Ist Mozart unmodern ?

  • Hallo,


    Diese Frage stellt sich mir, weil (im Gegensatz vor etwa 20 oder gar 30 Jahren) sowohl die Anzahl der Veröffentlichungen auf Tonträger immer geringer wird, ja man kann fast sagen, von Brendel einmal abgesehen, und auch Kirschnereit, es wird derzeit fast nichts von Mozart aufgenommen.



    Auch in Foren wird gelegentlich eher desinteressiert mit dem Thema umgegangen.
    Natürlich kennt jeder Mozart, aber so alles überstrahlend wie vor einiger Zeit ist er momentan nicht.
    Was vielleicht nicht alle wissen ist, daß Mozarts Popoularität immer schon großen Schwankungen unterworfen war, so sah sich dereinst, etwa um 1930
    der Dirigent Sir Thomas Beecham veranlasst, sich für das Werk "dieses unterschätzten Komponisten" einzusetzen, ein Statement, das mir früher ein Lächeln entlockt hätte, nun aber schon fast wieder aktuell ist.
    Viele denken bei Mozart automatisch an Mozarts allgegenwärtige "kleine" Nachtmusik", aber das ist doch nur eine Serenade, zudem noch (was die wenigsten wissen) unkomplett (ein Satz fehlt). Daran sollte man Mozart nicht messen. Mir persönlich, von den Opern einmal abgesehen, liegen Mozarts Klavierkonzerte besonders am Herzen. Er hat 27 geschriebe, eine durchaus beachtliche Zahl, da klingt keines wie das andere. Hätte er doch noch einige geschrieben !!
    Wir nähern uns dem Mozart-Jahr 2006, aber ich habe den Eindruck, daß keine wie immer gearteten "Aktivitäten" gestartet wurden um dieses Ereignis in irgendeiner Form zu feiern.
    Für das Mozart Jahr 1991 (Ein deutscher Anbieter von Mozartkugeln schrieb auf seine Plakate: 200 Jahre Mozart ! und überging dabei die Tatsache daß es Mozarts Todestag und nicht Geburtstag war) wurden seinerzeit schon in den mittlerern achzigern Aufnahmen gemacht, beispielsweise Sinfonien unter James Levine (die mir allerdings mißglückt erscheinen)
    2006 wird man wahrscheinlich alte Aufnahmen umverpacken in eine Ausgabe, die dann als Mozart Edition erneut alle jenen Aufnahmen enthält die man sowieso schon hat, und auch jene denen man jahrelang bewusst ausgewichen ist :)


    Bei Haydn ist die angesprochene Tendenz schon weiter ausgeprägt, der zählt bald zu den vergessenen Komponisten.


    Eure Statements sind gefragt :)


    Freundliche Grüße aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Hallo


    wie sagte doch Schnabel so schön über die Klaviersonaten :

    Zu leicht für die Klavierschüler und zu schwer für den Konzertpianisten.


    Vielleicht verhält es sich mit dem Hören ähnlich. Mozart klingt für viele Zuhörer wahrscheinlich einfach nur fröhlich, leicht und frisch. Insofern müsste er doch in diesen Zeiten des schnellen und einfachen Konsums unheimlich beliebt sein.


    Ein Tipp :
    Mozart Klaviersonaten Nr. 11-14 mit G.Gould
    Mozart darf man so nicht spielen ? Wenn man ein solches musikalisches Genie ist, darf man alles. Denn hier wird Musik gemacht und keine Schau.
    Einfach Klasse und vielleicht sogar modern ?

  • Hallo zusammen,


    Mozart scheint mir - ähnlich wie Wagner - einen Extrempol im Repertoire der geläufigen klassischen Musik darzustellen. Er ist manchem zu ´leicht´, Wagner hingegen manchem zu ´schwer´. Bekanntlich wechseln solche Ansichten aber nicht nur über die Jahrhunderte, sondern glücklicherweise auch persönlich im Laufe des Lebens. ;)
    So mancher findet erst spät zu Mozart.
    Ich persönlich tat mich anfangs auch schwer: Einige meiner ersten CDs waren Mozart. Das 20 & 21 Klavierkonzert und das Requiem. Beide hörte ich von Anfang an mit großer Begeisterung. Mozarts Sinfonien und Opern lies ich eher link liegen. Lieber Wagner, Mahler und Tschaikowski in den Player, was sich vermutlich am ehesten mit der Gefühlswelt eines damals 19jährigen erklären lässt. :)
    Irgendwann reizte mich der Knabe dann doch mehr und mittlertweile ist auch Haydn ein Stammgast in meiner Anlage. Insofern ist man einerseits ziemlich machtlos, wenn einem halt die Musik aktuell nichts oder zu wenig sagt. Dann hört man halt das andere. Niemand kann und sollte sich zwingen. Aber man sollte vielleicht in seinem Kopf das Buch nicht gänzlich zuklappen, denn so viele begeisterte Mozart-Fans können nicht irren. Also eher für alles offen bleiben: Gelegenheiten zur Annäherung ergeben sich genug von selbst.


    Im Konzertsaal ist Mozart tatsächlich stark zurückgetreten. Bezeichnend überhaupt, dass Rattle z.B. in Berlin sein Debüt mit Mahler gab. Vor 20 Jahren wäre das wohl nicht die Wahl für ein Antrittskonzert gewesen, ist aber im Moment voll im Trend.
    Hier in Berlin ist allerdings eine wieder ansteigende Präsenz der Wiener Klassiker zu verzeichnen: Mozartsinfonien bestimmen schon mal ein eigenes Programm und auch Haydn steht überdurchschnittlich auf dem Plan. Das man dies aber extra herausstellen muss zeigt doch deutlich, dass deren Bedeutung - zumindest in der Konzertpräsenz - aktuell nicht in der ersten Reihe steht. Ich halte das aber eher für eine Modeerscheinung. Hinsichtlich des Zeitgeistes wäre es vermutlich eher zu begrüßen, sich ab und zu so einem Kleinod wie einer frühen Mozart- oder Haydbsinfonie zuzuwenden. ;)


    Gruß
    Anti








    [Dieser Beitrag wurde am 03.07.2004 - 11:13 von Antracis aktualisiert]

  • Zu Mozarts Aktualität hätte man Bücher schreiben können.


    Es hat mich vor einigen Jahren sehr überrascht und irgendwie persönlich getroffen, als ich die Frage zum ersten Mal gehört habe: Wozu Mozart heute? Dass es überhaupt zu so einer Frage gekommen war, klang für mich wie ein Blitzschlag, wie eine Kulturdämmerung. Es ist aber offensichtlich ein aktueller Trend, wo Mozart als Schlüsselfigur diese Signalfunktion bekommt. Nach dem Verhältnis seiner Musik gegenüber kann man den Verfall der Musiktradition messen.


    Denn Mozart ist eine Basis der gesamten klassischen Musikkultur, mehr als Bach. Mozart ist in seinen klaren Strukturen harmonischer, übersichtlicher als je ein anderer Komponist in der Musikgeschichte. Genauso wie Bach hat er die Vergangenheit und Gegenwart aufgehoben. Ausserdem hat er sonnige und traurige Gefühle frei von dem barocken rhetorischen Denken gestaltet und in seinen besten Opern den Menschen auf die Bühne gebracht.


    Für die Moderne ist er der Ausgangspunkt, an dem man sich gemessen hat. Heute ist er unsichtbare Hauptsäule der Musikkultur. Wer es nicht erkennt, ist naiv unwissend. Wer es in Frage stellt, bekennt sich zur Isoliertheit von der Geschichte, zum Bruch. Ob es soweit kommen wird, daß es zu einem tatsächlichen Bruch kommen wird, wissen wir noch nicht. Mal sehen :-)

  • Hallo



    Antracis schrieb:


    [Zitat]
    Beide hörte ich von Anfang an mit großer Begeisterung. Mozarts Sinfonien und Opern ließ ich eher link liegen. Lieber Wagner, Mahler und Tschaikowski in den Player, was sich vermutlich am ehesten mit der Gefühlswelt eines damals 19jährigen erklären lässt. [/zitat]


    Das kann ich nicht ganz so unwidersprochen stehen lassen: Mit ca 20/25 waren Haydn Mozart und Beethoven meine "Götter". Wagner verabscheute ich als "klobig und ordinär" was ich über Tschaikowski Brahms und Mahler damals sagte würde hier der Moderator zensieren (glaub ich zumindest 8) ) aber das hat sich alles eingerenkt inzwischen...




    Antracis schrieb:


    [zitat]
    Insofern ist man einerseits ziemlich machtlos, wenn einem halt die Musik aktuell nichts oder zu wenig sagt. Dann hört man halt das andere. Niemand kann und sollte sich zwingen.[/zitat]


    Das ist absolut richtig: Zuneigung, auch musikalische, kann nicht erzwungen wereden.
    Persönlich hab ich auch gar nichts dagegen, wenn jemandem Mozart nichts sagt.Traurig wäre es aber wenn jemand Mozart lediglich aus dem Umstand heraus nicht hört, weil viele sagen 'Mozart sei nicht cool' (Grins)


    peet schrieb:


    [zitat]
    Es hat mich vor einigen Jahren sehr überrascht und irgendwie persönlich getroffen, als ich die Frage zum ersten Mal gehört habe: Wozu Mozart heute? Dass es überhaupt zu so einer Frage gekommen war, klang für mich wie ein Blitzschlag, wie eine Kulturdämmerung. Es ist aber offensichtlich ein aktueller Trend, wo Mozart als Schlüsselfigur diese Signalfunktion bekommt[/zitat]


    Wenngleich ich Peet in vielen, ja fast allen Punkte beipflichte, muß doch gesagt werden, daß es schon zu Lebzeitens Mozarts Kritik an ihm gegeben hat, desgleichen daß er sowohl geschätzt, aber gleichzeitig auch verkannt wurde.


    Mozart schrieb:


    [zitat]
    ....wenn man mich den Leuten vorgestellt hat. Eiige, die mich per Renomee gekannt haben, waren sehr höflich, und voll Achtung, einige aber , die weiter nichts von mir wissen, haben mich groß angesehen, aber auch so gewiß lächerlich. Sie denken sich halt, weil ich klein und jung bin, so Kann nichts Großes und Altes hinter mir stecken; sie werden es aber bald erfahren...[/zitat]


    Aus einer Kritik der "Chronik von Berlin" anlässlich der Zweiten Aufführung von "Figaros Hochzeit" in Berlin am 16. September 1790:


    "--Das Haus war nicht so voll, als am ersten Tage der Vorstellung, ein Beweis, daß diese himmlische Musik ganz außer den Grenzen des Empfindungsvermögens des hiesigen Publikums liegt.."


    Christoph Friedrich Bretzner, ei eher unbedeutender Geist schrieb in der Leipziger Zeitung 1782:


    Ein gewisser Mensch namens Mozart in Wien hat sich erdreistet mein Drama "Belmont und Constance" zu einem Operntext zu mißbrauchen. Ich protestiere hiemit feierlichst gegen diesen Eingriff in meine Rechte und behalte mit weiteres vor



    ....damit auch der Humor sein Recht bekommt in diesem Thread...



    Gruß aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Hallo Alfred,


    Alfred schrieb:


    [zitat]
    Das kann ich nicht ganz so unwidersprochen stehen lassen: Mit ca 20/25 waren Haydn Mozart und Beethoven meine ´Götter´. Wagner verabscheute ich als ´klobig´ und ´ordinär´ was ich über Tschaikowski Brahms und Mahler damals sagte würde hier der Moderator zensieren (glaub ich zumindest ) aber das hat sich alles eingerenkt inzwischen..[/zitat]


    Wie hier praktisch demonstriert, war Deine Schützenhilfe fürs Zitieren erfolgreich. In diesem Falle waren es vermutlich die drei Punkte, welche den fatalen Zeilenumbruch auslösten. ;)


    Aber zurück zu Thema: An diesem Beispiel sieht man wieder schön, wie unterschiedlich die Menschen doch Zugang zu verschiedenen Komponisten erlangen. Dies macht es aus meiner Sicht auch so schwer, ´Einsteigern´ die so oft erfragten Empfehlungen aussprechen. Manch einer schläft bei Haydns 88ter Sinfonie ein, ein anderer wird von Mahlers Sechster Sinfonie für immer verschreckt, ein anderer wiederum saugt beides buchstäblich in sich hinein u.s.w.
    Und im Alter ist man ja auch immer wieder ein Anfänger, dass ist ja das schöne an diesem riesigen Gebiet. :)


    Gruß
    Anti

  • @Alfred


    Hallo alle Zusammen,


    wir wollten uns zu diesem Thema noch mal kurz äußern. Zum Einen hat uns die Frage ziemlich überrascht – da wir ja täglich „mit Mozart arbeiten“ ist uns noch gar nicht der Gedanke gekommen, dass Mozart an „Popularität“ verlieren könnte. Denken wir aber genauer darüber nach, so kommen auch wir zu dem Schluss das es zumindest so sein kann bzw. die Gefahr besteht.
    Was wir auf jeden Fall schon feststellen konnten ist, dass wenn wir ein Konzert veranstalten, die Musiker unverhältnismäßig teurer werden, wenn sie NUR Mozart spielen sollen. Die Begründung lautet dann: Mozart wäre so schwer zu spielen...


    Viele Grüße


    Bettina und Wilfried

  • hallo,


    also ich kann der hier allgemein vorherschenden Meinung, Mozarts Musik liefe Gefahr, unpopulär zu werden, nicht beipflichten.
    Im Radio (Österreich 1) wird er nach wie vor "rauf und runter" gespielt. Und für das Jubiläumsjahr 2006 sind mehrere Großprojekte in Wien und Salzburg geplant.


    Dass Veröffentlichungen neuer Tonaufnahmen zurückgehen, läßt sich, denke ich, damit begründen, dass ja praktisch alles von ihm schon in hunderten Aufnahmen verfügbar ist, und eine Plattenfirma riskiert bei einer Neueinspielung schlecht auszusteigen, da die meisten Kunden natürlich schon ihre Lieblingsaufnahmen besitzen oder zu einer konkurrierenden Referenzaufnahme greifen.
    Die Sättigung am Plattenmarkt seit Einführung der "unverwüstlichen" CD musste ja einmal kommen.


    Im übrigen habe ich gar nichts dagegen, wenn mit seiner Musik ein wenig sparsamer, soll heißen: bewusster, umgegangen wird.


    lg
    Hyperion

  • peet schrieb:


    Zitat

    Denn Mozart ist eine Basis der gesamten klassischen Musikkultur, mehr als Bach. Mozart ist in seinen klaren Strukturen harmonischer, übersichtlicher als je ein anderer Komponist in der Musikgeschichte.


    Eine nicht uninteressante Aussage, der ich dennoch gerne widerspreche: ! :D


    EINE Basis, vielleicht, aber ganz gewis nicht DIE Basis, (behaupten ausser mir auch noch Joshua Rifkin und J.E. Gardiner)
    Schütz z.b. ist in seinen klaren Stukturen bestimmt übersichtlicher als Mozart, Bach dürfte Mozart darin ebenfalls kaum nachstehen, meinen auch Verfechter, die einer "musikalische Evolutions-Theorie" eher skeptisch gegenüber stehn...


    weiterhin:


    Zitat

    Für die Moderne ist er der Ausgangspunkt, an dem man sich gemessen hat.


    Hm, bislang hatte ich dafür Beethoven gehalten, so alles ab op. 133... und wer bitte ist in diesem Fall ("man") ?????


    last not least:


    Zitat

    Heute ist er unsichtbare Hauptsäule der Musikkultur. Wer es nicht erkennt, ist naiv unwissend. Wer es in Frage stellt, bekennt sich zur Isoliertheit von der Geschichte, zum Bruch.


    Also spätestens jetzt sind 5 Euro in die Wartungskasse der Phrasendreschmaschine fällig, denn zu "unsichtbaren Hauptsäulen"
    bilden sich bei mir gänzlich andere Assoziationen, die genauer zu erörtern ich in diesem Forum für unangemessen halte. :rolleyes:


    Es gibt in der "Musikkultur", (ich gebs ja zu, ich tu mich, wenn ich mir die Konzertprogramme ansehe, schwer mit dem Begriff!) Mehr als nur einen Bezugspunkt. Das bleibt selbst bei dem wenigen, was in der Öffentlichkeit wahrnehmbar wird, erkenntlich.


    Für mich reicht die Musikkultur von Ockeghem bis zu Ligeti (willkürliches Beispiel für einen der "Noch-Lebenden"), und Mozart gebührt in diesem Zusammenhang ganz gewiss ein würdiger Platz, aber keiner, der auf einen "Alleinvertretungs-Anspruch" hinaus liefe.

    Das geht über das Sagbare hinaus. Das läßt sich nicht deuten und bedarf keiner Deutung. Es kann nur gehört werden. Es ist Musik. (H.H.Jahnn)

  • Lieber Alfred,


    Zitat

    Original von Alfred_Schmidt
    Diese Frage stellt sich mir, weil (im Gegensatz vor etwa 20 oder gar 30 Jahren) sowohl die Anzahl der Veröffentlichungen auf Tonträger immer geringer wird, ja man kann fast sagen, von Brendel einmal abgesehen, und auch Kirschnereit, es wird derzeit fast nichts von Mozart aufgenommen.


    Das ist natürlich immer schwer zu diskutieren, wenn man nicht festlegt, was "fast nichts" bedeutet. Neue Mozartaufnahmen und -veröffentlichungen: Harnoncourt (einige frühe Symphonien), Staier (Sonaten und Klavierstücke), Zacharias (Klavierkonzerte), Celibidache (Requiem), Schwarz/Seattle (Symphonien Nr. 40/41), Engel/Hager (Klavierkonzerte), Pierre (Flötenkonzerte), Rosen (Klaviersonaten), Szell und Tennstadt (Symphonien), Koroliov (Sonaten). Und das sind nur Neuveröffentlichungen der letzten drei bis vier Monate. Nicht eingerechnet sind hier die Dutzenden von Wiederveröffentlichungen zum Teil lange nicht mehr erhältlicher Einspielungen.


    Zitat


    Bei Haydn ist die angesprochene Tendenz schon weiter ausgeprägt, der zählt bald zu den vergessenen Komponisten.


    Eure Statements sind gefragt :)


    Kann ich auch bei Haydn nicht nachvollziehen. Wenn man nur regelmäßig bei den Versandhändlern schaut, findet man immer eine Gelegenheit zum Kauf einer Neuaufnahme oder Neuveröffentlichung.

    Gruß,
    Gerrit

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  • Vieles von Mozart erscheint mir im Nachhinein sogar einzigartig zu sein. Oper und Symphonie zumindest. Da ist Mozart in seinen Spätwerken Wege gegangen, die nach ihm niemand mehr beschritten hat. Ihm nachfolgende Komponisten haben meinen Ohren nach eher an Schubert oder Haydn angeknüpft.
    weiterhin:


    Zitat

    Original von BigBerlinBear


    peet schrieb:


    Also spätestens jetzt sind 5 Euro in die Wartungskasse der Phrasendreschmaschine fällig, denn zu "unsichtbaren Hauptsäulen"
    bilden sich bei mir gänzlich andere Assoziationen, die genauer zu erörtern ich in diesem Forum für unangemessen halte. :rolleyes:


    Sehr passend formuliert und eigentlich noch viel zu freundlich.

    Gruß,
    Gerrit

  • Hallo


    Man kann IMO nie zu freundlich formulieren, speziell, weil es ja hier "um nichts geht" und ich bitte auch alle höflichst diese Forentradition zu wahren...



    Weich in der Sprache, hart in der Sache .... aah da wären wir schon beim Thema: MOZART


    Ob Mozart nun der Kern der "Klassik" ist oder nicht, ist wie so oft eine Definitionsfrage. Zunächst würde ich mal sagen JA.
    Ja Mozart ist der Angelpunkt.


    Natürlich muß man sowas auch erläutern, bzw argumentieren:


    Wenn wir akzeptieren, daß jene Epoche, die wir heute als die "Klassik" bezeichnen, das Zentrum ist, ist schon viel gewonnen, hier ist Mozart wohl der "reinste" Klassiker, Haydn hat noch Wurzeln in der Vorklassik, im Stum und Drang, Schubert schielt schon ein wenig zur Romantik.
    Bleiben noch Mozart und Beethoven.
    Mozart, verharrt, so meine ich, im Bereich "Klassik", wogegen Beethoven neue Wege sucht. Wie Mozart sich verhalten hätte, so er länger gelebt hätte ist ungewiss..


    Aber in einem Punkt ist Mozart seinen 3 Mitstreitern um den Titel "Zentrum der Klassik" auf jeden Fall überlegen: Das ist die Vielfalt- kaum ein Genre ist ausgelassen - und in kaum einem war er nicht erfolgreich.


    Wenden wir uns aber einer anderen Betrachtungsweise zu: Alle Zeitalter werden betrachtet.


    Wen könnte man hier nennen ?Johann Sebastian Bach ?
    Wohl kaum.
    Zu einseitig auf geistliche Musik fixiert, Opern überhaupt negierend, ist er sicher der bedeutendste Vertreter des Barock (auch wenn schon Spätbarock) niemals aber eine Säule auf der alles lastet.


    Betrachten wir nun die romantische Epoche: Chopin hatte ein sehr spezifisches Repertoire,Schumann und Mendelssohn schrieben keine Opern, zumindest keine die heute noch aufgeführt werden. Tschaikowsky. das wurde eigentlich nie von irgend jemandem behauptet. Die klassische Moderne ist eigentlich schon an sich ausgeschlossen, ich kann mir nicht vorstellen, beispielsweise Bartok oder Schostakowitsch über Mozart oder Beethoven zu stellen. Was danach kommt hat in diesem Zusammenhang überhaupt keine Releveanz, oder glaubt jemand ernstlich Ligeti, Henze, Stockhausen oder Kagel wären "mehrheitsfähig?"


    Ich höre schon die Stimmen derer, die nun meinen, über Qualität ließe sich nicht abstimmen, ein Standpunkt dem ich mich durchaus anschließen kann, allerdings kann über allgemeine Akzeptanz (innerhalb der klassischen Musik" doch abgestimmt werden.
    Was wäre denn die Alternative ?
    Generell muß man sich die Frage stellen, was der Maßstab ist, welchen wir anlegen, wenn wir über "Klassische Musik und ihre wichtigsten Vertreter reden.
    Die Beliebheit?
    Johann Strauß wäre hier ein guter Kandidat.
    Das Alter ? Da müssten wir eigentlich Monteverdi in Betracht ziehen, eine gute Wahl an sich, leider zu wenig bekannt, selbst unter Kennern .
    Die Komplexität:
    Ja, da käme die Moderne oder einer ihrer Vertreter in Frage
    Die Schönheit :
    Da schiede letztere wieder aus :stumm: ;)


    So wird uns wohl nichts übrig bleiben, nach der Akzeptanz zu gehen.
    Hier in diesem Forum ist das leider nicht möglich
    Aber wenn man irgendwo den Test macht und Leute blitzschnell assoziieren lässt, dann wird man in ca achtig Prozent aller Fälle zu folgenden Begriffen die danebenstehende Antwort bekommen


    (Achtung ! Wer den Test machen will muß die Testperson bitten SOFORT binnen einer halben Sekunde "wie aus der Pistole geschossen" zu antworten OHNE nachzudenken !!)


    Farbe -Rot
    Werkzeug - Hammer (Zange)
    Obst - Apfel (Birne)
    Berühmtester Dirigent: Karajan (Bernstein)
    Berühmtester Komponist - Mozart


    (Fast) jeder kennt Mozart. Mozart ist jener klassische Komponist, der sich im kollektiven Unterbewusstsein der Menschen festgefressen hat und das hat sicher seinen Grund.


    Freundliche Grüße aus Wien


    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Gerrit Stolte schrieb:


    Zitat

    Vieles von Mozart erscheint mir im Nachhinein sogar einzigartig zu sein. Oper und Symphonie zumindest. Da ist Mozart in seinen Spätwerken Wege gegangen, die nach ihm niemand mehr beschritten hat.


    Auf die Da Ponte-Opern bezogen, stimme ich dem gerne zu, zählen diese doch (mit Ausnahme des "Don Giovanni", der aufgrund des schwächeren, "moralisierenden"Librettos nicht ganz die Höhe von Figaro und Cosi
    hält, zu dem kulturellen Bestand der Menschheit, welcher weit über das "rein musikalische" hinauswächst, denn Mozarts Meisterschaft, die Gründe (und Abgründe) der menschlichen Seele in ihrer Nicht-Auflösbarkeit aufzuzeigen, stellen ihn in eine Reihe mit Shakespeare, Michelangelo und Bach, die auf ihren "Gebieten" ähnliches vermochten.


    Diese Meisterschaft war unabhängig vom Zeitpunkt ihrer Wort- und Klang-Werdung, DIESE Wege konnten später nicht mehr beschritten werden, denn man hätte sich an den Vorbildern messen müssen und ernsthafte Künstler erkannten dieses sehr wohl und beschritten, wie Bruckner, dann völlig neue Pfade...


    Ähnliches liesse sich auch über Beethoven sagen und der Versuch, mit beethovenschen Mitteln formal über Beethoven hinaus zu gelangen,
    muss als gescheitert angesehen werden.


    Die späten Sinfonien Mozarts, das Klarinettenkonzert und das bei aller Schlichtheit wunderbar entrückte "Ave Verum Corpus" sind ganz sicher wundervolle, formvollendete Musik, geprägt von verhaltener Melancholie und schmerzlicher Heiterkeit, konnten aber den musikalischen Verlauf des jungen , 19. Jahrhunderts aufgrund eines gewandeten Zeitgeschmacks nicht mehr maßgeblich beeinflussen.

    Das geht über das Sagbare hinaus. Das läßt sich nicht deuten und bedarf keiner Deutung. Es kann nur gehört werden. Es ist Musik. (H.H.Jahnn)

  • Zitat

    Original von Alfred_Schmidt
    So wird uns wohl nichts übrig bleiben, als nach der Akzeptanz zu gehen.
    Hier in diesem Forum ist das leider nicht möglich
    Aber wenn man IRGENDWO den Test macht und Leute blitzschnell assoziieren lässt dann wird man in ca achtig Prozent aller Fälle zu folgenden Begriffen die danebenstehende Antwort bekommen


    Zwei Anmerkungen:


    1. Das ist für die Behauptung von peet, die ja vor allem auf den Einfluss Mozarts auf die nachfolgenden Komponisten abzielte, irrelevant. Die allgemeine Akzeptanz hat schon sehr viele Fehlurteile ausgesprochen und zum Glück haben sich die produzierenden Musiker nicht daran gehalten (Mozart in seiner Verehrung von Bach zum Beispiel).


    2. Ich wundere mich, dass Du die breite Masse als Anwalt heranziehen möchtest. Wenn ich einige Deiner letzten Postings richtig verstanden habe, hast Du von deren Urteilsfähigkeit doch eine wesentlich geringere Meinung als von der der Tamino-Mitlgieder.


    Zu deinem Test: 80 Prozent der Allgemeinheit könnten wahrscheinlich gar keinen Dirigenten nennen, die Mehrheit würde eher irgendeinen Rockmusiker als Komponisten nennen. Und beim Rest hätte Mozart gegen Bach und Beethoven einen schweren Stand - zumindest in Deutschland ;)

    Gruß,
    Gerrit

  • Ja und nun steht das Mozart Jahr 2006 vor der Tür , Mozart wird (zumindest nehme ich das an) von der Tonträgerindustrie "gepusht" werden, d.H er wird wieder in den Mittelpunkt der Vermarktung gerückt werden.
    Anlässilich des 200 Todestages 1991 wurde schon jahrelang vorher an Neuaufnahmen gearbeitet (Die späten Sinfonien mit den Wiener Philharmonikern unter James Levine, sowie sämtliche Klavierkonzerte auf historischem Instrumentarium, bzw einem Nachbau des Walter FLügels aus Mozarts Besitz mit Malcolm Bilson unter Gardiner), diesmal scheint nichts derartiges geplant zu sein.


    Zum einen ist das bevorstehende Mozart-Jubiläum der Grund, daß ich diesen Tread wiederbelebe, zum anderen die Tatsache, daß sich unser Mitgliederstand seit dem letzten Posting mehr als verdoppelt hat, soll heißen es gibt über 100 Mitlgieder hier, die sich zu diesem interessanten Thema noch nicht geäußert haben.


    Mit freundlichen Grüßen aus Wien


    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Zitat

    Original von Alfred_Schmidt
    Ja und nun steht das Mozart Jahr 2006 vor der Tür , Mozart wird (zumindest nehme ich das an) von der Tonträgerindustrie "gepusht" werden, d.H er wird wieder in den Mittelpunkt der Vermarktung gerückt werden.
    Anlässilich des 200 Todestages 1991 wurde schon jahrelang vorher an Neuaufnahmen gearbeitet (Die späten Sinfonien mit den Wiener Philharmonikern unter James Levine, sowie sämtliche Klavierkonzerte auf historischem Instrumentarium, bzw einem Nachbau des Walter FLügels aus Mozarts Besitz mit Malcolm Bilson unter Gardiner), diesmal scheint nichts derartiges geplant zu sein.


    Laut Insiderkreisen war die Philips-Mozart-Edition, obwohl der überwiegende Teil der Aufnahmen nur Wiederveröffentlichungen waren und das Mozartjahr mit dem CD-Boom [1] zusammenfiel, ein außerordentlich riskantes Unterfangen, mit dessem Erfolg (der dann eintrat) nur wenige vorher gerechnet hatten. Niemand wird heute ähnliches riskieren.
    Aber zum neuen Jubiläum ist es sehr einfach: Man hat die Aufnahmen ja alle schon, man verpackt sie ein wenig anders und Schwupp ist man fertig :P
    (laut Schreibers Plattenführer war das bei den Beethoven-Jubiläen '70 und '77 ähnlich)
    Vermutlich wird es aber hauptsächlich kleinere Reihen geben, wie damals bei der DG eine mit 25 sehr preiswerten CDs, mit Querschnitten der Opern und dem Konzert f. Flöte u. Harfe, usw. Mozart-Silhouette auf dem Cover, sehr hübsch.
    Ich habe tatsächlich eine aus dieser Reihe von damals, sogar eine recht gute Aufnahme, Klavierkonzerte mit Pollini/Böhm
    Dann noch zwei oder drei aus Decca "Mozart Almanac"; die hatten immerhin sehr ausführliche instruktive Texte von Robbins-Landon.
    Aus der eignetlichen Complete Mozart Edition habe ich wohl nichts, aber noch zwei (später als '91 gekauft) aus der DG-Reihe, die so seltsam moderne Cover (eine Art Mozart-Porträt-Collagen) hatten: frühe Quartette mit dem Hagen-, Quintette mit dem Melos Quartett.


    Ich erwarte also nicht viel, vielleicht ein paar erfreuliche Wiederveröffentlichungen von unfindbaren oder nie auf CD überspielten Sachen, das wäre schon etwas

    viele Grüße


    JR


    [1] Die ökonomisch idiotische Reaktion der Industrie damals auf dieses vorhersehbar vorübergehende Hoch ist IMO einer der zentralen Gründe für ihre angeblich jetzige Misere, aber das ist was anderes

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Hallo!


    Erstmal halte ich von dieser ganzen "Mozart-Jahr"-Geschichte überhaupt gar nichts. Das ist meistens reines Marketinggeklingel und hat mit Respekt vor dem Menschen oder Künstler Mozart wenig zu tun (natürlich bestätigen Ausnahmen die Regel). Das ging mir schon mit Bach 2000 so und mit jedem anderen Jubiläum auch und es gipfelt darin, daß sich Kritiker beschweren, daß man ja zum ach so wichtigen "XYZ-Jahr" keinerlei Aktivitäten verzeichnen kann.


    Davon abgesehen denke ich aber auch, daß gewisse Popularitätsschwankungen völlig normal sind und jeweils von einem vorherigen Überangebot herrühren. Wie auch im Rest der "Unterhaltungsindustrie" im weitesten Sinne orientiert sich die E-Musik-Szene an dem, was gerade erfolgreich ist und versucht jeweils, noch auf einen Zug mit aufzuspringen. Das geht solange gut, bis auch der letzte sagt "Jetzt ist aber gut mir Mozart" und sich anderem zuwendet, solange, bis die Leute Entzugserscheinungen bekommen und das ganze wieder von vorne losgeht. Ohne es belegen zu können, vermute ich, daß der Film "Amadeus", mag man von ihm halten was man will, Mozart einen gewaltigen Popularitätsschub gegeben hat, dessen negative Auswirkungen (Übersättigung) momentan am Abklingen sind.


    Spontan fallen wir auch zwei Beispiele aus meiner näheren Umgebung gegen eine allgemeine Unpopularität ein: Adam Fischer hat seit einigen Jahren in Mannheim im Herbst eine sehr erfolgreiche Mozartwoche eingeführt und Thomas Fey hat für das Mozartjahr dem Mangel eines echten Mannheimer Mozartorchesters für das Thema "Mozart in Mannheim" durch eine Neugründung Abhilfe geschaffen (wobei ich den Verdacht nicht los werde, daß sich ein Großteil des Personals der Heidelberger Sinfoniker da wiederfinden wird :D).


    Etwas am Thema vorbei fällt mir noch ein, daß auch eine (IMHO) gute Würdigung derartiger Geburts/Todestage möglich ist - unser Heiliggeistkantor veranstaltet jedes Jahr zum Geburts- und Todestag von J.S. Bach :jubel: eine kleine, aber feine Bach-Woche mit einem Festkonzert als Höhepunkt - eine schöne und angemessene Tradition, wie ich finde.


    Sven

  • wesentlicher als neuerscheinungnen sind doch die verkäufe oder
    die aufführungen. ich habe heuer folgende mozart opern das
    erste mal erlebt und sehr genossen:


    - la finta gardinera, wiener kammeroper
    - lucio silla, theater an der wien


    faun

    die kritik ist das psychogramm des kritikers (will quadflieg)

  • Zitat

    Original von SvenW
    Davon abgesehen denke ich aber auch, daß gewisse Popularitätsschwankungen völlig normal sind und jeweils von einem vorherigen Überangebot herrühren. Wie auch im Rest der "Unterhaltungsindustrie" im weitesten Sinne orientiert sich die E-Musik-Szene an dem, was gerade erfolgreich ist und versucht jeweils, noch auf einen Zug mit aufzuspringen. Das geht solange gut, bis auch der letzte sagt "Jetzt ist aber gut mir Mozart" und sich anderem zuwendet, solange, bis die Leute Entzugserscheinungen bekommen und das ganze wieder von vorne losgeht. Ohne es belegen zu können, vermute ich, daß der Film "Amadeus", mag man von ihm halten was man will, Mozart einen gewaltigen Popularitätsschub gegeben hat, dessen negative Auswirkungen (Übersättigung) momentan am Abklingen sind.


    Von allgemeiner Unpoluarität kann ja auch keine Rede sein. So weit ich weiß sind Mozarts späte Opern seit Jahr(zehnt)en stabil in den Top Ten der Spielstätten (irgendwie habe ich im Kopf, dass Carmen und Zauberflöte im deutschsprachigen Raum am häufigstens aufgeführt werden, Figaro, Giovanni und die Entführung dürften nicht weit dahinter sein).
    Auf Konserve sehe ich ehrlich gesagt, auch nicht viel, was man machen könnte oder müßte, da herrrscht eine gewisse Sättigung. Zum letzten Mozart-Jahr oder kurz danach konnte man zum einen etwa die frühen Opern ins Bewußtsein bringen, zum andern alles nochmal auf Originalinstrumenten einspielen. Das ist inzwischen geschehen, einzig vielleicht bei der Kammermusik gibt es noch vergleichsweise wenige HIP-Einspielungen.
    (Koventionelle Gesamteinspielungen der Sinfonien und Konzerte gab es ja schon in den 60ern). In der ungebrochenen Präsenz eines doch recht großen teil des Oeuvres liegt eben auch der Unterschied z.B zu einem Bach/Händel (1985) oder Haydn-Jubiläum (2009). Selbst wenn jeder den Messias und die Brandenburgischen Konzerte kennt, so gab und gibt es hier immer noch viel Nischenrepertoire. Aber da ist das Interesse entsprechend begrenzt.
    Von den großen Werken wird es immer wieder Neuaufnahmen geben und ich sehe ehrlich gesagt auch nicht wirklich, warum die Salzburger Kirchenmusik oder "Mitridate, re di ponto" in zig alternativen Aufnahmen vorliegen müßte; da gibt es lohnende Musik anderer Komponisten, die noch ihrer Erstaufnahme harrt oder wo noch keine zufriedenstellende vorliegt.


    viele Grüße


    JR

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Ich glaube auch, dass das kommende "Haydn-Jahr" 2009 mehr Nutzen haben wird, als das nun vor uns liegende Mozart-Jahr 2006 (1991 ist zumindest bei mir noch in guter Erinnerung - sooo lange her ist es ja auch noch nicht). Bei Haydn gibt es mit Sicherheit noch mehr zu entdecken und auszugraben als bei Mozart, von dem ja das Meiste bereits in mehrfachen (teilweise) exzellenten Einspielungen vorliegt - Stichwort "Sättigungsgrad"...


    Das Mozart-Jahr 1991 fiel ja auch grade noch so in den damaligen "CD-Boom", wo alles, was nicht niet- und nagelfest war, neu auf CD aufgenommen wurde, weil ja alle Sammler und Musikfreunde in diesen Jahren endgültig ihre Musiksammlungen auf CDs umstellten und daher der Bedarf entsprechend groß war :wacky:
    Das war zum Teil ja über Jahre vorbereitet worden (z. B. die "Complete Mozart Edition" von Philips), weil sich das Ende der 80er Jahre ja abzeichnete mit dem "endgültigen Sieg" der CD über LP und MC.


    Daher glaube ich auch, dass für 2006 allein aus diesen Gründen nicht unbedingt mit ähnlichen "Pioniertaten" wie in 1991 zu rechnen ist - es lohnt sich im heutigen krisengeschüttelten Klassikbranchen-Zeitalter nicht mehr. Und es gibt eh schon alles - allenfalls Wiederveröffentlichungen sind also wohl zu erwarten!
    Ich hoffe auf günstige, aber dennoch künstlerisch wertvolle Einspielungen, denn ich habe vor, mich in 2006 mit einigen Kammermusikwerken Mozarts "einzudecken", die ich bisher sträflicherweise doch sehr vernachlässigt habe.


    Zur "Popularitätsfrage" habe ich bei Mozart eher den Eindruck, dass über seine Popularität öffentlich deshalb so wenig debattiert wird, weil er irgendwie eh als sehr populär gilt und das daher außer Frage steht. Bei Haydn z. B. muss das anscheinend immer wieder mal betont werden, wie bedeutend und wichtig er als Komponist doch ist - das hat Mozart offenbar nicht nötig.
    Und über diesem "Konsens" wird dann gerne seine Musik als "Allgemeingut" hingestellt, die zugunsten anderer, noch ihrer (Wieder-)Entdeckung harrender Komponisten oder "vergessener" Werke bekannter Meister nicht so häufig aufgeführt werden muss, weil "man die eh kennt" - so mein persönlicher Eindruck der letzten Jahre in Bezug auf Konzerte mit Mozart-Musik.
    Aber vielleicht hat man mit Blick auf 2006 nur etwas "gehaushaltet" in den letzten Jahren und verpasst uns nächstes Jahr dann die volle Breitseite! :wacky:

    "Es ist mit dem Witz wie mit der Musick, je mehr man hört, desto feinere Verhältnisse verlangt man."
    (Georg Christoph Lichtenberg, 1773)

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  • Zitat

    Original von MarcCologne
    Ich glaube auch, dass das kommende "Haydn-Jahr" 2009 mehr Nutzen haben wird, als das nun vor uns liegende Mozart-Jahr 2006 (1991 ist zumindest bei mir noch in guter Erinnerung - sooo lange her ist es ja auch noch nicht). Bei Haydn gibt es mit Sicherheit noch mehr zu entdecken und auszugraben als bei Mozart, von dem ja das Meiste bereits in mehrfachen (teilweise) exzellenten Einspielungen vorliegt - Stichwort "Sättigungsgrad"...


    2009 ist, wie mir gerade einfällt, auch ein Händel-Jahr (hier gibt es ganz klare Lücken, sowohl was Erst- als auch was Alternativaufnahmen und Wiederveröffentlichungen betrifft).
    Es bestand ja wohl der Plan von Th. Fey bis dahin alle Haydn-Sinfonien bie Hänssler einzuspielen, allerdings habe ich den Eindruck, dass das Projekt entweder schon abgeblasen (sich damit unter Weil, Goodman, Solomons u.a. einreiht) ist, oder doch kaum rechtzeitig fertig werden wird. Es sind vielleicht ein halbes dutzend CDs erschienen (ich habe 2); eine GA umfaßte 30-35.
    Weiß da von den Heidelbergern jemand Bescheid?


    Zitat


    Daher glaube ich auch, dass für 2006 allein aus diesen Gründen nicht unbedingt mit ähnlichen "Pioniertaten" wie in 1991 zu rechnen ist - es lohnt sich im heutigen krisengeschüttelten Klassikbranchen-Zeitalter nicht mehr. Und es gibt eh schon alles - allenfalls Wiederveröffentlichungen sind also wohl zu erwarten!
    Ich hoffe auf günstige, aber dennoch künstlerisch wertvolle Einspielungen, denn ich habe vor, mich in 2006 mit einigen Kammermusikwerken Mozarts "einzudecken", die ich bisher sträflicherweise doch sehr vernachlässigt habe.


    Vielleicht kann man den Focus des threads ja so verschieben, dass man fragt:
    a)Von welchen Aufnahmen wünscht ihr Euch Wiederveröffentlichungen zum Mozartjahr?
    b) Welches Werk oder welche Werkgruppe verdiente evtl. besonders Neuaufnahmen, warum auch immer, entweder weil die bisher vorliegenden unbefriedigend sind, oder weil es keine HIP-Einspielung gibt o.ä.?


    viele Grüße


    JR

    Struck by the sounds before the sun,
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  • Zitat

    Original von TobeyWilson
    Vielleicht verhält es sich mit dem Hören ähnlich. Mozart klingt für viele Zuhörer wahrscheinlich einfach nur fröhlich, leicht und frisch. Insofern müsste er doch in diesen Zeiten des schnellen und einfachen Konsums unheimlich beliebt sein.


    Vielleicht ist aber genau das der Casus knacksus. Klassische Musik bietet dem Hörer die Möglichkeit, dem Sog der konsumorientierten Musikindustrie zu entfliehen, und zu diesem Zweck wählt man eben lieber "wirklich andere" Musik: Beethoven, Chopin, Bach, Rachmaninoff (abgesehen von besagtem Mozart sind hier wohl alle Nennungen möglich) - kein eingängiges, heiteres Mozart-Kolorit.


    Ich selbst greife nach wie vor gerne zu meinen Mozart-Scheiben, und das bleibt wider allgemeinen Trends auch so - komme was wolle.

    "Noten haben einen zumindest ebenso bestimmten Sinn wie Wörter, wiewohl sie durch diese nicht zu übersetzen sind." (Felix Mendelssohn-Bartholdy)

  • Hallo Forianer!
    Die Musikindustrie im Allgemeinen steckt in einer tiefen Krise. Die Klassik ist der Hauptleidtragende hier. Das reicht mir schon als Erklärung für fehlende Aufnahmeprojekte zum Mozart-Jahr. Im Übrigen meine ich auch, dass Neuaufnahmen zwar durchaus erwünscht aber nicht zwingend notwendig sind, um Mozarts Musik zu zelebrieren.


    Jede Zeit findet ihren Weg, mit Genies umzugehen. Es entspricht heute leider dem Zeitgeist, sich mehr mit der Pesönlichkeit des Künstlers auseinanderzusetzen als mit seiner Kunst und dadurch absurderweise Erklärungen für unerklärliches zu finden. Die Ich-AG als Anhaltspunkt zum Verständnis des Genies!
    Früher - und das finde ich eigentlich noch gefährlicher - war es oft umgekehrt: der Versuch wurde unternommen, von der Kunst auf die Persönlichkeit des Künstlers zu schliessen. Bei Mozart denke ich hier besonders an die berühmte Biographie von Hildesheimer.
    Das ist ein allgemeines Problem des Menschen, sich lieber mit anderen Menschen zu beschäftigen, als mit dem, was "Übermenschliches" geschaffen wird. Dadurch werden die Kunst und der Künstler, in welcher Form auch immer man es tut, ordinarisiert...
    "Jeder kann das!"
    "Alter Kumpel Mozart!"


    Ich bin überzeugt, dass jedes Genie in jeder Zeit seinen Platz findet. Und heute - und das sieht man auch an diversen Beiträgen hier - sind wir sehr (vor)schnell mit Qualitätsurteilen über Künstler. Viele, die wir zwar persönlich lieben, aber anderen nichts sagen, werden zu Hausgöttern erhoben. Das führt andererseits natürlich dazu, dass Künstler, die allgemein als Genies anerkannt werden, im Verhältnis an Bedeutung verlieren müssen.


    Dieser Beitrag ist in keinster Weise wertend zu verstehen. Ich masse mich nicht an, zu behaupten, dass es so gut oder schlecht ist. Geschweige denn, dass ich es besser wüsste.
    So ist alleine meine Beobachtung.


    mfg Raphael

  • Salut,


    ich habe mich sehr gewundert, dass ich mich auf dem St. Marxer Friedhof nicht durch ein japanisches Blitzlichtgewitter kämpfen musste. Der Friedhof war menschenleer...


    ?(


    Fragende Grüße
    Ulli

    Die Kunst ist [...] vielleicht das Denken des Herzens.
    (Blaise Pascal, 1623-1662)

  • ...das ist mir bei meinem 1993er Besuch in Wien ebenso ergangen! Was für ein Gegensatz zum berühmten und riesigen Zentralfriedhof, wo ich auch war.
    Und damals sah der St. Marxer-Friedhof noch viel ungepflegter aus, als es aus Deiner sehr unterhaltsamen Reisebeschreibung herauszulesen war.


    Der Friedhof war ziemlich zugewachsen - bis auf das anscheinend regelmäßig betreute und bepflanzte "Mozart-Verdachts-Grab" - und genau wie bei Deinem Besuch vergangene Woche war er menschenleer....


    Im damaligen Zustand konnte ich das verstehen, zumal er etwas abseits der großen Touristenströme gelegen ist - aber anscheinend hat sich der allgemeine Zustand des Friedhofs ja mittlerweile etwas gebessert. Du schriebst etwas von einer Tafel am Eingang, der man entnehmen kann, wer alles dort begraben liegt, die gab es 1993 noch nicht, da bin ich mir ganz sicher. Es hat sich wohl zwischenzeitlich jemand dieses Ortes erbarmt, aber dem touristischen Zuspruch hat es wohl nicht viel genützt...


    Dafür hat der Friedhof aber eben auch eine ganz besondere, eigentümliche Atmosphäre - das hat mich an diesem ganz besonderen Ort, den ich während meines damaligen Wien-Trips unbedingt besuchen MUSSTE, auch so fasziniert...
    All die alten, teilweise schon arg verwitterten Grabsteine - wir haben damals noch unter einem dichten Busch das Grab des Wiener Malers Moritz M. Daffinger (1790-1849) entdeckt.



    Der Mann war seinerzeit immerhin auch auf der 20 (???) Schilling-Banknote abgebildet.


    Weiß eigentlich einer von unseren "Tamino-Wienern", warum der Friedhof den Namen "St. Marx" trägt?? Ist das der Name der zugehörigen Kirchengemeinde oder des Stadtbezirks (ich dachte, der hieße "Landstraße" - was ja auch schon ein ungewöhnlicher Name für einen Stadtteil ist).
    Mir ist nämlich bislang noch kein Heiliger namens "Marx" untergekommen - obwohl das in Anbetracht des allbekannten gleichnamigen "Kommunistenerfinders" sicher äußerst interessant wäre, wenn es tatsächlich einen solchen Heiligen gäbe :D

    "Es ist mit dem Witz wie mit der Musick, je mehr man hört, desto feinere Verhältnisse verlangt man."
    (Georg Christoph Lichtenberg, 1773)

  • Hallo
    Nur ganz kurz, da ja nicht eigentlich zum Thema gehörend:


    St.Marx = der heilige Markus
    Im 14. Jahrhundet war st. MArx ein Spital mit Kapelle (St.Marx),
    dann Umbau zu Kirche, mehrmals zerstört und wiedraufgebaut.
    Nach 1683 "versorgung, eine Art Armenhaus bzw Alterskeim für Arme (bis 1861) Danach worde der Komplex vom Bierbrauer Ignaz Mautner gekauft. Es entwickelte sich eine der Größten Brauereien Österreichs - die aber letzlich nach Schwechat übersiedelte.Den wienern ist auch der Schlachtof St. Marx ein Begriff.
    LG


    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !