Regers Vertonung wurde zwiespältig aufgenommen.


    Das damalige (und heutige) Urteil über das Gedicht lässt sich wirklich schnell abhandeln: Es ist schauderhaft. Es fragt sich nur, wie Reger zu der großen Wertschätzung des Gedichtes kam. Es hat für mich etwas Schwül-Religiöses, das mich abstößt. Die Komposition ist zumindest eine, die dem Gedicht nicht widerspricht, dank Regerscher Satztechnik aber bis auf die reinen Stimmen der jungen "heißen" Nonnen aber kaum verständlich ...


    Zitat

    Interessant erscheint mir Regers Ausspruch, dass er die Nonnen als "katholisches Gegenstück zum protestantischen 100. Psalm schaffen wollte". Wie ist das aus Deiner Sicht zu verstehen? Ich kenne übrigens bislang keines der beiden Werke....


    "Die Nonnen" kannst Du gerne kennen lernen, den Vergleich kann ich leider nicht machen, weil mir der 100. Psalm fehlt. Beides sind wohl groß angelegte Chorkompositionen, in dem einen Fall wird wohl der Luthertext zu Grunde liegen, deshalb wohl das "protestantische" Stück. In dem anderen Fall vermute ich ein krudes Verständnis des Katholizismus.


    Liebe Grüße Peter