DVD-Video Cosi fan tutte

  • 2006 wurden an den Salzburger Festspielen alle 22 Mozart-Opern aufgeführt, auch Cosi fan tutte.
    In dieser Inszenierung spielen die Wiener Philharmoniker. Ihr Dirigent ist Manfred Honeck.
    Fiordiligi und Dorobella werden von Ana Maria Martinez und Sophie Koch verkörpert. Stéphane Degout und Shawn Mathey sind Guglielmo und Ferrando. Don Alfonso singt Sir Thomas Allen, Despina stellt Helen Donat dar.
    Das Ehepaar Karl-Ernst Herrmann und Ursel Herrmann bilden das Regisseur-Team.


    Da ich keine Vergleichsaufnahmen von Inszenierungen besitze, kann ich kein Urteil abgeben.
    .

    Gruselig!!!!


    Musikalisch ist das eine ausgesprochen schöne Cosi und auch technisch als DVD gut umgesetzt. Aber bei der Inszenierung kann man sich nur noch an den Kopf fassen! Frau Regisseuse führt im Bonus Programm aus, dass sie die Cosi "frauenfeindlich" findet (stimmt - die Herren Mozart und Da Ponte haben wohl verabsäumt, sich vorher von der Frauengruppe darüber aufklären zu lassen, dass sie alte Sexisten sind). Deswegen hat sie kurzerhand beschlossen, aus den etwas dämlich wirkenden Schäfchen des Originals toughe Weiber zu machen. Die Damen kriegen in ihrer Inszenierung mit, was die Herren planen und spielen mit (warum? Das hat sich mir nie erschlossen).


    Damit gehen natürlich einige musikalische Cosi-Höhepunkte in die Binsen. Der Abschiedsschmerz der Damen, als sich die Herren zum Militärdienst verabschieden - tja ... muss einen nicht berühren, gelle? Wir wissen ja, dass die Mädels wissen und demzufolge ist das wohl ironisch gemeint - oder so. Und dass sich Lady F. so lange sträubt, bis sie dem Tenor in die Arme sinkt - ja, mei, gehört alles zum Spiel.


    Zu dem gehörte übrigens auch das Dinosaurier-Ei. Es war riesig und lag im Bühnenhintergrund. Warum es da lag, habe ich nicht rausgefunden. Es hatte keine Funktion - obwohl ich anfangs gehofft hatte, es könnte vielleicht als Versteck für Don Alfonso und Despina dienen, um in diesen komischen Kostümen nicht dauernd präsent sein zu müssen. Aber imerhin war es mal eine interessante Erfahrung, Sir Thomas Allen als eine Art Nosferatu mit zu langen Frackschössen Kette rauchen zu sehen. Warum Despina Helen Donat aber links und rechts ein Servierbrett an die Hüfte geklebt bekam, hat sich mir auch nicht erschlossen.


    Sycorax
    "Ich nehme die harmlose, alte Glyndebourne Cosi und vergesse die Salzburger ..."

  • Es gibt auch noch eine ansprechende DVD aus der Mailädner Scala von 1989 mit Riccardo Muti und
    Fiordiligi: Daniel Dessi
    Dorabella: Delores Ziegler
    Guglielmo: Alessandro Corbelli,
    Ferrando: Jzef Kundlak,
    Despina: Adelina Scarabelli,
    Don Alfonso: Claudio Desderi.
    Ich kann diese Aufnahme nicht posten, und man glaubt es kaum, ich habe sie damals beim Aldi gekauft.
    Ferner gibt es noch diese aus dem Jahre 1994:

    Und dann gibt es "die Cosi", aus den frühen Siebzigern, unter Böhm, mit Gundula Janowitz, Christa Ludwig, Luigi Alva, Hermann Prey, Reri Grist und Walter Berry, die immer mal wieder auf Classica gezeigt wird, eigentlich m. E. die Referenz an sich, aber leider im Moment auf DVD nicht habhaft.


    Liebe Grüße


    Willi :)

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Ich möchte gerne noch auf die Regiearbeit von Peter Sellars verweisen.



    Die Aufnahme ist von 1991 und noch im Format 4:3. Es handelt sich um einen Mitschnitt aus Wien.


    Die Regie führte Peter Sellars, und sie ist auch das Bemerkenswerte
    dieses Mitschnitts. Peter Sellars inszenierte damals Don Giovanni, Figaro und Cosi fan tuute. Die Handlung spielt im New York der 1980er Jahre. In vielen konventionellen Aufführungen geht das Revolutionäre der Handlung im (schlecht gespielten) plätschernden Mozart-Springbrunnen unter. Wer hört denn heute noch die Hölle in Don Giovanni? Wer hört das unglaublich Freche im Figaro, wo ein Graf seiner Kammerzofe nachstellt und von ihr überlistet wird? Das zugrunde liegende Theaterstück von Beaumarchais war damals von der Zensur verboten! Wer hört noch das Verstörende der Partnertausch-Geschichte der Cosi? Peter Sellars zeigt es uns - und führt uns vor Augen, dass die Komödie oft die abgründigeren Geschichten enthäölt als die Tragödie.


    Das Musikalische tritt dahinter deutlich zurück. Craig Smith dirigiert die Wiener Symphoniker und den Arnold-Schönberg-Chor. Es singen Susan Larson (Fiordiligi), Janice Felty (Dorabella), Frank Kelley (Ferrando), James Maddalena (Guglielmo), Sue Ellen Kuzma (Despina) und Sanford Sylvan (Don Alfonoso). Das ist ganz ordentlich, ragt aber nirgendwo darüber hinaus. Die Aufzeichnung lebt von der radikal in die (damalige) Gegenwart gesetzten Handlung - und ist genau deswegen sehenswert.


    Zur Zeit ist die Auflage leider (mal wieder) vergriffen.