Guten abend,
ich komme gerade aus der Semperoper, wo die Staatskapelle Dresden und der Staatsopernchor unter der Leitung von Christian Thielemann Beethovens Op. 123 gegeben haben. Solisten waren Krassimira Stoyanova, Sopran, Elina Garanca, Mezzosopran, Michael Schade, Tenor und Franz-Josef Selig, Bass.
Es war eine zutiefst bewegende Aufführung, mit vielen wunderschön gespielten Momenten, ohne dass der Blick für den großen Zusammenhang verloren gegangen wäre.
Orchester und Chor waren durchaus groß besetzt, was zu einem wuchtigen vollen Ton geführt hat. Dennoch waren die Strukturen zu jederzeit durchhörbar. Die Solisten waren gut bis sehr gut, Sopran und Bass waren für mein Empfinden stellenweise zu dominant. Ansonsten war die Balance zwischen Solisten, Chor und Orchester nahezu perfekt, da macht sich wahrscheinlich Thielemanns Routine als Operndirigent bemerkbar.
Die Tempi waren alle eher auf der langsamen Seite. Die Relationen zwischen den einzelnen Teilen haben wunderbar gepasst. In vielen Aufführungen der Missa solemnis zerfallen gerade Gloria und Credo in einzelne Blöcke. Hier gelangen die Übergänge wunderschön, zum Beispiel das "et in terra pax" im Gloria kam nicht als Einschub sondern irgendwie organisch zwischen die Ausbrüche. Die langsamen Teile waren expressiv und sehr langsam, sehr schön das "et incarnatus", voller Ausdruck das "crucifixus". Lediglich gegen Ende des Credo schien mir die Spannung ein wenig nachzulassen. "Pleni sunt coeli" und "Osanna" wurden vom ganzen Chor gesungen, da bin ich mir nicht sicher, was der neueste Stand der Forschung sagt. Eine Zeit lang hieß es, das sollen nur die Solisten singen. Das "Dona nobis pacem" war sehr innig gesungen, die kriegerischen Einschübe schienen mehr unsere Angst als den eigentlichen Krieg darzustellen, ich glaube dies deckt sich mit Beethovens Intention. Kein Applaus, da es ein Gedenkkonzert an die Bombadierung Dresdens war, die Zuhörer haben sich nur nach dem Schlussakkord erhoben.
Beeindruckend die Wirkung, die Beethovens Bitte um Frieden auch heute noch haben kann.