Martha Argerich - Highlights

  • hallo Melot,


    argerichs temperament und risikobereitschaft machen ihre interpretationen grundsätzlich zu einem erlebnis. was die amsterdamer mitschnitte angeht, so kenne ich das recital mit der 2. bach partita und der 7. prokofiev sonate. und da muss ich sagen, sehr oberflächlich bis flüchtige interpretationen. übertrieben schnell und lärmend. um es mal so zu formulieren: wenn ich so operieren würde, keiner bliebe mit lebensqualität unter uns !


    gruß, siamak :rolleyes:

    Siamak

  • Ich meine, dass ich so ziemlich alles habe, was es von ihr für Soloklavier gibt - sprich Solowerke und Klavierkonzerte - und ich bin stets vor Entzücken verzaubert.
    Ein ganz großer Wurf für mich:

    Ich bin kein Schumann-Freund, wahrscheinlich weil ich ihn einfach nicht so mag - bei Schubert gehts mir ähnlich, aber diese Einspielung überzeugt miczh vollends. Das Argerich schnell spielen kann bestreitet niemand aber was sie bei den Kinderszenen mit Der Dichter spricht macht ist congenial. Besser gibt es dieses fragile Werk nicht in unserer Zeit!! :jubel: :jubel:


    Auch hier muss ich sagen für mich die eindeutige Referenzaufnahme für das 3. Prokofiev-Konzert:

    Diese Konzertaufnahme ist Feuer pur und stellt auch meine geliebte Aufnahme mit Byron Janis unter Kondrashin und Prokofiev selbst mit Coppola (1932) in den Schatten. Sie schlägt zusammen mit einem glänzend aufgelegten exzellenten Montrealer Klangkörper unter Dutoit alles bisher von mir gehörte und ich habe da so einiges an Prokofeivs drittem Konzert in meinem Besitz (Katchen, Bronfman, Pletnev, Ashkenazy, Cherkassky,...).


    Für mich ist sie die unumstrittene Königin der Tasten!



    LG
    Tobias
    :hello:

  • für mich ist ihre Einspielung des e-moll Konzerts von Chopin (Abbado) DIE Interpretation. Kein "romantischer" Chopin oder ein femininer, schwindsüchtiger oder kopflastiger, sondern mit viel Leidenschaft und Energie.
    Und "ihr" Schumann-Konzert natürlich, aber ich weiss nicht, ob es davon eine Aufnahme gibt, ich habe es nur live im TV gesehen, wobei mir op. 54 zu wirr daherkommt (wie alles von Schumann, alles sehr "assoziativ gelockert", kein Wunder, dass er von Brahms so begeistert war, der klar und strukturiert komponiert), aber das gehört wohl auf eine andere Seite....

    viviane

  • Die folgende Einspielung finde ich faszinierend.



    M. Argerich und A. Rabinovitch spielen sehr harmonisch zusammen, mit Rasse und Klasse, einfach mitreißend.


    Gruß
    Tresor

    Diese Sprache, die wir Musik nennen, ist eine Sprache, die aus einem Raum kommt, den wir Seele nennen. GIORA FEIDMAN

  • Konnte ich erst heute sehen:


    Als sie sechs Jahre alt war, hörte sie Claudio Arrau mit Beethovens 4. Klavierkonzert – das war „wie ein Stromschlag“ für sie. Das Werk spielt sie aber nicht. Als sie einmal in einem Konzert zuerst Liszts h-Moll Sonate spielte und danach Preludes von Chopin, gelangen ihr diese nicht so gut: „Er ist eifersüchtig.“ Um bei Friedrich Gulda eineinhalb Jahre zu lernen, ging sie nach Europa. Sie war seine einzige Schülerin, und sie sagt: „Das war meine wichtigste Zeit.“ Den Humor in der Musik (Haydn, früher Beethoven) hat sie davor in Argentinien nicht wahrgenommen. Mit 19, 20 kam im Zuge der ersten Erfolge die große Krise. Sie fühlte sich „wie ein Insekt“ in den Minuten vor Konzertbeginn. Mit 17 hat sie zum ersten Mal ein Konzert abgesagt. Den Finger hat sie sich erst nach der Absage verletzt – so schwer, dass sie ein Konzert eine Woche später deswegen auch absagen musste, diesmal ungewollt. Sie erzählt auch von echter Panik, die sie erlebt hat, davon, dass sie nur mehr selten Recitals spielt, auch von ihrer Beziehung zu Schumann (Probenausschnitte 2001 a-Moll Klavierkonzert mit der Württembergischen Kammerphilharmonie Heilbronn unter Jörg Faerber). Martha Argerich fühlt sich wohler mit anderen zusammen auf der Bühne als allein. „Martha Argerich – Nachtgespräche (Martha Argerich - Conversation Nocturne)“, ausgestrahlt am 23.9.2007 in BR-alpha, brachte Konzertmitschnitte, Archivaufnahmen und ein Interview mit der Pianistin. In dem 60 Minuten langen Dokumentarfilm (Frankreich/Deutschland/Schweiz 2002) führte Georges Gachot Regie. Die musikalische Bandbreite der Hörbeispiele ist beachtlich: Bach, Beethoven, Chopin, Dvorák, Liszt, Lutoslawki, Piazzolla, Prokofjew, Ravel, Saint-Saëns und Schumann. Martha Argerich: Eine impulsive Frau, die aber auch ein gewisses Geheimnis, eine Aura um sich zu wahren weiß.


    Herzlicher Gruß
    Alexander

    Freundlicher Gruß
    Alexander

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  • Die Klavierkonzerte in der „Martha Argerich Collection“ (DGG 11 CDs 453 566-2)



    Zwischen 1960 und 1993 entstanden die Aufnahmen dieser im April 1997 veröffentlichten Box, ein repräsentativer Querschnitt durch die Karriere der 1941 in Buenos Aires geborenen Künstlerin.



    Die ersten vier CDs gehören diversen Klavierkonzerten. Nach dem Durchhören der Werke von Beethoven, Chopin, Tschaikowsky, Schumann, Liszt, Prokofieff und Ravel bleibt dem Schreiber ein großes hochachtungsvolles Fazit allein dieser Lebensleistung der Künstlerin, in zwei Worte gefasst: Unbedingtheit und Poesie. Martha Argerich ist immer Vollblutmusikerin, ihre Leidenschaft lässt keine Beiläufigkeit zu, Selbstverständlichkeit ist allenfalls das technische Grundgerüst ihres Könnens, niemals ein musikalisches Element der Interpretation. Bewusstheit wird nicht zur leeren Oberflächlichkeit einer souveränen Überlegenheit, sie ist immer eingebettet in wunderbar mitempfindbares Gefühl, in die Poesie, die Liebe aus der Musik heraus und zu ihr hin und vor allem mittendrin. Martha Argerichs stupendes technisches Können stürzt die Pianistin vollgriffig und zupackend-angriffslustig in die schwierigsten Passagen, sie kann aber auch herrlich weich perlen – und wenn die Musik es anbietet, versinken wir mit ihr in den wunderbarsten, tief empfundenen Träumereien, gerne im schönen Wechselspiel mit Holzbläsern oder Streichern. Es war dem Schreiber möglich, mit diesen Aufnahmen lange nicht mehr gehörte und vielfach „vorverurteilte“ Werke neu zu entdecken, sicher vor allem, weil Martha Argerich sie mit jenem Leben füllt, das große, bleibende Interpretationen ausmacht.


    Von Ludwig van Beethoven hören wir die Konzerte Nr. 1 C-Dur op. 15 und Nr. 2 B-Dur op.19, aufgenommen im Mai 1985 in der Town Hall (London, Walthamstow) mit dem Philharmonia Orchestra unter der Leitung von Giuseppe Sinopoli. Argerich behauptet sich als überzeugte und überzeugende Persönlichkeit zwischen keckem „Hier bin ich“ und lyrischer Empfindsamkeit. Sie hat etwas zu sagen, und man hört ihr gerne zu. Wunderbar poetisch gelingt ihr der zweite Satz des 1. Konzerts mit seinen „erzählenden“ Klavierpassagen, heiter-spritzig der dritte Satz. Das Orchester hört man in einem breiten Klangbild mit Tendenz zum „halligen Verschwimmen“. Beim 2. Konzert lässt Martha Argerich mit Akzentuierungen aufhorchen, aber behutsam und immer empfunden, genauso wie der zweite Satz abermals von viel Gefühl getragen musiziert wird.


    Die beiden Klavierkonzerte von Frederic Chopin bieten wenig Wechselspiel zwischen Klavier und Orchester. Umso mehr freut man sich über gerade diese Passagen. Der Rest lebt von der Ausdrucksstärke der Solistin oder des Solisten. Das Konzert Nr. 1 e-Moll op. 11 nahm Martha Argerich (zusammen mit Liszts Es-Dur Konzert) im Februar 1968 am selben Ort auf wie den Beethoven, allerdings mit Claudio Abbado und dem London Symphony Orchestra. Wieder bestechen die Persönlichkeitsstärke, die Empfindung und die Impulsivität, die leichthändigen Girlanden genauso wie die differenzierte Poesie. Martha Argerich lässt uns durchgehend aus dem Virtuosenkonzert heraus die empfindsame Musik mitleben. Das Konzert Nr. 2 f-Moll op. 21 nahm sie mit Mstislav Rostropowitsch und dem National Symphony Orchestra (zusammen mit Schumanns a-Moll Konzert) im Jänner 1978 im John F. Kennedy Center in Washington auf: wunderbar zupackend, und dort wo es sein soll sehr schön poetisch, wie gehabt. Der zweite Satz, ein Larghetto, wird im besten Sinn zu einem romantischen Salonmusik-Traum, mit einem spannenden (vielleicht sogar ein bisschen unheimlichen) Mittelteil.


    (Der Schreiber war dann doch neugierig und hat zum Vergleich danach eine ihm zur Verfügung stehende andere Aufnahme gehört: live mit dem 18 Jahre jungen Maurizio Pollini und dem Warschauer Philharmonischen Orchester unter Jerzy Katlewicz 1960 mono auf CD gebannt, enthalten im „Klavier Kaiser“. Warum ist der erste Satz des 1. Konzerts zwei Minuten kürzer? Weil in Pollinis Aufnahme die Orchesterexposition gekürzt wurde. Pollini spielt unbekümmert, frisch, mit männlichem, selbstsicherem Impetus, eine Aufnahme voll jugendlicher Leidenschaft. Anders als die Argerich. Der Schreiber möchte nicht die immense Musikalität beider Aufnahmen gegeneinander ausspielen. Er ist froh über die eine wie über die andere.)


    Dann das unvermeidliche Konzert Nr. 1 b-Moll op. 23 von Peter I. Tschaikowsky. Martha Argerich hat es ja nach dieser in den Fairfield Halls von Croydon im Dezember 1970 mit Charles Dutoit und dem Royal Philharmonic Orchestra entstandenen Einspielung später noch einmal für Philips aufgenommen. Die berühmte Introduktion zieht „königlich breit“ vorbei, aber irgendwie liegt die Pianistin schon auf der Lauer. Neben dem dann wie zu erwartenden impulsiven Zugriff besticht umso mehr Martha Argerichs immens musikalischer Sinn für die Poesie in diesem Werk. Wer sich nicht mit den ersten fünf weltberühmten Minuten begnügt, wird genug davon finden.


    (Überraschend das Fazit des Schreibers beim „ultimativen Vergleich“ mit Vladimir Horowitz, Arturo Toscanini und dem New Symphony Orchestra 1941, wieder aus dem „Klavier Kaiser“: das ist ein einziger pianistischer Irrwitz. Der zweite Satz etwa kommt viel „direkter“ als bei der Argerich, insgesamt ist alles ungleich „brutaler“ und viel schneller. Martha Argerich macht Musik, Horowitz macht Zirkus. Entfesselten, unbegreiflichen Zirkus natürlich.)


    Robert Schumanns Konzert a-Moll op. 54 (Aufnahmedaten siehe 2. Konzert von Chopin) hat Martha Argerich sehr oft gespielt, es ist wohl ein „Lebenswerk“ von ihr. Man kann sich aber darauf verlassen: Wenn sie sich hineinbegibt in diese musikalische Welt, dann wird es immer neu erfühlt, neu empfunden, wie das erste, das eine wesentliche Mal sein. Das ist „gelebte Empfindsamkeit“. Natürlich kann die Argerich, dort wo Schumann es anbietet, auch losstürmen wie eine Raubkatze.


    (Der „Klavier Kaiser“ lockt mit Dinu Lipattis legendärer Aufnahme dieses Konzerts aus dem Jahr 1948 mit Herbert von Karajan und dem Philharmonia Orchestra London. Das ist unglaublich: Lipatti spielt mit noch mehr Leidenschaft, sein Spiel verströmt eine ganz besondere Aura. Der lyrische Dialog zwischen Klarinette und Klavier nach etwa fünf Minuten des ersten Satzes kommt wie aus einer anderen Welt. Lipatti spielt Klavier mit überirdischer Ausdruckskraft und Intensität. Er baut eine ganze Welt mit diesem Werk auf. Das ist sicher eine Jahrhunderteinspielung. Der Schreiber vergleicht wieder nicht wertend. Er ist abermals froh, beide Aufnahmen zu haben.)


    Bietet Franz Liszts Konzert Nr. 1 Es-Dur nur Tastendrescherei? Aber keineswegs, was für ein schreckliches Vorurteil, das Martha Argerich, Claudio Abbado und das London Symphony Orchestra (Aufnahmedaten siehe oben) musikalisch aufs Schönste widerlegen. Wieder bestechen die Unbedingtheit und die Poesie (vor allem diese!) der Pianistin. Listzs ruhige Passagen – einmal mehr sei diese Formulierung strapaziert – kommen einfach wunderbar empfunden ans Ohr des Hörers. Das hat Größe.


    Spannende, episodistisch wirkende Musik bietet das Konzert Nr. 3 C-Dur op. 26 von Sergej Prokofieff, aufgenommen (zusammen mit dem gleich folgenden Ravel) mit Claudio Abbado und den Berliner Philharmonikern in der Berliner Jesus-Christus-Kirche im Mai und Juni 1967. Es lebt von vielen überraschenden, unerwarteten Stimmungswechseln. Neben Argerichs gewohnter Unbedingtheit und Poesie lebt die Aufnahme vom „Geheimnis“ der Musik und vom farbigen Orchestersatz. Der zweite Satz ist übrigens ein Variationssatz. Der Schreiber hat dieses Werk mit dieser Aufnahme kennen gelernt. Ein tolles Werk, eine tolle Aufnahme!


    Das letzte Konzert in dieser Box ist jenes in G-Dur von Maurice Ravel, dem Schreiber in Aufnahmen (Fernsehen und CD) mit Leonard Bernstein (Personalunion Pianist und Dirigent) ein- für allemal unvergesslich eingeprägt. Auch dieses Werk lebt von allerlei Überraschungsmomenten. Auffallend sind die jazzoiden Episoden im ersten Satz. Und besonders vermag (erst recht gespielt von Martha Argerich) das „fast monotone poetische Schreiten“ des an die drei Minuten dauernden Klaviersolos zu Beginn vom Notturno des zweiten Satzes zu fesseln, ehe das spritzige Presto den fulminanten Kehraus macht.


    Unbedingtheit und Poesie – allein die hier gebotenen Klavierkonzerte geben einen großartigen Eindruck von der Vitalität und Musikalität dieser bewundernswerten, großen Pianistin.


    Herzlicher Gruß
    Alexander

    Freundlicher Gruß
    Alexander

  • Die EMI hat kürzlich eine Zusammenstellung herausgebracht, die ein wundervolles Programm mit Werken für 2 Klaviere beinhaltet.
    Martha Argerich spielt mit diversen Klavierpartnern Werke von Tschaikowskij (Nussknacker-Suite), Rachmaninoff (Suite Nr. 2, 6 Morceaux), Brahms (Sonate op. 34b, Haydn-Variationen), Prokofieff (Sinfonie Nr. 1) und Lutoslawski (Paganini-Variationen).



    Und das ist alles ganz großartig gespielt. Bei einigen Stücken ist die Klavierfassung ganz erstaunlich nah am Orchesterklang, andere Details hört man bei den Klavieren sehr schön raus, die sonst im Orchester verschwinden.
    Ganz toll fand ich die Prokofieff-Sinfonie und die Nussknacker-Suite, die ich vorher so noch nie gehört hatte.
    Mir hat das Anhören jedenfalls viel Freude bereitet. :jubel:



    LG, Peter.

  • Sagitt meint:


    Es handelt sich bei diesen beiden Cds um Zusammenstellungen aus ihrem formidablen Lugano-Festival, das gerade zum siebten Mal ebendort läuft Martha Argerich versammelt immer eine erhebliche Zahl grossartiger Musiker um sich und mischt bekannte und unbekannte Werke. Viele spielen mit ihr und müssen sich ordentlich ranhalten, ob es nun Pianistinnen sind, die mit ihr vierhändig spielen oder eben die Streicher, die sie antreibt zu Interpretationen, die ihresgleichen suchen.


    Eben ein Sextett von Glinka gehört, das ich gar nicht kannte. Ein sehr spannendes Werk.


    Lugano-immer eine Reise wert.

  • Um diesen Thread einmal wieder aus der Versenkung zu holen:


    Heute abend gibt Martha Argerich gemeinsam mit Lilia Zilberstein im Feierabendhaus der BASF in Ludwigshafen ein Konzert. Karten sind offenbar noch erhältlich.


    Auf dem Programm stehen folgende Stücke:



    Wolfgang Amadeus Mozart (1756–1791) / Ferruccio Busoni (1866–1924)


    Fantasie in f-Moll KV 608 (10’)
    Ein Stück für ein Orgelwerk in einer Uhr
    2 Klaviere

    Wolfgang Amadeus Mozart (1756–1791)


    Sonate D-Dur KV 448 (KV 375 a) für zwei Klaviere, Wien 1781
    1. Allegro con spirito
    2. Andante
    3. Allegro molto


    Dmitri Schostakowitsch (1906–1975)


    Concertino a-Moll op. 94 für zwei Klaviere


    Johannes Brahms (1833–1897)


    Variationen über ein Thema von Haydn op. 56b für zwei Klaviere


    Sergej Rachmaninow (1873–1943)


    Suite Nr. 1 op. 5 für zwei Klaviere
    1. Barcarolle
    2. Nacht der Liebe (A night for love)
    3. Tränen
    4. Russische Ostern



    Da bin ich doch sehr gespannt!



    Herzliche Grüße,:hello: :hello:


    Christian

    Beherrsche die Sache, die Worte werden folgen! (Cato der Ältere)

  • Lieber Christian ,



    zunächst Dank , dass Du diesen Thread wiederzubeleben versuchst .


    Martha Argerich wird am 5. Juni 2009 immerhin 68 Jahre jung . Jung muss man wirjkich schreiben , wenn wir ihre enorme Vitalität , ihre Planungen und Realisationen etwa im "Progetto Argerich" in Lugano verfolgt , bei dem in 2008 manchmal bis in die frühen Morgenstunden gemeinsam musiziert worden ist .


    Es gibt kaum eine Pianistin / einen Pianisten , über die / den soviel geschrieben worden ist wie über die Argerich . Manche meinen , dass dies nicht ihrem tatsächlichen pianistischen Rang entspreche , sondern nur der tatsache , dass sie eine Frau sei . Bryce Morrison schrieb über sie wahre extatische Hymnen etwa in Zusammenhnag mit ihren CDs in der Eition "Great Pianists of the Century" bei Philips ( August 1998 und Juni 1999 ) . Diese geben ein recht gutes Bild über Martha Argerich . Leider fehlt einer ihrer zentralen Aufnahmen : Die Wiedergabe des Klaviekonzertes a - Moll von Robert Schumann . Dieses romantischste aller Klavierkonzerte hat sie in den letzten 15 Jahren immer wieder öffentlich mit sehr unterschiedlichen Orchestern und Dirigenten interpretiert und auch selbst ihre Wiedergabe ( etwa in Heilbronn ) erläutert . Man kann hier sehen , wie frei sie spielt . Losgelöst von Zwängen kommt in Spiel fast einer Improvisation nahe .
    Da es auf dem Markt mehrere ihrer Aufnahme gibt lohnt sich ein Hörvergleich . Mir selbst hat die leider nicht erhältliche Interpretation in Heilbronn am besten gefallen . In Düsseldorf hat sie das Konzert mehrfach gespielt , wobei hier auffallend gewesen ist , dass Martha Argerich selbst mit dem San Francisco S O kein gleichwertiger Orchesterpart gegenüber gestanden hat .


    Es schien so , dass sie sich von wenigen Ausnahmen abgesehen nicht mehr alleine oder als Duo weltweit zeigen würde . Doch dann spielte sie mit ihremm langjährigen Partener Nelson Freire in den USA mehrere Abende . Dies ist hier nicht richtig wahrgenommen worden . Es gibt meines Wissens auch keine Aufnahmen dieser Abende .


    Dann hat sie nach vielen Jahren im Rahmen ihres "Progetto" in Lugano Robert Schumanns "Kinderszenen" öffentlich interpretiert ; ein Werk , das ihr immer sehr am herzen gelegen hat . Wie sie überhaupt in ihrer langen Karriere eine grosse Affinität zu den Werken Schumanns hatte ! Die Rezensionen fielen dabei , etwa zu den 'Fantsiestücken' oder den beiden letzten Sätzen der C - Dur - Fantasie Opus 17 eher verhalten aus ( Aufnahmen bei EMI ) . Dies liegt aus meiner Sicht daran , dass es bezüglich der Schumann - Interpretationen ein falsches stark romantisierendes ( falsches ) Interpretationsideal noch heute gibt . Dies ist , etwa am Beispiel der C - Dur - Toccata Opus 7 , durch Robert Schumanns eigene Ausführungen eindeutig widerlegt !


    Wenn Martha Argerich etwa gerade Claudia Montero als Pianistenkollegin so schätzt , so sicherlich auch deswegen , weil auch Montero manches von dem an interpretatorischem Potential hat , das Argerich selbst in sich hat .


    Wer die Aufnahmen ihre "Progetti" aus Lugano kennt ( das aus 2008 wird folgen ) bekommt auch ein Bild davon , , dass Martha Argerich weit über das , was sie selbst früher als Solistin eingespielt hat heute den Hörern mitteilt : ihr umfassendes Verständnis weit über ihre eigenen Interpreatationen hinaus . Sie erschliesst und ( und wohl auch sich selber ) immer neue Wege zu zum Teil sehr selten oder nie gespielten Werken . Dabei wird ihre tendenz zur Improvisation deutlicher als zuvor erkennbar . Ihre Technik , immer bewundert , ist nach wie vor makellos .


    Martha Argerich im Konzert zu erleben ist fast wie ein Muss !



    Beste Grüsse ,



    Frank

    Frank Georg Bechyna
    Musik & Medizin

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  • Bonjour,


    Allzuviele Aufnahmen besitze ich nicht, aber diese sind hervorragend.



    Zitat von Frank

    Martha Argerich im Konzert zu erleben ist fast wie ein Muss !


    Hätte nicht sein sollen. Ich sollte sie mit den Herren Kremer, Maisky, Bashmet erleben. Stellen sie sich vor, das op 25 von Brahms mit diesem Weltklassequartett! :jubel: :jubel: :jubel: Sie mußte natürlich - wie schon so oft - sehr kurzfristig absagen :motz: :motz: :motz: :motz: :kotz: :kotz: :kotz: :kotz: :kotz: und wurde von Boris Berezovsky ersetzt. Das Konzert war eine Riesenenttäuschung, nur das schöne Hemd von Maisky konnte sich sehen lassen. Trotzdem bewundere ich Martha, auch wegen ihres Engagement für junge Künstler.


    A bientôt
    roman

  • Auch mir geht es so, dass ich die Interpretationen des Duos Argerich/Kremer der Beethovenschen Sonaten für Violine und Klavier für eine Traumaufnahme halte.


    Ich mag auch ihre Fassung der "Kinderszenen" von Schumann sehr, wenngleich ich hier auch die Phillips-Einspielung Brendels bei seinem etwas anderen, mir aber auch sehr sympathischen Ansatz als gleichwertig ansehe.


    Wie es sich anhört, wenn zwei musikalische Vulkane zusammenkommen, kann man bei dieser Aufnahme des Klavierkonzerts von Schumann hören.


    Hier spielt das Chamber Orchestra of Europe, der Dirigent ist Nikolaus Harnoncourt. Weder vom Klavier- noch vom Orchesterpart her lasse ich auf die Aufnahme etwas kommen. Hier knistert die Luft vor Hochspannung...!


    Bis jetzt allerdings gefiel mir ihr Brahms ( vierhändig, Haydn-Variationen, hier z.B. die Variation 1) ) nicht so sehr wie das Vorgenannte. Hochvirtuos ist es, ja. Aber mir ist das manchmal zu schnell, zu viel Rubato, zu eigenwillig, zu wenig orchestral, zu subjektiv-pianistisch, zu viel von der mitreissenden "feurigen Argerich", die sich da nach meinem Dafürhalten "ihren" Brahms ihrem Naturell etwas zu deutlich angepasst hat, statt es anders herum zu machen. Da höre ich z.B. Radu Lupu lieber, mit den Argerich ja - lt. einem Gulda-Buch, dass ich einmal las - in ihrer Jugend persönlich kennengelernt haben soll.


    Gruss :hello:
    Glockenton

    "Jede Note muss wissen woher sie kommt und wohin sie geht" ( Nikolaus Harnoncourt)


  • Ich lese gerade die amüsant geschriebene und schon deshalb lesenswerte Biographie der "Chaotin" Martha Argerich, die die kurvenreichen Karriere und mindestens ebenso nervenaufreibenden Beziehungskisten der großen Pianistin mit dem angemessenen Humor serviert. Für alle pianophilen Musikliebhaber sehr zu empfehlen, da ja auch fast die gesamte jüngere Pianisten- und Dirigentenprominenz der 60er und 70er Jahre eine Nebenrolle spielt.

  • Lieber Lutgra,


    die Biographie von Bellamy ist wirklich ganz hervorragend. ich hatte sie mir im Sommer nach Bulgarien als Fereinlektüre mitgenommen. Wunderbar geschrieben und sie ist eine wahre Fundgrube! :hello:


    Herzlich grüßend
    Holger


  • Der bewegende Film (kürzlich auf 3SAT zu sehen) ihrer jüngsten Tochter Stefanie ist wirklich eine wunderbare Ergänzung zur vorzüglichen Biographie von Oliver Bellamy. Mit einem Wort: Das ist ein exemplarisches Beispiel für das Zeigen (und Zeigenkönnen) von Menschlichkeit in ihrer ganzen Natürlichkeit ohne jede Eitelkeit und Selbstüberhöhung.


    Schön fand ich die Stelle, wo sie über ihre Ravel-Platte sagte mit ihrem Humor: Da wäre sie mit Stefanie schwanger gewesen und spiele deshalb wie eine "Hausfrau", das sei völlig undämonisch. Zu dieser Platte habe ich eine besondere Beziehung. Ich kaufte sie in meiner Jugend und verliebte mich regelrecht in die Sonatine (Gaspard de la nuit ist sowieso "mein" besonderes Stück). Für mich ist dies eine "ideale" Aufnahme für die Ewigkeit - aber es stimmt, dieser Ravel bewegt sich schattenlos in der Nähe von Debussy ohne die dunkle Raserei in den Tiefen. Viel später erschien dann das Konzert aus dem Concertgerbouw. Gaspard de la nuit erscheint dort tatsächlich wie eine dämonische Urgewalt - aber die Sonatine ist längst nicht so gut. In der DGG-Studioaufnahme - schwanger - erreicht die Argerich eine für sie ungewöhnliche Ausgewogenheit im besten Sinne einer höchst fragilen und feinsinnigen, "schönen" Balance. Ravels Sonatine, von ihr einzigartig gespielt, ist für mich seitdem der Inbegriff von Schönheit, zugleich appollinisch klassischer aber auch rauschhaft "schönheitstrunkener" Musik. Von wegen "Haufrau..."


    Schöne Grüße
    Holger

  • Tamino XBeethoven_Moedling Banner
  • Hallo Holger und liebe Argerich-Zuhörer,


    der Film, den die Tochter Argerichs über ihre Mutter drehte (also von jener Tochter, die Argerich mit dem Pianisten Nelson Freire zeugte) wird mir wohl nie aus der Erinnerung weichen. Man wundert sich, wie sehr Martha Argerich als Mutter und Mensch lebt und wie wenig diese Argerich mit der ewig legendären Überpianistin eigentlich zu tun hat, bzw. auch wie wenig sie das Bedürfnis hat, die Dinge ihrer grossen Kunst mit ihren Töchtern - etwa im Gespräch - zu teilen.
    Bei der Stelle, an der sie versucht zu erklären, warum sie Schumann besonders mag (er habe so einen direkten und unberechenbaren Ausdruck...) bricht sie dann schnell ab und sagt, das man das hören müsse und es nicht viel brächte, darüber zu reden.
    Vor dem Film spielte sie ja auch "Von fremden Menschen und Ländern" aus den Kinderszenen Schumanns als Zugabe, was mich hier interessanterweise gar nicht überzeugte, weil sie ein enorm übertriebenes Rubato spielte und dabei sogar die Begleitfiguren der linken Hand derart unrhythmisch wurden, dass es schon nach einer lombardischen Punktierung klang. Hier finde ich dann das "anständigere" und poetisch singendere Spiel eines Alfred Brendel wesentlich überzeugender. Aber ich weiss auch, dass man nach einem langen Klavierkonzert erschöpft ist. Da ist die Konzentration im Sinne es sich kritisch selbst Zuhörens auch irgendwann einfach nicht mehr so verfügbar, wie man es gerne hätte.


    Ich schätze Argerich als eine sehr genialische Künstlerpersönlichkeit mit intuitivem Zugriff auf die Dinge der Musik und des Klavierspiels ein. Etwas kann man das wohl mit ihrem Lehrer Gulda vergleichen, allerdings wohl ohne dessen nachträglich angeeigneten improvisatorische Fähigkeiten. Dass er, der ja auf jeden Fall keine Lust zum Unterrichten hatte, sie überhaupt als Schülerin annahm, spricht ja schon sehr für sie.
    Manche scheinen für das, was sie da tun irgendwie geboren zu sein. Auch solche Leute arbeiten hart mit der Materie, aber der Schwerpunkt liegt m.E. weniger auf dem reflektorischen und analytischen Erarbeiten als Vorstufe zum freien Ausdruck, sondern vielmehr auf dem -für sie- simplen und natürlichen Tun.
    Manches im Leben macht man ja irgendwie "einfach so", nachdem man die Grundbegriffe beigebracht bekommen hat. Hier denke ich z.B. an die Sprache. Während ich diesen Text hier schreibe, denke ich niemals über solche Dinge wie Syntax, Grammatik etc. nach, sondern ich mache das einfach, weil ich den intuitiven Zugang des Muttersprachlers habe.


    Einen ähnlichen Zugang sehe ich da auch bei dieser Pianistin. Zwar hat die Argerich-Tochter sie kaum beim Üben gefilmt. Dennoch glaube ich, dass es auch bei einer Martha Argerich nicht ganz ohne Üben auf diesem Niveau gehen kann. Allerdings geht sie - so vermute ich- schon sehr in diese Gulda-Richtung, bei dem es ja nach eigenen Angaben so wahr, dass er bis zum 12. Lebensjahr heftig übte. Danach brauchte er das dann weniger und spielte vielmehr....
    Seine Söhne berichten ja auch, dass er eigentlich nicht so sehr viel übte.


    Schade eigentlich, dass dieser für den Pianistenberuf doch so wichtige Lebensbereich im Filmportrait der Tochter Argerichs kaum beleuchtet wurde. Es hätte mich schon sehr interessiert, wie sie so arbeitet. Aber vielleicht will sich die Pianistien ja auch nicht von der Öffentlichkeit in ihre Werkstatt schauen lassen? Man kann das Zusehen beim Üben durchaus auch als intimer empfinden, als wenn man z.B. sehen kann, wie Martha Argerich zerzaust aufwacht, sich die Fussnägel lackiert, vor Auftritten ein Konzert vor lauter Lampenfieber als vollkommen undurchführbar hinstellt ( es sieht so aus, als wenn sie das Konzert 30 Sekunden, bevor die Tür aufgeht, absagen will...).
    All das durften wir sehen, und vieles mehr. Nur das private Üben nicht.....wofür ich durchaus auch Verständnis aufbringen kann, auch wenn ich es natürlich aus fachlichen Gründen bedauerlich finde.


    Übrigens empfand ich diese Schlange mit den Klassikfreunden, die da ein Autogramm wünschten, irgendwie ... tja .... unangenehm berührend. Ich habe mir auch schon einmal ein Autogramm geholt (von Angela Hewitt), aber wenn ich diesen Starkult sehe, dann denke ich darüber im Nachhinein auch irgendwie selbstkritisch, selbst wenn ich mich natürlich hin und wieder freue, eine CD mit einer Originalunterschrift der Pianistin zu haben. Klar ist es verständlich, wenn man sich mit jemanden, zu dem man irgendwie aufsieht, eine kurze persönliche Begegnung wünscht. Ob dieses Ritual dann aber irgendwie eine Art von Kennenlernen ist? Das glaube ich kaum. Zudem finde ich, dass der gezeigte Film ja gerade deutlich macht, dass die mit dem langen Schlangestehen und dem seligen Autogrammholen verbundene Überhöhung einer Pianisten mit der wirklichen, lebenden Argerich kaum etwas zu tun hat.
    Harnoncourt meinte ja einmal - und bei dieser Vermutung gebe ich ihm auch gerne recht - dass der unfassbar und unerklärlich begabte Musiker und Komponist Mozart und der Privatmensch Mozart nahezu zwei Personen gewesen sein müssen. Ich habe an der Musikhochschule auch so manche Koryphäe kennengelernt und muss sagen: Sie sind doch alle nur Menschen. Für diese Überhöhungen gibt es eigentlich gar keinen Anlass.
    Ausserdem kenne ich privat sehr gut einen genialischen Orgelimprovisator. Der Mensch und der Organist sind hierbei nahezu zwei Personen. Er weiss vorher kaum, was er spielen wird und kann hinterher auch nicht erklären oder erinnern, was er da eigentlich gemacht hat, weshalb man es von ihm kaum lernen kann. Als glaubender Mensch, der ich ja bin, sehe ich das als Gabe an, die ein Künstler im entsprechenden Moment dann einfach anwendet. Für mich ist es daher unlogisch, den Empfänger der Gabe zu sehr dafür zu beklatschen, dass er sie hat. Man kann aber durchaus seine Anerkennung dafür zum Ausdruck bringen, dass er die Begabung durch Fleiss weiterentwickelt hat.


    Durch den Argerich-Film habe dann das 1. Klavierkonzert von Beethoven, dass am nächsten Abend mit ihr und dem COE auf Arte HD kam, mit anderen Augen gesehen und mit anderen Ohren gehört. Sie spielte den Beethoven gewohnt feurig aber nicht mehr übereffektvoll (wie früher beim eher flächig und langweilig begleitenden Sinopoli) sondern gleichzeitig auch klassisch balanciert und mit einer kraftvollen Innenspannung. Das COE unter der Leitung Emmanuel Krivines spielte ebenfalls wundervoll klangschön und liess dabei keineswegs all die Dinge der lebendigen Klangrede vermissen, die für eine solche Literatur so wichtig sind. Pianistin, Dirigent und Orchester verschmolzen zu einer Einheit, was mir sehr gut gefiel.


    Mehr Infos zu dem Konzert gibt es übrigens hier.


    Gruss
    Glockenton

    "Jede Note muss wissen woher sie kommt und wohin sie geht" ( Nikolaus Harnoncourt)

  • Werter Glockenton,


    auch mir hat dieses Klavierkonzert ausnehmend gut gefallen. Die Harmonie der Tastaturläufe mit dem Orchesterspiel war herausragend, das COE spielte wieder wie aus einem Guss ohne die Soli zu vernachlässigen.
    Auch ich bete keine Menschen an, für mich zählt nur ihr Schaffen. Aber die Gesellschaft giert nach Göttern, die sie anbeten kann. Religion wird als Sinn stiftende Instanz zurückgedrängt, ein Vakuum entsteht und so sucht man sich neue Götter. Und sei es der Konsum.
    Oder Musiker.
    Martha Argerich und das COE unter der Leitung von Emmanuel Krivine haben mir eine herrliche entspannte drei viertel Stunde bereitet und das zählt, dank an Arte für dieses Programm.


    Grüße Thomas

  • Stephanie Argerich ist die Tochter von Stephen Kovacevich. Hat Argerich überhaupt ein Kind von Freire?



    Seit diesem Porträt sehe ich die Interpretationen der Argerich als Ausdruck ihrer Unruhe, de Bewältigung der inneren Spannungen.

  • Natürlich meinte ich die Tochter von Argerich und Kovacevich! Da ist mir jetzt ein richtiger Fehler unterlaufen - sorry. Wir wollen ihr nun nicht noch mehr Kinder mit anderen Musikern andichten, als sie tatsächlich hat....


    Gruß
    Glockenton

    "Jede Note muss wissen woher sie kommt und wohin sie geht" ( Nikolaus Harnoncourt)

  • Vor dem Film spielte sie ja auch "Von fremden Menschen und Ländern" aus den Kinderszenen Schumanns als Zugabe, was mich hier interessanterweise gar nicht überzeugte, weil sie ein enorm übertriebenes Rubato spielte und dabei sogar die Begleitfiguren der linken Hand derart unrhythmisch wurden, dass es schon nach einer lombardischen Punktierung klang.

    Mir ist, lieber Glockenton, auch ihre "Kreisleriana" ein bisschen zu manieriert. Die "Kinderszenen" klingen für meinen Geschmack auch bei Horowitz (vor allem CBS) viel natürlicher.



    Ich schätze Argerich als eine sehr genialische Künstlerpersönlichkeit mit intuitivem Zugriff auf die Dinge der Musik und des Klavierspiels ein.

    Das ist sehr gut beschrieben! Intuition, die (fast) immer trifft, besitzt sie in unvergleichlichem Maße. Eine intellektuelle Analytikerin ist sie nie gewesen. Sie hatte allerdings auch phantastische Lehrer wie Scaramuzza, Gulda, Michelangeli, Nikita Magaloff, Stefan Askenase, die ihrem Talent Form gaben. (Humorig berichtet sie (im Film unten), wie Daniel Barenboim ihr Spiel als Teenager beschrieb als "Bild ohne Rahmen". :D) Deshalb zeigt sie auch nicht die Schwächen wie so manch anderes hochbegabte musikalische Naturkind. Und sie weiß, welche Stücke zu ihr passen und welche anderen nicht, was sie spielen kann und was sie lieber läßt. Sie drückt das immer so aus: "Dieses Stück mag mich oder es mag mich nicht!"



    Schade eigentlich, dass dieser für den Pianistenberuf doch so wichtige Lebensbereich im Filmportrait der Tochter Argerichs kaum beleuchtet wurde.


    Das wird beleuchtet in einem anderen sehenswerten Film, da spricht sie ausführlich über Freud und Leid ihres Pianistendaseins:


    Mit Nelson Freire verbindet sie eine besondere, lebenslange Freundschaft (ich sah sie zusammen in der Pause bei Michelangelis letztem Konzert in Düsseldorf, das sie besuchten), aber kein Kind! :D :hello:


    Schöne Grüße
    Holger

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  • Die DG kündigt für Mai eine Doppel-CD mit bisher unveröffentlichten frühen Aufnahmen von Martha Argerich an, die in den 60er für den Rundfunk entstanden. Darunter wohl einige Stücke, die bisher in der Diskographie fehlten. Wenn ich das Cover so betrachte, hoffe ich auf eine Veröffentlichung auch auf Vinyl.


  • Die DG kündigt für Mai eine Doppel-CD mit bisher unveröffentlichten frühen Aufnahmen von Martha Argerich an, die in den 60er für den Rundfunk entstanden. Darunter wohl einige Stücke, die bisher in der Diskographie fehlten. Wenn ich das Cover so betrachte, hoffe ich auf eine Veröffentlichung auch auf Vinyl.

    Die werde ich wohl auch noch "einsacken", lieber Lutz! Für ihre Entwicklung ist das eine höchst aufschlussreiche Veröffentlichung.


    Erstanden habe ich diese Box:



    Eine bessere Werbung für Kammermusik gibt es kaum - mit hoch originellem Repertoire zudem! Die erste CD habe ich bislang gehört - umwerfend! (Zum Reinhören bei jpc aufs Cover klicken! Eine unbedingte Empfehlung!)


    Demnächst bekomme ich noch diese Neuveröffentlichung ihrer kompletten CBS-Aufnahmen - da sind einige lange nicht erhältliche Argerich-Juwelen drin :) :



    Über all das werde ich dann noch im einzelnen ausführlicher berichten! :hello:
    Schöne Grüße
    Holger


  • Leider musste ich wegen eines aufziehenden Gewitters gerade den Stecker ziehen. Wunderbar das Haydn-Klavierkonzert, dass sie selber leitet. Man merkt deutlich, dass sie die Aufnahme ihres ehemaligen Lehrmeisters Benedetti Michelangeli kennt. Wie ABM interpretiert auch sie Haydn nicht weichlich, sondern temperamentvoll-frisch und klar, mit einer luziden Empfindsamkeit auf sehr eigene Weise - freizügig aber doch niemals die Zügel schleifen lassend. Sehr schön auch die Kadenzen von Wanda Landowska: besonders die zweite bekommt unter Argerichs Händen südländisch-argentinischen Tango-Flair. Überragend auch die 2. Prokofieff-Sonate, eigentlich für Violine und Klavier, welche sie hier zusammen mit James Galway, Karajans ehemaligem Chef-Flötisten bei den Berliner Philharmonikern, musiziert, mit seinem warmen und weichem Flötenklang, der mit Argerichs tänzerisch-leichten und zugleich empfindsamen Spiel wunderbar harmoniert.


    Schöne Grüße
    Holger


  • „Kongenial“ kann man Martha Argerichs Aufnahme von Schumanns so leidenschaftlicher Fantasie op. 17 (Mailand 1976) nur nennen! Auf Anhieb ist dies meine Lieblingsaufnahme geworden! Der Intuitionismus der Argerich – hier zeigt er alle seine Meriten: Unendlich feinsinnig und feinfühlig ist das gespielt und zugleich mit großer Emotion und rücksichtsloser Leidenschaft, die Wechselbäder der Gefühle voll auskostend bis in die Nuancen, dabei aber immer organisch und natürlich wirkend. Das ist freigeistig aber ohne jeden Anflug von Zügellosigkeit, immer überlegt wirkend: Eine Intuition, die auf wunderbare Weise immer ins Schwarze trifft. Eindrucksvoll die teuflische Sprungstelle im zweiten Satz, wo sich die absoluten Klaviergrößen wie Horowitz und Svjatoslav Richter im Konzert „verdrücken“, die sie so souverän bewältigt, dass man die halsbrecherische Schwierigkeit gar nicht merkt, sie vielmehr noch differenziert und abwechslungsreich gestalten kann! Eine in jeder Hinsicht denkwürdige Aufnahme – auch klangtechnisch ist das einschließlich des Remasters in 24bit/96 KHz-Technik superb!


    Die so schöne César Franck-Sonate für Klavier und Violine, welche sie mit Ivry Gitlis spielt, ist von einer fast schon bestürzenden Spontaneität und Direktheit. Intensiver kann kammermusikalisches Miteinander-Musizieren nicht sein! Von dieser überraschenden Impulsivität scheint sich aber auch die Tontechnik angesteckt zu haben. Zu Beginn „flackert“ Argerichs Diskant (Gleichlaufschwankungen?), es gibt einige Übersteuerungen und andere technische Fehler. Aber das kann man bei diesem musikalischen Ereignis verschmerzen, zumal die Aufnahme ansonsten sehr klar und direkt ist. Wie sich die Argerich doch sensibel auf ihre Partner – und die Instrumente – einstellen kann. Die Flöten-Version der Sonate mit Galway klingt viel klassisch ausgewogener und ruhiger! Genau deshalb wird sie von ihren Musiker-Partnern so geschätzt – Musik entsteht im Miteinander, als eine seelisch-geistige Wechselwirkung.


    Schöne Grüße
    Holger

  • Lieber Holger,


    ja, Argerichs Aufnahme der C-Dur Fantasie habe ich auch recht beeindruckend in Erinnerung, aber mein Favorit ist sie nicht.


    Widersprechen möchte bzgl. Deiner Anmerkung, Richter würde sich bei der Sprungstelle am Ende des zweiten Satzes 'verdrücken'. In seinen Live-Aufnahmen aus den 60er Jahren ist er einer der ganz wenigen, die bei der Stretta noch einmal richtig das Tempo anziehen und alles riskieren. Und zwar Live! Verdrücken ist was anderes. Allerdings greift er da auch mal daneben, aber wenn man diese Stelle einmal von Richter in diesem Tempo und mit dieser Wucht gehört hat, erscheinen fast alle anderen Aufnahmen im Vergleich geradezu betulich. Es gibt von ihm eine Aufnahme aus Prag, da sitzt jeder Ton. Hamelin ist einer der wenigen, der ein ähnliches Tempo halten kann. Und auch überraschenderweise Arrau 1959 in Ascona. Argerich ist auch wahnsinnig schnell, aber ich meine, es fehlt bei Ihr etwas die Wucht und auch der Irrsinn. Sie spielt das fast ein bisschen zu filigran, was mir an dieser Stelle nicht richtig erscheint. Eine bemerkenswerte neue Aufnahme stammt von der dt. Pianistin Annika Treutler - sie ist etwas langsamer, vermag aber sehr intelligent zu steigern und betont im Verlauf der Stretta zunehmend eine gegenläufige Stimme in der linken Hand, was ich so noch nie gehört habe und was wirklich eine Entdeckung ist!



    Viele Grüße,
    Christian

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  • Widersprechen möchte bzgl. Deiner Anmkerung, Richter würde sich bei der Srpungstelle am Ende des zweiten Satzes 'verdrücken'. In seinen Live-Aufnahmen aus den 60er Jahren ist er einer der ganz wenigen, die bei der Stretta noch einmal richtig das Tempo anziehen und alles riskieren. Und zwar Live! Verdrücken ist was anderes. Allerdings greift er da auch mal daneben, aber wenn man diese Stelle einmal von Richter in diesem Tempo und mit dieser Wucht gehört hat, erscheinen fast alle anderen Aufnahmen im Vergleich geradezu betulich. Es gibt von ihm eine Aufnahme aus Prag, da sitzt jeder Ton.

    Lieber Christian,


    ich meine diese Richter-Aufnahme hier: .


    Da fehlen allerdings seltsamer Weise die genauen Angaben zur Aufnahme, es steht nur >p< 1994 allgemein zur CD. Die Aufnahme aus Prag habe ich auch, 1960, welche ist das? Arrau 1959 befindet sich ebenfalls in meiner Sammlung. Das müßte ich mal wieder hören nach sehr langer Zeit. Ashkenazy finde ich übrigens auch sehr schön, das hat mich überrascht. Annika Treutler sagt mir gar nichts, das wäre interessant und eine Entdeckung für mich! :hello:


    Herzlich grüßend
    Holger

  • Lieber Holger,


    ja, jetzt verstehe ich Dich, bei dieser späten Aufnahme aus den 90ern ist Richter tatsächlich nicht mehr so überzeugend und auch um einiges langsamer!


    Ich bezog mich auf diese Aufnahmen aus den 60ern, die von der Anlage her alle sehr ähnlich sind - mal macht er mehr Fehler, mal weniger:


    41H6JHD3F1L.jpg6133P54073L._SS280.jpg


    Annika Treutler lasse ich Dir gerne zukommen.


    Viele Grüße,
    Christian

  • Annika Treutler lasse ich Dir gerne zukommen.


    Das würde mich freuen, lieber Christian! Von den anderen Richter-Aufnahmen habe ich wohl nur noch die aus Prag - die Supraphon-Einzelveröffentlichung wird mit der aus der großen Box wohl identisch sein!


    Herzlich grüßend
    Holger

  • Ich versorge dich gerne, lieber Holger, nur ein bisschen Geduld, durch den Dauerregen in Bayern ist in den letzten Wochen mein Job recht kompliziert geworden ;-)


    Die Supraphon-Aufnahme ist genau einen Tag vor der Praga-Aufnahme entstanden, es sind unterschiedliche Mitschnitte! Ich finde die Supraphon-Aufnahme besser und vor allem differenzierter - aber auch hier greift er in der Stretta daneben! Es gibt aber eine Live-Aufnahme in atemberaubendem Tempo und ohne Fehlgriffe, ich muss mich nur mal druchhören.


    Viele Grüße,
    Christian

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