ZitatOriginal von Il Grande Inquisitor
Wie sein allgemeines künstlerisches Urteil über Karajan ausgefallen wäre, weiß wohl keiner; immerhin ist er ja zwecks gemeinsamer Strauss-Partitur-Studien nach Salzburg gereist (da immerhin war HvK Autorität für ihn).
Lieber Il Grande Inquisitor,
dann lies doch erst Mal die aktuelle C. Kleiber "Biographie" (ist im C. Kleiber Thread besprochen). Darin kannst Du (ohne Übertreibung) an ca. 100 Stellen lesen, wie sehr C. Kleiber Karajan als Dirigent MUSIKALISCH bewunderte. Er versuchte jeder seiner Proben beizuwohnen und drückte immer wieder seine Bewunderung für die von Karajan erzielten Resultate aus. Um den geschäftstüchtigen "Macher" Karajan (auch das bewunderte Kleiber durchaus) ging es ihm dabei nicht.
ZitatAuch die Kollegen des FAS-Artikels schwärmen nicht unisono vom Karajan-Stil, sie attestieren dem Meister lediglich außergewöhnliche, einmalige Qualitäten (die ihm wahrscheinlich noch nie jemand abgesprochen hat); die Resultate seiner Bemühungen bleiben mehrheitlich unkommentiert.
Nur ein paar Auszüge aus den Stellungnahmen:
Jeder, der sich Karajans Aufnahmen speziell von Strauss, Bruckner oder Wagner anhört oder aber die italienischen Opern oder Debussy (unvergesslich: die "Pelleas"-Aufnahme!) - der wird merken, dass Karajan einer der größten Dirigenten aller Zeiten war. (Sir Simon Rattle)
Und er hatte seine besondere Art, wie er den Klang "ernährt" hat. Der Klang lebt weiter bei Karajan. Das ist etwas, wonach wir anderen immer noch alle suchen. (Sir Simon Rattle)
Ich muss ihnen ganz ehrlich sagen, dass ich Angst habe, wir könnten heute in Gefahr sein, unsere großen Meister zu vergessen. Niemals dürfen wir vergessen, wer Karajan war! Er war einer der besten Dirigenten in der gesamten Dirigentengeschichte. (Mariss Jansons)
Karajan war in meiner Erinnerung immer wie ein Vogel, der höher fliegt als alle anderen....Er sieht Dinge, die wir nicht sehen können... Und er konnte sie [seine Ideen] verwirklichen, weil er ein Genie war. (Mariss Jansons)
Sonst weiß ich außer C. Kleiber niemanden, der über dieses Genie verfügt. (Micheal Gielen in Bezug auf den Klangmagier Karajan)
Als Karajan nachkam, da verwandelte er gleich in der ersten Probe den Klang auf magische Weise in den "Karajansound": eine Art Wunder....So etwas nenne ich einen genialen Kapellmeister. (Michael Gielen)
Es hat auch niemand von uns nach ihm wieder solche Klänge hervorzaubern können. (Micheal Gielen)
...Das ist Karajan zu danken, der Puccini in den höchsten Rang erhoben hat. (Michael Gielen)
Gelernt habe ich von Karajan aber viel in Bezug auf Bruckner, viel mehr als von den sogenannten Bruckneraposteln. (Nikolaus Harnoncourt)
Er war der letzte große Meister....Wer einmal die Streicher so hat singen hören, der wird das niemals vergessen....Und was heißt überhaupt "glatt"? Wenn eine Musik glatt klingt, weil dem Dirigenten nichts einfällt zu dem Stück, dann wäre das etwas anderes. Aber Karajan hat genau gewusst, was er tat. Schönheit entsteht nicht von allein. Es ist furchtbar schwer, ein Orchester so schön klingen zu lassen, wie es Karajan gelang... (Christian Thielemann)
Von historischer Bedeutung für das Musizieren waren nur sehr wenige, nämlich: Furtwängler, Toscanini, Szell, Karajan, und Boulez....Die historische Aufführungspraxis heute ist eine Reaktion auf den Karajanklang. Nur richtet sich das meiner Meinung nach weniger gegen Karajan selbst, sondern gegen die Karajanepigonen, die Wischiwaschi in seinem Kielwasser schwammen....Karajan ohne Persönlichkeit, ohne Genie, das ist langweilig! (Daniel Barenboim)
Es gibt eine Filmaufnahme über seine Probe von der Vierten Schumanns mit den Wiener Symphonikern. Phänomenal! Davon können alle Dirigentenschüler eine Menge lernen: Wie man zu einem Orchester spricht, mit der richtigen Mischung aus Höflichkeit, Sachlichkeit, Autorität und Respekt. (Daniel Barenboim)
Aber ich verstehe in letzter Zeit ohnehin immer weniger, was Du so meinst, lieber Il Grande Inquisitor.
Loge