Fritz Wunderlich - Ein seltener Glücksfall für die Schallplatte

  • Lieber Rüdiger,

    ich bin noch unschlüssig, ob die Qualität den hohen Preis rechtfertigt. Eine Hörprobe gibt es leider nicht.

    Freundliche Grüße Siegfried

  • Lieber Rüdiger,

    ich bin noch unschlüssig, ob die Qualität den hohen Preis rechtfertigt. Eine Hörprobe gibt es leider nicht.

    Über die Qualität wüsste ich auch gerne Bescheid, bevor ich das erwerbe!?


    LG Fiesco

    Il divino Claudio
    "Wer vermag die Tränen zurückzuhalten, wenn er den berechtigten Klagegesang der unglückseligen Arianna hört? Welche Freude empfindet er nicht beim Gesang seiner Madrigale und seiner Scherzi? Gelangt nicht zu einer wahren Andacht, wer seine geistlichen Kompositionen anhört? … Sagt nur, und glaubt es, Ihr Herren, dass sich Apollo und alle Musen vereinen, um Claudios vortreffliche Erfindungsgabe zu erhöhen." (Matteo Caberloti, 1643)


  • Vielleicht war diese Doku ja schon mal eingestellt worden, ich gebe sie dennoch weiter, weil ich eben darauf stieß.

    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent

  • :):hello:

    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent

  • Banner Trailer Gelbe Rose
  • Auf YT ist dieser Tage ein TV-Interview mit dem deutschen Tenor aufgetaucht, das unter seinen Fans schnell Verbreitung gefunden hat. Es stammt aus dem Jahr 1965 und Wunderlich wird hier vom legendären österreichischen Journalisten und Moderator Heinz Fischer-Karwin interviewt.


    Er erzählt hier unter anderem von der Rennert-Inszenierung des Barbier von Sevilla die er für die beste Inszenierung der Rossini-Oper überhaupt hält. Er hat in der Premiere dieser Produktion im Jahr 1966 gesungen und diese ist auch heute noch in Wien zu sehen.

    Und Witze hat Herr Wunderlich offensichtlich auch gerne mal erzählt. ;)


    Nicht nur ein großer Tenor, sondern auch ein sehr smypathischer Mensch.




    Gregor

  • Lieber Gregor, ein sehr schönes und bewegendes Dokument aus dem Todesjahr von Wunderlich, auf das Du uns aufmerksam machst. Danke. Mir war seine die angenehme Sprechstimme gar nicht so bewusst. Interessant auch das Eingehen auf die "Zauberflöte" in Prag, einschließlich Filmszene, das zur Debatte um die Übersetzung von Opern aus der Originalsprache passt.

    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent

  • Der Bayerische Rundfunk hat zum 90. Geburtstag Fritz Wunderlichs am 2.10. eine 90-minütige Gedenksendung aus dem Jahre 1996 wiederholt. Darin erinnern sich u.a. Weggefährten aus seiner Jugend in Kusel und Kollegen der Oper Stuttgart an seine künstlerischen Anfänge in Freiburg und Stuttgart und darüber hinaus an den großartigen Menschen. Auch er selbst kommt zu Wort. Die Sendung ist noch auf der WebSite des BR nachzuhören. Sehr berührend.


    Auch ein Gedenkkonzert des damaligen SWF mit Hermann Prey und dem SWF-Rundfunkorchester unter Michael Luig (Werke von Schubert) vom 14. September 1996 in Kusel ist als Tonkassette in meiner Sammlung. Darin spricht Hermann Prey voller Herzlichkeit von seinem verstorbenen Sängerkollegen und Freund.


    VG

    Otello50

  • Wie der Titel dieses Threads signalisiert ist Fritz Wunderlich tatsächlich ein Glücksfall für die Schallplatte. Sehr erfreulich, dass an den großen gefühlsmäßig überwältigenden Tenor anlässlich seines 90. Geburtstags so umfangreich und repräsentativ erinnert wird.

    Deshalb ist es schade, dass auch Aufnahmen, die Wunderlich selbst nie zur Veröffentlichung freigegeben hätte, schamlos vermarktet werden. Es soll sich dabei um private Singübungen handeln und es sollen Gerüchte weise sogar Aufnahmen aus dem Badezimmer dabei sein? Leider werden dadurch Grenzen überschritten und dem Ruf des Jahrhundertsängers geschadet.

    Herzlichst

    Operus (Hans)

    Umfassende Information - gebündelte Erfahrung - lebendige Diskussion- die ganze Welt der klassischen Musik - das ist Tamino!

  • Deshalb ist es schade, dass auch Aufnahmen, die Wunderlich selbst nie zur Veröffentlichung freigegeben hätte, schamlos vermarktet werden. Es soll sich dabei um private Singübungen handeln und es sollen Gerüchte weise sogar Aufnahmen aus dem Badezimmer dabei sein? Leider werden dadurch Grenzen überschritten und dem Ruf des Jahrhundertsängers geschadet.

    Wer, bitte, verbreitet denn solche Dokumente, lieber operus? Obwohl ich mich auch immer wieder mit Wunderlich beschäftige, ist mir derartiges noch nicht untergekommen. Im Übrigen glaube ich nicht, dass etwas dem guten Ruf dieses Sängers schaden könnte. Der ist ihm sicher. :saint:

    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent

  • Banner Trailer Gelbe Rose
  • Banner Trailer 2 Gelbe Rose
  • Zitat von operus

    Deshalb ist es schade, dass auch Aufnahmen, die Wunderlich selbst nie zur Veröffentlichung freigegeben hätte, schamlos vermarktet werden. Es soll sich dabei um private Singübungen handeln und es sollen Gerüchte weise sogar Aufnahmen aus dem Badezimmer dabei sein?

    Lieber Hans, diese Veröffentlichungen gehen aber auf's Konto der Familie, denn wie man sieht lässt sich auch heute noch damit Geld verdienen!


    LG Fiesco

    Il divino Claudio
    "Wer vermag die Tränen zurückzuhalten, wenn er den berechtigten Klagegesang der unglückseligen Arianna hört? Welche Freude empfindet er nicht beim Gesang seiner Madrigale und seiner Scherzi? Gelangt nicht zu einer wahren Andacht, wer seine geistlichen Kompositionen anhört? … Sagt nur, und glaubt es, Ihr Herren, dass sich Apollo und alle Musen vereinen, um Claudios vortreffliche Erfindungsgabe zu erhöhen." (Matteo Caberloti, 1643)

  • Lieber Hans, diese Veröffentlichungen gehen aber auf's Konto der Familie, denn wie man sieht lässt sich auch heute noch damit Geld verdienen!


    LG Fiesco

    Lieber Rainer,

    genau diese Aufnahmen meine ich. Wenn es diese gibt, sind Sie des großen Tenors nicht würdig. Ich habe mich lange gegen eine Veröffentlichung von Frick Kunst-Liedaufnahmen gewandt, weil der Sänger sich mit diesen Aufnahmen nicht identifizierte. Erst sein menschlich großartiger Kollege Kurt Moll brachte mich zum Umdenken, weil er die Meinung vertrat" Ich hörte noch kein Lied von Frick außer seinen Volksliedern. Die können jedoch nie anders als auf gutem Niveau sein." Und nun für seine Verhältnisse energisch und bestimmt: "Du hast meines Erachtens kein Recht, diese Veröffentlichungen zu verhindern. Darauf kam eine CD mit Kunstliedern und Balladen heraus, diese wurde allgemein positiv beurteilt und der Verkauf war ebenfalls befriedigend.

    An diesem Beispiel wollte ich aufzeigen, wie kritisch mit dem künstlerischen Vermächtnis eines Sängers umgegangen werden sollte.

    Herzlichst

    Operus (Hans)

    Umfassende Information - gebündelte Erfahrung - lebendige Diskussion- die ganze Welt der klassischen Musik - das ist Tamino!

  • Lieber Gregor (Beitrag Nr. 246),


    herzlichen Dank für das Einstellen dieses Videos vom Oktober 1965 aus Heinz Fischer-Karwins TV-Serie „Aus Burg und Oper“ im ORF. Auf Video habe ich mehrere Fernseh-Dokumentationen über Fritz Wunderlich, z. B. vom SWF „Geboren in Kusel“ von Alexander Wischnewski (1971) oder vom ZDF „Fritz Wunderlich – Portrait eines Sängers“ von Manfred Seide aus dem gleichen Jahr. Natürlich gehört die DVD „Fritz Wunderlich – Leben und Legende“ (2006) von seinen Kindern Barbara und Wolfgang in Zusammenarbeit mit Thomas Voigt und Thomas Straehler auch dazu, wovon die 'angehängte' DVD mit Wunderlichs TV-Opernauftritten – wenn auch nur ausschnittweise - besonders interessant ist. (Anzufügen ist noch, dass längst nicht alle Fernseh-Aufnahmen veröffentlicht wurden, aber da sind die gesetzlichen Hürden anscheinend unüberwindbar.)



    Lieber Rüdiger (Beitrag Nr. 247),


    die Sprechstimme Fritz Wunderlichs ist in mehreren Rundfunk-Interviews festgehalten worden, die einst auf einer Musikkassette in der Fritz-Wunderlich-Gedächtnisstätte im Stadt- und Heimatmuseum in Kusel erhältlich waren:


    a) mit Günter Hausswald (Süddeutscher Rundfunk Stuttgart / 1960 / 5,37 Min.)

    b) mit Egloff Schwaiger (Bayerischer Rundfunk München / 1963 / 17,48 Min.) Der leicht veränderte Wortlaut dieses Interviews ist in Egloff
    Schwaigers Buch „Warum der Applaus?“ nachlesbar.
    c) mit dem Liedbegleiter Sebastian Peschko (Norddeutscher Rundfunk Hannover / 24. 3. 1966 / 11,17 Min.)

    d) mit Wolf-Eberhard von Lewinski (Südwestfunk Baden-Baden / ohne Datum / 12,01 Min.)

    e) mit Ernst-Ludwig Gausmann (Ehemann von Leonie Rysanek) (Deutschlandfunk Köln / Juli 1966 / 11,23 Min.)

    f) mit einem unbekannten Interviewpartner (Bayerischer Rundfunk München / 21. 5. 1965 / 2,41 Min.) Das ist ein Kurz-Interview anlässlich der Münchner Gala-Vorstellung vom „Rosenkavalier“ zum Staatsbesuch von Königin Elizabeth II. in Deutschland; hiervon habe ich auch einen kurzen Filmbericht der "Münchner Abendschau".

    g) mit Robert Werba (Österreichischer Rundfunk Wien / ohne Datum / 2,51 Min.)


    Vor allem im Gespräch mit Egloff Schwaiger äussert sich der Sänger eingehend zu Fragen der Stimmbildung und Interpretation. Er hält ein fundiertes musikalisches Stilgefühl für unabdingbar und propagiert eine natürliche, unforcierte Tongebung, demonstriert das auch mit gesungenen Beispielen. Er wollte seine Karriere vorsichtig weiter ausbauen, sah sich in der Oper auch in nächster Zukunft als lyrischer Tenor (vorzugsweise im italienischen Fach mit Beniamino Gigli als Vorbild) und plante in erster Linie, sein Lied-Repertoire zu erweitern. Verblüffend zu hören ist sein Sprachduktus, der auffallend dem von Hermann Prey ähnelt, nur in hellerer Tongebung.



    Lieber Operus (Beitrag Nr. 249),


    auch ich bin mir sicher, dass Fritz Wunderlich manche seiner live oder vom Rundfunk mitgeschnittenen Aufnahmen nicht frei gegeben hätte. So soll er auch vergebens versucht haben, die Wiederveröffentlichung der frühen Aufnahmen für den Europäischen Phonoklub in Stuttgart (Label 'Opera') nach dessen Übernahme durch Bertelsmann (Label 'eurodisc') gerichtlich zu untersagen. Zwar hat auch die 2016 verstorbene Witwe, Eva Wunderlich, in den ersten Jahren nach dem tragischen Tod ihres Mannes einen Rechtsanwalt eingeschaltet, um gegen Raubpressungen und unautorisierte Mitschnitte vorzugehen, doch - vermutlich wegen schwindender finanzieller Reserven - wurden schon ab den 70er Jahren zahlreiche Rundfunkaufnahmen Fritz Wunderlichs ganz offiziell bei Schallplattenfirmen wie 'Deutsche Grammophon Gesellschaft DGG', 'Philips', 'RCA' und 'Acanta' veröffentlicht.


    Dass man in den letzten zwanzig Jahren auch daran ging, seine privaten Tonbänder von Proben und Einstudierungen der Öffentlichkeit zuzuführen, finde ich nicht verwerflich, zeigen sie doch, dass selbst einem so begnadeten Sänger wie Fritz Wunderlich nicht alles 'in den Schoß fiel', sondern dass auch er nur durch ständiges Üben und Vervollkommnen zu dem wurde, der er dann war. (Solche Privat-Aufnahmen gibt es wohl von jedem bekannten Sänger; auch von seinem Stuttgarter 'Kollegen' Josef Traxel sind einige dankenswerterweise veröffentlicht worden, sonst wüssten wir nicht viel z. B. über diesen Tenor als Liedersänger.) Ich persönlich bin jedenfalls dankbar für jeden dokumentierten Ton, der aus Fritz Wunderlichs Kehle kam, egal, wo und wie aufgenommen.


    Carlo

  • Dass man in den letzten zwanzig Jahren auch daran ging, seine privaten Tonbänder von Proben und Einstudierungen der Öffentlichkeit zuzuführen, finde ich nicht verwerflich, zeigen sie doch, dass selbst einem so begnadeten Sänger wie Fritz Wunderlich nicht alles 'in den Schoß fiel', sondern dass auch er nur durch ständiges Üben und Vervollkommnen zu dem wurde, der er dann war.

    Da bin ich ganz Deiner Meinung, lieber Carlo. Schlimm und verwerflich fände ich es, wenn etwas unterdrückt würde. Ob man nun alles erwerben muss, das steht auf einem ganz anderen Blatt. Doch was da ist, ist nun einmal da. Man bekommt es nicht mehr weg. Diese Dokumente entfalten eine Art Eigenleben. Ganz frühen Aufnahme oder das, was die Familie untersagen lassen wollte, sagt doch viel aus über den Tenor. Wunderlich war ein ganz vorzüglicher Schlagersänger. Man hört heute noch, welchen Spaß er daran hatte. Das entsprach sicher auch seinem Naturell.

    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent

  • Wunderlich war ein ganz vorzüglicher Schlagersänger. Man hört heute noch, welchen Spaß er daran hatte.

    Er konnte eben alles singen. Bei ihm, aber auch bei vielen anderen Sängern der 60-er und 70-er Jahre fällt mir die ungemeine Textverständlichkeit auf. In den letzten Tagen habe ich mehrfach Volks,- Jagd- und Wiener Lieder gehört, besonders mit Gottlob Frick, Hermann Prey, Willi Schneider u.a. Jedes Wort ist verständlich. Einfach ein Vergnügen.

    Bei heutigen Sängern und noch mehr bei den Schauspielern kommt oft nur ein Einheitsbrei aus dem Mund.


    Herzlichst La Roche

    Ich streite für die Schönheit und den edlen Anstand des Theaters. Mit dieser Parole im Herzen leb' ich mein Leben für das Theater, und ich werde weiterleben in den Annalen seiner Geschichte!

    Zitat des Theaterdirektors La Roche aus Capriccio von Richard Strauss.

  • Banner Trailer Gelbe Rose
  • Zitat von La Roche

    Er konnte eben alles singen.

    :pfeif:


    Zitat von La Roche

    Bei heutigen Sängern und noch mehr bei den Schauspielern kommt oft nur ein Einheitsbrei aus dem Mund.

    Ich glaube du hast schon sehr lange keine heutigen Interpreten mehr gehört!


    LG Fiesco

    Il divino Claudio
    "Wer vermag die Tränen zurückzuhalten, wenn er den berechtigten Klagegesang der unglückseligen Arianna hört? Welche Freude empfindet er nicht beim Gesang seiner Madrigale und seiner Scherzi? Gelangt nicht zu einer wahren Andacht, wer seine geistlichen Kompositionen anhört? … Sagt nur, und glaubt es, Ihr Herren, dass sich Apollo und alle Musen vereinen, um Claudios vortreffliche Erfindungsgabe zu erhöhen." (Matteo Caberloti, 1643)

  • Er konnte eben alles singen.

    Nein, lieber La Roche, auch ein Wunderlich konnte beim besten Willen nicht alles singen.

    Ich habe Wunderlich in den 50er Jahren gelegentlich und in den 60er Jahren sehr häufig live gehört.

    Ich glaube nicht, dass er so bald über das lyrische Fach hinausgegangen wäre. Er hat sich beispielsweise in München massiv dagegen gewehrt, den Edgardo zu singen und stand dann lieber als Arturo auf der Bühne - neben dem Edgardo von Georg Paskuda!

    Trotzdem wird vielfach spekuliert, dass Wunderlich ins jugendliche Heldenfach hätte wechseln können. Die Frage, ob Wunderlich den Lohengrin oder den Stolzing hätte singen können, ist ja inzwischen fast ein Dauerbrenner! Sie wird jedenfalls ständig neu aufgerollt. Mit den Argumenten, die diese Aussicht skeptisch beurteilen (In den verschiedenen Wunderlich-Threads habe ich an etlichen Stellen einige davon referiert.), setzt sich sonderbarerweise kaum einer ernsthaft auseinander.


    Ich kann mir das nur so erklären, dass viele nachgeborene Melomanen sich im wesentlichen auf Aufnahmen von Arien beziehen, die er für die Schallplattengesellschaften gemacht hat und die ohne Frage überzeugend gelungen sind.
    Dieser Thread heißt "Fritz Wunderlich - ein seltener Glücksfall für die Schallplatte". Richtig wäre auch: "Die Schallplatte - ein Glücksfall für Fritz Wunderlich". Er hat Arien oder Duette für die Schallplatte einsingen können, die er auf der Bühne - zumindest zu der Zeit - nie und nimmer hätte singen dürfen. Keiner wusste das so gut wie er selber!
    Wer ihn in den 50er und 60er Jahren live gehört hat, wäre kaum auf die Idee gekommen, ihn in Partien wie Cavaradossi oder Turridu (vom Calaf ganz zu schweigen), Lohengrin oder Stolzing in einer Aufführung anzusetzen.

    Die so beliebte Frage, ob er in das Fach hineingewachsen wäre, allein nach seinen Aufnahmen beurteilen zu wollen, scheint mir absurd!


    Beste Grüße

    Caruso41

    ;) - ;) - ;)


    Wer Rechtschreibfehler findet, darf sie behalten!

  • Lieber Caruso41,


    danke für deinen hochinteressanten Einwurf. Wäre es möglich, ein oder zwei Argumente, die gegen einen Wechsel Wunderlichs ins jugendliche Heldenfach sprechen, hier zu wiederholen oder auf die entsprechenden Stellen hinzuweisen? Mich würde deine Meinung dazu wirklich interessieren.


    Außerdem danke ich auch den anderen Taminos, insbesondere Carlo für seine Auflistungen und die Zusammenfassung eines Interview und Gregor für das Einstellen dieses tollen Videos. Dieser Thread ist sehr lehrreich.

  • Est gestern habe ich mir wieder den Mitschnitt der 8. Sinfonie aus dem Wiener Musikverein vom 19. Juni 1960 angehört. Die Wiener Symphoniker werden von Joseph Keilberth geleitet. Die technische Qualität ist zwar nicht die beste, doch genügt sie allemal, sich ein Bild von Fritz Wunderlich als Doctor Marianus zu machen. Ich halte ihn für eine ideale, gar für die idealste Besetzung.


    Blicket auf zum Retterblick

    Alle reuig zarten,

    Euch zu seligem Geschick

    Dankend umzuarten.

    Werde jeder bessre Sinn

    Dir zum Dienst erbötig;

    Jungfrau, Mutter, Königin,

    Göttin bleibe gnädig!


    Wann ward da je mit solcher gen Himmel gerichteten Emphase gesungen? Auch aus dem gewaltigen Ensemble ist er immer deutlich herauszuhören. Die Partie hat nach meinem Eindruck stimmlich gesehen durchaus Lohengrin-Niveau. Es wird aber auch deutlich, wie empfindlich die Stimme von Wunderlich gewesen ist, wie wenig belastbar und wie sie rasch an Grenzen kommt. Nein, als Lohengrin hätte ich ihn nie und nimmer gesehen. Warum auch? Es sei denn, er hätte sich ruinieren wollen. Sein angestammtes Fach ist so reich und vielseitig. Wagner ist doch nicht der Gipfel einer Laufbahn, wie das leider so oft missverstanden wird. Wir kennen doch die Fälle, in denen das missglückt ist. Und wir schätzen die Tenöre, die bei ihren Leisten blieben und große internationale Karrieren durchlebten.


    Wer ihn in den 50er und 60er Jahren live gehört hat, wäre kaum auf die Idee gekommen, ihn in Partien wie Cavaradossi oder Turridu (vom Calaf ganz zu schweigen), Lohengrin oder Stolzing in einer Aufführung anzusetzen.

    Das war mir leider nicht vergönnt. :( Deshalb muss und kann ich mich nur an die Platten und andere Dokumente halten. In diesem Zusammenhang kommt mir die alte interessante Frage wieder in den Sinn: Können nur jene die treffendsten Urteile fällen, die bestimmte Sänger auch oft live erlebt haben? Dein Urteil, lieber Caruso, würde mich diesbezüglich besonders interessieren.

    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent

  • Liebe Taminos,

    ich hatte in meiner Bekanntschaft einen leider längst verstorbenen Melomanen, der Fritz Wunderlich zweimal live (je einmal Oper und Konzert) gehört hat und sich beide Male darüber wunderte, dass dessen Stimme vom Volumen her nicht so groß war, wie man das nach dem Hören seiner Aufnahmen annehmen konnte; im oberen Tonbereich trug die Stimme gut, wurde aber nach seiner Wahrnehmung bei Orchestertutti oder in Ensembles leicht 'zugedeckt'. (Also die perfekte Mikrofonstimme: nicht zu groß, dass man sie dämpfen musste, nicht zu klein, dass man sie künstlich verstärken musste.) Dessen war sich Wunderlich wohl bewusst und darum stets bemüht, nicht zu oft in sehr großen Opernhäusern oder Konzertsälen aufzutreten, wo er die Stimmgebung vielleicht hätte forcieren müssen. Deshalb hatte er die Zusage für ein Engagement an der New Yorker 'Met' hinaus gezögert, bis sein Freund Hermann Prey ihm versicherte, dass auch die Akustik des neuen Hauses im Lincoln Center - mit immerhin 3800 Sitzen - wo er am 8. 10. 1966 als 'Don Ottavio' im „Don Giovanni“ hätte debütieren sollen (neben Leontyne Price, Lisa Della Casa, Rosalind Elias, Cesare Siepi und Fernando Corena unter Karl Böhms Leitung; Nicolai Gedda sang statt seiner an diesem Tag, die drei weiteren mit Wunderlich vorgesehenen Vorstellungen übernahm George Shirley), ausgezeichnet sei und es keine Gefahr bestünde, 'brüllen' zu müssen.


    Ich habe noch einmal in das Interview, das Fritz Wunderlich 1963 dem Journalisten Egloff Schwaiger gegeben hat, hineingehört. Da ich nicht alles mitschreiben wollte, gebe ich hier den leicht veränderten Wortlaut des Interviews, wie er in Schwaigers Buch „Warum der Applaus?“ steht, etwas verkürzt wider:

    ES: „Gibt es für Sie eine scharfe Trennung zwischen einem lyrischen und einem dramatischen Tenor?“

    FW: „Auch das ist eine schwierige Frage, über die schon viel diskutiert wurde. Eine scharfe Trennung gibt es sicher nicht, aber ich glaube, dass man entweder zu einem lyrischen oder einem dramatischen beziehungsweise heldischen Tenor geboren wird. Ich halte es zwar für möglich, aber nicht für notwendig, dass ein lyrischer Tenor mit zunehmendem Alter – also mit zwei- oder dreiundvierzig Jahren – in das schwerere Fach einsteigt. Man kann eine Stimme durch größere Belastung schwerer oder widerstandsfähiger machen, aber das Leichte, das weiche Belcanto, bleibt dann aus.“

    ES: „Wo sehen Sie für sich die Grenze?“

    FW: „Ich habe mir für die nächsten zehn bis zwölf Jahre die Grenze bei den leichteren italienischen Partien gesetzt, also etwa beim Rudolf in der 'Bohème' oder beim Herzog im 'Rigoletto'. Der Rudolf ist eigentlich schon eine Ausnahme, die man machen kann, weil es Puccini verstanden hat, seine Melodien so in die Stimme hineinzukomponieren, dass eine scheinbare Belastung hörbar wird, die sich aber in Wirklichkeit als ganz natürliche Schwingung der Stimme erweist. Die hohen Töne liegen bei Puccinis Stimmführung einfach in der Stimme drin.... Bei Verdi sind die hohen Töne viel exponierter, weil sie oft aus großen Intervallsprüngen anzusetzen sind. Verdi stellt viel höhere Anforderungen an die Beweglichkeit und damit auch an die Leistungsfähigkeit der Stimme. Puccini ist ein Komponist, der dem Sänger entgegen kommt; Verdi dagegen einer, dem der Sänger entgegen kommen muss. Ich kann daher bei Puccini die Grenze höher setzen als bei Verdi.“


    In den von mir im Beitrag Nr. 253 genannten Rundfunkinterviews kommt Fritz Wunderlich mehrfach auf den 'Belcanto' zu sprechen, der für ihn ein Gesangsideal darstellte. Robert Werba sagte er: „Ein großes Vorbild ist für mich immer Beniamino Gigli gewesen, den ich, vielleicht nicht ganz alleine, für den größten lyrischen Tenor halte, den es überhaupt jemals gegeben hat. Er ist gesangstechnisch und künstlerisch in jeder Beziehung, auch in der Auffassung , in der Gestaltung, nie mehr zu erreichen. Auch das Timbre ist einmalig. Selbst auf den alten, technisch nicht einwandfreien Platten ist es heute noch zu hören. Es gibt, glaube ich, keine Stimme, die so schön ist, so vollendet, wie die von Beniamino Gigli.“


    Wenn ich mich richtig erinnere, waren mit Fritz Wunderlich noch folgende Schallplatten-Projekte bei der 'DGG / Polydor' in Planung: eine Operetten-Platte mit Robert Stolz in Wien, der 'Froh' in Karajans Berliner „Rheingold“-Aufnahme, der 'Don Ottavio' im „Don Giovanni“ unter Karl Böhm in Prag, die Vervollständigung von Haydns „Schöpfung“ unter Karajan in Berlin, eine Wiener Einspielung von Beethovens „Neunter“ unter Böhm, „Die Winterreise“ mit Hubert Giesen und – besonders bemerkenswert – der 'Veit' in einem Querschnitt aus Lortzings „Undine“.


    Natürlich war sich Wunderlich bewusst, dass man vor dem Mikrofon auch einmal etwas wagen kann, was einem auf der Bühne verwehrt ist – und er hat es ja auch einige Male (erfolgreich) bewiesen. Aber letztlich war es ihm wohl wichtig, seine stimmlichen Mittel nicht zu strapazieren, denn „eine beschädigte Stimme kann man nicht reparieren wie ein verstimmtes Klavier oder ersetzen wie eine gerissene Violinsaite“. Obwohl Wunderlichs Stimme in den beiden letzten Lebensjahren deutlich dunkler und substanzvoller geworden war, wollte er sich die Leichtigkeit im Erreichen der hohen Töne und die stimmliche Beweglichkeit für verzierte Phrasen erhalten, weshalb er sich – vor allem seit seinem Erfolg in der Münchner „Traviata“ von 1965, deren Mitschnitt der Bayerische Rundfunk zu Wunderlichs 90. Geburtstag am 26. 9. 2020 noch einmal gesendet hat - neben Mozart zunehmend auf das dafür geeignetere italienische 'Fach' konzentrieren wollte. (Was wäre er für ein 'Idomeneo' oder 'Titus' geworden?)


    So reizvoll auch die Vorstellung ist, Fritz Wunderlich in den nachfolgend genannten Partien zu erleben: auf Bühnen-Auftritte mit dem Florestan, dem „Freischütz“-Max, einem Lohengrin oder dem Walther von Stoltzing hätten die Opernfreunde vielleicht vergebens gewartet. (Eventuell hätte er sie in einer Zukunft, die es für ihn leider nicht mehr geben sollte, für die Schallplatte gesungen.) Also war Fritz Wunderlich in der klugen Einschätzung seiner stimmlichen Mittel auch hier ein 'Ausnahme-Sänger'!.


    Carlo

  • Banner Trailer Gelbe Rose
  • Banner Trailer 2 Gelbe Rose
  • Ich konnte Fritz Wunderlich in Wien häufig erleben, als Tamino, Belmonte, Ottavio (unvergleichlich bis heute), als Conte Almaviva, Sänger im Rosenkavalier, Steuermann und auch als Apoll in Daphne.


    Im Mozartfach eine legendäre Größe, in den anderen Partien sehr achtbar.


    Erich

  • Darf ich mich hier anschließen. Fritz Wunderlich kommt hier als sympathischer und absolut allürenfreier Mensch herüber. Ich habe mir daraufhin seinen Tamino in meiner alten Aufnahme mit Karl Böhm und Fischer-Dieskau und Evelyn Lear angehört. Es fällt einem wirklich leichter, wenn man mit den Akteuren etwas verbinden kann.

  • ... auch als Apoll in Daphne

    Lieber Erich, Du meintest gewiss den Leukippos.

    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent

  • Apoll war James King.

    Ja, und das alles ist hier zu sehen:



    nicht nur mit Wunderlich und King, auch mit Stefania Woytowicz, Hertha Töpper und Gottlob Frick. Und es dirigiert Joseph Keilberth!

    Trotz Schwarz-Weiß ansehnlich und hörbar!!


    Herzlichst La Roche

    Ich streite für die Schönheit und den edlen Anstand des Theaters. Mit dieser Parole im Herzen leb' ich mein Leben für das Theater, und ich werde weiterleben in den Annalen seiner Geschichte!

    Zitat des Theaterdirektors La Roche aus Capriccio von Richard Strauss.

  • Banner Trailer Gelbe Rose
  • Der Daphne-Film mit Wunderlich, King, Frick, Töpper und Woytowicz ist vom sängerischen her sicherlich vom Feinsten. Die beiden Tenöre und Peneios konnte man damals wohl nicht besser besetzen. Und auch das Dirigat von Keilberth ist toll. Die alles andere als gelungene Inszenierung finde ich aber ausgesprochen altacken und extrem langweilig!!!


    Noch einen schönen Sonntag


    Lustein

  • Ob nun Stefania Woytowicz eine Daphne "vom Feinsten" gewesen ist, darüber ließe sich trefflich diskutieren.

    Die alles andere als gelungene Inszenierung finde ich aber ausgesprochen altacken und extrem langweilig!!!

    Es scheint mir zu kurz gegriffen, eine Inszenierungen von 1964 (!) so abzutun. Was an die siebzig Jahre alt ist, darf doch ruhig etwas "altbacken" sein. ;) In seiner Zeit war es das gewiss nicht. Ich finde den klaren, schnörkellosen und etwas antikisierenden Stil diesem Werk, das nun einmal kein szenischer Knaller ist, sehr angemessen. Opernaufführungen sind doch sehr an ihre Zeit gefunden und sollten unter dieser Berücksichtigung beurteil werden.

    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent

  • Was an die siebzig Jahre alt ist, darf doch ruhig etwas "altbacken" sein. ;) In seiner Zeit war es das gewiss nicht. Ich finde den klaren, schnörkellosen und etwas antikisierenden Stil diesem Werk, das nun einmal kein szenischer Knaller ist, sehr angemessen.

    Lieber Rüdiger, da kann ich Dir völlig zustimmen.

    Die Meinungen dazu sind unterschiedlich, auch im Familienkreis. Meine Frau ist nicht von allem begeistert, was aus der Feder von Richard Strauss kommt. Ich konnte sie dennoch überreden, diese Verfilmung mit anzusehen. Sie fand es stinklangweilig, aber die Sänger toll. Ich war froh, dieses Video gefunden zu haben und habe es zwischenzeitlich mit wachsender Begeisterung schon zum dritten Mal gesehen. Nicht nur beide Tenöre sind extrem gut, auch der erste Auftritt von Gottlob Frick ist herrlich. Mir gefällt die Inszenierung auch, ich würde das heute noch ansehen, auf der Bühne. Dagegen gefällt mir die Wiener Inszenierung mit Johan Botha nicht so gut. Ich kann nicht sagen warum. Es muß irgendetwas im menschlichen Inneren existieren, was Äußerlichkeiten bewertet, außerhalb des rationalen Verstandes. Für diesbezügliche Forschungen würde ich mich zur Verfügung stellen:jubel:


    Herzlichst La Roche

    Ich streite für die Schönheit und den edlen Anstand des Theaters. Mit dieser Parole im Herzen leb' ich mein Leben für das Theater, und ich werde weiterleben in den Annalen seiner Geschichte!

    Zitat des Theaterdirektors La Roche aus Capriccio von Richard Strauss.