Wilhelm Kempff - Pianist der alten Schule

  • Liebe Klaviermusikfreunde,


    Wilhelm Kempff zählte unbestreitbar zu den führenden Pianisten seiner Zeit, was auch seine heute noch immer beachtliche Tonträgerpräsenz unterstreicht.



    Sein Spezialgebiet war zweifellos die "Wiener Klassik", seine Domäne eher die lyrischen, als die
    virtuosen Stellen eines Musikstücks. Eher introvertiert als vordergründig, eher Klangzauberer als brillanter Techniker brachte er den Flügel zum Blühen, die Musik leuchtete gewissermaßen "von innen heraus" Effekte wird man bei Kempff wohl vergeblich suchen.
    Zu Lebzeiten waren insbesondere seine Schubert-Interpretationen gefragt.
    Gelegentlich wird Kempff heute von jüngeren Musikfreunden, die aggressivere Deutungen gewohnt sind, als "langweilig" bezeichnet, und ich gebe zu, daß ich das eine gewisse Zeit auch so sah.
    Durch eine derartige Behauptung angetrieben, hörte ich in einiger alte Kempff-Aufnahmen hinein, um festzustellen, daß diese Behauptung einfach nicht haltbar ist. Kaum wird irgendwo so "blühend" musiziert. Dies führte dazu, daß ich meine seher bescheidene Kempff-Diskographie in kurzer Zeit ausbaute. Manches mag heutigem Zeitgeschmack nicht mehr entsprechen, --- aber gerade das macht ja das Sammmeln von Tonträgern so unverzichtbar.


    Wie steht Ihr zu Kempff ? Welche Platten (CDs) würde ihr für interessant erachten ?



    Grüße aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Die einzigen Aufnahmen, die ich mit Kempff besitze, sind



    Diese schätze ich sehr, weil Kempff, wenn man so will, die romantischsten Deutungen der Klavierkonzerte liefert. Er musiziert quasi entspannter als die meisten seiner Kollegen. Seine eigenen Kadenzen sind zwar gewöhnungsbedürftig, aber für mich durchaus "hörbar".

    Grüße aus der Nähe von Hamburg


    Norbert


    Das Beste in der Musik steht nicht in den Noten.

    Gustav Mahler


  • Hallo Forianer,


    meine Empfehlungen (neben oben genannten Konzerten) zum Thema Wilhelm Kempff -
    meine erste Begegnung mit den Sonaten Beethovens, die ich immer noch sehr schätze:



    Ferner die Kreisleriana op.16 von Schumann (von 1957) - eine wunderbare Aufnahme.


    Und auch seine Goldbergvariationen haben ihren eigenen Reiz:




    Gruß aus Hamburg
    Uwe

  • Hallo,


    von Zeit zu Zeit blättere ich in älteren Treads, so wie ich früher die älteren Hefte meiner Klassikzeitschriften an Winterabenden durchstöberte - und immer wieder Schätze fand.
    So auch hier: Wenn ich einen neuen Thread beginne, schau ich erst mal ob schon einer über dieses Thema existiert, manchmal finde ich dabei interessantes, oder aber einen "vergessenen" Thread.
    Dieser hier ist in gewisser Weise ein solcher. Irgendwer schrieb vor etlichen Wochen in diesem Forum sinngemäß:" Du kannst nicht erwarten, daß die Jüngeren zum Thema Kempff einen Beitrag schreiben,
    wir kennen ihn ja kaum mehr" Das ist absolut richtig, und genau das ist der Grund warum in früheren Zeiten, Klassikzeitschriften älteren Interpreten Spezialartikel widmeten, und sie auf diese Weise wieder der musikalischen Öffentlichkeit ins Gedächtnis riefen. Heute, liest man Kritiken kritisch, kennen selbst Kritiker oft diese Interpreten nicht, oder wissen mit ihnen nichts anzufangen. Das ist schade, denn nicht alles was heutzutage musiziert kann denen das Wasser reichen.
    Daher bin ich hier (und glücklicherweise einige andere auch) bemüht, erstklassige Künstler der Vergangenheit im Gedächtnis der Musikfreunde zu halten. Dabei ist es kein Manko, wenn die eine "antiquierten" Interpretationsansatz haben, im Gegenteil , das macht den Reiz des Ganzen erst aus, finde ich. Wäre dem nicht so, wären Neuaufnahme ja tatsächlich überflüssig.
    Kempffs Spiel, es wurde oberhalb schon gesagt, zeichnet sich generell durch eine Unverkrampftheit und Gelöstheit aus, wie man sie nur selten findet und durch einen blühenden Klavierklang. Expressivität, bzw deren Übertreibung, wie heute oft verlangt, ist seine Sache nicht. Und gerade wegen seiner "anderen" Sichtweise ist er interessant. Er wäre übrigens der letzte, der "moderneren" Interpretationen entgegenträte:
    Interessanterweise sah ich vor langer Zeit ein Interview mit Kempff, das wie ich glaube, aus der Anfangszeit des Fernsehens stammen musste, oder noch älter war: Hier erklärte er, daß er bestrebt sei, einen, wie er sich ausdrückte, "zeitgemäßen" Beethoven zu spielen, man könne das heute nicht mehr so spielen wie seine Vorgänger :D:stumm:
    Seine eigenen Kadenzen, schon von Norbert erwähnt, waren Ausdruck dieser Haltung, und sind somit ein Zeitdokument


    Heute aber ein wenig Schubert:



    Es gibt die Klaviersonaten zwar auch komplett im Kartonschuber zum Budgetpreis, aber mann sollte sich schon sicher sein, daß einem diese Interpreteation gefällt, bevor man das ganze Paket kauft, daher war im immer schon ein Anhänger der "Patchwork-Methode" und bin es auch heute noch :D


    Für ganz vorsichtige:



    Ich besitze dies Aufnahmen jedoch alle in anderen Veröffentlichungen, die aber durchwegs gestrichen sind, daher kann ich über die Tonqualität dieser Wiederveröffentlichungen keine Angaben machen.
    Meine Versionen weisen ein mäßiges aber hörbares Grundrauschen im Pianissimo auf, jedoch einen unverfärbten natürlichen Klavierklang mit vollem Frequenzumfang.


    Beste Grüße aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Na, dieser Thread kommt mir wirklich wie gerufen - ich hoffe meine Frage wird jetzt nicht als Hijacking betrachtet 8):


    Besitzt vielleicht jemand sowohl die oben genannte Kempff'sche Einspielung der Klavierkonzerte von Beethoven unter Ferdinand Leitner (mit den Berliner Philharmonikern) als auch die frühere Einspielung von ihm unter van Kempen (1953, ebenfalls mit den Berliner Philharmonikern) und könnte die beiden Aufnahmen vergleichend kommentieren?



    Ich überlege nämlich gerade mir eine der beiden Aufnahmen zuzulegen, ich kann mich aber nicht entscheiden welche. Mich würde außer natürlich etwaigen Unterschieden in der Interpretation (benutzt Kempff auch in der früheren Aufnahme seine eigenen Kadenzen?) insbesondere die Klangqualität der beiden Aufnahmen interessieren (wenn ich das richtig sehe, dürfte die frühere Aufnahme ja wohl in Mono sein).


    Wäre dankbar, wenn ihr mich da erhellen könntet :jubel:


    katlow

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  • Ich grabe diesen Thread wieder aus, weil ich gerade beim Cd-Aufräumen- und sortieren wieder mal Wilhelm Kempff mit Schumanns oben schon genannter Kreisleriana eingelegt habe, die mir noch besser gefiel, als ich sie in Erinnerung hatte. Ich hatte dann noch nicht genug und höre nun noch den Carnaval op.9. Was für ein wunderbares Klavierspiel, wie Alfred sagt, 'blüht' der Flügel in voller Pracht und man hört die 'Unverkrampftheit und Gelöstheit' deutlich...


    Für mich ist hier auch in keinster Weise ein 'antiquierter Interpretationsansatz' zu hören, einfach zeitlos schöne Musik...


    "Das beste, an dein Übel nicht zu denken, ist Beschäftigung."
    Ludwig van Beethoven

  • hallo,


    wilhelm kempff war einer der großen pianisten des 20. jahrhunderts und überzeugte primär als musiker. absolute interpretationshöhepunkte, wie schon erwähnt, sind die darstellung schumannscher werke. wunderbar auch seine kooperation mit yehudi menuhin, henryk szeryng und pierre fournier. sehr innig auch seine transkription bachscher choräle.


    aber absolut herausragend sind für mich seine aufnahmen mozartscher konzerte aus den 60er jahren mit f. leitner. sie zeigen, dass kempffs klaviertechnik in seinen jüngeren jahren durchaus konkurrenzfähig war !



    gruß, siamak

    Siamak

  • Wilhelm Kempff´s Interpretation der "Mondscheinsonate" gehört für mich zu den Aufnahmen die mir den Zugang zur klassischen Musik geöffnet haben, mit Kempff´s Beethoven bin ich praktisch großgeworden. Und nach wie vor höre ich Kempff´s Beethoven gerne. Er ist für mich der Inbegriff einer "klassischen" Interpretation: Wohlproportioniert, ausgewogen, von einer natürlichen Musikalität durchdrungen. Allerdings wird man Kempff nicht völlig gerecht, wenn man ihn nur als großen Beethoven oder Schuman Exegeten sieht. Im Gedächtnis ist mir eine Anekdote über den jungen Kempff: Beim Vorspielen transponierte er Bach´s WT durch alle Tonarten, ohne jede Mühe.




    Herzliche Grüße,


    Christian

    Beherrsche die Sache, die Worte werden folgen! (Cato der Ältere)

  • hallo Christian,


    als ich damals als schüler mich mit dem WTK I auseinandersetzte, besorgte ich mir eine aufnahme mit dem späten wilhelm kempff (auswahl), erschienen bei der DG. seitdem habe ich vieles gehört. klar, glenn gould war für einen adoleszenten aufregender, aber so einfach und doch mit tiefer überzeugung habe ich diese werke (vielleicht noch edwin fischer) nicht mehr gehört.


    gruß, siamak

    Siamak

  • Lieber Siamak,


    ich habe gerade ein wenig recherchiert, eine Einspielung des WT mit Kempff scheint derzeit nicht erhältlich zu sein- "nur" die Goldbergvariationen und Bach-Transkriptionen. Da Du es erwähnst: Edwin Fischers Einspielung des WT ist eine der Aufnahmen die ich ohne zu zögern auf die sprichwörtliche Insel mitnehmen würde. Einfachheit und eine tiefgründige Musikalität zeichnet beide Pianisten aus, insofern ist der Vergleich wirklich treffend.


    Herzliche Grüße,


    Christian

    Beherrsche die Sache, die Worte werden folgen! (Cato der Ältere)

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  • Hallo katlow!
    Ich weiß nicht, ob du mittlerweile deinen Kempf gekauft hast. Wahrscheinlich wohl ja. Ist ja schon eine Weile her.
    Ich besitze seinen Beethoven unter Leitner, der vor einiger Zeit in einer remasterten Neuausgabe erschienen ist:




    Schon die weiter oben im Thread abgebildete erste CD-Version dieser Aufnahme klang ganz hervorragend. Die Neuabmischung hat noch einen Hauch mehr Transparenz gebracht.
    Ich kann sie ohne wenn und aber empfehlen!

    "Muss es sein? - Es muss sein!" Grave man non troppo tratto.

  • Liebe Forianer,


    ... auch dieser Thread könnte eigentlich mal wieder vorgekramt werden. Eine Eigenschaft, die Kempff wirklich auszeichnet, ist: Phantasie. Wenn man sich anhört, mit welcher Freiheit er Schumann spielt, dann wird deutlich, was vielen jugendlichen Tastenturbos abgeht. Seine berühmte Kreisleriana-Aufnahme würde ich allerdings nicht (wie der meinungsbildende Herr Kaiser) "on top" platzieren - da fehlen mir wenigstens in den schnellen Nummern die Wucht und die Sogkraft. Wirklich toll finde ich, sowohl klanglich, als auch im Zugriff, die Papillons und die Waldszenen - bezüglich dieser Stücke hat Kempff mich derart geprägt, dass ich in anderen Interpretationen immer irgend etwas vermisse.


    Mit seinen Beethoven habe ich allerdings meine Problemchen. Sein heller, zarter, manchmal bis an die Grenzen der Koketterie reichender Ton lässt doch einiges an Kraft und Entschiedenheit vermissen. Gerade weiträumigere Zusammenhänge, die sich mit den mittleren Sonaten einstellen, fügt Kempff nicht entschlossen genug zur Einheit - da fehlt der Schwung, da zerfällt sein Spiel mitunter in lauter (zweifelsohne wunderschön klingende) Stellen.


    Kempffs Schubert finde ich da deutlich besser. Kempff schweift umher, geht in den Sonaten spazieren und tut dies eher bedächtig schlendernd, als heißspornig eilend. Sein Spiel atmet wirklich eine ungeheure Gelassenheit.


    Mit den vielen kleinen, aber hörbaren manuellen Verlegenheiten in Kempffs Spiel kann ich ganz gut leben. Irgenwie passen sie in sein zerbrechliches Spiel. Kempff ist fraglos ein absolut unverwechselbarer Pianist. Durchaus "alte Schule", wie Alfred getitelt hat.


    Schöne Grüße! :hello:
    Daniel

  • Zitat

    Original von Daniel Behrendt
    Mit seinen Beethoven habe ich allerdings meine Problemchen. Sein heller, zarter, manchmal bis an die Grenzen der Koketterie reichender Ton lässt doch einiges an Kraft und Entschiedenheit vermissen. Gerade weiträumigere Zusammenhänge, die sich mit den mittleren Sonaten einstellen, fügt Kempff nicht entschlossen genug zur Einheit - da fehlt der Schwung, da zerfällt sein Spiel mitunter in lauter (zweifelsohne wunderschön klingende) Stellen.


    Lieber Daniel,


    Unverwechselbar ist Kempffs zweifelsohne. Auf welche seiner Beethoven-Aufnahmen beziehst Du Dein Urteil? Zumindest für diese Einspielung gilt das für mein Empfinden nicht. Das ist im besten Sinne eine klassische Interpretation: Ausgewogen, klar konturiert, formbewusst, unaufdringlich-elegant:




    Herzliche Grüße,


    Christian

    Beherrsche die Sache, die Worte werden folgen! (Cato der Ältere)

  • Lieber Christian,

    Zitat

    Zitat Christian:
    Auf welche seiner Beethoven-Aufnahmen beziehst Du Dein Urteil?


    ...genau auf diese Aufnahmen, sofern sie der Stereo-GA entnommen sind, die ich habe. (Meines Erachtens gibt es auch eine frühere Mono-GA)
    Ich habe die Beethoven-Sonaten in ihrer Gesamtheit mit Kempff kennen gelernt. Als ich dann später mit den Lesarten von Brendel, Pollini, Gulda, Gilels, den hier zu Lande kaum bekannten Anton Kuerti, Stephen Kovacevich und Richard Goode vertraut wurde, fiel mir doch auf, dass Kempff in der "Skala der motorischen Energien" eher am unteren Ende rangiert. Mir fehlen da einfach Power und Souveränität.
    Ich kann umgehend gerne mal "querhören" und dir mitteilen, wo ich am deutlichesten das Gefühl habe, dass Kempff an seine Grenzen kommt.


    Schöne Grüße! :hello:
    Daniel

  • Hier gebe ich nur weiter, ich habe seine MONO-Aufnahmen der Klaviersonaten nie gehört, aber unter Klavierexperten wird allgemein behauptet, daß die älteren Einspielungen Kempff auf dem Höhepunkt seiner Kunst zeigen, was bei der Reprise in Stereo nicht mehr ganz der Fall war.(Die MONO KASSETE ist übrigens parallel zur Stereoversion noch immer am Markt)


    Dennoch - ich liebe die Aufnahmen mit Kempf, vielleicht auch deswegen, weil ich blühenden Klavierklang über (überzogene ?) Dramatik stelle.


    Aber Geschmäcker ändern sich. Ich erinnere mich, daß ich vor Jahren Kempff weniger positiv sah als heute


    LG


    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



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  • Zitat

    Original von Alfred_Schmidt
    Hier gebe ich nur weiter, ich habe seine MONO-Aufnahmen der Klaviersonaten nie gehört, aber unter Klavierexperten wird allgemein behauptet, daß die älteren Einspielungen Kempff auf dem Höhepunkt seiner Kunst zeigen, was bei der Reprise in Stereo nicht mehr ganz der Fall war.(Die MONO KASSETE ist übrigens parallel zur Stereoversion noch immer am Markt)


    Der Unterschied zwischen den Mono- und den Stereoaufnahmen ist bei Kempff sehr deutlich. Was man ganz besonders an der Kreisleriana-Interpretation Kempffs hören kann. Bei der älteren Version war Kempff auch pianistisch noch voll auf der Höhe. Er überfährt die Kreisleriana nicht- natürlich könnte man sich manche Passagen noch virtuoser denken- aber ich glaube das ist gewollt. Ich kenne sie nicht, aber Kempff soll in jüngeren Jahren auch als Liszt-Interpret geglänzt haben.


    Herzliche Grüße,:hello::hello:


    Christian


    P.S:


    Was ihn mir besonders sympathisch macht: Er hatte in der Schulzeit ein gespaltenes Verhältnis zur Mathematik:


    "[...]Nach bestandenem Abitur (trotz Note 6 in Mathematik, er lieferte ein leeres Blatt ab): [...]":D :D



    P.P.S:


    So steht es auf seiner offiziellen Homepage.

    Beherrsche die Sache, die Worte werden folgen! (Cato der Ältere)

  • Liebe Kempff-Kenner!


    Ich falle hier total aus der Reihe. Ich kenne nur eine einzige Aufnahme mit ihm, die mich veranlasst hat, ihn in die Reihe der Pianisten zu stellen, die ich künftig meiden möchte. Der Grund ist ganz einfach der, dass die späten Brahms-Stücke völlig ohne Agogik abgespult werden. Gibt es dafür irgendeine Verteidigung oder Erklärung, warum das akzeptabel sei?

  • hallo,


    es soll hier auch angemerkt werden, dass wilhelm kempff ein distanziertes verhältnis zum nazi-regime hatte. so sagte er mal, dass die nazis auch noch soviele hakenkreuze vor beethovens waldsteinsonate malen könnten, sie würden sie doch nicht richtig spielen. überdies sollte wilhelm kempff dem 'führer' vorspielen ! der pianist berichtete, wie jenes vorspiel bei hitler abgelaufen sei. kempff kam nämlich zum termin mit der straßenbahn zu spät, zudem regnete es, und aus bestimmten gründen mußte er auch noch über den zaun klettern. so sei er also ziemlich ramponiert aufgetaucht und mußte erst trockengeföhnt etc. werden. das konzert verlief schlecht, und albert speer (zu dem kempff ein näheres Verhältnis gehabt hat - speer veranlasste die rettung von kempffs handschriftlichen partituren etc.) trug kempff später hitlers worte zu , daß er nämlich "diesen pianisten nie wiedersehen" wolle.


    gruß, siamak

    Siamak

  • Zitat

    Original von Caesar73


    Ich kenne sie nicht, aber Kempff soll in jüngeren Jahren auch als Liszt-Interpret geglänzt haben.


    Hallo,


    obwohl ich Kempff sehr mag, fällt es mir doch schwer, mir das vorzustellen.


    Liebe Grüsse, Moritz

    "Das beste, an dein Übel nicht zu denken, ist Beschäftigung."
    Ludwig van Beethoven

  • Zitat

    Original von Moritz


    obwohl ich Kempff sehr mag, fällt es mir doch schwer, mir das vorzustellen.


    Geht mir ähnlich, allerdings weiß ich auch nicht mehr genau wo ich das gelesen habe. Jedenfallls: Eingespielt hat er die beiden Konzerte. Allerdings kenne ich die Aufnahmen nicht. Vielleicht weiß ja jemand anderes mehr?


    Herzliche Grüße,


    Christian

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  • Hallo


    Ich kann mir Kempff schon sehr gut als Liszt-Interpret vorstellen, schließlich gibt es von Liszt nicht nur hochvirtuose Werke, sondern zahllose Lied-Bearbeitungen oder Stücke wie die Consolations, die ich bei Kempff in guten Händen wähnen würde. Aufnahmen kenne ich leider keine


    Gruß, flo

    "Das Leben ist zu kurz für schlechte Musik"


    Wise Guys 2000

  • In einer Box von Music & Arts "Rare Recordings 1936-45" spielt Kempff Auszüge aus den Annees de Pelerinage und zwar Au Lac de Wallenstadt, Eglogue, Au bord d'une Source, Il Penseroso und Sonetto del Petrarca.


    In der Original Masters - Box von DG findet sich die zwei Klavierkonzerte von Liszt mit Krips am Pult des London SO.

  • Zitat

    Original von pianoflo


    Ich kann mir Kempff schon sehr gut als Liszt-Interpret vorstellen, schließlich gibt es von Liszt nicht nur hochvirtuose Werke, sondern zahllose Lied-Bearbeitungen oder Stücke wie die Consolations, die ich bei Kempff in guten Händen wähnen würde. Aufnahmen kenne ich leider keine


    Liszt-Aufnahmen von Wilhelm Kempff kenne ich immer noch nicht, allerdings habe ich das Buch wiedergefunden in dem über Kempff´s Liszt-Spiel geschrieben wurde. Joachim Kaiser in seinem Buch "Große Pianisten" (ich zitiere jetzt sinngemäß) Für Liszt´s Klavierkonzerte fehlen Kempff die Brillanz und die Kraft.


    Herzliche Grüße,:hello: :hello:


    Christian

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  • Liebe Forianer,


    ich besitze von Kempff ein CD aus der Galleria-Serie, u.a. mit dem zweiten Jahr der Anneés der Pelerinage (Italie). Die Aufnahme ist leider nicht mehr erhältlich, ich finde nicht mal ein Bild davon im Internet. An der Qualität kann es nicht liegen: Kempff bringt den Zyklus herrlich zum Singen! Es fehlt leider das letzte Stück des Zyklus, die sog. Dante-Sonate. Man kann über die Gründe dieser Auslassung nur spekulieren, aber ich würde eher nach anderen Gründe suchen als technische Probleme vermuten. Denn Kempff ging ja auch durchaus schweren "Brocken" (Brahms op.5) nicht aus dem Weg und hat sie auch live gemeistert


    Viele Grüße,
    Christian

  • Für alle Freunde des Pianisten dürfte diese Neuerscheinung sehr interessant sein:



    Wilhelm Kempff.
    Linsenmeyer, Klaus;
    Kartoniert
    Lebensskizzen eines großen Pianisten. Heinrichshofen-Bücher 320 S. m. Notenbeisp. u. Abb. 24 cm 715g
    2006 Noetzel
    ISBN 3-7959-0849-3 | KNV-Titelnr.: 14657848


    (Cover noch nicht verfügbar)



    Klaus Linsenmeyer darf als kompetent in Sachen Kempff gelten, hat er doch 1996 über den Pianisten promoviert, mit dem Thema: Wilhelm Kempff (1895 - 1991) sein Leben und Wirken als Pianist, Klavierpädagoge und Komponist.


    Die ersten 120 Seiten seines neuen Buches bieten Biographisches. Kern des Buches ist aber die ausführliche, nach Komponisten geordnete Diskographie, ein umfangreicher Bildteil, ein Werkverzeichnis der Kompositionen Kempffs und eine Auflistung von Kempffs Rundfunkaufnahmen und Fernsehaufzeichnungen. Den Beschluss bildet eine detaillierte Zeittafel.


    Herzliche Grüße,:hello::hello:


    Christian

    Beherrsche die Sache, die Worte werden folgen! (Cato der Ältere)

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  • Liebe Forianer,


    Danke für den Hinweis auf das Linsenmeyer-Buch über Kempff! Ich hatte mal einen Musiklehrer, der hieß auch Linsenmeyer, hatte aber einen anderen Vornamen. Ich vermute, dass es sich bei dem Autor des Kempff-Buches um dessen Bruder handelt, der meiner Erinnerung nach auch Musikleher war.


    Noch ein Nachtrag - Alfred Brendel schreibt in AUSGERECHNET ICH (Hanser Verlag, 2001) über Kempffs Lisztspiel:



    "... Ich möchte dann bei Kempff die die Aufführung der 1. Legende von Liszt, die frühe Aufnahme 1950, wieder hervorheben, die auf einem pianistischen Niveau stattfindet, das niemand überbieten kann. Und ich würde sagen, daß diese technische Meisterschaft unüberbietbar ist, weil sie dem poetischen Zweck dient..." (S. 273)


    Der letzte Satz scheint mir wesentlich - was ist Virtuosität denn überhaupt, wenn sie nicht einem "poetischen Zweck" dient? Gewiss muss man Brendels 'Vorbildern' (Edwin Fischer, Cortot und Kempff) und auch ihm selber nicht überall hin folgen wollen, das Klavierspielt hat sich eben auch weiterentwickelt. Aber bei dieser technisch-analytischen Weiterentwicklung ging vielleicht doch auch ein wenig Poesie verloren.



    Viele Grüße,
    Christian

  • Wilhelm Kempffs Stereo-Einspielungen der Beethoven'schen Klaviersonaten und Klavierkonzerte waren mein Einstieg in Beethoven (und so ziemlich auch in die Welt der Klassik - seine Sonaten waren einer meiner ersten Kaufwünsche).


    Noch heute schätze ich ihn in Sonaten wie op. 31 Nr. 1 (die ich sehr liebe) oder der "Pastorale", aber z.B. seine Appassionata wirkt auf mich eher wie der Versuch, mal auszuprobieren, wie es klingt, wenn man sie mal wie ein Schubert-Impromptu spielt :untertauch: .


    Ähnliches gilt für seine Stereo-Aufnahme der Klavierkonzerte, die zusätzlich durch die Berliner Philharmoniker unter Leitner beeinträchtigt wird: harsch, unsauber, unpräzise, schwerfällig sind so die Adjektive, die mir dazu einfallen.


    Selbstredend will ich ihm nicht seinen Ausnahmerang als Pianist und Künstler absprechen, gerade als Freund des Filigranen und Subtilen wäre das ja ein Widerspruch in sich - aber er ist nicht mehr mein Maß aller Dinge, zumal er auf einem in meinen Ohren recht "gläsern" wirkenden Steinway spielt, der mir im Moment auch eher weniger zusagt.


    Im Moment also eher Bewunderung aus der Distanz und sentimentale Erinnerung als heiße Liebe ;) .


    Trotzdem weiß ich, dass ich zu seinen Aufnahmen wie auch zu denen von Wilhelm Backhaus (den ich mir dann als Ergänzung für die dramatischeren Sonaten als nächsten Sonatenzyklus zugelegt hatte) immer wieder zurückkehren werde - z.B. bei Gulda oder Gilels bin ich mir da nicht so sicher.


    :hello:
    BBF

    "Dekonstruktion ist Gerechtigkeit." (Jacques Derrida)

  • Allein sein Arrangement des Bach-Sicilianos (auch von Dinu Lipatti gespielt) - grossartig!
    Falls jemand die Noten haben will - PN - ich maile sie gerne als PDF.

    "Play, man, play!" (M. Davis)
    "We play energy!" (J. Coltrane)

  • Ich hätte gerne die Einspielung von Kempffs Mondscheinsonate aus youtube gespeichert, mit kissyoutube klappt das Speichern ja, aber dann spielt es mir die Aufnahme nicht ab.


    Für mich gehört Kempff schon zu den ganz, aber ganz großen Pianisten, und ich muss mal in meiner CD Sammlung stöbern, da ich sicher einiges von ihm habe.


    Wie sagte Tucholsky so schön? Das Fundament der Ordnung ist der Papierkorb (oder so ähnlich) (lach)




    LG Micha :hello:

  • hier ist kein einziges Mal der Name Brahms gefallen. Warum?

    Gruß ab


    ---
    Und ich meine, man kann häufig mehr aus den unerwarteten Fragen eines Kindes lernen als aus Gesprächen mit Männern, die drauflosreden nach Begriffen, die sie geborgt haben, und nach den Vorurteilen ihrer Erziehung.
    J. Locke

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