Liebe Fairy,
danke fuer den Bericht ...
ZitatOriginal von Fairy Queen
Was ich kannte waren der Film und etliche, wie ich nun weiss, Bearbeitungen von Songs, Szenen etc pp.
Diese Originalversion rückt mir zuallererst mal Hörgewohnheiten ins richtige Licht.
Manche Stücke wie "Tonight", "I feel pretty" "Somewhere", "America" usw kannte ich nur aus verstümmelten ( oft rein solistischen) Versionen und die Originale als Ensembles(America war reiner Frauenchor,das kannte ich bisher gemsicht) geben ein ganz neues Bild.
Das ist gut. Denn leider ist es ganz allgemein so, dass das bei Vielen, die mit der Gattung Musical erst mal nicht so viel anfangen koennen, der Fall ist. Aber das ist die "Industrie" aus selbst Schuld, da sie uns mit Samplern und Bearbeitungen ueberschwemmt. Wenn man ein Musical verstehen will, muss man es aber immer in der Gesamtfassung sehen, denn es lebt in aller Regel gerade von Ensembleszenen und dem Zusammenspiel Schaupiel, Gesang, Tanz - ich wuerde auch sagen, in der Reihenfolge, wobei die West Side Story taenzerisch SEHR anspruchsvoll ist und man mit ein "bisschen Tanz" schon kaum noch zu Rande kommt.
ZitatDonald Khan, der Dirigent, hat ganz offensichtlich ein resolutes Kitschverbot erteilt, denn von Schmalz, Nostalgieklang etc KEINE Spur.
Das habe ich selbst bei der West Side Story auch noch nie anders empfunden (ausser vielleicht im Film), da weder die Musik, noch das Sujet noch der ganze Aufbau der WSS auf mich jemals so gewirkt haben. Dazu ist die Musik groessenteils kompositorisch schon nicht passend angelegt. Kitschpotenzial haben allerhoechstens die grossen Liebesnummern (aber auch sehr davon abhaengig, wer Regie fuehrt).
ZitatDie Darsteller waren bis auf die Erwachsenen(Doc, Krupke usw) piepjung und alle rank und schlank und attraktiv. Wenn da jemand über 30 dabei war, wundert es mich.
Es wurde beim Casting offenbar allergrösster Wert auf authentische Rollenbilder gelegt
Das ist im Musical (leider) normal und hat nicht mal so sehr mit authentischen Rollenbildern zu tn, sondern vielmehr mit der Art, wie allgemein gecastet wird. Und der Tatsache, dass in einem Musical mit heftigen Tanzszenen auch physische Grenzen gesetzt sind. Ich sage es mal ganz platt: Wenn man nicht gerade einen grossen Namen hat oder aber Charakterdarsteller ist, ist die Zeit als Musicaldarsteller mit Mitte 30 (spaetestens) abgelaufen. Wenn man nciht gut aussieht, faengt sie meist gar nicht mal an. Traurig, aber wahr. Es herrscht ja auch kein Mangel an Nachwuchs ...
ZitatZum Darsteller-Team ansonsten: hervorragende Tänzer, die auch eine phantastische Choreographie geschenkt bekamen und das Beste zeigen konnten. Die Sänger des Riff, Bernardo und insbesondere Anita waren in erster Linie Tanz-Schauspieler erster Klasse. Ihr Gesang war für meine Ohren nicht sonderlich gut aber auch nicht irgendwie "störend" oder schlecht- absolut ok für diese Rollen und insbesondere für das was sie körperlich dabei geleistet haben.
Das ist wirklich so. Man muss eben das "Gesamtpaket" haben - nur Stimme, nur Tanzen oder nur Schauspielen reicht meist nicht. Das Wichtigste ist in aller Regel darstellerisches Talent, denn da kommt Musical Theatre urspruenglich her - Schauspiel mit Musik
Die von Dir selbst genannten Ausnamen gibt es natuerlich ...
ZitatWas mich ausser dem "Abend-Tony" an der Aufführung störte, war, dass insgesamt zwar sehr viel Pep , Schwung und Spielfreude aber nur ganz wenig Emotion rüberkam.
Ob das an der grossen Jugend der Darsteller liegt oder an der Massen-Serie an Aufführungen, die sie da absolvieren oder woran auch immer, weiss ich noch nciht richtig einzuordnen.
An der Jugend sicher nicht, das ist so als wuerde man sagen, die Jugend sei generell emotionslos. Ich denke, das liegt eher an der musikalischen Form. Musical ist was ganz anders als Oper und lebt meist nicht von feinen Gefuehlen, sondern von Plakativitaet. Ich wuerde fast sagen, dass Musical Theatre einen grossen visuellen Anteil hat und eben vom Gesamtkonzept lebt - nicht so sehr von feinen Stimmungen.
Ausser der Tatsache, dass mir das Mitwirken und Darstellen Spass macht: Wenn ich mir Musicals ansehe, werde ich davon ganz anders beruehrt als von klassischer Musik. Das ist mehr die Bewunderung der Kunstform an sich, das Zusammenspiel der drei Disziplinen und der unglaublichen Leistungen, die man da vollbringen muss (die koerperliche Belastung ist wirklich immens). Emotional ist das fuer mich aber nur partiell (gibt natuerlich Ausnahmen, aber dazu gehoert bei mir persoenlich die WSS nicht).
ZitatIch würde mal vorläufig sagen, dass in dieser Aufführung mehr Bein als Herz war.
Das trifft es generell ziemlich gut, ist fuer mich aber keine Abwertung, sondern eben wie schon gesagt einfach nur eine andere Kunstform.