Hallo,
ich muß zugeben, daß ich bei diesem Thema subjektiv sein muß, weil ich baritonale Heldentenöre sehr mag. Die Stimme von Windgassen war ein klanglich konzentrierter, technisch sehr gut geführter, Zwischenfach-Tenor. Man muß Windgassen für die beispiellose stimmliche Ökonomie und Disponierungskunst bewundern, die es ihm erlaubte, sich über Jahrzehnte in einem zu schweren Fach zu behaupten. Für mich war er einfach kein Wagnertenor ! Die Stimme war zu kleinvolumig, zu wenig metallisch schallkräftig und hatte kein Timbre mit Wiedererkennungswert. Die einzigen Wagnerpartien, die für ihn geeignet waren, sind, meiner Meinung nach, Erik, Lohengrin, Stolzing und Loge. Windgassen-Aufnahmen sind ideal für Wagner-Anfänger, die den Text verstehen wollen und müssen, aber für Siegmund, Siegfried, Tannhäuser, Tristan und Parsifal war, meines Erachtens, ungeeignet ! Ich habe mir Wagner-Gesamtaufnahmen mit Windgassen immer trotz ihm gekauft, nie wegen ihm ! Beim Solti-Ring wünsche ich mir immer Hopf oder Kozub an seine Stelle, wie ursprünglich geplant war. Es kommt nicht von ungefähr, daß bei einem angelsächsischen Kritiker über den Tristan unter Böhm einmal vom "Spinnenpaar" die Rede ist, vom schwachen Männchen (Windgassen) und alles verzehrenden Weibchen (Nilsson).
Gruß,
Antalwin