Pseudonyme in der Musik

  • Viele werden schon einmal die folgenden Namen gelesen haben:


    Alberto Lizzio, Magda Bergreich, Ivo Rogelich, Vladimir Petroschoff.


    Was diese Namen gemeinsam haben:
    Es sind alles Pseudonyme, angelehnt an wirklich existierende Künstler wie Alberto Lysi, Martha Argerich, Ivo Pogorelich etc.


    Dirigenten wie Alfred Scholz haben wirklich dirigiert, aber nicht alle unter ihrem Namen laufenden Aufnahmen, wobei Scholz da wohl der führende Kopf war.


    Keine Pseudonyme, aber auch bei Orchestern gibt es viele Namen von Ensembles, welche eigentlich gar nicht existieren oder existierten:
    Solche Ensembles nennt man Telefonorchester.
    Hier ein paar Beispiele:


    The Sinfonia of London (die haben u.a. Aufnahmen mit Barbirolli gemacht) , The National Philharmonic Orchestra, London (ein vom Konzertmeister Sidney Sax zusammengestelltes "Elite" -Telefonorchester) usw. , die Liste kann sehr lang werden.......


    Beispiel Intercord: Es gab niemals eine Süddeutsche Philharmonie oder eine Norddeutsche Philharmonie, das sind Fantasienamen.
    Wer steckt wirklich dahinter?
    Schwer zu sagen, aber im Falle von z.B. Swarowskys Ring-Aufnahme hervorragende tschechische Musiker.


    Ich finde, daß dies ein ausgesprochen interessantes und weites Feld ist, und würde mich gerne mit euch darüber austauschen.
    Inspiriert haben mich übrigens Maggie, Peter und Raphael zu diesem Thema, und ich fände es schade, wenn es in den Untiefen von "Was hört Ihr gerade jetzt" verloren geht.
    Was hört Ihr gerade jetzt? (Klassik 2007)
    LG,
    Micha

  • Hallo Michael,


    Danke für den Thread! Ich weiss wie gesagt nichts Genaueres, werde aber die Sache auch jeden Fall im Auge behalten!


    Sind Festival-ORchester dann auch mehr oder weniger Telefonorchester?
    Sie rekrutieren sich ja nur für eine Saison aus meist immer unterschiedlichen Musikern...


    LG
    Raphael

  • Hallo!


    Interessantes Thema! Meine Frage lautet: Warum tut man solches?


    ?(


    Handelt es sich um schlechte Aufnahmen der jeweiligen Künstler, die man dennoch vermarkten möchte? Wohl eher nicht, wenn Du von "hervorragenden tschechischen Musikern" schreibst... Was ist dann der Grund für solche Verwirrung? Sind Savall und Sawallisch identisch? :D


    :hello:


    Ulli

    Als Pumuckl sich zum Frühstück noch ein Bier reingeorgelt hat, war die Welt noch in Ordnung.
    (unbekannt)

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  • Zitat

    Was ist dann der Grund für solche Verwirrung?


    Verträge mit anderen Labels, der Umstand, dem Kind(Orchester) überhaupt einen Namen zu geben, da es eigentlich nicht existiert, unbekannten Künstlern nicht nur keine Chance zu geben, sondern sie dazu zu bringen, ihr Können zu prostituieren, um sie dann mit einem effektvollerem Namen zu vermarkten (hier ist der Grund eindeutig: GELD ) ........


    Es gibt eine Menge von Gründen, aber dieser

    Zitat

    Handelt es sich um schlechte Aufnahmen der jeweiligen Künstler

    ist es sicherlich nicht.


    Der Knaller im umgedrehten Sinn war ja der Hatto-Skandal.
    Hier wurden herausragende Aufnahmen auch unbekannterer Pianisten klangtechnisch verändert und unter dem Namen Joyce Hatto herausgebracht, natürlich ohne das Wissen der mißbrauchten Künstler.
    Und viele bekannte Kritiker sind darauf hereingefallen.


    LG,
    :hello:
    Micha

  • Das Label VOX hat immer wieder mit einem "Pro Musica Orchester, Wien" gearbeitet. Meines Wissens nach waren das die Wiener Sinfoniker, die vertraglisch aber anderweitig gebunden waren, so daß sie nur unter diesem Namen firmieren durften. Pro Musica Stuttgart ist mir auch schon bei diesem Label untergekommen. Ob das etwa das Münchinger-Orchester war? Das dann von Rolf Reinhard dirigiert wurde?


    Diesen Pseudonymen lässt sich ja durchaus Positives abgewinnen: Label kaufen Namen, nicht Musik. Das sollte ja wohl klar sein. Was schadet es also, flugs einen Klangkörper umzutaufen, wenn eine Wunschkombination Dirigent/Solist/Orcherster und Label anders nicht möglich wären?


    Unangnehm sind freilich die von Michael genannten Homphone wie Martha Berberich u.ä.


    Letztlich ist die musikalische Qualität die Richtschnur. Und da kommt nun eine dritte Dimension ins Spiel: Wie ein Label wie VOX seine Musiker nennt, ist dann gleichgültig, wenn die Qualität gut ist. Homophone allerdings sind offensichtlich Bauernfängerei...
    ...aber auch Bauern wollen das Ihre....


    Liebe Grüße vom Thomas :hello:

    Früher ist gottseidank lange vorbei. (TP)
    Wenn ihr werden wollt wie eure Väter waren werdet ihr so wie eure Väter niemals waren.

  • Zitat

    Original von Thomas Pape
    Was schadet es also, flugs einen Klangkörper umzutaufen, wenn eine Wunschkombination Dirigent/Solist/Orcherster und Label anders nicht möglich wären?


    Hallo!


    Du erkennst aber auch immer und überall nur das Positive :D - ich das Negative:


    Wenn mir nun ausgerechnet eine solche Performance besonders gut gefällt und ich möchte genau von diesem Ensemble/Interpreten weiteres erwerben, werde ich wohl i.d.R. enttäuscht werden... Für die Originalinterpreten, die unter "falschem" Namen auftreten ist dies also eher schlecht.


    :hello:


    Ulli

    Als Pumuckl sich zum Frühstück noch ein Bier reingeorgelt hat, war die Welt noch in Ordnung.
    (unbekannt)

  • Hallo Thomas,

    Zitat

    Pro Musica Stuttgart ist mir auch schon bei diesem Label untergekommen. Ob das etwa das Münchinger-Orchester war?


    Ich denke eher an das damalige Stuttgardter Rundfunk-Sinfonieorchester.


    Zitat

    "Pro Musica Orchester, Wien"


    Sehr gut möglich, möglich ist auch das Orchester der Volksoper, unter ihrem wirklichen Namen haben sie auch für Vox aufgenommen.


    Ich habe eine Aufnahme des 1.Klavierkonzertes von Ginastera mit der phänomenalen, aber leider zu früh verstorbenen Hilde Somer unter Ernst Märzendorfer.
    Das Orchester: Vienna Phiharmonia


    Na, welches Orchester könnte DAS sein?


    Zitat

    Was schadet es also, flugs einen Klangkörper umzutaufen, wenn eine Wunschkombination Dirigent/Solist/Orcherster und Label anders nicht möglich wären?


    Zum Beispiel können dann die Musiker dieses Orchesters ihre GVL-Abrechnung (das sind die Tantiemen der Gesellschaft für Leistungsrechte) nicht geltend machen, da ja ihr Orchester diese Aufnahme anscheinend gar nicht gemacht hat.


    Das schadet also schon...........
    Davon einmal abgesehen, daß ich ein Riesenproblem damit hätte, daß eine u.U. sehr gute Aufnahme dann unter einem falschen Namen veröffentlicht wird.


    Und die Wunschkombination ist auch so eine Sache:


    Ich kenne genau wie Du die alten VOX-Aufnahmen, da kommen einem Namen wie Gielen, Brendel usw. vor die Flinte.
    Aber am Anfang ihrer Karriere, da waren sie alle noch billig zu bekommen.
    Eine Firma wie Vox hat immer ein Händchen dafür gehabt, Knebelverträge (wie im Falle von Michael Ponti, der daran fast zerbrochen ist und dessen Karriere der "tolle" Exklusivvertrag sehr geschadet hat) oder billige Verträge mit damals hoffnungsvollem Nachwuchs abzuschließen.


    Aber "Wunschkombi" ?


    M.e. sicher nicht.


    VOX hat das genommen, was habhaft war und nichts weiteres.
    Künstlerische Kriterien waren bei dieser Firma eher selten.


    In den USA bekam man früher eine VOX-Schalplatte stellenweise als Geschenk bei einer Volltankung des PKW hintendrauf.


    VOX war früher in den USA u.a. eine Tankstellen- Schallplattenmarke.


    @Paul: Candide und Turnabout. Richtig.


    LG,
    Micha

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  • Anlässlich dieses heiteren (?) Threads kam mir eine "Sacre"-Diskographie in "Fono Forum" aus dem Jahre 1993 in den Sinn, in dem einige bekannte Dirigenten unter einem "Alias" liefen, aber auch unbekanntere Dirigenten der Verkaufe wegen einen recht prominenten Namen bekommen hatten:


    Igor Markevitch, RIAS-Sinfonieorchester -> Karl List, Berliner Sinfonieorchester


    Jascha Horenstein, SWF-Sinfonieorchester -> Leonardo Scotti, Rome Symphony Orchestra


    Eugene Goosens, London Symphony Orchestra ->Thomas Walker, New York Concert Orchestra


    Hans-Peter Gmür, Philharmonia Slavonica -> Carlos Pantelli, Munich Symphony Orchestra


    Milan Horvat, ORF-Sinfonieorchester -> Hans Swarowsky, Süddeutsche Philharmonie


    :hello:


    GiselherHH


    P.S.: Die Orchestermusiker für Swarowskys "Ring" hatte man ursprünglich aus den Reihen der besten tschechischen Orchester, u.a. auch von Ancerls Prager Philharmonikern, rekrutiert. Während der sechswöchigen Aufnahmephase marschierten im August 1968 jedoch Truppen der "sozialistischen Bruderstaaten" in die CSSR ein, damit dem "Prager Frühling" kein weiterer Sommer beschieden sein würde. Aus Sorge um ihre daheim gebliebenen Familien reisten die Tschechen ab und wurden durch Musiker des Nürnberger Opernhauses und der Bamberger Symphoniker ersetzt.

    "Mache es besser! (...) soll ein bloßes Stichblatt sein, die Stöße des Kunstrichters abglitschen zu lassen."


    (Gotthold Ephraim Lessing: Der Rezensent braucht nicht besser machen zu können, was er tadelt)

  • Hallo Giselher,

    Zitat

    Milan Horvat, ORF-Sinfonieorchester -> Hans Swarowsky, Süddeutsche Philharmonie


    Stimmt, ich erinnere mich auch!


    Gerade von dem wohl sehr gutem Horvat und dem ORF-Sinfonieorchester sind viele Aufnahmen unter Pseudonym herausgebracht worden.


    Eigentlich eine Gemeinheit.......
    Und

    Zitat

    Anlässlich dieses heiteren (?) Threads


    Du hast recht: Dieser Fred kann heiter sein.
    Man kann das alles mit einem weinenden und einem lachendem Augen sehen.


    :hello:
    Michael

  • @Paul: Ja, genau dieses Label meine ich.


    @Uli: Natürlich versuche ich die Dinge positiv zu sehen. Denn aus lediglich betriebswirtschaftlicher Sicht wäre das Klassikgeschäft kaum so reichhaltig zu haben, wenn es nicht das Getrickse mit Orchestern unter virtuellem Namen, etc. gäbe oder gegeben hätte.


    @Michael: Solange Musik vermarktet wird, stehen die BWL'er den Musikern und Musikliebhabern gegenüber. Schau Dich allein bei den lieben Taminos und Paminas hier am Brette um: viele CD's wollen die schon haben; nur kosten sollten die nur wenig. Schau Dich um bei "Heute erst gekauft": oftmals Masse vs Klasse. Die selben Taminos und Paminas, mit denen zusammen wir uns über die Schönheit von Musik austauschen, lehren Dich schon, wo sie den Wert der Einzel-CD sehen. Da argumentiert niemand "Ich kann mir nur kaufen, was ich mir leisten kann". Eher heißt es: "Ich will alles, und da ich mir das nicht leisten kann müss es billiger werden." Lieber Michael, da finden die auch noch Begründungen für.


    Jascha Horenstein hat VOX auch im Zerwürfnis verlassen. Ein anderes Beispiel: Günter Wand konnte sich bei dem französischen Plattenclub gut verwirklichen. Jeden Sommer während der Konzertpause fuhr der mit seinem Gürzenich-Orchester nach Frankreich, um seine Wunschaufnahmen zu machen. Die Kölner Electrola hatte ihm nämlich einen Kapellmeister aus Anif vorgezogen. Bei Wand gab's freilich keine Pseudonyme.


    Und welches Orchester mag sich hinter den ganzen Aufnahmen von Wilhelm Schüchter verborgen haben? Seine Dortmunder etwa, die sich anonymisieren ließen, oder unbenannte Studioorchester der Plattenindustrie?


    Es gibt hier tatsächlich zwei Sichtweisen. Zunächst natürlich die des ausführenden Musikers, der sich letztlich fragt, woher er seine Bezüge bekommt, und ob es nicht ein wenig mehr sein könnte. Die andere ist die des Plattenkäufers. Der will das aus seiner Sicht muikalische Optimum. Namen sind Schall und Rauch. Giselhers ANmerkungen zu der "Sacre"-Diskographie fand ich allerdings schon erstaunlich. Sollte ich tasächlich unter dem Namen Horensteins seit 25 Jahren eine bemerkswert exzellente Einspielung dieses Werkes in meiner Sammlung haben, die tatsächlich von Leonardo Scotti und dem Rome Symphony Orchestra stammt? Sei's drum, das macht die Platte nicht schlechter.


    DGG und VOX sind beides Wirtschaftsunternehemen. Und deren Ziel ist es, Geld zu verdienen. Beide wollen dies mit klassischer Musik tun. Und das tun beide auf jeweils ihre Weise. Wir müssen da gar nicht über Knebelverträge sprechen: wer als Künstler bei der DGG sein Geld nicht einspielt, fliegt. Aufnahmen, die sich nicht verkaufen werden gestrichen. Und VOX ist da nicht anders. Vielleicht mit Blick auf die Kapitaldecke ein wenig härter. Schließlich geht ja immer alles nur ums Geld.


    Gut aber, daß diese Thema einmal angeschnitten wurde. Wir können uns nämlich hier bewusst machen, wer all die schöne Musik eigentlich erzeugt (nämlich jeder einzelne Orchestermusiker). Und vielleicht einen Gedanken darauf verwenden, was uns als nicht ausführenden Musikern unser geliebter Genuss wert sein sollte. Schostas 11. - soviel habe ich schon begriffen - ist für den Musiker im Orchester härteste Arbeit. Und wenig Genuss.


    Liebe Grüße vom Thomas :hello:

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  • Pseudonyme findet man auch in der Vokalmusik
    Der große Tenor Fritz Wunderlich hat am Anfang seiner Plattenkarriere teilweise unter falschem Namen aufgenommen.
    Er hatte einen Vertrag mit der Plattenfirma opera/Europäischer Phonoklub. Unter diesem Label kamen hauptsächlich Opern- und Operettenquerschnitte sowie Arien und Lieder heraus.
    Zu dieser Zeit produzierte die Fa. Philips mit Wunderlich Sakralmusik wie z. B. Bach: Magnificat, Kantate BWV31 und Oster-Oratorium BWV 249, Kantate BWV 200. Als Tenor auf den Plattencovern stand Werner S. Braun.


    In meinem Schrank stehen ausserdem einige Opernquerschnitte einer Fa. MCP, z. B. "Der Freischütz" oder "Zar und Zimmermann". Als Interpreten werden genannt: "Hilde Kremer, Willy Müller-Jost, Anita Rode, Paul Mieske, Maria Wittelsbacher.
    Grosses Symphony Orchester und Opernchor Wien - Ltg. Franz Rudinsky."


    Ich kenne keinen der Namen, aber die Aufnahmen sind vorzüglich, sowohl was die Tonqualität, die Sängerleistungen als auch das Orchester betrifft.


    Ich vermute, dass es sich um Produktionen mit dem Ensemble der Wiener Volksoper handelt, und ich glaube, zwischendurch auch die Stimmen bekannter Sänger wie Waldemar Kmentt oder Eberhard Waechter herauszuhören.

    Harald


    Freundschaft schließt man nicht, einen Freund erkennt man.
    (Vinícius de Moraes)

  • Hallo Thomas,


    bei Horenstein wird umgekehrt ein Schuh draus. Seine Einspielung wurde in den USA unter dem Pseudonym "Leonardo Scotti" vermarktet, der natürlich nicht existiert (bei meinen Beispielen stehen links die wirklichen Interpreten und rechts die "Tarnnamen").


    :hello:


    GiselherHH

    "Mache es besser! (...) soll ein bloßes Stichblatt sein, die Stöße des Kunstrichters abglitschen zu lassen."


    (Gotthold Ephraim Lessing: Der Rezensent braucht nicht besser machen zu können, was er tadelt)

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  • Der englische Komponist und Musikkritiker Philip Arnold Heseltine(1894-1930) verwendete als Komponist das Pseudonym Peter Warlock während er seine Schriften unter seinem Geburtsnamen verfasste.


    :hello:
    Wulf

  • Hallo zusammen,


    lieber Micha,
    vielen Dank für diesen Thread.


    Was ihr so schreibt ist wirklich interessant.


    Da hat mir also ein Pseudoweihnachtsmann eine Pseudoklassikmusikbox gebracht.


    Wenn ich Eure Postings richtig interpretiere, sind die Einspielungen also durchaus hörenswert, da sie höchstwahrscheinlich von sehr guten, bzw. bekannten Musikern eingespielt wurden?


    Bisher habe ich erst drei CD's gehört. Zwei sind klanglich meiner Meinung nach in Ordnung, aber die eine CD, das schrieb ich gestern schon hier hat m.E. erhebliche klangliche Mängel.


    LG


    Maggie

  • Liebe Maggie,

    Zitat

    sind die Einspielungen also durchaus hörenswert, da sie höchstwahrscheinlich von sehr guten, bzw. bekannten Musikern eingespielt wurden?


    ja, das ist schon möglich.
    Aber ich wäre da doch eher skeptisch.
    Immerhin kannst Du ja jetzt erstmal viele neue Werke durch diese Box kennenlernen.


    LG,
    Michael

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  • Kurzkommentar dazu:


    Die Schaffung von Handelsmarken, Billigschienen ist ein in Produktion und Handel üblicher Vorgang, um Preisdifferenzierung zu betreiben.


    Um bei Michaels Beispielen zu bleiben:


    Magda Argerich ist ein renommierter Markenname wie beispielswiese IGLO-Tiefkühlkost, also wird das Fischstäbchen von Argerich-IGLO zu einem höheren Preis gekauft. Der Konsument weiß schließlich, was er an der Marke hat.


    Aus den IGLO-Fischstäbchen kann die Marke Magda Bergreich bzw. xyz werden. Die wird wesentlich billiger verkauft, um so das Segment der Leute zu bedienen, die halt ein Klavierstück bzw. Fische leistbar kaufen wollen. Das Outfit wird runtergeschraubt...etc.


    Andere Erklärungen wie vertragliche Bindungen wurden bereits geliefert.


    Interessant wäre eine vom Forum erarbeitete Aufstellung dieser Pseudonyme.

    Otto Rehhagel: "Mal verliert man und mal gewinnen die anderen".
    (aus "Sprechen Sie Fußball?")

  • Zitat

    Original von GiselherHH


    bei Horenstein wird umgekehrt ein Schuh draus. Seine Einspielung wurde in den USA unter dem Pseudonym "Leonardo Scotti" vermarktet, der natürlich nicht existiert (bei meinen Beispielen stehen links die wirklichen Interpreten und rechts die "Tarnnamen").


    hans swarowsky existierte aber schon und ist ja auch berühmter als milan horvat.
    also eigentlich kein pseudonym sondern ein echter betrug, wenn's so stimmt.

  • Dieser obskure Alfred Scholz war übrigens wohl Swarowsky-Schüler und hat etliche seiner Aufnahmen, vor allem Bruckner, unter dem Namen von Swarowsky veröffentlicht.


    Immer mit dieser obskuren "Süddeutschen Philharmonie" ,welche wohl aus tschechischen Musikern sowie Musikern aus Nürnberg oder Bamberg usw. bestand.


    Auch der "Dirigent" Henry Adolph ist ein Pseudonym von Scholz.


    Es gibt im Internet einige interessante Seiten zu dem Thema, welche ich dereinst mal gelesen habe.
    Leider finde ich sie im Moment nicht wieder.


    Aber das wird sich sicher demnächst ändern.


    LG,
    Michael

  • Meine Lieben,


    Lizzio-, Scholz- und Adolph-Aufnahmen sind momentan zuhauf im Angebot außerhalb von Fachläden. Darunter auch recht gute Aufführungen, sodaß man natürlich fragt, wer jeweils wirklich dirigierte. Wobei ich neben deutschen und niederländischen auch schon portugiesische Pressungen gefunden habe.


    LG


    Waldi

  • Auf dieses Thema haben mich Aufnahmen mit Gitarrenwerken von Allan Willcocks gebracht. Auf der Rückseite der CD erfährt man die Lebensspanne 1869 bis 1953. Auch die Entstehungsjahre 1928/1941 respektive 1932 sind angegeben.


    Soweit die Informationen, die man von der Hülle entnehmen kann. Zahlen sind ja so was von glaubwürdig.



    Auch im Booklettext wird man "informiert". Man erfährt alles über die Werke. Über die Biographie des Komponisten erfährt man nichts.


    Recherchiert man nach dem Komponisten Allan Willcocks stellt man Erstaunliches fest. Der Urheber ist der Interpret der Aufnahme!


    https://www.thisisclassicalgui…illcocks-guitar-composer/


    Eine Gogle-Übersetzung für diejenigen, die nicht englisch können:


    Der Gitarrenkomponist Allan Willcocks (1869–1956) ist ein fiktiver Komponist, ein Pseudonym für Tilman Hoppstock. Aus der leicht humorvollen Biografie und den Widmungen ging das einigermaßen hervor, aber trotzdem werden die Werke weiterhin gespielt. Als aufwändiger Trick fertigte er jedoch sogar gefälschte Faksimiles für die Partitur an. Allerdings muss man den Werken nicht mit weniger Wertschätzung lauschen; Aber aus Gründen der Legitimität sollte jeder wissen, dass dies nicht legitim ist, damit er nicht fälschlicherweise in akademischen Situationen verwendet oder als historischer Komponist bezeichnet wird. Es gab einmal sogar einen Wiki-Artikel über Willcocks mit vollständiger Biografie und historischen Informationen, der jedoch entfernt wurde. Nichts davon ist eine Neuigkeit, wie Hoppstock bereits 2012 gestand, siehe unten (Sie können die Ausgabe über den Link kaufen). Außerdem veröffentlicht er nun das Werk vollständig unter Angabe seines Namens. Ausgabe Nr. 345 – Mai 2012 – Classical Guitar Magazine


    „Anmerkung des Autors: Der folgende Artikel befasst sich mit dem Komponisten Allan Willcocks und der Entdeckung der unter seinem Namen verfassten Musik. Seit diese Nachricht Anfang 2010 bekannt wurde, wurde die Existenz eines solchen Komponisten in Frage gestellt. Tilman Hoppstock, der Mann hinter der Entdeckung, hat nun bestätigt, dass es sich bei Allan Willcocks um eine fiktive Figur handelt, die als Verkleidung für seine eigenen Kompositionen geschaffen wurde.“

    Die Noten auf Hoppstocks eigener Seite PRIM-Musikverlag geben die Informationen nun eindeutig wieder. Das ist jetzt etwas seltsam, weil den Ausgaben „Faksimiles“ der damaligen Werke beiliegen, die außer Humor absolut keinen Nutzen haben.


    „Unter dem Pseudonym „Allan Willcocks“ hat Tilman Hoppstock die Welt des Impressionismus erweckt.“

    Auch Hoppstock selbst erwähnt es in diesem Video bei 0:30 „unter meinem Pseudonym Allan Willcocks“, falls Sie noch Zweifel haben!


    Es gibt vier Werke von Allan Willcocks alias Tilman Hoppcock.

    12 Studies for Guitar

    12 Miniature Preludes for Guitar

    12 impressionistic Sketches for Guitar

    Suite Transcendent for 4 guitars


    Der Prim-Verlag, wo die Noten erhältlich sind schreibt:


    Unter dem Pseudonym A. Willcocks hat Tilman Hoppstock die Welt des Impressionismus neu auferstehen lassen. Eine für die Gitarre verloren gegangene Epoche wird durch diesen Zyklus dem Instrument in faszinierender Weise neu erschlossen.


    Ist das als englische Schrulligkeit zu werten oder was soll dieses Mimikri bedeuten?

    Ist es Bescheidenheit?

    Ist es ein Werbegag, um Aufmerksamkeit zu erlangen?

    Will der Komponist nicht als Epigone gelten?


    Seinen Scheffel als Gitarren-Interpret muss Tilman Hoppstock nicht unter den Scheffel stellen.


    Als Käufer der CD fühlt es sich als Vera....... an. Die Musik finde ich gut.


    * * * * *


    Was halten die Taminos davon?


    Gibt es in der Musikgeschichte weitere Beispiele, wenn Komponisten ein Pseudonym verwenden?


    .

    "Um Musik zu hören, muss man seine Ohren öffnen und auf Musik warten. Zuhören ist Anstrengung; blosses Hören ist keine Leistung – auch eine Ente kann hören." Igor Strawinsky



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  • P.D.Q. Bach ist das Pseudonym eines menschlichen Spassvogels. Die Figur des P. D. Q. Bach, dem sein Schöpfer die Lebensjahre 1742 bis 1807 zuschreibt, ist jedoch mittlerweile weit mehr als ein bloßer wissenschaftlicher Witz, da seine Biographie und seine Musik vor allem bei Musikern eine gewisse Popularität geniessen und immer wieder zitiert und aufgeführt werden. Ein Grossteil des Humors rund um den fiktiven Musiker beruht auf englischen Wortspielen, die in der deutschen Übersetzung nicht vermittelt werden können. Das fängt schon mit der aus Abkürzungen bestehenden Vornamens an. Der Wikipedia Beitrag klärt uns auf:


    P. D. Q. Bach wurde am 1. April 1742 als 21. Sohn von Johann Sebastian und Anna Magdalena Bach in Leipzig geboren. Die Eltern konnten sich wohl über den Namen des unerwarteten Nachkömmlings nicht einigen, weshalb er die ersten Lebensjahre ohne Namen verbringen musste. Der Vater gab dem Knaben erst mit fünf Jahren, auf wiederholtes Drängen von dessen Bruder Wilhelm Friedemann, die Initialen „P.D.Q.“ als Vorname, ohne zu erläutern, wofür sie stehen. (Im umgangssprachlichen Englisch steht p.d.q. für „pretty damn quick“). Überhaupt schien sich Johann Sebastian kaum für seinen letztgeborenen Sohn zu interessieren; er gab ihm keinen Musikunterricht und hinterließ ihm, als er 1750 starb, lediglich ein primitives Rohrblasinstrument, das Kazoo genannt wird. Es ist deshalb nicht verwunderlich, dass P.D.Q. etwas aus der Art schlug und nach Dudeldorf zog, wo er 1755 Lehrling beim Erfinder der singenden Säge, Ludwig Zahnstocher wurde. 1756 traf er Leopold Mozart in Salzburg und empfahl ihm, seinen neugeborenen Sohn Wolfgang gut zu unterrichten und viel üben zu lassen, damit aus ihm der größte Billard­spieler aller Zeiten werde. Später ging P. D. Q. nach Sankt Petersburg, um seinen entfernten Cousin Leonhard Sigismund Dietrich (L. S. D.) Bach zu besuchen und zeugte mit dessen Tochter Betty Sue ein uneheliches Kind.

    Erst mit 35 Jahren begann P. D. Q., Musik zu schreiben, hauptsächlich, indem er Melodien anderer Komponisten plagiierte. Er starb am 5. Mai 1807 in einem angeblichen Baden-Baden-Baden – auf seinem Grabstein stand allerdings „1807–1742“. Zu diesem Datierungsproblem existieren mehrere Theorien. Eine geht davon aus, dass P. D. Q. sich zeitlebens musikalisch zurückentwickelte, eine andere, dass die renommierte Musikerfamilie Bach auf diese Weise seine Verwandtschaft mit J. S. Bach vertuschen wollte.

    Nach seinem Tod versuchte Betty Sue Bach, die inzwischen mit dem Liverpooler Musikverleger Jonathan „Boozey“ Hawkes verheiratet war, eine Ausgabe Ausgewählter Werke von P.D.Q. Bach zusammenzustellen. Sie wurde dafür 1817 auf dem Scheiterhaufen verbrannt.



    Wer verbirgt sich hinter P.D.Q. Bach? Es ist Peter Schickele (1935-2024). Er soll Professor für Musik an der University of Southern North Dakota in Hoople sein. Die Recherche ergab, dass es sich um eine fiktive Ausbildungsstätte handelt.


    Die Musik des erdachten letzten Sohnes Johann Sebastian Bachs, hat er mit selbst komponierter parodistischer Musikstücke, „ergänzt“. Mit schöner Regelmäßigkeit „entdeckte“ Schickele neue alte Werke des P. D. Q. Bach, gab diese heraus und führte sie erstmals auf, insbesondere in seinen legendären Weihnachtskonzerten in der Carnegie Hall. Es sind 17 CDs mit diesen Kompositionen erschienen.


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    "Um Musik zu hören, muss man seine Ohren öffnen und auf Musik warten. Zuhören ist Anstrengung; blosses Hören ist keine Leistung – auch eine Ente kann hören." Igor Strawinsky