JENNY LIND-DIE SCHWEDISCHE NACHTIGALL
Auf Bitten von Fairy Queen, Musicophil und einigen anderen habe ich mich dazu entschlossen, meine Reihe „Stimmen, die wir niemals hören werden, mit dieser Grand Dame des 19. Jahrhunderts fortzusetzen:
Fotografie von Hermann Krone 1856
Geboren am 6. Oktober 1820 in Stockholm in ärmlichen Verhältnissen, zeigte sich ihr musikalisches Talent schon sehr bald, darum wurde sie auch schon 1829 (!) am Konservatorium in Stockholm aufgenommen.
1838 debütierte sie als Agathe in Webers Freischütz an der Hofoper zu Stockholm, zuerst mit mäßigem Erfolg. Sie wurde mit 20 Jahren Mitglied der Königlich Schwedischen Musikakademie in Stockholm und zur Hofsängerin ernannt und feierte große Erfolge, die sie sicherlich nicht nur ihrer Stimme zu verdanken hatte, sondern auch ihrer Schönheit. Denn das sie noch nicht ausgereift war zeigt die Tatsache, dass sie 1841 nach Paris zu dem berühmten Lehrer Manuel Patricio Rodriguez Garcia ging, um ihre Technik weiter zu verbessern und auszufeilen, da ihre Stimme bereits erste Abnutzungserscheinungen gezeigt hat.
Danach, sängerisch gereift, ging sie nach Dänemark und Schweden zurück. In Stockholm und Dänemark feierte sie große Erfolge, wurde von König Oscar I. von Schweden und Norwegen an den Hof eingeladen.
1843 bricht sie, ungewusst, das Herz eines Mannes, der später noch in der Welt von sich reden machen wird: Hans Christian Andersen, der sich unsterblich in die wunderschöne Frau mit der Engelsstimme und dem bescheidenen Wesen verliebt. Er schrieb im selben Jahr für sie die Geschichte „die Nachtigall“, was unweigerlich dazu führte, dass man sie ab nun die schwedische Nachtigall nennen sollte.
Ihre Bescheidenheit und Bürgerlichkeit machte sie sehr beliebt, da sie nicht wie viele andere Sängerinnen „einen unmoralischen“ Lebenswandel hatte und immer auf dem Boden blieb und kaum Allüren zeigte. Kurt Konolka sagte einmal über sie: „ Merkwürdige Primadonna! Es gibt gar keine Skandale von ihr zu berichten…
1844 reist sie nach Berlin, wo sie nach gigantischen Erfolgen mit Opern von Rossini, Bellini, Meyerbeer und Donizetti auch an den Hofe Friedrich Wilhelm IV. von Preussen eingeladen wird, der ihr sofort zu Füßen liegt und von ihrer Stimme sehr angetan war.
Von nun an sollte ihr Siegeszug nicht mehr aufzuhalten sein. Sie reist durch ganz Europa: London [Privatkonzert bei der Queen], Paris, Wien.
Ihre Paraderollen waren die Norma, die Lucia di Lammermoor, die Schlafwandlerin und viele andere. Hier eine Darstellung als Sonnambula:
Im April 1846 schreibt die Queen in ihr Tagebuch, nachdem sie Lind gehört hatte:
The great event of the evening…was Jenny Lind’s appearance and her complete triumph. She has a most exquisite, powerful and really quite peculiar voice, so round, soft and flexible.
Danach1846 finden wir sie in Wien, wo ihr Grillparzer ein Gedicht widmete:
"Und spenden sie des Beifalls Lohn /
Den Wundern deiner Kehle /
Hier ist nicht Körper, Raum, noch Ton /
Ich höre deine Seele."
In Wien, und nicht nur da, brach in regelrechtes „Lind-Fieber“ aus, vergleichbar mit dem „Rossini-Fieber“ ca. 25 Jahre vorher. In Wien trug sich folgende Geschichte zu:
Johann Strauß Vater und sein Sohn Johann waren zerstritten und jeder hatte ein eigenes Orchester, beide wollten ihr nach einer Meyerbeer-Aufführung ein Ständchen mit ihrem Orchester widmen. Johann Strauß Sohn postierte sich als am Bühnenausgang und wartete auf den Star. Sein Vater aber kannte einige wichtige Personen und diese ließen ihn in das Theater ein. So bekam er die Gelegenheit ihr ein Ständchen zu spielen. Er spielte ein Stück von Meyerbeer ihr zu Ehren. Sie freute sich aber nicht sonderlich, da sie immer so „bejubelt wurde“. Als sie nach einiger Zeit das Haus verlassen wollte, stand dort das Orchester des Sohnes und spielte ihr ebenfalls ein Ständchen. Doch Johann Sohn, war schlauer als sein Vater, er hatte einen Bühnenarbeiter befragt, was der Vater drinnen spielte. Johann spielte ein neu komponiertes Stück und die Menge (nicht vergessen; wir sind mitten in der Stadt) [mehrere Tausend Leute] bejubleten das Ständchen und ließen Lind und Strauß hochleben. Ein großes Vivat ertönte durch die ganze Stadt, sehr zum Ärger von Johann Strauß Vater, der den Kürzeren gezogen hatte.
1848 finden wir sie in London, wo sie nun ihr Herz verlieren sollte. Nämlich an diesen Mann:
Fredric Chopin
Sie verliebte sich von ganzem Herzen in ihn und wollte ihn ehelichen. In Paris 1849 machte sie ihm Avancen, um seine Frau werden zu können, doch Chopin, immer mehr von Krankheit und Halluzinationen geplagt, weist ihre Avancen zurück.
Das hat ihr einen großen Knicks versetzt, noch größer aber war die Trauer über den Tod des Geliebten am 17. Oktober 1849. Daraufhin entschloss sie sich, von Trauer und Schmerz verzweifelt, nie mehr auf die Opernbühne zu gehen.
Ab 1849/50 trat sie nur noch als Oratoriensängerin und Liedsängerin auf, trotzdem war ihr Ruf immer noch intakt und sie wurde gefeiert.
1850-52 reiste sie nach Amerika, wo sie von 30000 Menschen und einer Serenade von einem 130 Mann großem Orchester empfangen wurde. Sie reiste durch ganz Amerika und die Eintrittskarten für ihre Konzerte waren so gefragt, dass sie versteigert werden mussten. Höchstpreise von 225 Dollar, damals ein Vermögen, wurden bezahlt.
Ihr erster Auftritt in Amerika war in New York, hier ein Bild davon:
Ihre Einfluss in Amerika war so groß, dass das erste Opernhaus in San Francisco in „Jenny Lind Opera House“ benannt wurde. Ebenso finden sich in vielen Orten Straßen, die ihren Namen tragen. Ebenso gibt es eine Insel von Neuengland, die den Namen Jenny Lind-Island trägt.
1852 heiratete sie in Boston Otto Goldschmidt, ihren Pianisten und kehrte mit ihm nach Dresden zurück. 1856 ging sie dann für den Rest ihres Lebens nach London.
In London gebar sie 2 Söhne und eine Tochter.
1862 stiftete Jenny Lind einen Preis für junge schwedische Musiker, der mit einer dreijährigen Förderung verbunden war. Heute wird der Jenny-Lind-Preis jährlich an eine junge schwedische Sängerin vergeben und ist mit zwei Monatstourneen in den USA und in Schweden sowie mit einem Stipendium verbunden.
1870 tritt sie zum letzten Mal öffentlich auf. Beim rheinischen Musikfest in Düsseldorf sang sie die Sopran-Partie des Oratorium „Ruth“, das ihr Gatte für sie komponiert hatte.
In den Jahren 1883-86 leitete sie in London die Meisterklasse für Gesang.
Am 2. November 1887 starb sie in Malvern bei London und wurde einige Tage später in dem großen Begräbnis in London am Poet´s Corner beigesetzt.
Immer noch wird in Schweden das Andenken an diese beeindruckende Frau, die immer bescheiden blieb, keine ausschweifenden Lebenswandel führte, viel an Armenhäuser und Spitäler spendete hochgehalten. (siehe Jenny Lind-Preis)
und auch hiermit:
Ebenso gibt es einen Film aus dem Jahre 1941 über sie „Die Nachtigall“- Hauptrolle Ilse Werner, gesungen von Erna Berger
Ich hoffe ihr hattet Spaß beim Schmökern und konntet viel über diese beeindruckende Frau lernen!
LG joschi
PS: @ Fairy Queen: Ich hoffe, ich habe deinen Wunsch für das Jahr 2008 erfüllt!
PPS: Auch die anderen Threads aus der Reihe „Stimmen, die wir niemals hören werden, wollen gelesen werden:,
Giulia Grisi
Caffarelli
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Gaetano Berenstadt