Was für eine Aufnahme! Elektrisierend! Vielen Dank fürs Verlinken. Wirklich ein Erlebnis, auch der dritte Satz. Man wird wohl festhalten können, dass er in dieser Zeit (Ende 80er - Anfang 90er) auf dem Höhepunkt seines Schaffens war. Vielleicht werden ja noch ein paar Live-Mitschnitte freigegeben - die von Radu Lupu bei Doremi zum Beispiel sind eine Bereicherung.
Maurizio Pollini - Grenzgänger zwischen Romantik und Moderne
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Was für eine Aufnahme! Elektrisierend! Vielen Dank fürs Verlinken. Wirklich ein Erlebnis, auch der dritte Satz. Man wird wohl festhalten können, dass er in dieser Zeit (Ende 80er - Anfang 90er) auf dem Höhepunkt seines Schaffens war. Vielleicht werden ja noch ein paar Live-Mitschnitte freigegeben - die von Radu Lupu bei Doremi zum Beispiel sind eine Bereicherung.
Ich habe damals die Radioübertragung gehört. Pollini spielte erst die Brahms-Stücke, dazwischen zwei Stockhausen-Klavierstücke und danach die Hammerklaviersonate. Die Stockhausen-Klavierstücke habe ich damals aus dem Radio aufgenommen und auf Cassette überspielt. Ich habe sie also. Sehr ärgerlich, dass bei Youtube der Stockhausen einfach fehlt! Das war gerade das Originelle des Programms. Wer von Pollini damals die Hammerklaviersonate hören wollte, musste erst den Stockhausen über sich ergehen lassen.
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Wer von Pollini damals die Hammerklaviersonate hören wollte, musste erst den Stockhausen über sich ergehen lassen.
Ich bin damals sogar in Pollini-Konzerte wegen der Boulez-Sonate gegangen! Keine Spur von über sich ergehen lassen
Leider hat Pollini die Stockhausen-Stücke nicht auf Platte aufgenommen.
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Ich bin damals sogar in Pollini-Konzerte wegen der Boulez-Sonate gegangen! Keine Spur von über sich ergehen lassen
Leider hat Pollini die Stockhausen-Stücke nicht auf Platte aufgenommen.
Das finde ich auch schade. Die Stockhausen-Stücke - noch einige mehr - habe ich dann von ihm viel später in Köln live gehört. Das war glaube ich 2006. Klavierstück IX ist ihm da aber nicht so überragend gelungen wie in Salzburg, was ich aus dem Radio mitgeschnitten hatte, insbesonders das unendliche Diminuendo zu Beginn. Die Dynamik die er in Salzburg hat - unglaublich. Ich muss nachher mal schauen, ob ich die Aufnahme gerippt habe. Bei CD-Rs weiß man ja nie. Zumal mein Cassettendeck über den Jordan gegangen ist...
Schöne Grüße
Holger
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Bei seiner älteren Einspielung spielt Pollini immerhin klar artikulierte Sechzehntel, wenn auch kaum diese synkopische Gegenstimme zur Rechten, während in der neueren nur noch ein indifferenter Klangteppich zu hören ist. Ich würde diese recht komplexe, dreistimmige rhythmische Struktur gerne hören (der Satz ist aus guten Gründen nur "Allegretto" und nicht "Allegro molto" oder "Presto" überschrieben)
Tatsächlich hört man diese Gegenstimme links so gut wie nie - ich bin erst durch Dein Notenbeispiel darauf aufmerksam geworden -, zumeist dominiert das Motiv der rechten Hand. Nur bei Barenboim ist die Gegenstimme links gut zu hören, aber hier ist der Bewegungsfluss so stark retardiert, dass ich es etwas übertrieben und nicht mehr natürlich finde. Es kann natürlich aber auch daran liegen, dass meine Hörgewohnheiten eingeschliffen sind
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Das finde ich auch schade. Die Stockhausen-Stücke - noch einige mehr - habe ich dann von ihm viel später in Köln live gehört. Das war glaube ich 2006.
Nein! Das Konzert war am 11.3.2009 - ein Gedenkkonzert für Karlheinz Stockhausen in der Kölner Philharmonie. Den Konzertbericht habe ich damals hier in Tamino wohl nicht eingestellt komischer Weise, oder ich finde ihn nicht. Also stelle ich ihn hier nochmals ein:
Maurizio Pollini mit Stockhausen, Schönberg und Schumann in Köln am 11.3.2009
Programm:
Karlheinz Stockhausen: Klavierstücke VII (1954-55), VIII (1954), IX (1954/ 1961); Kreuzspiel (1951) für Oboe, Bassklarinette, Klavier und drei Schlagzeuger; Zeitmaße (1955-1956) für fünf Holzbläser; Kontra-Punkte (1952-1953) für zehn Instrumente.
Nach der Pause:
Arnold Schönberg: Drei Klavierstücke op. 11 (1909); Robert Schumann: Fantasie op. 17 (1836/1838).
Zugaben von Maurizio Pollini: Zweimal Chopin: Nocturne op. 27 Nr. 2 sowie die Revolutionsetüde (op. 10 Nr. 12).
Bevor ich beginne, meine Eindrücke zu schildern, noch ein Tip: Wer solche Karten bekommen möchte von Konzerten in NRW, der sollte sie am Heimatort bei der Konzertkasse und nicht im Internet kaufen. Man spart so nämlich stolze 7.50 Euro Gebühr für die Abwicklung der Zahlung!
Wieder einmal wurde mein Weg in Richtung Köln eine denkwürdige Konzertreise. Ich erinnere mich an eine meiner Fahrten nach Kürten damals zu Stockhausens Ferienkursen. Im Bus kam die Nachricht über das Radio, dass Lady D. in der Nacht in Paris tödlich verunglückt sei. Nun fahre ich erneut zu einem Konzertereignis mit Musik von Stockhausen und erfahre unterwegs vom tragischen Amoklauf eines verirrten 17jährigen! Das muss man erst einmal aus dem Kopf bekommen!
Den Weg zur Philharmonie hat man sich z. Zt. durch eine große Baustelle zu bahnen – die Polizei riegelt die Umwege ab und weist einen freundlich aber bestimmt auf den vorgeschriebenen Weg. Nachdem das historische Stadtarchiv in sich zusammengefallen ist, geht man wohl auf „Nummer sicher“ in der Domstadt! In den riesigen Weiten der Philharmonie, die bei solchen Konzerten eigentlich nie gefüllt sind, ist es Sitte, dass man sich den besten Platz aussucht. Entsprechend hatte ich mir auf Empfehlung die billigste Konzertkarte gekauft. Um einen wirklich guten Platz zu ergattern, sollte man allerdings rechtzeitig im Saal sein. So war ich schon vor 19 Uhr im Foyer, wo eine Einführung stattfand. Die war allerdings nun wirklich schlecht! Der Referent (Björn Woll) verzettelte sich in überflüssige biographische Banalitäten und stellte Behauptungen auf, die auch noch zum Teil unrichtig waren. Dazu kamen solche Stilblüten wie: Die Fantasie op. 17 sei Schumanns gelungenstes Klavierwerk! Gelungener als die Kreisleriana oder die Symphonischen Etüden? Angeblich sei Schumann weniger virtuos als Chopin – gesagt ausgerechnet mit Blick auf die Fantasie op. 17 mit der berüchtigten Sprungstelle Ende des 2. Satzes, wo selbst solche Klaviertitanen wie Horowitz und Richter kräftig daneben langten! Schönberg habe seine Zwölftontechnik erfunden, um das musikalische Hören zu revolutionieren. Das mag man gemeinhin so glauben, ist aber nachweislich ein Irrtum. Schönberg war von Grund auf ein erzkonservativer Musiker, der so komponieren wollte wie Beethoven und Brahms. Leider hatten ihm dafür aber Wagner, C. Franck und Co. durch die chromatische Unterwanderung der Tonalität das musikalische Handwerkszeug aus der Hand geschlagen, so dass er sich eine neue Syntax erfinden musste. Zu Stockhausens Stücken hatte der Referent schlicht gar nichts zu sagen. Wer in Köln lebt, sollte zudem wissen, dass die Ferienkurse in Kürten auch nach Stockhausens Tod im Dezember 2007 weitergeführt werden!
Im Saal angekommen suchten wir uns – mein Begleiter war ein befreundeter Musikwissenschaftler und Organist – einen schönen Platz in der Mitte aus. Das Ehepaar, das eigentlich Karten für die Sitze besaß, rückte zwei Plätze weiter und überließ uns „Klavierexperten“ die gute Sicht auf die Tastatur. Es gibt noch nette Menschen auf dieser Welt! Auf dem Podium standen drei (!) Flügel, links mit Schlagzeug und Notenpulten, rechts nur mit Notenpulten. In der Mitte dann ein Instrument mit weithin sichtbarer, goldglänzend kursiver Aufschrift „Pollini“ – darüber blass zu erkennen die Lilie von Steinway und der Schriftzug „Steinway & Sons“. Meister Pollini hatte also seinen eigenen Flügel mitgebracht. Von meinem Freund und ehemaligen Klavierlehrer, der in Wien regelmäßig konzertiert, weiß ich, dass sich im Wiener Konzertvereinssaal jedes Mal dieselbe Zeremonie wiederholt: Pollini bestellt 4 (!) Flügel zum Probe-Anspielen, bringt aber außerdem mit dem LKW zwei eigene mit. Und mit schöner Regelmäßigkeit geht die Probe so aus: Die vier Instrumente stellen ihn nicht zufrieden und er wählt eines seiner Instrumente vom LKW!
Direkt unter uns befand sich das Aufnahme-Mischpult. Das berührt einen doch seltsam, dass nun nicht wie zu seinen Lebzeiten immer in Köln Stockhausen selbst am Mischpult stand! Sein anwesender Geist schaffte aber doch irgendwie eine andere Atmosphäre als bei einem gewöhnlichen Konzert! Pollini stieg rüstig die Treppen aufs Podium hinunter mit einer Begleitperson fürs Notenblättern. 1989 bei den Salzburger Festspielen spielte er – zwischen Brahms am Anfang und Beethovens Hammerklaviersonate zum Schluss – Stockhausens Klavierstücke VI und IX. Das habe ich damals im Rundfunk gehört und auf Cassette mitgeschnitten. Heute wählte er die Stücke VII, VIII und IX. 1989 spielte er glasklar, mit einer fast schon explosiven Energie und extremer Dynamikspanne. Und heute? Das ist doch sehr altersgelassen! Pollini geht die Stücke sehr ruhig-meditativ an mit dem Versuch, eine gewisse impressionistische Sinnlichkeit zu entfalten. Für meinen Geschmack passt das nicht wirklich zum puritanisch „abstrakten“ Stockhausen der 1950iger Jahre. Das berühmte Klavierstück IX nahm er doch sehr, sehr langsam. Das „unendliche“ Diminuendo zu Beginn – die Musik soll quasi im Nichts verlöschen (Partituranweisung: ff f – poco a poco diminuendo - - - - pppp mit Spielanweisung: „Akkord 129 Mal in regelmäßigen Abständen ohne Rücksicht auf nicht ansprechende Tasten“) gelang Pollini 1989 in Salzburg vorzüglich, in Köln aber für meinen Geschmack weitaus weniger gut: Statt eines wirklich kontinuierlichen Diminuendo in kleinsten Schritten blieb es bei einer doch etwas statisch wirkenden Tonwiederholung im Piano-Bereich! Nein, nein! Dieser „abstrakte“ Stockhausen will nicht so recht passen in Pollinis derzeitige Lebensphase: sein heute – zweifellos sehr sympathisch – unprätentiöses Spiel, das alle Extreme – eben auch den Purismus – meidet und Musik vor allem sinnlich-erlebbar präsentieren will. Pollinis für das Umblättern der Noten zuständiger Schatten hatte wohl Schwierigkeiten, dem Notentext Stockhausens zu folgen und trat mehrmals zu früh in Aktion, was Pollini mit einem heftigen Gestikulieren quittierte.
Nach Pollinis Auftritt gehörte das Podium dem Wiener Klangforum unter der Leitung von Peter Eötvös. Ein wirklich vorzügliches Ensemble! Stockhausens Stücke beeindrucken durch ihre unglaubliche Klarheit – Stockhausen war ein Meister der Beherrschung des Tonsatzes. Das ist „abstrakte Musik“ (den Ausdruck verwendete Anton Webern in Bezug auf Bach!) in Vollendung. Ich erinnere mich an Kürten, wo neben der späteren „intuitiven“ Musik vereinzelt auch diese strenge serielle Musik aus Stockhausens früher serieller Phase aufgeführt wurde. Ein solches Stück reichte da allerdings – man war beeindruckt, aber auch relativ schnell gesättigt. Mein einziger Einwand dieses ansonsten wunderbaren Konzertabends betrifft deshalb die Programmgestaltung: Statt dreier Werke aus derselben Phase Stockhausens hätte für meinen Geschmack mindestens eines aus späterer Zeit dabei sein können, was außerdem einen Eindruck von der unglaublichen Vielfalt des kompositorischen Schaffens Stockhausens hätte vermitteln können. Er ist eben weit mehr als nur der „strenge Serialist“!
Die erste Hälfte des Konzertes zog sich hin bis 21.30 Uhr – es wurde ein langer Konzertabend! Nach der Pause war das Podium umgebaut. Der Steinway mit der goldenen Aufschrift Pollini stand nun allein im Zentrum der Bühne. Bemerkenswert war der Einfluss der Akustik: Ich fand, dass bei vollgestelltem Podium der Ton des Flügels deutlich voller und runder klang – der Diskant war vor der Pause tragfähiger. Jetzt wirkte er ein bisschen dünn, verlor sich ein wenig in diesem riesengroßen Saal. Pollinis Sternstunde begann eindeutig nach der Pause. Der Schönberg war einfach phantastisch! Wie er da die expressionistischen Züge und spätromantischen Nachklänge dieser ersten frei atonal komponierten Stücke vorzutragen wusste, das war wahrlich beeindruckend! Und die Fortsetzung mit der Schumann-Fantasie passte dazu. Pollini trifft die innere Bewegtheit und quälende Unruhe von Schumanns Musik, setzt mit untrüglichem Instinkt für organische Zusammenhänge die dynamisch-dramatischen Höhepunkte. Man wird hier wirklich glücklich an Rubinstein und dessen immer organisch-natürliches Spiel erinnert! (Pollini hatte sich mit dem alten Rubinstein angefreundet; er war sein zweites großes Vorbild neben Benedetti Michelangeli.) Die fürchterlich heikle Sprungstelle Ende des 2. Satzes meisterte er souverän, ohne das Tempo zu bremsen, lediglich ein Ton blieb ein wenig hängen. Das wunderschöne Finale wurde ausgesungen, fließend und dynamisch bewegt.
Pollinis Spiel heute ist ungemein farbig und kontinuierlich fließend, nicht übermäßig nuanciert und differenziert, aber mit sinnlicher Ausstrahlung. Kräftig ist es durchaus, aber eben nicht mehr so extrovertiert kraftstrotzend wie früher. Unvergessen bleibt mir immer noch sein Konzert Mitte der 70iger im inzwischen abgerissenen Düsseldorfer Schumann-Saal mit Werken von Beethoven (ich erinnere mich an Les Adieux, die Appassionata (?) und definitiv die Pastorale, sowie die Kreisleriana von Schumann). Pollinis ungeheure Dynamik überschritt da die Schmerzschwelle – wir saßen damals auf dem Podium. Vielleicht muss Pollini was seine Physis angeht mit den Jahren seinem Laster Tribut zollen: Er ist nämlich Kettenraucher! Die unbändige Kraft und Energie, die der damals mehr als 10 Jahre ältere Rubinstein bei seinem denkwürdigen Konzert in Moskau 1964 zeigte, die kann der 67jährige Pollini heute jedenfalls schon nicht mehr aufbringen.
Das Nocturne op. 27 Nr. 2 – die erste Zugabe – war schlicht zauberhaft! Pollinis Interpretation von Chopins Nocturnes finde ich eine Offenbarung. Das Nocturne Chopins wird nicht auf ein impressionistisches Postkarten-Abziehbildchen reduziert wie etwa bei Lang Lang, verliert jede biedermeierliche (Welt-)Verlorenheit in den schönen Augenblick, bekommt endlich seine über den Moment hinausdrängende pulsierende Bewegung – seine innere Dramaturgie – gleichsam zurück erstattet. Zugleich behält es seinen unbeschreiblichen Zauber, seine betörende Sinnlichkeit in einem klangfarblichen Kontinuum, in das Pollini das musikalische Geschehen einzubetten vermag. Die wiederum sehr organisch-souverän vorgetragene Revolutionsetüde bildete den krönenden Abschluss des Konzerts. Mehr war Pollini trotz drängendem Beifall wirklich nicht abzuverlangen – die Uhr war inzwischen auf halb 11 davon gelaufen und der arme Meister musste sich immer wieder – das Konzert hatte ihm offenbar viel Kraft gekostet – die vielen Stufen vom Podium zum Künstlerzimmer sichtlich herauf- und herunterquälen!
Zu hören war ein Konzertabend mit extremen musikalischen Gegensätzen, die sich allerdings sehr gut vertragen haben! Das bestätigt schließlich meine These, dass es im Prinzip falsch ist, Neue Musik in esoterische Zirkel spezieller Veranstaltungen nur mit ihr gleichsam einzusperren. Pollini zeigt, dass es auch anders geht: sie nämlich mit den Klassikern zu konfrontieren und damit spannende Bezüge zwischen Altem und Neuem für den Hörer herzustellen.
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Ich muss nachher mal schauen, ob ich die Aufnahme gerippt habe.
Ich hatte sie tatsächlich nicht auf Festplatte "gesichert". Jetzt habe ich es gemacht - als FLAC-Dateien in bester Auflösung gespeichert. Die Aufnahmen klingen einfach umwerfend...
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Wie man den späten Pollini auch ganz anders erleben kann - das Konzert habe ich auch gehört:
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Danke für den Link.So viei Geschwafel auf so kurzem Raum, das hat schon einen hohen Unterhaltungswert.
"Er meißelt eigene Stufen in die zerklüftete Felspartitur."
"Und schon schäumt es als Schubertsches Gebetsthema wieder ganz oben aus der Tastatur!"
"Er fasst Melodietöne als Klangereignis auf, die er aus dem Verklingen heraus formt."
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Danke für den Link.So viei Geschwafel auf so kurzem Raum, das hat schon einen hohen Unterhaltungswert.
"Er meißelt eigene Stufen in die zerklüftete Felspartitur."
"Und schon schäumt es als Schubertsches Gebetsthema wieder ganz oben aus der Tastatur!"
"Er fasst Melodietöne als Klangereignis auf, die er aus dem Verklingen heraus formt."
Robert Musil nannte diese Art „kunstvollen“ Schreibens poeseln. Das ist aber bitte nicht dem Pollini Konzert anzulasten. Pollini ist da völlig unschuldig. 😇
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"Er meißelt eigene Stufen in die zerklüftete Felspartitur."
"Und schon schäumt es als Schubertsches Gebetsthema wieder ganz oben aus der Tastatur!"
"Er fasst Melodietöne als Klangereignis auf, die er aus dem Verklingen heraus formt."
Ich finde das eher weniger erheiternd. Ich versche eine Erklärung eine Standardübersetzung des Koran ins Deutsche ist immer noch diejenige von Paret, da sie als die Wortgetreueste galt. Bobzin würde ich Stand heute vorziehen, aber darum geht es hier nicht. Es geht um den Einwand Navid Kermanis, der Paret ablehnt, weil die sprachliche Ästhetik des Koran in der Paret-Übersetzung hinten rüber gefallen war (anders als der sprachlich wunderbare Rücker, der leider nur eine Auswahl der Suren übersetzt hat). Was hat das nun mit Deinem zur abwertenden Erheiterung freigegebenen Zitaten zu tun? Genau, Sprache ist mehr als die Transportierung von Inhalten (was bei der Musik ohnehin nur bei der sprachlichen Kommunikation von Notenwerten möglich wäre. Bei der Beschreibung von Musikaufführungen und-wiedergaben greifen solche Sprachalgorithmen nicht. Es ist natürlich immer noch möglich, dass der zitierte Autor Kappes schreibt, über die Art der Versprachlichung lässt sich das allerdings nicht erkennen.
Liebe Grüße vom Thomas
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Zitat von Thomas Pape
Genau, Sprache ist mehr als die Transportierung von Inhalten (was bei der Musik ohnehin nur bei der sprachlichen Kommunikation von Notenwerten möglich wäre. Bei der Beschreibung von Musikaufführungen und-wiedergaben greifen solche Sprachalgorithmen nicht.
Die Autorin (?) versucht durch ihre „poetische“ Sprache, das Konzert nacherlebbar zu machen. Die Frage hier ist für mich, ob so etwas geht. Die Bilder sind schon ein wenig skurril. Was soll man sich unter aus der Tastatur schäumenden Gebetsthemen vorstellen? Der folgende Text erhellt das nicht.
Solche Versuche tauchen immer wieder in Konzertkritiken auf. Meiner Meinung nach tun diese - eher misslungenen - Poesieversuche dem Verständnis nicht gut. Eine einfache Beschreibung, wie das Konzert empfunden wurde, wäre IMO hilfreicher.
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Ich sehe das ein bisschen anders. Horowitz sagte mal: "A concert is not a lecture!" Genauso wenig, wie ein Autor ein Buch für neunmalkluge Literaturkritiker schreibt, die immer alles besser wissen, sondern ganz einfach für Leser, ist ein Konzert nicht dazu da, wie bei einem Klavierwettbewerb oder in einer Meisterklasse nur nach Richtigkeiten abgehört und wie eine Mathematikaufgabe nach richtig oder falsch beurteilt zu werden. Da geht es um das Konzerterlebnis und wie das auf den Hörer wirkt. Die Schreiberin dieses Artikels weiß um die Unzulänglichkeiten. Das ist für sie aber schlicht unwesentlich. Dieser Art des unprätentiösen unperfekten Vortags von Pollini hat sie gefesselt. Und sie beschreibt das glaubwürdig und hat dafür ihre Gründe dargelegt. Ich war in dem Konzert und kann das nachvollziehen, auch wenn ich persönlich insbesondere den ersten Teil kritischer bewertet habe. Der Grundfehler der Beckmesserei ist der Glaube, es gäbe ein absolutes Wissen was richtig ist. Dann verzichtet man auf die eigentliche Interpretationsfrage und die Notwendigkeit der subjektiven Bewertung, für sich zu entscheiden, was das Wesentliche ist und was weniger wesentlich in dem Aberglauben an eine Pseudo-Objektivität, in den man gefangen ist und reduziert die Bewertung eines musikalischen Vortages auf die Lösung einer Rechenaufgabe nach wahr oder falsch. In der Kunst gibt es aber weder einfache Lösungen noch einfache Antworten.
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Sprache ist mehr als die Transportierung von Inhalten
Das ist natürlich richtig, aber die Beschreibung einer musikalischen Aufführung ist halt kein Gedicht. Gegen schöne Formulierungen mit eigenem ästhetischen Wert ist auch in diesem Textgenre nicht unbedingt etwas zu sagen, nur sollte es dann auch noch irgendeinen nachvollziehbaren Inhalt geben. Was soll "Er meißelt eigene Stufen in die zerklüftete Felspartitur" denn bitte heißen?
LG
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Genauso wenig, wie ein Autor ein Buch für neunmalkluge Literaturkritiker schreibt, die immer alles besser wissen, sondern ganz einfach für Leser, ist ein Konzert nicht dazu da, wie bei einem Klavierwettbewerb oder in einer Meisterklasse nur nach Richtigkeiten abgehört und wie eine Mathematikaufgabe nach richtig oder falsch beurteilt zu werden.
Es gibt noch etwas zwischen Listen mit Beckmessereien und einem schönklingenden, aber inhaltsleeren Wortschwall. Ich finde die Konzertkritik ansonsten gar nicht so schlecht und durchaus informativ (insofern danke für den Link!). Gerade deswegen sind diese aufgeblasenen Stilblüten vollkommen überflüssig.
LG
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Die Frage hier ist für mich, ob so etwas geht.
Gehen tut das schon, die Frage ist, ob es gelingt. Das wäre beurteilbar, wenn man ein paar Beispiele von Beschriebenem mit der Beschreibung vergleichen könnte. Einzelsätze aus einem längeren Text herauszufischen ist da wenig zielführend, zumal Sabine Weyer die Beschreibung des Abend sehr lesenswert gelingt. Und sie schreibt sehr respektvoll über diesen älteren Herrn, der offensichtlich nicht mehr so ganz Herr seine ursprünglichen Fähigkeiten war (da sind dann Beethovens drei letzten Sonaten schon eine heftige Hausnummer).
Liebe Grüße vom Thomas
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Es gibt noch etwas zwischen Listen mit Beckmessereien und einem schönklingenden, aber inhaltsleeren Wortschwall. Ich finde die Konzertkritik ansonsten gar nicht so schlecht und durchaus informativ (insofern danke für den Link!). Gerade deswegen sind diese aufgeblasenen Stilblüten vollkommen überflüssig.
LG
Im Unterschied zu Dir war ich in diesem Pollini-Konzert in Köln. Da kannst deshalb schlicht nicht beurteilen, ob das Wortschwall ist oder nicht. Ich dagegen kann es und sage, dass das kein "inhaltsloser Wortschwall" ist. Die Eindrücke die sie hatte konnte man sehr wohl haben. Der Unterschied liegt dann darin, wie man sie bewertet. Dir gefällt einfach die Art nicht, wie sie so ein Konzert erlebt und die Eindrücke bewertet, weil das nicht Dein Zugang ist. Dein Zugang ist aber nicht weniger subjektiv. Mich erinnert das an Hifi-Diskussionen. Wer nur technische Erklärungen akzeptiert, für den ist jeder Versuch einer Klangbeschreibung "Geschwurbel". Mir ist so ein Erlebnisbericht auch dadurch sympathisch, weil er von der Offenheit davon zeugt, auch mit dem Ungewöhnlichen, Unperfekten, dem was aus der Spontaneität des Moments gewonnen wird, umgehen zu können und dem einen Sinn abzugewinnen. Sterile Perfektion und biedere Unanstößigkeit ist heute das langweilige Normalmaß. Das rüttelt aber Niemanden auf. Wenn Pollini es an diesem Abend vermocht hat, die Leute aufzurütteln, dann ist das eben auch eine besondere Leistung, die aufhorchen lässt.
Schöne Grüße
Holger
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Im Unterschied zu Dir war ich in diesem Pollini-Konzert in Köln. Da kannst deshalb schlicht nicht beurteilen, ob das Wortschwall ist oder nicht.
Doch, natürlich kann man die sprachliche Beschreibung eines Ereignisses (und nur um diese geht es mir) auch dann sprachlich beurteilen, wenn man dem Ereignis nicht beigewohnt hat. Es soll in diesem Forum sogar jemanden geben, der längliche Ausführungen über Theateraufführungen verfasst, die er nicht gesehen hat, und das geht ja angeblich auch.
Ich dagegen kann es und sage, dass das kein "inhaltskoser Wortschwall" ist.
Ok, was heißt es denn dann die Aussage "Er meißelt eigene Stufen in die zerklüftete Felspartitur"? Was macht op. 109 zu einer "zerklüfteten Felspartitur"? Wie kommt überhaupt eine musikalische Komposition zur Eigenschaft der "Felspartitur"? Und wieso muss man in dem fraglichen Konzert gewesen sein, um zu verstehen, was op. 109 zu einer "zerklüfteten Feslpartitur" macht? Die Partitur ist doch immer gleich, ob nun Pollini in Köln oder Hinnerk Hanswurst in Dithmarschen das Stück spielt.
Der Unterschied liegt dann darin, wie man sie bewertet. Dir gefällt einfach die Art nicht, wie sie so ein Konzert erlebt und die Eindrücke bewertet, weil das nicht Dein Zugang ist. Dein Zugang ist aber nicht weniger subjektiv.
Über meinen Zugang zu was auch immer weißt Du nichts. Du scheinst aber meinen Beitrag nicht allzu genau gelesen zu haben. Ich habe die Kritik ausdrücklich als informativ gelobt und mich daher bei Dir für die Verlinkung bedankt. Ich finde, dass sich aus den Beschreibungen der Autorin durchaus eine Vorstellung von dem erlebten Konzert gewinnen lässt, was ich sehr schön finde. Eben gerade deswegen finde ich es ja bedauerlich, dass sie ihre eigentlich im Grundsatz recht gelungene Kritik mit diesen vollkommen überflüssigen Stilblüten garniert, die ChKöhn zitiert hat. Was tragen diese blumigen Sätze denn bitte wirklich bei?
LG
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Die Autorin (?) versucht durch ihre „poetische“ Sprache, das Konzert nacherlebbar zu machen. Die Frage hier ist für mich, ob so etwas geht.
Gehen tut das schon, die Frage ist, ob es gelingt.
Im Unterschied zu Dir war ich in diesem Pollini-Konzert in Köln.
Doch, natürlich kann man die sprachliche Beschreibung eines Ereignisses (und nur um diese geht es mir) auch dann sprachlich beurteilen, wenn man dem Ereignis nicht beigewohnt hat.
Mir war nicht klar, dass man das so lange diskutieren kann . Es geht ja wie schon gesagt um die sprachliche Beschreibung eines Ereignisses. Die kann man natürlich auch beurteilen, ohne dem Ereignis beigewohnt zu haben. Man kann die Beschreibung nicht vergleichen mit dem eigenen Erlebnis, was ja nicht stattgefunden hat. Das war aber auch nicht der Punkt.
Ich finde es auch sehr schwer, über Musik zu sprechen. Da ist man doch häufig versucht, in eine Bildersprache zu verfallen, um das Erlebte auch anderen nachfühlbar zu machen. Wie Thomas Pape schon sagt, die Frage ist, ob es gelingt.
Ich habe früher gerne im Pianistenbuch Joachim Kaisers geblättert, einem Schöngeist, auf den die Bezeichnung gut anwendbar ist. Man bekam einen groben Eindruck vom Spiel eines Pianisten. Das Entscheidende war aber, dass es so gut geschrieben war, dass man einfach interessiert war, sich einen eigenen Eindruck zu bilden. Trotz aller trefflichen Eitelkeit im Stil, schien Kaiser doch die Musik lancieren zu wollen.
Ich habe jetzt die Beschreibung des Konzertes vollständig gelesen und muss zurücknehmen, dass die Autorin nicht über ihre Eindrücke schreibt. Das tut sie und zwar mit einer Menge Respekt vor diesem Pianisten. Man bekommt auch einen guten Eindruck von der Atmosphäre des Konzertes (ob die nun stimmt, kann man wirklich nur beurteilen, wenn man da gewesen wäre), was alles sehr schön ist.
Die Beschreibung der gehörten Musik wirkt zwar ambitioniert, aber am Ende doch sehr gewollt. Mir machen die von ihr gewählten Bilder; besonders die zitierten schon Mühe. Wirkt das aus der Tastatur schäumende Schubertsche Gebetsthema eher wie unfreiwillige Komik, meint man das mit der Felspartitur verstehen zu müssen, zumal das Meißeln eigener Stufen ja darauf hindeutet, dass Pollini die Partitur anders auffasst, als sie von sich aus hergibt. Das wäre unbedingt ein Punkt, der mehr Ausführung bedürfte als das angestrebte Bild herzugeben vermag, was ja auch nur dem verständlich sein könnte, der die Partitur vor (geistigen) Augen hätte.
Das letzte Zitat mit den Melodietönen, die von Pollini als Klangereignis aufgefasst werden, wobei er die Töne aus dem Verklingen heraus forme, stellt auch Verständnisprobleme. Ich schaffe es noch das Melodische im Klangereignis untergehen zu lassen, aber mir will nicht gelingen die Formung aus dem Verklingen zu verstehen.
Als Fazit nehme ich hier mit, dass bis auf den ersten skurrilen Vergleich durchaus etwas gemeint sein könnte, was verstehbar wäre, wenn man die Finger von der Poesie gelassen und stattdessen irdischer zu formulieren versucht hätte.
Nichts für ungut, mich strengt einfach Poesie von Nicht-Poeten immer etwas an ...
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Doch, natürlich kann man die sprachliche Beschreibung eines Ereignisses (und nur um diese geht es mir) auch dann sprachlich beurteilen, wenn man dem Ereignis nicht beigewohnt hat. Es soll in diesem Forum sogar jemanden geben, der längliche Ausführungen über Theateraufführungen verfasst, die er nicht gesehen hat, und das geht ja angeblich auch.
Nö. Wenn man Filmmitschnitte oder Bilder einer Aufführung zur Verfügung hat, kann man über die Bildästhetik schreiben. So wird an Universitäten im Fach Grafik-Design auch gearbeitet. Von Pollinis Konzert gibt es aber gar keine Tonmitschnitte. Deswegen passt der Vergleich nicht.
Ok, was heißt es denn dann die Aussage "Er meißelt eigene Stufen in die zerklüftete Felspartitur"? Was macht op. 109 zu einer "zerklüfteten Felspartitur"? Wie kommt überhaupt eine musikalische Komposition zur Eigenschaft der "Felspartitur"? Und wieso muss man in dem fraglichen Konzert gewesen sein, um zu verstehen, was op. 109 zu einer "zerklüfteten Feslpartitur" macht? Die Partitur ist doch immer gleich, ob nun Pollini in Köln oder Hinnerk Hanswurst in Dithmarschen das Stück spielt.
Das ist eine Metapher - und da braucht der Leser Assoziationskraft. Das ist auch nicht mein Stil, aber die Franzosen z.B. lieben so einen blumigen Stil eher als wir nüchternen Deutschen. Insofern kann ich damit umgehen.
Über meinen Zugang zu was auch immer weißt Du nichts. Du scheinst aber meinen Beitrag nicht allzu genau gelesen zu haben. Ich habe die Kritik ausdrücklich als informativ gelobt und mich daher bei Dir für die Verlinkung bedankt. Ich finde, dass sich aus den Beschreibungen der Autorin durchaus eine Vorstellung von dem erlebten Konzert gewinnen lässt, was ich sehr schön finde. Eben gerade deswegen finde ich es ja bedauerlich, dass sie ihre eigentlich im Grundsatz recht gelungene Kritik mit diesen vollkommen überflüssigen Stilblüten garniert,
Das stimmt - meine Antwort aus dem Zug heute ist etwas zu knapp ausgefallen. Klar, einen Stilpreis wird diese Kritik nicht gewinnen...
Schöne Grüße
Holger
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Im Unterschied zu Dir war ich in diesem Pollini-Konzert in Köln. Da kannst deshalb schlicht nicht beurteilen, ob das Wortschwall ist oder nicht.
Du hast doch neulich erst energisch Dein Recht verteidigt, eine Theateraufführung zu bewerten, die Du nicht gesehen hast. Aber um die Sprache einer Rezension zu beurteilen, muss man im Konzert gewesen sein? Bei mir schäumt das einfach aus der Tastatur .
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Um zu unterscheiden, ob der Ausdruck nur ein schlechter Stil ist, eine "Stilblüte" (wie in dem Büchlein "Es fängt damit an, dass am Ende der Punkt fehlt"), also z.B. "Metaphernsalat" ist etc., oder tatsächlich "inhaltsleer", muss man den Inhalt kennen, auf den sich der Ausdruck bezieht.
Ich kenne die späten Beethoven-Sonaten gut, ehrlich gesagt sogar sehr gut. Op. 109 ist keine "zerklüftete Felspartitur". Und übrigens beginnt op. 110 auch nicht "heftig" sondern im Gegenteil weich und singend. Das weiß ich auch ohne dabei gewesen zu sein.
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Sie spricht von Gedächtnislücken bei Pollini zu Beginn von op. 110. Ganz bestimmt ist damit nicht Takt 1 und 2 gemeint. Denn da hatte Pollini keine Gedächnislücke. Das weiß man, wenn man im Konzert war. Der gefühlte Beginn ist durchaus lang. Erlebniszeit ist keine präzise gemessene Uhrzeit. Der Beginn kann also einen ziemlich langen Zeitraum meinen. Zusätzliche Treppen einbauen in eine zerklüftete Felslandschaft weist auf eine Kontrastminimierung und die Erzeugung eines Klangkontinuums hin. Wer im Konzert war, weiß, wovon sie spricht. Besonders glücklich - weil zu vage und unbestimmt vieldeutig - ist diese Metaphorik natürlich nicht.
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Ohne das jetzt noch länger auswalzen zu wollen: Der Sinn einer solchen Kritik ist doch meistens, denjenigen eine Information zu geben, die nicht dabei waren. Das muss eben gelingen.
Wenn man nur mit denen kommunizieren will, die dabei waren, kann man natürlich völlig anders über das Geschehene sprechen. Da macht aber vielleicht die Publizierung im Rahmen dieser Zeitschrift keinen Sinn.
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Ich finde Konzertkritiken besonders interessant, wenn ich dabei war: Welche Worte findet der Kritiker? Wie beurteilt er das, was ich gesehen und gehört habe? Worin weicht er von meiner Einschätzung ab und wie begründet er oder sie es? Fundierte und gut geschriebene Kritiken sind ja leider selten geworden, auch in der SZ und FAZ, in denen sie mal eine wichtige Rolle eingenommen haben. Und nochmal zu J. Kaiser, der hier ja gerne runtergemacht wird (und dem solche schiefen Bilder wie die in der Besprechung oben nie passiert wären): Seine Bedeutung war, dass er ein interessiertes Publikum anstecken konnte und neugierig gemacht hat. Ich habe ihn in meiner Jugend (Mitte 80er) entdeckt und war sehr froh darüber. So etwas gibt es heute gar nicht mehr. Noch besser waren seine Radiosendungen, er hatte eine gute Stimme. Interessant übrigens auch, was er in seinem Buch über den damals ja noch sehr jungen Pollini geschrieben hat. Da könnte man fast zu dem Schluss kommen, dass sich der alte Pollini in einer gewissen Weise dem jungen Pollini wieder angenähert hat.
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Sie spricht von Gedächtnislücken bei Pollini zu Beginn von op. 110. Ganz bestimmt ist damit nicht Takt 1 und 2 gemeint. Denn da hatte Pollini keine Gedächnislücke. Das weiß man, wenn man im Konzert war. Der gefühlte Beginn ist durchaus lang. Erlebniszeit ist keine präzise gemessene Uhrzeit. Der Beginn kann also einen ziemlich langen Zeitraum meinen.
Gut, aber wenigstens sollte doch wohl mit dem ersten Satz auch der "Beginn" der Sonate enden. Der enthält bei op. 110 aber nun mal keine "Heftigkeiten"; die setzen erst mit dem folgenden Allegro molto ein. Aber egal, ich fand die Formulierungen, vor allem die mit dem aus der Tastatur schäumenden schubertschen Gebetsthema (herrliche Alliteration) sehr witzig, Ihr halt nicht.