Walter Braunfels - Te Deum op. 32

  • Walter Braunfels (1882 - 1954)


    Te Deum op. 32


    Für gemischten Chor, Sopran- und Tenor-Solo, großes Orchester und Orgel


    1. Te deum laudamus
    2. Judex credis esse venturus
    3. Aeterna fac cum sanctis tuis in gloria numerari
    4. Dignare, Domine, die isto sine peccato nos custodire


    Entstehung: 1920 - 1921


    Uraufführung: 28.02.1922, Köln


    Ausführende Künstler:


    Sopran – Amalie Merz-Tunner
    Tenor – Emil Graf
    Orgel – Franz Michàlek
    Gürzenich-Chor
    Gürzenich-Orchester
    Hermann Abendroth


    Aufführungsdauer: ca. 60 Minuten


    Verlag: Universal Edition, Wien


    Orchester:


    2 Piccoloflöten
    3 Flöten
    2 Oboen
    1 Englischhorn
    4 Klarinette in A
    1 Bassklarinette in A
    4 Fagotte
    1 Kontrafagott


    4 Hörner in F
    3 Trompeten in C
    3 Posaunen
    1 Basstuba


    Pauken
    Schlagzeug
    5 Glocken


    2 Harfen
    1 Klavier
    1 Orgel


    16 Violinen I
    16 Violinen II
    14 Violen
    12 Violoncelli
    10 Kontrabässe



    "... ein etwa einstündiges Te Deum des Müncheners Walter Braunfels für Sopran- und Tenor Solo, Chor, Orchester und Orgel hat [ ... ] durch seine unerhörte Gewalt und Größe jeden Widerspruch bezwungen und sich, dem Autor und allen Mitwirkenden nach tiefer Erschütterung der Zuhörer jubelnde Zustimmung eingetragen. Diese große Wirkung ist zu innerst verankert in der Gläubigkeit und Hingabe des Künstlers an sein religiöses Ideal, ist sein Bekenntnis."


    Gerhard Tischer, Kritik zur Uraufführung, Rheinische Musik- und Theaterzeitung, März 1922




    Über das Werk:


    Die großen geistlichen Chorwerke Walter Braunfels' stehen unter dem Eindruck seiner Konversion zum Katholizismus. Nach Kriegsende will sich der Komponist anfänglich mit Studien zu einem Requiem auseinandergesetzt haben. Warum er diese Arbeit abbrach, begründet er wie folgt:


    "Aber meine zunehmende Fundierung im Christentum, die es mir immer ferner rückte, mit Symbolen zu arbeiten, hinter denen nicht ganz konkrete Wahrheiten stünden, führten mich schließlich dazu, dieses Stück aufzugeben, und ich schrieb statt dessen das Te Deum."


    Dennoch ist festzuhalten, dass sowohl das "Te Deum" als auch die folgende "Große Messe" nicht liturgisch konzipiert, sondern für den Konzertsaal bestimmt sind.


    Den Ambrosianischen Lobgesang vertonte Braunfels in den Jahren 1920 - 1921, ohne zu ahnen, dass seine Wirkung mit nahezu hundert Aufführungen fast noch die der "Vögel" übertreffen und seine Übersiedlung nach Köln zur Folge haben sollte.


    Braunfels gliedert den feierlichen Lob-, Dank- und Bittgesang in vier Hauptteile: der erste, umfangreichste, behandelt den doxologischen und christologischen Teil; der zweite verschränkt den Schlußvers des hymnischen Hauptteils "Judex crederis esse venturus" mit dem ersten Vers des Gebetsteiles "te ergo quaesum"; der dritte eröffnet das eigentliche Bittgebet, kündet von Seligkeit der Erwählten und der vierte mit seiner Bitte um Barmherzigkeit schließt mit der Glaubensgewissheit um die Güte des Allmächtigen.


    Dieses Werk verströmt sich gleichsam in einer Emanation tiefster Empfindung; die überflutende Glaubensseligkeit kündet von einer Weltanschauung, die sich in gewaltiger Ergriffenheit vor dem Unfassbaren verzehrt. Der leidenschaftliche Wille drängt den Komponisten an die Grenzen musikalischer Realisierbarkeit: äußerste Steigerungen, Alterationsketten, Dissonanzschärfen, thematische Überdehnungen, Repetitionskomplexe, formale Aufblähung etc., so dass sich bei diesem Chorwerk der Vergleich zu Mahlers späten Symphonien und Bruckners aufgetürmten Themenblöcken praktisch anbietet.


    Die öffentliche Resonanz auf dieses Werk war umwerfend. Das neunte Gürzenich-Konzert endete mit den größten Erfolg, den je eine Uraufführung in Köln hatte.



    Einspielungen:


    Leonie Rysanek
    Helmut Melchert
    Gürzenich-Chor Köln
    Rundfunk-Sinfonieorchester Köln
    Günter Wand




    Gitta-Maria Sjöberg
    Lars-Erik Jonsson
    Eric Ericson Chamber Choir
    Swedish Radio Choir
    Swedish RSO
    Manfred Honeck



    Davidoff

    Verachtet mir die Meister nicht

  • Lieber Davidoff,


    schön, dass Du offensichtlich gerne off-mainstream-Werke zur Sprache bringst!
    Da mir Braunfels zwar dem Namen nach ein Begriff ist, ich aber, und so wird es vielen ergehen, noch nie ein Werk von ihm gehört habe, wäre ich dankbar, wenn Du noch etwas genauer auf seine Tonsprache eingehen würdest.
    Die Vergleiche mit Mahler und Bruckner machen mich neugierig.
    Ist Braunfels ein später Spätromantiker, beschreitet er eigene, für seine Zeit neue Wege, steht er in einer Tradition oder alleine da, weist er eine Richtung, nimmt er Einfluss auf Spätere ?


    LG,



    audiamus



    .

  • Lieber Audiamus,


    an dieser Stelle erlaube ich mir nur kurz und knapp zu antworten. Über die Aufführung des "Te Deum" (siehe unten) werde ich dann in der nächste Woche berichten.



    Braunfels Tonsprache zeichnet sich vor allem durch stark chromatisierte, bis an die Grenzen der Tonalität getriebene Harmonien aus, sowie durch eine sehr breite Ausdruckspalette, die von geradezu asketischer Sparsamkeit über ironische und groteske Wendungen, Anklänge an den musikalischen Neoklassizismus bis hin zu ekstatischen Ausbrüchen reicht.


    Einen Einfluss auf spätere Komponisten übte Braunfels nicht aus. Mit seiner spätromantischen Musik beschreitet er keine neuen Wege und weist auch nicht in eine bestimmte Richtung. Braunfels Frühwerke zeichnen sich durch einen lyrischen, sein Spätwerk, von tiefer Religiosität geprägt, durch einen mystischen Ton aus.


    Infos zum Komponisten


    Konzert-Tipp:


    Am 25., 26. und 27.11.2007 wird das "Te Deum" in der Kölner Philharmonie aufgeführt.


    Das Konzert wird am 28.11.2007 im Radio (WDR 3) gesendet.


    Weiter Infos im Forum: AKTUELLES aus der KLASSIKWELT


    Davidoff

    Verachtet mir die Meister nicht

  • Lieber Davidoff,


    ich danke Dir. Das macht mich sehr neugierig.
    Bis nach Köln werde ich's wohl kurzfristig nicht schaffen, der WDR aber wird seine Quoten nach oben korrigieren können.


    Bin gespannt auf Deine Rezension.


    Gruß,



    audiamus

  • Hallo audiamus,


    Zitat

    Original von audiamus
    Das macht mich sehr neugierig.


    Ein Kennenlernen von Braunfels' Oeuvre kann auch ich mit allem Nachdruck empfehlen. Ergänzend zu Davidoffs Ausführungen möchte ich noch folgendes hinzufügen:


    Als für den Einstieg bestens geeignet, möchte ich sein 1913-19 komponiertes 'Lyrisch-phantastisches Spiel' in 1 Prolog und 2 Akten 'Die Vögel' nennen, welches im Jahr 1920 mit großem Erfolg uraufgeführt wurde.
    Um seinen frühen Stil ein wenig zu charakterisieren, den er in dieser wahrhaft idyllischen Oper entwirft, ist zunächst Richard Wagner zu erwähnen, dessen Prinzip des durchkomponierten Musikdramas und der leitmotivischen Verknüpfung und Verdichtung er verwendet und zu einem ganz eigenen, phantastisch-phantasievollen Stil weiterentwickelt - angereichert mit harmonischen Raffinessen eines Richard Strauss sowie den faszinierend schillernden Klangfarben eines Claude Debussy.
    Bei aller Orientierung an Wagner, was die Form betrifft, sind Braunfels' 'Vögel' gleichzeitig geprägt von einer gewissen spielerischen Leichtigkeit, die mich persönlich an Mozart denken läßt.


    Zur weiteren Charakterisierung des tief bewegenden Opernwerks möchte ich auf meinen vor etwa zwei Jahren im 'Vogelimitationen'-Thread geschriebenen Beitrag verweisen:


    Klassische Musik und Vogelimitationen



    Die in den 'Vögeln' so überaus stark ausgeprägte koloristische Nuancierungskunst, tritt im 'Te Deum' etwas zurück zugunsten eines von klareren Formen beherrschten, verdichteten Stils. Ein weiteres, großes musikalisches Vorbild Braunfels' läßt sich hier in Johann Sebastian Bach erkennen. Genau wie dieser schrieb er viele Kantaten und Messen. Das erste Stück dieser Art war das einstündige 'Te Deum' in vier Sätzen. Die Komposition verlangt sowohl den Solisten als auch dem Chor in technischer Hinsicht einiges ab. Die Stimmen sind - wie oftmals auch bei Bach - instrumental geführt, mit langen Legato-Melodielinien und ausgedehnten Koloraturen. Gleichfalls ist das Werk jedoch geprägt von einem unbedingten Ausdruckswillen, der in zahlreichen energiegeladenen wie leidenschaftlichen Passagen an den von Braunfels gleichermaßen verehrten Hector Berlioz erinnert.


    Die von Davidoff erwähnte Programmankündigung als auch die Radio-Übertragung werde ich in der Rubrik 'AKTUELLES aus der KLASSIKWELT' in den entsprechenden Threads posten.


    Hier noch ein Link zum vollständigen Braunfels-Werkverzeichnis.


    Schöne Grüße
    Johannes

  • Lieber Guercoeur (-ich glaube, ich bin der Einzige in meinem durchaus gut mit Musikern durchsetzten Bekanntenkreis, der Symphonien von Magnard im Schrank hat),


    auch Dir herzlichen Dank.

    Wie es aussieht, steht hier für mich eine spannende Neuentdeckung an, und mittlerweile bin ich mir nicht mehr sicher, ob ich mit einer entsprechenden Erstanschaffung bis zum 28. warten will.


    Werde mich morgen jedenfalls sofort durch die Braunfels-Literatur graben.


    Gute Nacht wünscht



    audiamus

  • Hallo,


    Kenne das Braunfels-Te Deum nicht. Jedoch für alle Intereessierten:
    Am Sonntag den 08.06.08 wird das Werk nebst Mozarts "Prager" mit dem DSO in der Philharmonie Berlin aufgeführt.


    Der Thread macht schon Apetit...mal sehen...vielelicht besorge ich mir mal eine Aufnahme und entscheide mich hinterher, das Konzert doch noch in meinen Terminkalender aufzunehmen...hm...aber der Mozart schreckt schon ab... :stumm:


    LG
    Raphael
    :D

  • Hallo Raphael,


    kann Dir sowohl die Honeck-Einspielung als auch den Besuch des Konzerts nur nachdrücklich empfehlen! (Weißt schon weshalb. :D)
    Hier ein paar ergänzende Infos zum Konzert:


    So., 08.06.2008 - Philharmonie Berlin - 20.00 Uhr
    Themen-Abo "Von deutscher Seele"


    Wolfgang Amadeus Mozart (1756-1791):
    Symphonie Nr. 38
    D-dur "Prager", KV 504 1786


    Walter Braunfels (1882-1954):
    Te Deum
    für Sopran, Tenor, gemischten Chor, Orgel und Orchester, opus 32 1920/21


    Michaela Kaune, Sopran; Kurt Streit, Tenor
    Rundfunkchor Berlin
    Deutsches Symphonie-Orchester Berlin
    Leitung: Manfred Honeck


    Einführung 18.55 Uhr


    Werde die Konzertankündigung Anfang Juni kommenden Jahres nochmal im entsprechenden Thread 'Anstehende Konzerte' posten.


    :hello:
    Johannes

  • Hallo,


    Danke für die ausführliche Programmankündigung!
    Hm...das ist ja auch mit Honeck...für diese "unbekannten" Werke gibt es anscheinend immer auch nur einige wenige Spezialisten die die Werke dann missionarisch Aufführen/nehmen...
    Erlebe das jetzt schon mit dem Braunfels-Te Deum, mit der Asrael-Symphonie und auch dem Barber-Klavierkonzert...verblüffend!


    LG
    Raphael

  • Hallo Raphael,


    Zitat

    Original von raphaell
    Hm...das ist ja auch mit Honeck...für diese "unbekannten" Werke gibt es anscheinend immer auch nur einige wenige Spezialisten, die die Werke dann missionarisch aufführen/-nehmen...


    Na klar, ist doch genau wie hier im Forum: einige wenige Spezialisten, die die "unbekannten" Werke missionarisch empfehlen ... :D


    :hello:
    Johannes

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  • Wobei es ewig schade ist, daß man dieses Braunfels-"Te Deum" zu den "unbekannten Werken" rechnen muß.
    Ich kann mich noch gut erinnern, wie mir mein Großvater, seines Zeichens Schüler Franz Schrekers, immer wieder erklärte, es gäbe da ein "Te Deum", das noch besser sei als das von Kodaly und sogar gleichwertig mit dem Bruckners, nämlich das von Walter Braunfels. Ich hab's nicht geglaubt, es für eine Spinnerei gehalten, Aufnahmen gab's keine.
    Später kam ich dann durch den Sohn von Walter Braunfels zu einer Aufnahme - und ich war sprachlos. Das ist eine ungeheure Musik, Klangpracht und melodische Erfindung gehen eine perfekte Verbindung ein - und man spürt obendrein einen Feueratem in dieser Musik, der wirklich bewunderungswürdig ist. Meiner Meinung nach gehört dieses "Te Deum" zu den Spitzenwerken der religiösen Musik. Ob es nun wirklich besser oder gleichwertig oder schwächer ist als Bruckner und Kodaly, will ich nicht entscheiden, es ist auch unerheblich. Ich kann nur sagen, es gibt Tage, da steht Braunfels auch bei mir an der Spitze, und ich bin sehr froh, daß es dank Honeck eine auch technisch befriedigende Aufnahme dieses Meisterwerks gibt.
    Vielleicht ein erster kleiner Schritt in Richtung Neuzugang zum Repertoire neuerer religiöser Musik.


    :hello:

    ...

  • Hallo,


    Na, wenn das himmlische Werk jetzt aus allen Ecken derartig gepriesen wird, dann komme ich am Konzert wohl nicht vorbei - die Honeck-Aufnahme wandert also beim nächsten Einkauf in den Warenkorb und das Konzert wird auf meinen Terminkalender gesetzt...ich kann ja dann zur Pause gehen, wenn Mozart ansteht... :D


    LG
    Raphael

  • Servus,


    nach dem allgemeinen Lobpreis dieses Werkes konnte auch ich nicht widerstehen, das Stück kennenzulernen. Zu diesem Zweck habe ich die Aufnahme mit Honeck erstanden, die mich sehr befriedigt.


    Nun, was soll ich sagen: ich bin überwältigt von dieser Musik! Ich empfinde sie als sehr emotional, aber ohne jegliche Schwelgerei, sondern sehr klar in ihrer Emotionalität. Ich finde das toll! Ein Vergleich zum späten Mahler oder Bruckner, den Davidoff im Eingangsbeitrag gezogen hat, wäre mir nicht in den Sinn gekommen, weil beide nicht dieses Klare, Direkte haben.


    Da ich einmal Feuer gefangen habe, freut es ich mich zu lesen, dass Braunfels weitere Vokalsinfonische Werke geschrieben hat. Daher meine Frage an die Experten: gibt's (brauchbare) Aufnahmen von der Messe oder den Kantaten?



    herzliche Grüße,
    Thomas

    Da freute sich der Hase:
    "Wie schön ist meine Nase
    und auch mein blaues Ohr!
    Das kommt so selten vor."
    - H. Heine -


  • Meine Antwort, kurz aber schmerzvoll: NEIN!


    Was ich persönlich sehr bedauerlich finde.


    Laut Ute Jung, Autorin der Monographie über Walter Braunfels (sehr lesenswert), wurden viele Werke, vor allem in Köln, vom Rundfunk aufgezeichnet. Diese Bänder liegen nun im Archiv des WDR und warten darauf, wieder entdeckt zu werden.


    Darunter befinden sich auch die "Große Messe op. 37" (Aufnahme 1978 ) und "Das Spiel von der Auferstehung des Herrn op. 72" (Aufnahme 1954).


    Beim Bayerischen Rundfunk liegt eine Aufnahme der "Weihnachtskantate op. 52" (Aufnahme 1952)




    Ich wäre ja schon glücklich, wenn die Aufnahmen wenigstens einmal im Radio gesendet werden.



    Davidoff

    Verachtet mir die Meister nicht

  • Dafür gibt's diese gerade für 7,99 beim Grünling.
    Ein wohltönender Trost.
    Die Nullportoaktion ist allerdings vorbei.





    Gruß,



    audiamus



    .

  • Hallo,


    Habe heute verspätet meine TeDeum-Aufnahme erhalten.
    Höre es grade zum erstemal: Umwerfend! :faint:


    Wahnsinnig tolle Dynamik im Finale des ersten Satzes - die aufnahme bringt das schön rüber!
    Ich werde das Konzert auf jeden Fall besuchen!


    Danke für die Bekehrung! :D :jubel:


    LG
    Raphael

  • Zitat

    Original von raphaell
    Ich werde das Konzert auf jeden Fall besuchen!


    Bei dem großen Interesse der Taminoaner an dem Werk und vor allem dem Konzert könnte man letzteres direkt mit einem Tamino-Treffen verbinden :D


    Liebe Grüße, der Thomas. :hello:

  • Servus,


    auch wenn's nix mit dem Te Deum von Braunfels zu tun hat und darum woanders hin gehörte (nur leider gibt's den geeigneten anderen Ort noch nicht), so will und muss ich meine Begeisterung für seine Oper Die Vögel hier loswerden.


    Aber von vorne: ich hatte kürzlich bei einem guten Freund die Gelegenheit, in diese Oper hineinzuhören. Da mich - wie oben bereits geschildert - das Te Deum sehr begeistert hat, mußte ich diese Chance natürlich nutzen, um mehr von diesem Komponisten zu hören.


    Was ich da gehört habe, das war ungeheuerlich! Vor allem die Sturmszene, in der Zeus durch Blitz und Donner die von den Vögeln errichtete Stadt wieder vernichtet, hat mich schier umgehauen. Auch wie der Sturm sich in hymnische Lobpreisungen auf Zeus wandelt und das Ganze nach Zeus' Ankunft schließlich ins Groteske kippt, hat mich höchst beeindruckt.


    Ich glaub', ich werde zum Braunfels-Fan... :D



    herzliche Grüße,
    Thomas

    Da freute sich der Hase:
    "Wie schön ist meine Nase
    und auch mein blaues Ohr!
    Das kommt so selten vor."
    - H. Heine -

  • Hallo Thomas,


    zwar gibt es bei Tamino (noch) keinen Thread über Braunfels bzw. seine 'Vögel', aber immerhin eine kurze Charakterisierung dieser, seiner erfolgreichsten Oper:


    Klassische Musik und Vogelimitationen


    Auch ich liebe diese wunderbare idyllische Opernrarität zutiefst und freue mich, daß sie Dir gleichfalls auf Anhieb gefallen hat und kann sie nur jedem Opernfreund wärmstens empfehlen, dem Komponisten wie Schreker, Zemlinsky, Korngold und - last but not least - Strauss ebenfalls am Herzen liegen.


    LG
    Johannes
    :hello:

  • Sehr geehrte Taminos,


    Ich folgte wie oben beschrieben dem Besuch der Konzert-Aufführung des Te Deums nur recht wiederwillig - vor ein paar Tagen war ich dort.


    ES WAR GIGANTISCH! :jubel:


    Nachdem ich mich mit der CD langsam an die Klangsprache und die (fantastischen) Melodien Braunfels herantastete, konnte ich dieses Werk ind der Philharmonie dann in all seinen Facetten völlig genießen...
    Und ja! Was für ein gigantisches, farbensprühendes Meisterwerk! Ich kann es nicht beschreiben - selten bekam ich bei einer live-Aufführung derart oft Gänsehaut! Live kam alles noch 10x kraftvoller rüber...überwältigend...der dritte Satz (welcher von Honeck bei dieser Aufführung an die zweite Stelle gesetzt hat) ein riesengroßer Bogen von zauberhafter Schönheit und Intensität...
    Wo soll ich anfangen, wo aufhören ?!??!...ach...egal: Für alle die das Werk noch nicht kennen: KENNENLERNEN!!!
    (Nochmals ein dank an alle, die mir so dringlich zum Hören des Werkes geraten haben - es dürfte wohl zu einer der Besten Neuentdeckungen zählen, die ich überahupt gemacht habe!)


    Noch kurz zu Mozart. Dem Programmheft entnahm ich, dass ide Uraufführung des Werkes mit einem Mozart-Klavierkonzert geschah. Von daher ist Mozart als Kopplungspartner gar nicht so abwägig. Zumindest bleibt Honeck im Zeitgeist und wählt für seine Interpretation der "Pager" ein Orchester mit großer Streicherbesetzung und viel Vibrato-Schmalz...beste romantische Tradition - nix für mich bei Mozart, aber dennoch ordentlich und temperamentvoll und konsequent dargeboten!


    LG
    Raphael

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  • Zitat

    Original von raphaell
    ES WAR GIGANTISCH! :jubel:
    Was für ein gigantisches, farbensprühendes Meisterwerk! Ich kann es nicht beschreiben - selten bekam ich ... derart oft Gänsehaut! ... kraftvoller rüber ... überwältigend ... ein riesengroßer Bogen von zauberhafter Schönheit und Intensität...
    Wo soll ich anfangen, wo aufhören ?!??!


    Lieber Rapahell, schönen Dank für diese schöne Konzertbeschreibung und für Deine Begeisterung: eine sehr treffende Beschreibung dieser Musik. Zu diesem Konzert habe ich es leider nicht geschafft, aber es sind exakt diese Eindrücke, die die Aufnahme unter Günter Wand transportiert:
    [AMX=B000NOIWWQ]250[/amx]
    Das verblüfft zunächst, weil es sich um einen Mono-Mitschnitt des Konzerts am 20. Dezember 1952 handelt. Die klangliche Aufbereitung dieses Mitschnitts ist jedoch phänomenal. Und so hinterlassen der Geist dieses Konzerts und das Engagement der Mitwirkenden ihren Eindruck beim Hörer dieser Aufnahme. Und gerade diese muss es sein, aus zwei Gründen:


    1. Authentizität:
    Vor dem Krieg hatte Walter Braunfels (mit Hermann Abendroth) an der Spitze der Musikhochschule Köln gestanden. Zugleich hielt er an Ernst Bückens musikwissenschaftlichem Seminar (also an der Universität Köln, an der Wand aus familiären Rücksichten eingeschrieben war) ein Seminar für Improvisation und Improvisieren, das Günter Wand mit Eifer besuchte. Bei dem Braunfels-Schüler Paul Baumgartner hatte Wand außerdem Klavierunterricht. Braunfels war es auch, an den Wand nach nur einem Semester Musikstudium in München die Bitte um Aufnahme in Köln, diesmal an der Musikhochschule, richtete.


    Die Nazis jagten Braunfels 1933 aus dem Amt und verboten die Aufführung seiner Werke. Wand war es, der sich nach dem Krieg für die musikalische Rehabilitation seines früheren Lehrers aktiv einsetzte. Braunfels, erster Nachkriegsdirektor der Kölner Musikhochschule, war nicht nur einer seiner Klaviersolisten, als Wand als Kölner GMD das dortige Nachkriegs-Wiedereröffnungskonzert dirigierte, sondern auch sein Gastsolist bei den Gürzenich-Konzerten. Braunfels war es dann auch, der Wands Vertragsinteressen bei der Besetzung des Kölner GMD-Postens gegen den Alt-GMD und Parteigenossen Eugen Papst und damit gegen den diesen tragenden Kölschen Klüngel entscheidend mit durchfocht (für das Vorstehende: W. Seifert, Günter Wand: So und nicht anders, Mainz 2007, Seiten 44 f., 47, 148 f., 151 - auch Fn. 67 -, 158 ). Und Wand war es im Gegenzug - jedoch nicht so sehr aus Dankbarkeit, als vielmehr aus Überzeugung für Braunfels' Musik - der seit seiner Kölner Bestallung Braunfels' Werke immer wieder auf seine Programme setzte: Von 1946 bis 1974 führte er mit dem Gürzenich-Orchester in acht Konzerten Kompositionen von Walter Braunfels auf (W. Seifert, Günter Wands Programm - mehr als nur "Wiedergutmachung", Seite 3, in: CD-Beiheft zu CD PH06002 Profil/Edition Günter Hänssler, 2007, siehe Link oben).


    So war er es auch, der das Festkonzert zum 70. Geburtstag von Walter Braunfels am 20.12.1952 dirigierte und dort im Beisein des Komponisten Braunfels' Te Deum zur Aufführung brachte, eben jene Aufführung , deren Aufzeichnung Profil herausgebracht hat. Und bis 2006 war dies, so Wolfgang Seifert (CD-Beiheft, a. a. O., Seite 6), die letzte Aufführung des Te Deums. Um so verdienstvoller also natürlich Manfred Honecks Neuaufnahme und die Aufführung des Werks durch ihn im Konzert! Dass aber Günter Wand in seiner Zeit und angesichts seiner persönlichen Verbindung zu Braunfels viel näher an dieser Musik gewesen ist, mit ihr gelebt hat, kann auch das größte Engagement Honecks nicht wettmachen. Die Wand'sche Aufnahme ist ein historisches Dokument erster Güte. Sie steht nicht nur für die weitestmögliche Integration des tatsächlichen Komponistenwillens ein, sie präsentiert auch den jungen Günter Wand "at his best", der all seine Begeisterungsfähigkeit für diese Musik in seinen absoluten Ausdruckswillen einfließen lässt und uns im besten Sinne zu Gehör bringt.


    2. Besetzung
    Ich hatte Gelegenheit, in die CD-Einspielung unter Honeck hinein zu hören. Ich fand die Gesangssolisten Gitta-Maria Sjöberg und Lars-Erik Jonsson schlicht blass, geradezu dünn. Auch von Kurt Streit würde ich mir jetzt weniger einen großen, heldenhaften Tenor erwarten, Michaela Kaune habe ich noch nicht gehört. Wie anders die Besetzung bei Wand: die wundervolle 26jährige Wienerin Leonie Rysanek, bereits mit großer Stimme entsprechend Ihrem bereits damaligen Repertoire, und der ihr ebenbürtige ebenso brilliante Helmut Melchert, das sind die Simmen, die dieses Werk benötigt, um das große "Te deum laudamus" glaubhaft zu machen. Es braucht Sänger mit kolossalen Reserven, um diese knappe Stunde durchzustehen, ohne am Ende nur noch zu schreien, und Rysanek und Melchert bringen diese Reserven mit. Eine Idealbesetzung!


    Gerne lege ich diese Aufnahme jeder/m Interessierten ans Herz und ins Ohr, sie ist gewaltig.


    Liebe Grüße, Ulrich