Simon Keenlyside hat seine „Babypause“ beendet und setzte seine Recital-Tournee durch diverse Musikzentren Europas fort. Am 20. November machte er Halt im Wiener Konzerthaus.
Begleitet wurde er am Piano wieder einmal von Malcolm Martineau.
Im ersten Teil des Abends präsentierte Keenlyside mit ausgewählten Liedern der beiden französischen Komponisten Gabriel Fauré und Maurice Ravel weniger bekanntes Repertoire.
Keenlyside überzeugt schon bei seinem ersten Lied aus dem Fauré-Repertoire, Mandoline, mit seinem Gespür für die Französische Sprache, singt sensibel und gefühlvoll bei Notre amour, und steigert seinen farbenreichen Bariton bei Fleur jetée zu charaktervoller Expressivität. Die Wandlungsfähigkeit in seiner Stimme macht diese Lieder erst zum Erlebnis und sorgen für die notwendige Abwechslung.
Einen Höhepunkt des Abends boten sicher die Histoires naturelles von Ravel. In den teilweise sehr humorvollen Liedern setzt der Sänger gekonnt seine verschiedenen Stimmfarben ein und gestaltet die Inhalte dieser Lieder über verschiedene Tiere auch durch Gestik und Mimik wie bei Le paon (Der Pfau) und Le cygne (Der Schwan).
Es macht nicht nur Freude ihm zuzuhören, sondern ihn während des Singens auch zu beobachten. Ich plädiere dafür, daß so ein Liederabend von ihm auch mal mitgefilmt und auf DVD veröffentlicht wird. Denn auch das ist ein Erlebnis, weil der Mann auch bei einem Liederabend nicht nur singt sondern eben auch agiert.
Im zweiten Teil des Abends trug Keenlyside die Dichterliebe von Schumann vor. Neben der ausgezeichneten Textverständlichkeit der Deutschen Sprache präsentierte er diesen Liederzyklus mit unglaublicher Intensität, die bei Ich grolle Nicht einen Höhepunkt fand. Neben seiner wunderbaren Höhe und Mittellage scheint die Stimme inzwischen auch mehr an Tiefe gewonnen zu haben, auch wenn diese nach wie vor nicht so ausgeprägt erscheint wie eben seine Höhe.
Bei Allnächtlich im Traume hatte er eine kleine Gedächtnislücke, als er vergaß wie es im Text weiterging. Nachdem er sich schnell Martineau zuwandte, half dieser ihm rasch auf die Sprünge. Das witzige an der Sache war, daß eben jenes Lied mit den Worten „Und’s Wort hab ich vergessen“ endet. Kaum diese Worte gesungen, schloß er die Augen und setzte ein verschmitztes Lächeln auf. Natürlich konnte sich das Publikum auch nicht zurückhalten, und wir mußten mit ihm mitlachen. Siegmund Freud läßt grüssen.
Aber gerade dieser kleine Aussetzer machte den Abend perfekt und ihn gleich noch sympathischer. Bei hunderten Liedern die er auswendig im Kopf hat, kann das schon mal passieren. :faint:
Als Zugaben gab er unter anderen Lieder von Hugo Wolf und Franz Schubert zum Besten. Von letzterem Himmelsfunken und Ständchen. Von mir aus hätte es noch mehr Schubert sein können, denn die Lieder dieses Komponisten singt er wie kein anderer.
Gregor
P.S. Viel Glück, Gabi, beim Kartenkauf für das Recital in der Frankfurter Oper. Das Programm wird da wieder ein bißchen anders sein. Mit diesem Liederabend endet dann auch seine Tournee.