ZitatOriginal von Thomas Pape
Bingo, genau dieses Medard-Zitat wähle ich als unterstreichungswürdig. Es scheint wenig zielführend, den Begriff "Elite" analog lexikalischer Definition zu fixieren, zumal niemand, der ihn anwendet, mal eben bei Brockhaus nachschlägt, was für ein Wort er da gerade in Gebrauch nimmt.
Lieber Thomas,
ich erwarte natürlich von einem guten Wörterbuch, dass er einen Wortgebrauch fixiert, ist er strittig, so sollten zumindest zwei alternative Möglichkeiten zu finden sein.
Bei dem Wort "Elite" scheint mir das unproblematisch zu sein. Es handelt sich um eine "Auslese" (das ist die wörtliche Bedeutung). Bei meinem morgendlichen Weg durch etliche alte Lexika wird der Begriff neutral gebraucht. Der interessanteste Artikel findet sich im Pierer:
Elite (v. fr.), Auswahl von einer Menge, das Beste, Edelste, Vornehmste; daher Eliten, bei der französischen Armee Auswahl der bravsten Soldaten bei einem Bataillon zu einer eignen Compagnie gebildet. Anfangs waren die Grenadierbataillone der Linie u. die Voltigeurs der leichten Bataillone E., später erhielt jedes Bataillon 2 Elitencompagnien, 1 Grenadier u. 1 Voltigeurs. Auch die Cavallerie hatte Elitenschwadronen mit Bärmützen. Die Errichtung der E. schuf zwar gute u. tüchtige Truppen, machte aber die übrigen Compagnien moralisch schlechter u. erregte die Eifersucht der Soldaten.
(Pierer Bd. 5, S. 646)]
Auch der Duden verzeichnet im Stichwort Elite den Begriff "Elitesoldat". Auch wenn die Soziologie inzwischen den Begriff geschärft hat, wie Medard referiert, kann man ugs. Elite als "Auswahl, das Beste" stehen lassen, da so beide Aspekte genannt werden: die Auswahl (nach welchen Kriterien?) und das Beste (wovon?). Diese Aspekte werden in der soziologischen Begrifflichkeit nur pflichtgemäß hinterfragt.
Das problematische Wort ist die Ableitung von dem Begriff "Elite" - "elitär". Auch da hilft mir der Duden so, wie er soll, er gibt nämlich zwei Bedeutungen an:
1. einer Elite angehörend, eine Elite bildend
2. auf die (vermeintliche) Zugehörigkeit zu einer Elite begründet, sie kennzeichnend
Und hier sieht man, wie aus dem wertmäßig neutralen Begriff ein pejorativer wird, der dann auf "dünkelhaftes, überhebliches Benehmen" zielt.
Aus dem Ganzen kann man zunächst ableiten, dass es Eliten gibt, wobei das Auswahlkriterium benannt werden muss - und dass man den Begriff des "Elitären" wegen seiner pejorativen Konnotation besser vermeidet, auch und gerade dann wenn man ihn positiv gebrauchen will. Da schreibt man dann gegen einen Sprachgebrauch an.
Da sich Elite offensichtlich immer auf menschliche Akteure bezieht, muss man mE die Ausgangsfrage neu stellen. Dafür gibt es mehrere Möglichkeiten - und damit wird auch klar, warum hier ein wenig aneinander vorbeigeredet wurde. Denn es gibt ja drei Gruppen von Akteuren im Bereich der Klassischen Musik (dass klassische Musik selbst eine Auslese bedeutet, sei im Vorbeigehen bemerkt): die Komponisten, die Interpreten, die Hörer. In allen Fällen kann man wohl voraussetzen, dass man nicht automatisch zu einer Elite gehört, wenn man einer der Gruppen angehört, sondern dass sich ein "Ausleseprozess" innerhalb der Gruppe vollzieht bzw. auf die Gruppe angewandt wird. Wie sehr um die Kriterien gerungen wird, kann man ja in den unterschiedlichen Threads (etwa zu SängerInnen) in diesem Forum verfolgen.
Einen solchen Auslese kann man auch unter den Hörern treffen - dazu in einem anderen Beitrag (ich habe für die "Hörer-Elite" den Begriff des Kenners vorgeschlagen).
Liebe Grüße Peter
