Maurizio Pollini - ein introvertierter Techniker?

  • Ich bin trotzdem guter Dinge - die anderen Aufnahmen mit dieser Aufmachung waren Neueinspielungen: siehe Andriss Nelsons und Jan Lisiecki:



    Oder kannst Du so gut japanisch?

  • Ich bin trotzdem guter Dinge - die anderen Aufnahmen mit dieser Aufmachung waren Neueinspielungen: siehe Andriss Nelsons und Jan Lisiecki:

    Es ist aber merkwürdig, dass eine Neuerscheinung nur als Import (!) erhältlich sein soll. Vielleicht ist das nur eine Jubiläums-Edition, wo eben sowohl neue als auch legendäre alte Einspielungen drin enthalten sind? Gegen eine Neueinspielung spricht auch das Pollini-Foto auf dem Cover, das alt und nicht neu ist. Alle neuen Pollini-Erscheinungen hatten ein aktuelles Foto von ihm und waren in der bewährten DGG-Aufmachung.


    Schöne Grüße

    Holger

  • Google Übersetzer macht es möglich:


    【録音】

    2019年6月、9月 ミュンヘン


    [Aufnahme]

    Juni und September 2019 München


    Ich bin sehr gespannt :-)

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  • Viele der bedeutendsten Aufnahmen von Maurizio Pollini sind hier schon genannt und gewürdigt worden.

    Wenn ich mich bei meinem "Schnelldurchlauf" soeben nicht getäuscht habe, so ist eine CD, die ich ganz besonders schätze, bisher hier noch nicht erwähnt worden:

    Die Aufnahmen entstanden im Juni 2001 im Herkules-Saal der Münchner Residenz.

    Neben einer feurigen "Kreisleriana", die den damals 60jährigen Pianisten auf der Höhe seiner Kunst zeigt, sind es vor allem die selten zu hörenden "Gesänge der Frühe" op. 133, die mir diese CD so besonders lieb und teuer macht.

    Es handelt sich dabei um eine letzte, erschütternde Botschaft des kranken Komponisten. "Es sind Stücke", schreibt Schumann an seinen Verleger, "die die Empfindungen beim Herannahen und Wachsen des Morgens schildern, aber mehr aus Gefühlsausdruck als Malerei."

    Der Komponist hat sie der "sehr hohen Dichterin Bettina" gewidmet, aber Schumann, an der Schwelle des Wahnsinns und in seinem innersten Gefühl schon über sie hinaus, hat ihnen noch eine andere Überschrift gegeben: An Diotima - heimliche Widmung an die Heldin des wahnsinnigen Hölderlin.

    Die "Gesänge der Frühe" sind Schumanns Abschied von der Musik. Schon die schweren, ruhigen Akkorde des Anfangs entfalten sich wie eine Legende. Über alle Inspiration und alle Stile hinweg erleben wir, von einem Stück zum anderen sich steigernd, die Befreiung eines geläuterten Genies zu einer letzten Heiterkeit und Gelassenheit. Ich kann dieses leider sehr vernachlässigte Werk nicht ohne tiefe innere Bewegung hören.


    Erstaunlich ist, daß die meisten großen Pianisten, selbst die legendären Schumann-Interpreten Wilhelm Kempff und Claudio Abbado, dieses musikalische Vermächtnis des Meisters unbeachtet gelassen haben. Zumindest existieren keine Aufnahmen. Umso mehr ist es zu schätzen, daß sich Maurizio Pollini dieser Stücke angenommen und uns eine reine, zu Herzen gehende Auslegung vorgelegt hat, die nach meinem Empfinden zum Schönsten gehört, was Pollini zu Schumann zu sagen hatte.


    LG Nemorino

    Die Welt ist ein ungeheurer Friedhof gestorbener Träume (Robert Schumann).

  • Super! Dann ist zu erwarten, dass es die CD nicht nur über Import mit Klappentext mit japanischen Zeichen zu bekommen ist! Ich freue mich sehr! :thumbup:

    Wenn ich mich bei meinem "Schnelldurchlauf" soeben nicht getäuscht habe, so ist eine CD, die ich ganz besonders schätze, bisher hier noch nicht erwähnt worden:

    Die Schumann-Aufnahmen von Maurizio Pollini, lieber Nemorino, schätze ich ganz besonders: an erster Stelle die Davidsbündlertänze und die 3. Sonate. Kreisleriana habe ich von ihm sogar in den 70iger Jahren im längst abgerissenen Düsseldorfer Schumann-Saal gehört.

    Die Aufnahmen entstanden im Juni 2001 im Herkules-Saal der Münchner Residenz.

    Neben einer feurigen "Kreisleriana", die den damals 60jährigen Pianisten auf der Höhe seiner Kunst zeigt, sind es vor allem die selten zu hörenden "Gesänge der Frühe" op. 133, die mir diese CD so besonders lieb und teuer macht.

    Ja genau! :)


    Schöne Grüße

    Holger


  • Die Neuaufnahme habe ich mir jetzt mehrmals hintereinander angehört und wie so oft bei den letzten Aufnamen von Pollini bin ich hingerissen von der Opulenz seines Spiels und auch des Klavierklangs. Bewunderswert sein Mut zum Risiko, selten habe ich den ersten Satz von op. 111 so drängend und überzeugend gehört. Überraschenderweise wirkt die Aufnahme nicht wie das Spätwerk eines Pianisten, der letzte Erkenntnisse zu Tage fördert und das Werk auf unbekannte Weise neu ausleuchtet, sondern eher ungestüm und jugendlich wild. Und mit was für einer Freiheit er spielt, das liebe ich über alles und das ist heute ja leider sehr selten!


    Lieber Holger, ich bin sehr auf Deine genauere Analyse gespannt!


    Und übrigens gibt es von der Einspielung auch einen Mitschnitt, dem man sich gerade auf arte ansehen kann:

    https://www.arte.tv/de/videos/…paeten-beethoven-sonaten/



    Viele Grüße

    Christian

  • Wo siehst du Mut zum Risiko?

    Das ist wieder so ein Stück für politisch

    motivierte Pianisten, die wie Beethoven die Welt

    näher zusammenrücken wollen.

    Der Triller am Ende zeigt höchstes Glück und Idealzustand.

    Ein Aufbäumen gg alle Widrigkeiten des Lebens.

    Beethoven bzw. Mozart hätten wohl keine große Freude

    an Pollini, ein bloßer Mechanikus.

    Das Eigentliche ist bekannterweise nicht in den Noten !

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  • Hallo Supertramp,


    Mit Risiko meinte ich die schnellen Tempi, die er bspw. in der dritten Variation des dritten Satzes von Op. 109 anschlägt (und das in seinem Alter) ohne dabei irgendwas zu verwischen. Wobei er früher sicher noch differenzierter gespielt hat.
    Als Mechanikus möchte ich Polini nun wirklich nicht bezeichnen, die vierte Variation des dritten Satzes von Op. 109 ist mit ihren Dissonanzen schon was Besonderes, da sind viele jüngere Pianisten wesentlich zurückhaltender und lange nicht so ausdrucksstark.
    Aber mir scheint, Du kannst mit diesen Sonaten gar nicht so viel anfangen.

    Viele Grüße, Christian

  • Lieber Holger, ich bin sehr auf Deine genauere Analyse gespannt!


    Und übrigens gibt es von der Einspielung auch einen Mitschnitt, dem man sich gerade auf arte ansehen kann:

    https://www.arte.tv/de/videos/…paeten-beethoven-sonaten/

    Lieber Christian,


    herzlichen Dank für den Link! Ich habe bisher nur op. 109 und op. 110 hören können - op. 111 höre ich vielleicht heute Abend über Kopfhörer, wenn mir die Zeit bleibt. Anders als in Köln ist auch op. 109 wirklich sehr überzeugend! Was mir auffällt: Bei op. 109 hört man das Publikum, dagegen op. 110 scheint auf der CD zumindest im leeren Saal eingespielt. Der Klang ist auch anders und es gibt keine Publikumsgeräusche. Ich hoffe mal, dass ich spätens im Laufe der nächsten Woche die Kritik fertig habe!


    Liebe Grüße

    Holger

  • Lieber Christian,


    zu einer ausführlichen Analyse komme ich im Moment leider nicht, kann aber nur meinen Eindruck mitteilen: Das ist eine wirklich großartige, bewegende Aufnahme! Da war Pollini in Hochform. Der "alte" Pollini entdeckt die Subjektivität bei Beethoven. Beethovens Musik wirkt so, als sei das musikalische Subjekt seiner selbst nicht mehr mächtig, sondern wird ständig nur noch getrieben von seinen unerfüllbaren Sehnsüchten und Leidenschaften mit dem verzweifelten und vergeblichen Versuch, durch die Behauptung seines "Willens" oder die Versenkung in das Melodisch-Schöne einer Ruheinsel zu finden. Bezeichnend hat man bei Pollini das Gefühl zum Ende von op. 109, das die schlichte Melodie diesen taumelnden Vorwärtsdrang nicht wirklich aufhalten kann, sondern die Musik nur irgendwie abbricht. Ganz großartig - vor allem auch op. 111! :) :hello:


    Einen schönen Sonntag wünschend

    Holger

  • Passt. :thumbup:

    Wobei Pollini in einer Rezension von Remy Franck über die Gesamteinspielung von Fazil Say als Plüschbär bezeichnet wird.

  • Passt. :thumbup:

    Wobei Pollini in einer Rezension von Remy Franck über die Gesamteinspielung von Fazil Say als Plüschbär bezeichnet wird.

    Wenn man wie ich Pollini mit seiner urwüchsigen bis an die Schwerzschwelle gehenden Kraft in den 70igern mit Beethoven im Konzertsaal erlebt hat, dann ist eindeutig Fazil Say das Plüschtier! :D


    Schöne Grüße

    Holger

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  • Ich finde die Gesamteinspielung der Sonaten von Fazil Say toll! Nicht zu vergleichen mit seinen bisherigen vereinzelten Aufnahmen. Wo findet sich denn diese Rezension von Remy Franck?

  • Ich finde die Gesamteinspielung der Sonaten von Fazil Say toll! Nicht zu vergleichen mit seinen bisherigen vereinzelten Aufnahmen.

    Da geht es mir ähnlich wie Dir, lieber Christian! Die Hörschnipsel, die ich gehört habe insbesondere von den frühen Sonaten, haben mich zu meiner eigenen Überraschung auch beeindruckt. Früher hatte ich mal die einzeln veröffentlichte Appassionata gehört - die gefiel mir gar nicht. Beethoven scheint ihm besonders zu liegen - anders als Chopin. In seine Nocturnes habe ich auch reingehört - und das wiederum gefiel mir spontan überhaupt nicht!


    Schöne Grüße

    Holger