Richard Wagner: DAS RHEINGOLD

  • Ich denke, ich bin nicht der erste, der das erwägt, aber es muss noch einmal in aller Deutlichkeit ausgesprochen werden, dass allein die Frauen am ganzen Elend schuld sind.


    Endlich jemand, der sich nicht scheut, das Kind beim Namen zu nennen. Mir war das schon lange, aber spätestens seit der Zauberflöte klar.


    Selbst die Hüterin des Gesetzes, die hehre Fricka, lässt sich korrumpieren, wenn auch nicht aus Geldgier:


    Loge:
    Des Gatten Treu´
    ertrotzte die Frau,
    trüge sie hold
    den hellen Schmuck,
    den schimmernd Zwerge schmieden,
    rührig im Zwange des Reifs.


    Fricka:
    Gewänne mein Gatte
    wohl sich das Gold?

  • Selbst die Hüterin des Gesetzes, die hehre Fricka, lässt sich korrumpieren, wenn auch nicht aus Geldgier:

    Die läßt sich aus Eitelkeit korrumpieren, wobei sie schon zuvor eitel war: wenn ich mich recht erinnere ist ihr Gequängel doch eine Ursache des Burgbaues.


    John Doe
    :hello:

  • Ich schätze ihn eherals geizig, gierig, materialistisch, primitiv und skrupellos ein. Wenn schlau, dann höchstens bauernschlau. Deswegen, weil er sich so saudumm von Loge hat über den Tisch ziehen lassen. Der hat ihn ein bißchen an seiner Eitelkeit gekitzelt und schon hat er ihn gehabt! :hahahaha:
    Ja, und natürlich notgeil, aber das ist was anderes!


    Im historischen Kontext gesehen steht Alberich für die sich gerade herausbildende Klasse der Kapitalisten: ein Haufen Kohle, Herren über tausende von Arbeitern, durchaus innovativ, aber nicht von Adel und daher nicht den gesellschaftlichen Stand innehabend, der ihnen ihrer Meinung nach eigentlich zusteht.

    Tja, so unterscheiden sich die Deutungen; meine ist menschlich-allzumenschlich angelegt, weshalb ich die "Notgeilheit" nicht nur verstehe, sondern auch deine Begriffswahl recht überheblich und abwertend finde. Alberich wurde genau so, wie du beschreibst, weil er abgewiesen wurde. Darauf wies ich aber schon in meinem ersten Posting hin. Deine hingegen wurzelt offenkundig in einem marxistischen Geschichtsbild, das sich aber mühelos in meine Interpretation einpassen lässt. Macht äußert sich in verschiedenen Epochen unterschiedlich, im 19. Jahrhundert natürlich auch großbürgerlich und kapitalistisch.

  • Die läßt sich aus Eitelkeit korrumpieren, wobei sie schon zuvor eitel war:

    Nicht nur. Ein bisschen Frieden, ein bisschen Liebe, dass ich die Hoffnung nie verlier, ist auch dabei.


    Fricka plagt doch die Eifersucht auf die neckisch-niedlichen Dinger im Rhein:


    "Von dem Wassergezücht
    mag ich nichts wissen:
    schon manchen Mann
    - mir zum Leid -
    verlockten sie buhlend im Bad."


    Mir zu Leid ist hier interessant, kamen die Nixen der Göttergattin gar bei geheimen Abenteuern in die Quere, oder spricht sie als Hüterin der Sitte?

  • Deine hingegen wurzelt offenkundig in einem marxistischen Geschichtsbild, das sich aber mühelos in meine Interpretation einpassen lässt.

    Eigentlich in dem da:


    Alberich ist meines Erachtens ein in die Jahre gekommener Junggeselle, der in Sachen Körperpflege etwas nachlässig war und dringend eine Braut braucht. Hätte er sich etwas gekämmt und zurechtgemacht, hätten ihn die Rheintöchter nicht so dumm angeredet, wobei das aber bei den Rheintöchtern eh zu ihrem Spiel gehört. Ansonsten gehört er dem ehrenwerten Stamm der Schwarzalben an. Mit Verachtung begegnen ihm eigentlich nur die Götter, respektive Weißalben, wobei die Bezeichnung darauf schließen laässt, dass sie sogar weitschichtig miteinander verwandt sind.


    Wagner war ja nun ein Politischer und einer aus dem 19. Jhdt., weswegen es eben nicht abwegig ist, Alberich mit einem emporstrebenden Ruhrkapitalisten zu vergleichen, haben doch die auch gewisse Probleme in Sachen Anerkennung gehabt: der herrschende Adel hat ihre Kanonen geschätzt und ihre Steuern, aber an einen Tisch mit ihnen wollte er sich nicht setzen, geschweige denn, dass er sie mitreden ließ.


    Und meine Begriffswahl soll auch nicht abwertend sein, sie resultiert nur aus meiner Wahrnehmung dieser Oper: nämlich eine der wenigen, die ohne Held auskommen, besteht sie doch aus einer Gruppe von Personen mit Wotan als Hauptfigur, die aus unterschiedlichen Gründen ihr Bestes geben, den Karren in den Dreck zu fahren. Bei allen Unterschiedlichkeiten haben diese Gründe doch eine Gemeinsamkeit: sie sind nicht hehr, sie sind alle niedrig oder resultieren aus Ignoranz.


    Mir zu Leid ist hier interessant, kamen die Nixen der Göttergattin gar bei geheimen Abenteuern in die Quere, oder spricht sie als Hüterin der Sitte?

    Da spricht eindeutig die Hüterin der Sitte, wobei auch noch folgendes mit hinein schwingt: die schärfsten Kritiker der Elche wären gerne selber welche!
    Fricka ist der Archetyp der Hausfrau schlechthin! Loriot hat solche Damen auch schon oft genug dargestellt und wenn man sich ein bißchen die Augen auswischt und etwas genauer hinschaut, dann wimmelt es gerade so von denen auf der Welt!


    John Doe
    :angel:

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  • hami1799


    "Von dem Wassergezücht
    mag ich nichts wissen:
    schon manchen Mann
    - mir zum Leid -
    verlockten sie buhlend im Bad."

    Tja, die Mädels sind eindeutig jünger als Fricka, dürften einen kleineren Hintern haben und schlankere Beine und obenrum dürften sie auch etwas frischer sein. Außeredem sind sie noch nicht unter der Haube, also frei und führen obendrein auch noch einen ganz anders gearteten Lebenswandel, den Fricka vielleicht selbst mal gerne geführt hätte, sich dann aber für Handfesteres in Form einer guten Partie entschieden hat. Alles Gründe, wofür schon von vorne herein eine gewisse Missgunst, ein gewisser Neid da ist. Und dann wildern diese Luder auch noch in ihrem Revier, stellen ihre Autorität in Frage und ihre Kompetenz und werden dafür nicht einmal bestraft. Klar, dass sie von diesem Wassergezücht nix wissen mag. Der Rest mag zwar formal stimmen, aber in wirklichkeit ist Fricka auf die Rheintöchter wegen deren Jugend und Schönheit sauer und wegen verletzter Eitelkeit.


    Und genau das ist der Grund, warum ich das Rheingold für die mit Abstand beste Oper Wagners halte: diese knappen, hochkomplexen und durchaus realistischen Charakterisierungen, die sich auch nicht scheuen, sich ab und an der Karikatur anzunähern. Und genauso die Handlung! Keine Pause, kein Verweilen und erst Recht kein Liebesrausch, da wird durch marschiert, getrieben von einem Libretto, bei dem fast jeder Vers eine wichtige Aussage ist.


    Diese Dichte von Handlung, Text und Musik hat Wagner m.E. in keiner anderen Oper mehr erreicht!


    Viele Grüße
    John Doe

  • Diese Dichte von Handlung, Text und Musik hat Wagner m.E. in keiner anderen Oper mehr erreicht!


    Ich würde Dir vorbehaltlos Recht geben, wenn Wagner nur diese eine Oper geschrieben hätte.


    Doch nicht weniger verdichtet scheint mir die Fortsetzung, die Walküre. Ist nicht der ganze erste Akt aus einem Guss geformt und von sich stetig steigernder Dramatik bis zum ekstatischen Finale? Da möcht ich keine Note missen.
    Und im Siegfried? Die märchenhaften Klänge im Wald mit der wunderbaren Bassklarinette? Ist das etwa keine Gänsehautstelle?
    Wenn das immer noch nicht genügt, hätten wir noch die Einleitung zur Götterdämmerung. Ungreifbare, geheimnisvolle Klänge aus dem Nebel grauer Vorzeit. Ist diese Stimmung eindringlicher und treffsicherer zu zeichnen?
    Schließlich das versöhnliche Ende. Eine Orgie in Wohllaut, an Schönheit kaum zu übertreffen.
    Da könnte man den ganzenText, die Dramaturgie, die Bühne mit ihren Nixen, Zwergen, Helden und Göttern für nur einige Takte akustischer Reizentfaltung dahingeben.


    Howgh!

  • Hami, das hast du herrlich geschildert. Dieser erste ,,Walküre"-Akt ist ja ein grandioses Cellokonzert mit Gesangsstimmen - absolut unerreicht!


    Und was du über das Vorspiel zur ,,Götterdämmerung" gesagt hast (Unbegreifbare geheimnisvolle Klänge aus dem Nebel grauer Vorzeit), das auch ideal zur ,,Morgendämmerung" paßt, beweist wiederum, wie abseitig, ja dilettantisch Regisseure agieren, wenn sie den Ring, ein überirdischer, weltumspannender Kosmos, beginnend und endend im Nirgendwo, in eine konkrete Zeitepoche stellen (auch der sogenannte ,,Jahrhundertring" von Chéreau muß dessentwegen als gescheitert gesehen werden).


    Leider läßt mich die Figur des Siegfried unerfüllt, da er auf mich den Eindruck eines Teutoburgerwald-Tarzans macht.

    Arrestati, sei bello! - (Verweile, Augenblick, du bist so schön!)

  • Doch nicht weniger verdichtet scheint mir die Fortsetzung, die Walküre. Ist nicht der ganze erste Akt aus einem Guss geformt und von sich stetig steigernder Dramatik bis zum ekstatischen Finale? Da möcht ich keine Note missen.

    D'accord, d'accord! Nur finde ich den Vater - Tochter - Konflikt inklusiv seiner Lösung im letzten Akt eine Spur zu langatmig.


    Siegfried spielt schon auf einer anderen Ebene. Bei aller Freiheit des Heldens ist das Geschehen dieser Oper vielmehr Reaktion denn Aktion.
    Und auch hier: die finale Liebesszene in ihrer ganzen Schönheit und Leidenschaft und mit ihren ganzen Treueschwüren wirkt leicht bremsend, führt zu einer gewissen Verzögerung hinsichtlich des Konfliktes, der im Rheingold geschürt worden ist, ich wiederhole: hinsichtlich des Konfliktes, der im Rheingold geschürt worden ist!


    In der Götterdämmerung nun ist sehr viel Handlung, die als solche kaum mehr oder nur noch mittelbar in Bezug zum Rheingold steht. Ausnahme: das Vorspiel und die Szene mit Siegfried und den Rheintöchtern. Konkret in dieser Szene ist plötzlich alles wieder da und das ganze Drama wird zur Disposition gestellt. Hätte Siegfried hier den Ring ins Wasser geschmissen, hätte Wotan seinen Helden den Befehl geben können, das ganze Brennholz zurück in die Scheune zu bringen. Aber Siegfried hat den Ring nicht ins Wasser geschmissen und so läuft das ganze Drama ohne weitere Überraschung seinem Ende entgegen.


    Zu der Szene Wotan - Brünnhilde im letzten Akt der Walküre und der großen Liebesszene am Schluss von Siegfried möchte ich noch ergänzen, dass diese gewissen Längen, die ich an diesen Szenen kritisiere, dadurch zustandekommen, dass der Hörer in deutlich kürzerer Zeit erfasst, um was es geht, als dass die einzelnen Szenen dauern. Und gerade im Hinblick auf das ganz spezielle Problem Wotans, das der sich im Rheingold ja höchstpersönlich selbst geschaffen hat, spielt doch die Liebe eine deutlich untergeordnete Rolle.



    Leider läßt mich die Figur des Siegfried unerfüllt, da er auf mich den Eindruck eines Teutoburgerwald-Tarzans macht.

    Ja, ein unreifer Drischdrein bzw. Haudrauf, dessen körperlichen Kräfte wesentlich schneller gewachsen sind, als der ganze Rest. Erkenntnis und Reife erhält er erst durch Hagens Speer im Rücken. Man könnte ihn im klassisch - griechischen Sinn auch als Idioten bezeichnen, als einen der sich nur um seinen eigenen Lustgewinn kümmert, wenn auch als einen mit guten Anlagen.
    Für mich ist er nur schwer zu ertragen, alleine weil ich solche jungen Herren auch im echten Leben nur schwer ertrage.


    Viele Grüße


    John Doe
    :hello:

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  • Auch wenn es hier um Das Rheingold geht, möchte ich meinen vorherigen Beitrag (im Gleichklang von John Doe bezüglich der Persönlichkeit Siegfrieds) expliztit das "Waldweben" im Siegfried ausnehmen, denn hier zeigt der "Held" auch dank der einzigartigen Musik und Prosa Wagners eine Facette seiner ansonsten eindimensionalen Struktur beachtliche Größe (die auch zum Teil im Schlußduett erkennbar ist). Zuvor aber - für mich äußerst unsympathisch - räumt er seinen Vater, den er nach des Wanderers erklärenden Worten erkennen müßte, in primitiver Haudrauf-Manier weg). Auch sein plumper Auftritt in der Götterdämmerung (,,Kämpf mit mir, oder sei mein Freund!") zeigt deutlich, daß er eigentlich Brünnhildens nicht würdig ist.

    Arrestati, sei bello! - (Verweile, Augenblick, du bist so schön!)

  • Zitat von »John Doe« Diese Dichte von Handlung, Text und Musik hat Wagner m.E. in keiner anderen Oper mehr erreicht!


    Ich würde Dir vorbehaltlos Recht geben, wenn Wagner nur diese eine Oper geschrieben hätte.

    Wenn ich geglaubt hätte, der hintergründige, feinsinnige Humor meiner Antwort würde auch dem einfachen Volke zugänglich sein, so hat mich Dein Versuch, vom Wesentlichen abzulenken, in die Wirklichkeit zurückgeführt.


    Von der persönlichen Missachtung absehend, möchte ich der Ansicht, Siegfried sei ein kompletter Trottel, auf das schärfste entgegentreten, denn keiner hat die Intentionen des Meisters Richard so gut verstanden wie er, und hätte er den unseligen Reif den leichtfertigen Mädels überlassen, wäre dem Hörer manch brillantes Musikgespinst verlustig gegangen.


    Zudem hätte er sich nach schwedischen Recht strafbar gemacht, denn der Handel:


    "für der Minne Gunst
    miss´ich ihn gern;
    ich geb´ ihn euch, gönnt ihr mir Lust."


    ist hier verboten und kriminalisiert den Käufer.
    Für einen dummen Menschen hätte sich auch kein deutscher Meister der Leichtathletik einer schwierigen Schauspielrolle unterzogen. :huh:


    Nun, was ist die Rolle Siegfrieds? Für mich die des missbrauchten Werkzeugs. Wo Gurnemanz den Parsifal fast unmerklich manipuliert, geht es im Ring direkt zur Sache.
    Und weil hier Wagner oft in Verbindung mit einem dunklen Kapitel der deutschen Geschichte gebracht wird, könnte man die Sache weiter spinnen.


    Hindenburg-Wotan erschafft die Helden in der Absicht, Walhall zu retten, verliert aber bald die Kontrolle über das Geschehen. Hitler-Hagen lässt Röhm-Siegfried für sich die Schmutzarbeit machen und räumt ihn, als dieser nicht mehr gebraucht wird, aus dem Weg. Eine verlogene Propaganda soll danach den Mord rechtfertigen.
    Am Ende helfen keine Kniffe mehr und Hitler-Hagen wird von den amerikanischen Nixen aus dem Hudson River ertränkt.


    Ich finde, Wagner hat den Charakter des unwissenden, naiven, sich nur auf Gewalt und seine Kraft verlassenden Draufgängers sehr gut gezeichnet und auch die Wirklichkeit getroffen im Gedanken an die vielen gescheiterten Idealisten, die sich immer wieder vor den Karren berechnender Drahtzieher spannen lassen.

  • Zudem hätte er sich nach schwedischen Recht strafbar gemacht, denn der Handel:


    "für der Minne Gunst
    miss´ich ihn gern;
    ich geb´ ihn euch, gönnt ihr mir Lust."

    Ach, wenn das alles wäre. Zur weiteren Lektüre möchte ich das Büchlein "Der Ring des Nibelungen im Lichte des deutschen Strafrechts" von Ernst von Pidde empfehlen.



    Zwar sind einige Tatbestände heute wohl nicht mehr strafbar, aber das Büchlein bietet eine amüsante Lektüre.


    Viele Grüße


    Mme. Cortese

    Gott achtet mich, wenn ich arbeite, aber er liebt mich, wenn ich singe (Tagore)

  • Eigentlich schade, daß das manipulierte testosterongesteuerte Inzuchtsprodukt den 3 Heringsgrazien nie begegnen durfte. Was hätte er auf ihren Schlußgesang wohl erwidert?


    Rheingold! Rheingold!
    Reines Gold!
    O leuchtete noch
    in der Tiefe dein laut'rer Tand!
    Traulich und treu
    ist's nur in der Tiefe:
    falsch und feig
    ist, was dort oben sich freut!

    Freundliche Grüße Siegfried

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  • Zwar sind einige Tatbestände heute wohl nicht mehr strafbar, aber das Büchlein bietet eine amüsante Lektüre.


    Die Sache ist kompliziert und der Verfasser selbst über die Rechtslage oft ratlos.


    a) kann man Verbrechen bestrafen, die in vorkarolingischer Zeit verübt wurden?
    das deutsche StGB verfährt nach der Maxime Nulla poena sine lege, was soviel bedeutet, dass man nur jemanden bestrafen kann, wenn die Tat zur Zeit der Ausführung auch schon strafbar war.
    Da die besagten Delikte aber vor der Zeit der Entstehung des StGB begangen wurden, könnte man annehmen, sie seien nicht strafbar, doch der Umstand, dass


    b) die Verbrechen, wenn es um eine Inszenierung auf deutschem Boden geht, bei jeder Aufführung von Neuem begangen werden, lässt wiederum eine Bestrafung zu.


    c) die Frage, ob deutschstämmige Interpreten bei Aufführungen im Ausland strafrechtlich verfolgt werden könne, wird vom Verfasser offen gelassen. Es ist einfach zu kompliziert, das Problem der Staatensukzession zu lösen, d.h., den Rechtsnachfolger von Nibelheim, Walhall oder der Neidhöhle zu ermitteln.


    d) in einem Punkt jedoch scheinen die Zweifel des Verfassers ausgeräumt: dass man die Sänger, die diese Straftaten nur spielen, nicht bestrafen kann, ist keine Frage, anders aber, sollte der Darsteller des Alberich während der Zeit der Aufführung tatsächlich "maßlose Macht" ausüben, oder sollte der Bassist Fafner den Bassisten Fasolt wirklich erschlagen. In diesen Fällen dürfte eine strafrechtliche Verfolgung nicht auszuschließen sein.

  • Nun, was ist die Rolle Siegfrieds?

    Wenn man im 19. Jhdt. bleibt die des Anarchisten: er anerkannt nichts, weder Werte, noch Ideale und schon gleich gar nicht Gesetze, daraus resultiert ein Materialismus, der die ganzen Symbole der alten Ordnung nur noch auf ihren Materialwert reduziert und sie so ihrer Macht und ihres Zaubers beraubt: aus Wotans Speer wird ein Stück Holz und der Ring ist nur noch glitzerndes Blech.



    Für mich die des missbrauchten Werkzeugs. Wo Gurnemanz den Parsifal fast unmerklich manipuliert, geht es im Ring direkt zur Sache.

    Aber nicht vom Hauptakteur Wotan, sonder von Alberich und Hagen. Wotan darf nicht eingreifen und kann auch nicht mehr eingreifen, denn der Speer ist zerschlagen und mit ihm die alte Ordnung. Wotan hockt mit seiner Sippe in seiner Burg, befürchtet einen eventuellen Prozess vor einem Revolutionstribunal und hofft auf die Einrichtung eines Reptilienfond.
    Durch den zerbrochenen Speer steht die Macht wieder zur Disposition, die Karten werden neu gemischt und Alberich bemüht sich, das Spiel zu seines Gunsten zu beeinflussen.
    Und für was steht Alberich: für die bewußte Ablehnung der bestehenden Werte und Ordnungen unter dem Aspekt der blanken Kosten-Nutzen-Rechnung. Von dem her gesehen ist Alberich der Archetyp des Bourgeois, des Kapitalisten schlecht hin, wobei seine Ordnung nur mit Peitschenschlägen, Gebrülle und Überwachung (Tarnkappe) durchgedrückt wird und durchaus als (proto- bzw. früh-) faschistisch bezeichnet werden kann.


    Dem absoluten Anarchisten Siegfried, der primär seine Individualität, sein Ich ausleben möchte, ist hier etwas gegenübergestellt, das ähnlich ist, aber von einer ganz anderen Quelle gespeist wird. Von dem her ist es absolut logisch, dass Siegfried Alberich und Hagen so mir nix dir nix auf den Leim geht, genauso wie es auch absolut logisch ist, dass ihn sich diese beiden vor ihren Karren spannen wollen, genauso wie es auch absolut logisch ist, dass er ihre Lanze in den Rücken bekommt, kann doch der Anarchismus aus ideologischen Gründen dem Kapitalismus und seiner Freiheit der Märkte nicht das entgegensetzen, was er eigentlich sollte. Man möge sich dabei nur einmal kurz diese neue Tea-Party-Bewegung in den USA vor Augen halten, die vor lauter Freiheitsgebrüll schon ganz heiser ist, von diversen Marktradikalen gesponsort wird und letztendlich nur die Freiheit der Märkte meint.


    Wagner hat in seinem Ring doch nichts anderes als die Krise der Monarchien im Frühkapitalismus aufgezeigt und dabei einige prophetische Ausblicke geschaffen. Und dabei ist es völlig belanglos, wo sich nun Wagner selbst in diesem Spiel positioniert hat


    Viele Grüße
    John doe
    :hello:

  • Ich habe soeben diese Neuerscheinung des "Rheingold" zu Ende gehört und ich bin mir recht uneins, was ich davon halten soll. Ganz extrem fällt das schlechte Deutsch von Nikolai Putilin in der Hauptrolle des Alberich auf. Er vertauscht Wörter, Artikel, manchmal ergeben sich daraus gar lustige Sätze. Insgesamt ist das aber schon sehr störend.
    Dagegen ist aber Rene Pape als Wotan so eine Wohltat, daß seine Passagen das Ganze wieder glattbügeln. Auch die Fricka von Ekaterina Gubanova überzeugt, ebenfalls der Loge von Stephan Rügamer.
    Die Erda-Szene ist mit viel Hall aufgenommen worden; ich finde aber es passt zu dieser Szene. Man darf sich aber an so einem "Experiment" nicht stören.


    Das breitgezogene Dirigat von Valery Gergiev hat mir recht gut gefallen und ist mir nicht als störend untergekommen. Aber ein no go ist der Alberich in dieser Aufnahme, das verhaut ziemlich viel...


  • Ich kann Louis nur zustimmen. Mein Eindruck von den Hörproben, den ich bereits in einem anderen thread geschildert habe, hat sich bestätigt. Gergievs detailverliebtes Breitwandkino gefällt mir. Pape ist wieder großartig. Auch die anderen Rollen sind gut besetzt. Wenn man die Besetzung des Loge mit einem Charaktertenor mag, ist Rügamer sicher eine sehr gute Wahl. Lediglich Schreier bei Janowski I gefällt mir noch besser. Riesen (Nikitin!), ausgezeichnete Fricka, Nebenrollen, alles (von russischen Sängern) sehr gut gesungen und idiomatisch. An die Halligkeit der Erda Szene muss ich mich erst noch gewöhnen; ich halte solche Effekte (wie übrigens schon bei Solti) für überflüssig. Das Problem der Aufnahme ist Putilin als Alberich. Vom Material her sicher geeignet, ist er gleichwohl ein Ausfall, weil sein Deutsch einfach grauenhaft ist. Über die falsche Aussprache von insbes. Vokalen hinaus gibt es regelrechte Entstellungen des Textes. Das trübt den Gesamteindruck einer ansonsten außerordentlich guten Einspielung leider erheblich.

    res severa verum gaudium


    Herzliche Grüße aus Sachsen
    Misha

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  • Das Problem der Aufnahme ist Putilin als Alberich. Vom Material her sicher geeignet, ist er gleichwohl ein Ausfall, weil sein Deutsch einfach grauenhaft ist.


    Dies ist ein generelles Problem des Mariinsky-Theaters und hängt ursächlich mit dem System dieses Theaters zusammen. Obwohl vor über 10 Jahren ein namhafter Sprachcoach wie Richard Trimborn für die "Ring"-Einstudierung gewonnen wurde, sind es seitdem doch mehr die "Konzertmeister" (im Deutschen würden man sagen, die Studienleiter), die die Sänger auch sprachlich für die Aufführungen und Einspielungen vorbereiten, in diesem Fall (die im Booklet ungenannte) Marina Mnishuk. Gergiev selber ist mehr am stimmdarstellerischen Ausdruck als an der sprachlichen Korrektheit interessiert. So pries er Putilins Alberich mit den Worten, dieser sänge "wie ein Tier".


    Putilin gehört zur älteren Garde des Mariinsky-Theaters, die ihre Ausbildung noch in der UdSSR erhalten hat, ganz im Gegensatz zu den jüngeren Sängern, denen es leichter fällt, sich in einer Fremdsprache zu artikulieren. Z.B. haben die beiden Riesen (Nikitin und Petrenko) Sprachlehrer in Deutschland. Putilin sang vor über 20 Jahren Rollen wie u.a. den Mozart-Figaro und wurde allmählich zu einem hervorragenden Verdi-Bariton, wurde aber schon Ende der 90er Jahre als Holländer und Rheingold-Wotan eingesetzt. Um das Volumen für diese Rollen zu bekommen, legte er sich eine sehr "offene" Gesangstechnik zu mit einer Verbreiterung der Vokale, so dass seine Stimme größer erklang, aber seine sprachliche Durchdringung zu einem Einheitsbrei wurde. Dies wurde offensichtlich (und für mich sehr störend) z.B. als Geisterbote in der "Frau ohne Schatten", die demnächst als DVD erscheinen soll, wobei ich mir nicht vorstellen kann, wie man Abnehmer für diese Besetzung (Khudoley, Sergeeva, Savova, Amonov, Umerov) finden wird. Vielleicht im nicht-deutschen Sprachraum!


    Grüße aus Finnland
    Peter

  • Bekanntlich umspannt die Rheingold-Handlung vom Beginn der zweiten Szene bis zum Einzug der Götter in Walhall etwa den Zeitraum eines Tages. Die Zeit zwischen der ersten und zweiten Szene hingegen ist nicht genau bestimmt. Es mögen ein paar Tage sein, höchstens aber wohl einige Monate. In dieser Zeit schaffen die Zwerge unter der Gewalt Alberichs das Gold aus dem Rhein nach Nibelheim, der Ring und die Tarnkappe werden geschmiedet. Nicht klar ist m.W. nun, ob der Bau der Götterburg, sowie der vorausgehende Vertrag, der den Riesen die Göttin Freia als Lohn verspricht, vor oder nach dem Raub des Rheingoldes einzuordnen sind!? Immerhin ist anzunehmen, dass die Riesen schnell bauen könnnen ;)


    Nimmt man jetzt an, Vertragsschluß und somit auch der Bau Walhalls liegen zwischen der ersten und zweiten Szene und berücksichtigt, dass es Loges Idee war, den Riesen Freia als Bezahlung zu versprechen:


    Wotan [...] Der zum Vertrag mir riet
    versprach mir Freia zu lösen:
    auf ihn verlaß ich mich nun.


    So muss man doch fragen, ob Loge hier schon gewußt hat, dass das Gold der Rheintöchter durch Alberich geraubt wurde?

    mfG Michael


    Eine Meinungsäußerung ist noch kein Diskurs, eine Behauptung noch kein Argument und ein Argument noch kein Beweis.

  • So muss man doch fragen, ob Loge hier schon gewußt hat, dass das Gold der Rheintöchter durch Alberich geraubt wurde?


    Zumindest nach Loges eigener Darstellung ist das nicht der Fall. So berichtet er Wotan:


    Für dich nur besorgt,
    sah ich mich um,
    durchstöbert im Sturm
    alle Winkel der Welt:
    Ersatz für Freia zu suchen,
    wie er den Riesen wohl recht.
    Umsonst sucht ich,
    und sehe nun wohl:
    in der Welten Ring
    nichts ist so reich,
    als Ersatz zu muten dem Mann
    für Weibes Wonne und Wert!
    [...]


    Nur Einen sah ich,
    der sagte der Liebe ab;
    um rotes Gold
    entriet er des Weibes Gunst.
    Des Rheines klare Kinder
    klagten mir ihre Not:
    der Nibelung,
    Nachtalberich,
    buhlte vergebens
    um der Badenden Gunst;
    das Rheingold da
    raubte sich rächend der Dieb:
    das dünkt ihm nun
    das teuerste Gut,
    hehrer als Weibes Huld.


    So wie es hier dargestellt wird, machte sich Loge auf die Suche nach einem alternativen Entgelt für die Riesen, nachdem das Geschäft schon ausgeheckt war, und erst im Laufe der Suche traf er auf die Rheintöchter und erfuhr vom Raub des Goldes. Aber bei diesem listigen Ränkeschmied weiß man natürlich nie, ob er die Wahrheit sagt. :)


    Weiterhin scheint Loge das Rheingold gar nicht als Entgelt für die Riesen im Sinn gehabt zu haben, denn er wendet sich an Wotan, damit dieser als Hüter der Rechtsordnung das Gold den Rheintöchtern zurückgibt:


    Um den gleißenden Tand,
    der Tiefe entwandt,
    erklang mir der Töchter Klage:
    an dich, Wotan,
    wenden sie sich,
    daß zu Recht du zögest den Räuber,
    das Gold dem Wasser
    wieder gebest,
    und ewig es bliebe ihr Eigen.

    Der Traum ist aus, allein die Nacht noch nicht.

  • Aber bei diesem listigen Ränkeschmied weiß man natürlich nie, ob er die Wahrheit sagt. :)

    Ich glaube tatsächlich, dass Loge hier den anderen Göttern eine Story als neu auftischt, die er schon länger kennt - immer unter der Voraussetzung, dass der Raub des Goldes vor dem Vertragsschluß stattgefunden hat. Erstaunlich genug, dass die Geschehnisse um Alberich und das Rheingold Wotan und den anderen Göttern anscheinend unbekannt sind. Zudem ist Loge m.E. vollkommen klar, dass Wotan überhaupt nicht daran denkt, das Gold bzw. vor allem den Ring den Rheintöchtern zurückzugeben.

    mfG Michael


    Eine Meinungsäußerung ist noch kein Diskurs, eine Behauptung noch kein Argument und ein Argument noch kein Beweis.

  • Für alle, die es noch nicht kennen:


    Morgen, 25.07.2020 um 20.15 auf 3Sat "Das Rheingold".

    Es handelt sich um die Harry Kupfer-Inszenierung aus Bayreuth von 1991/92, es dirigiert Daniel Barenboim.


    Für Wagneranhänger sicher kein Muß, das kennt schon jeder. Aber für Neulinge geeignet. Es geht dann weiter, wohl jeden Sonnabend auf 3 Sat kommen "Walküre", "Siegfried" und die "Götterdämmerumg". Ich schau´s mir trotzdem an, nehme es vielleicht sogar auf.


    Herzlichst La Roche


    Korrektur: Walküre, Siegfried und Götterdämmerung sind in der 3sat-Mediathek ab sofort bis zum 24.08.2020 abrufbar.

    Ich streite für die Schönheit und den edlen Anstand des Theaters. Mit dieser Parole im Herzen leb' ich mein Leben für das Theater, und ich werde weiterleben in den Annalen seiner Geschichte!

    Zitat des Theaterdirektors La Roche aus Capriccio von Richard Strauss.

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  • Ein Querschnitt des "Rheingolds", eigentlich eher in der Art einer Kurzoper, wurde in diesem Thread schon vor Jahren genannt.


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    Richard Wagner

    Das Rheingold

    Opernquerschnitt


    Götter:

    Wotan: Ferdinand Frantz, Bass

    Donner: Josef Metternich, Bass

    Froh: Rudolf Schock, Tenor

    Loge: Helmut Melchert, Tenor


    Göttinnen:

    Fricka: Johanna Blatter, Alt

    Erda: Rut Siewert, Alt


    Rheintöchter:

    Woglinde: Lisa Otto, Sopran

    Wellgunde: Melitta Muszely, Sopran

    Floßhilde: Sieglinde Wagner, Alt


    Alberich, ein Nibelung: Benno Kusche, Bass


    Staatskapelle Berlin

    Dirigent: Rudolf Kempe


    Aufnahme: Grunewaldkirche, Berlin, 4.-6. März 1959


    Koproduktion mit Electrola


    LP Electrola Stereo STE 80470 (1961)

    LP Eterna Stereo 8 25 091 (1967)

    CD EMI CMS 5 65212 2 (1994)

    CD Berlin Classics 0032632BC (2003)


    Die Einspielung entstand wenige Monate nach der Gesamtaufnahme der Decca unter Solti (Sept./Okt. 1958). Sie dürfte sowohl in Ost- als auch in Westdeutschland einige Verbreitung gefunden haben, erschien sie doch parallel bei Eterna und Electrola. Bei den Nachfolgelabels Berlin Classics und EMI gelangte sie später auch auf CD. Die Besetzung ist illuster und wohldurchdacht. Die Sprechdeutlichkeit aller Beteiligten nimmt für sich ein. Ich war zunächst überrascht, ausgerechnet Benno Kusche als Alberich gelistet zu finden, ist mir dieser doch eher in komischen Rollen ein Begriff. Auf wundersame Art klappt sein Rollenporträt gleichwohl sehr gut, legt er den Nibelung eben ein wenig anders und doch legitim an, weniger schwarz und sympathischer als bei Neidlinger, aber wenn nötig, schon auch mit einer gehörigen Portion Schärfe (Fluchszene). Für Ferdinand Frantz sollte diese Aufnahme unerwartet einen Schlusspunkt unter seine Sängerkarriere setzen, erlag er doch wenig später einem Herzschlag (während einer Anzuganprobe bei einem Münchner Herrenausstatter). Von Abnutzung ist hier m. E. gleichwohl nichts zu merken. Die Rheintöchter sind besonders luxuriös besetzt. Man bedauert, dass Metternich, Schock und Melchert so kurze Auftritte haben. Rut Siewert gibt eine bezwingende Erda, die in einer Klasse mit Jean Madeira und Marga Höffgen rangiert. Die Staatskapelle Berlin (in der Electrola-Ausgabe als Orchester der Deutschen Staatsoper Berlin bezeichnet) spielt unter dem begnadeten Dirigat von Rudolf Kempe. Dieser setzt nicht so stark auf Effekt wie Solti und liefert doch eine überzeugende Lesart. Bitter ist freilich, dass so viel ausgelassen wurde, was bei nur einer guten Dreiviertelstunde nicht wundernimmt. Gerne hätte ich auf demselben Niveau besetzte Riesen erlebt. Und die erste Verwandlungsmusik und die darauffolgende Szene mit einem adäquaten Mime wäre noch die Krönung gewesen. Aber seien wir froh mit dem, was wir haben. Der Klang ist ganz ausgezeichnetes Stereo, beigesteuert durch die westlichen Tontechniker.

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Wohl wahr, lieber Joseph.

    Ich kann all dem zustimmen, was Du geschrieben hast. Es gibt sehr wenige Querschnitte, bei denen ich so sehr bedauere, dass es davon keine Gesamtaufnahme gibt, wie diesen.

    Grüße aus der Nähe von Hamburg


    Norbert


    Das Beste in der Musik steht nicht in den Noten.

    Gustav Mahler


  • Eine vernichtende Kritik aus dem US-Magazin "High Fidelity" von November 1961 will ich hier übersetzt zitieren. Ich frage mich, ob ich eine andere Aufnahme hörte.


    "Seit dem Erscheinen dieser unverzichtbaren Gesamtaufnahme [Anm.: Solti] hat Electrola eine Platte mit Auszügen herausgebracht, die in der Tat eine traurige Angelegenheit darstellt. Wir hören die Eröffnungsszene, die von einem charmanten Nymphen-Trio und einem starken Alberich gekonnt projiziert wird. Der Rest der Scheibe stammt aus der letzten Szene und ist in der Darbietung entschieden zweitklassig. Kempe, einer unserer herausragenden Wagner-Dirigenten, erscheint bei dieser Gelegenheit außerordentlich uninspiriert; ihm fehlt es an dramatischem Geist und er wählt einige unerträglich träge Tempi. Weder der prätentiöse, erzwungene und schwammig gestimmte Donner noch der schwere und raue Froh sind ihm dabei eine Hilfe. Der Wotan strengt sich so gewaltig an, den Noten gerecht zu werden, dass die musikalische Form darüber verloren geht. Der Loge ist zwar angemessen, aber Svanholm auf London [Anm.: US-Ausführung von Decca] nicht gewachsen, der ausnahmsweise einmal keine Heldentenorpartie übernimmt und sein großes Talent für Charakterstudien zeigt."

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões