Konzertbesuche und Bewertung

  • Hallo Ekkehard,


    ich hatte am Donnerstag die Möglichkeit, zur Generalprobe dieses Konzerts zugegen zu sein. Ich kann deine Eindrücke durchaus bestätigen. Den Birtwistle fand ich auch ziemlich interessant, besonders die tonalen Fetzen von Trompetenmelodien, die sich dann sofort wieder verloren haben. Übrigens hat Dohnanyi den Schluss mit der Guiro am Intensivsten geprobt. Die Musiker mussten sich dann in der Probe noch mal besonders Mühe geben, da plötzlich der Komponist höchstpersönlich in den Raum trat und sich alles genauestens angehört hat.


    Der Konzertmeister machte auf mich einen sehr lässigen Eindruck. Er schien immer etwas unterfordert. :stumm:
    Trotzdem hat er grandios gespielt und so langsam kann ich auch was mit dem Heldenleben anfangen.


    Ich persönlich war gestern in zwei sehr schönen Konzerten.
    Zunächst gab es die Berliner Symphoniker unter Heiko Mathias Förster mit der wuchtigen Holländer-Ouvertüre und einer sehr schwungvollen dritten Sinfonie von Robert Schumann. Barbara Krieger sang vor der Pause noch die Vier letzten Lieder und drei weitere Orchesterlieder von Richard Strauss. Das gelang ihr auch sehr überzeugend, da sie mit viel Gefühl und Ausdruck und merklicher Freude sang. Den Strauss kann man übrigens in gleicher Besetzung in einer aber nicht ganz so guten Aufnahme bei Brilliant Classics kaufen:



    Am Abend trat dann Hélène Grimaud beim Deutschen Symphonie-Orchester mit ihrem Chef Ingo Metzmacher auf. Sie spielte das G-Dur-Konzert von Ravel. Also wieder ein Stück aus ihrem Repertoire, das man an einer Hand abzählen kann. :stumm:
    Aber sie hat es ganz gut gespielt und die Tempi waren teilweise schon ziemlich zügig. Mir hat es jedenfalls ganz gut gefallen, ich war aber vor allem auf das Werk fixiert, da ich es erstmals live hören konnte.


    Davor gab es das Orchestral Set Nr. 2 von Charles Ives. Ein mir bisher völlig unbekanntes Stück, das mit einigen Überraschungen aufwarten konnte (z.B. mit einem Fernorchester). Auf jeden Fall äußerst interessant und wiederhörenswert.
    Nach der Pause dann das Skandalstück von damals: Der Sacre du Printemps. Das ist natürlich alles Metzmachers Spezialdisziplin und er hat sich bei allem sehr wohlgefühlt und man hat sich als Zuhörer sehr einfach anstecken lassen können.



    LG, Peter.

  • Frankfurt, Alte Oper, 02.03.08


    Im Rahmen der Reihe Sonntagabendkonzerte gestern


    Junge Deutsche Philharmonie (Dirigent: Lothar Zagrosek) mit den folgenden Werken:


    Claude Debussy, »Ibéria« aus Images
    Maurice Ravel, Klavierkonzert G-Dur
    Igor Strawinsky, Capriccio für Klavier und Orchester
    Ludwig van Beethoven, Symphonie Nr. 8 F-Dur op. 93


    Ein furioser Auftakt mit Ibéria.


    Ravel und Strawinski von Olli Mustonen am Flügel mit Hingabe gespielt. Wäre der Schweiß, den er sich während des Spiels abwischen musste, in den Flügel gelangt, hätte er bestimmt darin ein Vollbad nehmen können.


    Beethovens 8. war natürlich die Krönung. Man merkt dem jungen Orchester und Zagrosek die Freude am Musizieren an. So kraftvoll habe ich die 8. eigentlich noch nie live gehört.


    Alles in allem ein wunderbarer Konzertabend.


    :hello:


    Emotione

  • Zitat

    Original von petemonova


    Am Abend trat dann Hélène Grimaud beim Deutschen Symphonie-Orchester mit ihrem Chef Ingo Metzmacher auf. Sie spielte das G-Dur-Konzert von Ravel. Also wieder ein Stück aus ihrem Repertoire, das man an einer Hand abzählen kann. :stumm:
    Aber sie hat es ganz gut gespielt und die Tempi waren teilweise schon ziemlich zügig. Mir hat es jedenfalls ganz gut gefallen, ich war aber vor allem auf das Werk fixiert, da ich es erstmals live hören konnte.


    LG, Peter.


    Hallo, Peter!


    Ich konnte die erste Hälfte des Konzerts live am Radio miterleben und war - trotz der Bedenken in einem anderen Thread :yes: - ebenfalls recht angetan von Grimauds Spiel. Die Tempi erschienen mir angemessen; so zügig muss es wohl sein. Das Spiel der französischen Raubtierspezialistin erwies sich meines Erachtens als durchaus prägnant, pointiert, strukturiert, keinesfalls verschwommen oder effekthascherisch.


    Hat noch jemand das Konzert gehört und möchte sich dazu äußern? Wie wird es von den obigen Bedenkenträgern gesehen? ;)


    Besten Gruß, Wolfgang

    Lieber Fahrrad verpfänden denn als Landrat enden!

  • Hallo Wolfgang, hallo Peter,


    Zitat

    Original von WolfgangZ
    Hat noch jemand das Konzert gehört und möchte sich dazu äußern? Wie wird es von den obigen Bedenkenträgern gesehen?


    Oh nein, ich habe es ja wieder geahnt, daß dieser Kelch nicht an mir vorüberziehen wird. :rolleyes: :D
    Nun ja, dann werde ich wohl doch einige negative Anmerkungen zu dem von mir am Radio verfolgten Konzert machen müssen sowie über mein etwas problematisches Verhältnis zu Metzmacher:


    Vorausschicken möchte ich, daß ich Metzmachers Einsatz für die Musik des 20. Jahrhunderts durchaus anerkenne, auch wenn ich persönlich mit dem Ergebnis, d. h. mit seinen Interpretationen so meine Probleme habe; denn bisher habe ich - bis auf eine einzige Ausnahme (Pfitzner: Von deutscher Seele) - noch keine Einspielung oder Aufführung eines Werkes von ihm gehört, die mich wirklich überzeugt hätte. Z. B. halte ich seine Interpretationen der Symphonien Karl Amadeus Hartmanns für ziemlich langweilig - genauso war mir sein Dirigat des 'Sacre' zu temperamentslos. Ein Urteil, das ich mir nicht nur aufgrund der gestern gehörten Liveübertragung gebildet habe, sondern ich habe 'Le Sacre' vor ein paar Jahren mit dem NDR-Orchester unter seiner Leitung in der Alten Oper erlebt und war recht enttäuscht von der Leidenschaftslosigkeit, mit der er das Werk als eine Art Notenmaterial kraft- und seelenlos abgespult hat. Es fehlte schlicht die Aggressivität und Gewalt, die dem Stück seinen aufrüttelnden und kompromißlosen Charakter verleiht.
    Für meinen Geschmack muß eine Interpretation des 'Sacre' das Revolutionäre, das im Jahre 1913 den heftigen Skandal in der Pariser Premiere wohl mit provoziert hat, auch heute noch spür- und nachvollziehbar werden lassen.
    Ein gänzlich anderes Kaliber in dieser Hinsicht ist die von mir favorisierte Einspielung von Riccardo Muti mit dem Philadelphia Orchestra aus dem Jahr 1978 (EMI).


    Die Aufführung des 'Orchestral Set No. 2' von Ives fand ich - abgesehen vom leider (wie von mir befürchtet) fehlenden Chor zu Beginn des 3. Satzes - auch nur mittelmäßig. Hier fehlte es mir, insbesondere im 1. Satz, an Sensibilität und Klangschönheit. Die träumerische Grundstimmung war für meinen Geschmack zu wenig ausgeprägt, besonders am Beginn des Satzes, der wie aus dem Nichts entstehen muß und sich ganz allmählich und sehr langsam aufbauen sollte sowie am Ende des Satzes, an dem die Musik wieder ins Nichts entschwindet. Außerdem war mir das Ganze vom Tempo her zu schnell. Allein der 3. Satz war bei Metzmacher (ich habe die Zeit gestoppt :D) in 6:40 abgehandelt - Michael Tilson Thomas braucht in meiner Aufnahme hingegen 9:55!!
    Den Ravel fand ich ganz okay, wobei ich hier aber wenig Vergleichsmöglichkeiten habe.


    Sorry, Wolfgang, daß mein Beitrag doch so kritisch ausgefallen ist, aber, ich denke, Du wolltest ja eine ehrliche Antwort. :D
    Vielleicht äußert sich Raphael ebenfalls noch zu dem Konzert. Er hat es ja auch live im Konzertsaal miterlebt.


    Herzliche Grüße
    Johannes

  • Hallo Johannes und alle Besucher des Metz(chen)-Konzertes,


    Deine Meinung zu Metzmacher und den mit ihm gespielten genannten Werken kann ich nur zustimmen.


    Das petemonova dennoch begeistert war liegt sicher auch am LIVE-Erlebnis. Wenn man das gleiche Konzert LIVE am Radio erlebt, ist man sicher viel Objektiver in seiner Beurteilung --- dann ist es ja quasi - wie auf einer CD !


    Für Ives gibt es neben TT noch einen fabelhaften Dirigenten, der absolut in die Tiefe blicken läßt. Es ist der Bernstein-Freund Lukas Foss.

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • Zitat

    Original von teleton
    Das petemonova dennoch begeistert war liegt sicher auch am LIVE-Erlebnis. Wenn man das gleiche Konzert LIVE am Radio erlebt, ist man sicher viel Objektiver in seiner Beurteilung --- dann ist es ja quasi - wie auf einer CD !


    Ich war jetzt halt nicht so begeistert, dass ich freudetaumelnd aus dem Konzert gegangen bin. Besser als meine favorisierte CD-Einspielung mit ABM war auch die Konzertdarbietung nicht.
    Aber ich fand es auch nicht enttäuschend, sondern es hat meine Erwartungen weitestgehend erfüllt. Insofern war es völlig okay.


    Den Ives kannte ich leider nicht...ein Chor wäre wirklich sehr schön gewesen. Aber dann hätte man wahrscheinlich wirklich ein anderes Programm hätte folgen lassen müssen, wo der Chor dann noch mal eingebunden gewesen wäre.



    LG, Peter.

  • Hallo, Johannes!


    Auch meinerseits danke für Deinen kritischen Beitrag.


    Du hast vielleicht bemerkt, dass ich mich nur kurz zu dem Ravel geäußert habe. Den zweiten Teil des Konzerts konnte ich nicht mehr hören, bei der Komposition von Ives fühle ich mich zu einem Urteil nicht wirklich berufen, da ich das Werk nicht kannte. Es hat mich nur stark an die vielen anderen Zitatprojekte des großen Amerikaners erinnert und blieb mir nicht sonderlich im Gedächtnis. Das mag natürlich auch an Metzmacher gelegen haben.


    Auch bei der vierten Sinfonie gab und gibt es Einspielungen und Mitschnitte mit und ohne Chor. Da bin ich ebenso stets enttäuscht, wenn stattdessen Bläser die Chorfarbe übernehmen.


    Das Ravel-Konzert kenne ich hingegen in vielen Aufnahmen, und für mich kam die Grimaud nicht schlecht weg.


    Besten Gruß, Wolfgang

    Lieber Fahrrad verpfänden denn als Landrat enden!

  • Abo, Beethovenorchester Bonn, 100 Jahre-Jubiläum.


    Die Ehemaligen werden eingeladen. Gestern Marc Soustrot.
    Einziger Programmpunkt: Berlioz "Grande Messe des Morts".


    Volles Haus, nicht nur im Parkett, die Orchesterbühne vergrößert, Riesenaufbau für Riesenchor. Links jede Menge Schlagzeug, Pauken....Woher wurde das alles geholt.
    Allein diese Organisation des Ganzen war wirklich beeindruckend
    In der Zeitung stand: Orchester 130, 2 Chöre (Brünn und Philharm Chor Bonn) beide hervorragend wie immer.


    Ums kurz zu machen: Soustrot meldete sich an seiner alten Wirkungsstätte mit einem veilstimmigen Paukenschlag beeindruckend zurück.
    Die Aufführung - soweit ich das beurteilen kann war gut geprobt, engagiert und sicher hervorragend.


    Aber die Musik..........
    Das Gefühl, ein Requiem zu hören kam nie, wenn ich auch den bekannten Text gut verstan.
    Was ist das für eine Musik, zwischen Banalität, Verdischen Anklängen, ab und an "schiefen Wendungen" . Ich rutschte auf meinem Stuhl hin und her, war gelangweilt, fand keinen Pack-an.
    Dies irae, ohne Angst und Schrecken vor dem jüngsten Gericht.
    Am Beeindruckendsten noch das Lacrimosa, weil sehr gut dargeboten.


    Zugegeben, ich kenne wenig von Berlioz, damit war ich einfach überfordert.


    Der Tenor Herbert Lippert war für mich der Sternpunkt der Aufführung: Im Orchester quasi unsichtbar stehend sang er mit einer wunderbaren Stimme, so fast ganz ohne Tremolo (das ich gar nicht mag) seinen Part, immer gut hörbar, vom Orchester nie erschlagen.


    DAs zahlreiche Publikum war enthustiastisch. Die Leistung war ja auch sehr gut.
    Soustrot hat sich getraut. Das muß man hoch würdigen.
    Aber was bleibt davon?
    Ratlosigkeit über ein solches Requiem.


    LIeben Gruß aus Bonn :no: :no: :no: :no:

    Was Du nicht willst, das man Dir tu, das füg auch keinem andern zu

  • Hallo zusammen,


    letzten Freitag besucht:



    Gefiel mir musikalisch wesentlich besser, als Reinhard Keisers "Brockes-Passion", welche ich an gleicher Stelle am Karsamstag 2007 unter Christoph Rousset gehört hatte. Schade, dass dieses Händel-Werk nicht häufiger zu hören ist (im Konzert oder auf CD) und es stattdessen eher die hundertste Bach-Passion auf CD gibt (wobei ich die Bach-Passion auch sehr schätze!). Bei den Zuhörern kontrovers gesehen wurden die Kürzungen bei dieser Aufführung. Es fehlte einiges - vor allem betroffen waren Arien der Tochter Zions. Marcus Creed nach dem Konzert darauf angesprochen, meinte, dass diese vielen, lediglich reflektierenden Arien, für ein modernes Konzertpublikum zu viel wären. Die Stimmen einiger mir bekannter Barock-Abo-Besucher geben ihm sogar recht. Diese waren nach knapp zwei Stunden Passions-Musik (Pause schon rausgerechnet) bedient. "Freaks" ich, hätten natürlich gerne das ganze Werk gehört!
    Eine neue Aufnahme des Werkes unter Creed, wird es nach seiner Aussage ebenfalls nicht geben.


    Viele Grüße
    Frank

    From harmony, from heavenly harmony
    this universal frame began.

  • Ich möchte jetzt noch eine „Schuld“ einlösen, ehe es ganz zu spät ist!
    Ich habe letztes Wochenende (15.03.) ein Konzert in Dresden besucht:


    GUSTAV MAHLER
    Sinfonie Nr. 6 a-Moll „Die Tragische“

    Dresdner Philharmonie
    Marc Albrecht


    letztendlich konnte mich die ausdrückliche Empfehlung von Guercoeur überzeugen, mir dieses Konzert nicht zu entgehen lassen, da er mir Werk und Dirigenten ausdrücklich empfahl.


    An dieser Stelle möchte ich kurz zwei Bemerkungen einschieben:


    1. Ich habe die 6. Sinfonie von G. Mahler bisher weder im Konzert noch als Aufnahme gehört. Da ich meine „Karriere“ als eifriger CD-Hörer und –Sammler ebenso wie als Konzertgänger im Randbereich begonnen habe, habe ich mitten im Kernbereich der Klassik immer noch „weiße Flecken“. (z.B. Sinfonien von Mozart, Beethoven, Bruckner, Mahler, Schostakowitsch, u.a. kenne ich bisher nur wenig oder sogar gar nicht!)
    Und da es für mich immer ein besonderes Erlebnis war, solche Werk live zum ersten Mal zu hören, habe ich mich entschieden, diese Werke „ruhen“ zu lassen, bis sich eine Gelegenheit bietet sie im Konzert zu hören.


    2. Die Dresdner Philharmonie ist ein Orchester, das meiner Meinung mehr Aufmerksamkeit verdient hätte. Natürlich ist es nicht das erste Orchester am Platz, das ist (unangefochten) die Dresdner Staatskappelle! Allerdings hat mir dieses zweite Dresdner Orchester schon viele eindrückliche Musikerlebnisse beschert, zumal wenn sie von einem besonderen Dirigenten geleitet wurde. Die Substanz des Orchesters ist, besonders in den Bläser, hervorragend! Wer immer die Möglichkeit hat- sei es einmal in Dresden, oder auch außerhalb- dem kann ich nur ein Konzertbesuch empfehlen. Zumal sie sich hier in Dresden- im Gegensatz zur Staatskappelle- wirklich anstrengen müssen, dass ihre Konzerte gut besucht werden.
    Deshalb machen sie nicht nur viel Werbung in der Stadt, sondern versuchen auch immer ein besonderes Programme anzubieten. So hat man immer wieder die Möglichkeit interessante Werke kennen zulernen!



    Zum Konzert selber:
    Marc Albrecht erwies sich als großer Kämpfer am Dirigentenpult, der immer unter Hochspannung zu stehen schien. Was bei dieser Musik sicher verständlich ist- und eine spannungsvolle Wiedergabe garantiert, dennoch bekam das manchmal fast krampfhafte Züge, da hätte ich mir auch mal etwas Entspannung gewünscht (aber die Musik verlangt es vielleicht so?). Er hat die Musik aber sonst sehr aufmerksam und umsichtig geleitet. (Gespielt wurde die Fassung mit zwei Hammerschlägen am Schluss) Wobei sich die umliegenden Musiker bei den Schlägen( möglichst dezent) die Ohren zuhielten. Weitere besondere Vorkommnisse: Ob Mahler wirklich den interessanten Effekte gewollt hat, das am Ende des 3. Satzes (Andante moderato) eine Harfensaite mit lautem Knall reißt?
    Eine wirklich faire Beurteilung eines solchen Werkes beim ersten Hören ist für mich unmöglich! Ich war beeindruckt von der Ideenfülle Mahlers (und der Einfluss auf so vieles, Schostakowitsch?, die Filmmusik?, etc.), aber irgendwie wurde ich der großen Gesten auch schnell überdrüssig. und so hatte ich am Ende des Konzertes nicht nur das Gefühl etwas Besonderes gehört zu haben, sondern auch das dringende Bedürfnis nach vierstimmiger Renaissancemusik!
    :angel:


    Wer ein Blick ins Programmheft werfen möchte, kann es hier herunterladen:


    Programm


    Dort findet auch das Zitat von Alban Berg, diese Sinfonie sei die einzige wirkliche „Sechste“, trotz Beethoven. Und was ist mit Dvorak?


    Für das Konzert am nächsten Wochenende (29.03.) stehen dann folgende Werke auf dem Programm
    SCHREKER. Nachtstück (aus "Der ferne Klang“)
    KORNGOLD Violinkonzert D-Dur op.35
    WEBERN Sechs Stücke op.6
    ***
    MOZART Sinfonie Nr.39 Es-Dur KV543
    Dir. Vadim Gluzman


    Ob mir Guercoeur das Konzert dann wieder empfehlen wird??? :D


    Man muss nur der Versuchung widerstehen in der Pause zu gehen.... :stumm:


    Gruß aus DD
    pt_concours

    Hören, hören und nochmals hören: sich vertraut machen, lieben, schätzen.
    Keine Gefahr der Langeweile, im Gegensatz zu dem, was viele glauben, sondern vielmehr Seelenfrieden.
    Das ist mein bescheidener Rat. (S. Richter, 1978)

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  • Ich komme gerade aus einem Chorkonzert zur Passionszeit mit folgendem Programm:


    PETER CORNELIUS
    Requiem (nach deutschen Text von Hebbel)


    RUDOLPH MAUERSBERGER
    Wie liegt die Stadt so wüst


    FRANCIS POULENC
    Quatre motets pour un temps de pénitence (1938-39)


    MAX REGER
    Der Mensch lebt und besteht nu reine kleine Zeit – aus op.138


    GABRIEL FAURÉ
    Requiem



    Opus Vocale
    Leitung: Volker Hedtfeld
    Orgel: Felizitas Rodach



    Ich war jetzt zweimal im Konzert, einmal gestern Abend und dann heute. Und das war gar nicht mal so schlecht, dass ich das Programm zweimal gehört habe, denn heute kam ich damit auch viel besser klar.
    Die ersten a-cappella-Stücke waren sehr intensiv und musikalisch anspruchsvoll und haben mir das Karfreitagsgeschehen sehr anschaulich dargebracht. Das Fauré-Requiem war in der Fassung für Soli, Chor und Orgel zu hören. Mir hat das Orchester ein wenig gefehlt, dadurch kam dieser "Engelsgesang" nicht immer so an wie gewohnt.


    Auf jeden Fall muss ich mal schauen, ob ich den Cornelius und den Poulenc günstig auf CD finde. Auch das Mauersberger-Stück lohnt sich. Er hat das am Karfreitag 1945 im zerbombten Dresden geschrieben. Sehr eindrucksvoll!



    Liebe Grüße,
    Peter.

  • Les Musiciens Du Louvre-Grenoble


    Leitung: Marc Minkowski


    Anne Sofie von Otter (Mezzosopran)


    Auf dem Programm stand


    Camille Saint-Saens:
    Sinfonie Nr. 2 A-Moll


    und


    Odelette D-Dur
    für Flöte und Orchester


    Gabriel Fauré:
    Shylock (Auszüge aus der Suite für Orchester)


    Joseph Canteloube:


    aus "Les Chants d'Auvergne


    10 Lieder, gesungen von Anne Sofie von Otter.


    Es war das erste Mal, dass ich Minkowski live erlebte. Ich empfand noch bei keinem Dirigenten eine solche Harmonie mit dem Orchester.


    Überraschung für mich war Canteloube. Ich kannte bisher keines der Lieder, die Bearbeitungen von Volksmusik aus der Auvergne sind. Die Lieder wurden in der originalen Okzitanischen Sprache von Anne Sofie von Otter gesungen. Im Gegensatz zu ihrem sonst oft für mich so kühl klingendem Ausdruck, hat Frau von Otter gestern gezeigt, dass sie auch sehr gefühlvoll singen kann.


    Zur allgemeinen Begeisterung gab es noch 3 Zugaben, ein schwedisches Volkslied, die Entre'Act Musik aus Carmen Akt. 3 und 5. Das Publikum hätte gerne noch mehr gehört von diesem Orchester mit seinem ungemein sympatischen, unprätentiösen Dirigenten.


    Ich freue mich schon auf November, da gibt das Orchester mit Berlioz ein Gastspiel.


    :hello:


    Emotione

  • Heute abend gab's folgendes Programm in der Bamberger Konzerthalle:



    György Ligeti: Violinkonzert


    Gustav Mahler: Symphonie Nr. 9



    Christian Tetzlaff, Violine


    Bamberger Symphoniker
    Dirigent: Jonathan Nott



    Ich habe nochmal schnell nachgeschaut: Ja, im Thread Lieblingsstücke 1990-1999 habe ich Ligetis Violinkonzert als einen meiner Favoriten benannt - und das hat sich eindrucksvoll bestätigt. Ein fantastisches Werk, mit unglaublichen Klängen, formal und auch vom Charakter her durchaus an die Tradition angebunden (Bartok), aber unverwechselbar.


    Das war eine sensationelle Leistung Tetzlaffs - auch hinter der vorher nochmal gehörten Frank-Peter-Zimmermann-Aufnahme muss er keineswegs zurückstehen, ganz im Gegenteil. Fast körperlos die extrem leisen, extrem hohen Töne in der Passacaglia, und mit fast provozierender Leichtigkeit bot der Geiger die haarsträubende Kadenz im letzten Satz. Perfektes Zusammenwirken mit dem Orchester, dem ja auch einiges abverlangt wird, z.B. gleich am Anfang oder beim irren Höllenritt des Mittelsatzes. Das wirkte nicht erarbeitet, sondern frei und souverän. Das Publikum wurde im Verlauf des Stücks immer konzentrierter und spendete begeisterten Beifall. Die Bach-Zugabe Tetzlaffs kam dann auch nicht als Pflichtübung rüber, sondern wirkte ganz erfüllt von spielerischer Leichtigkeit.


    Zu Mahlers Neunter will ich gar nicht viel sagen - das Stück geht mir immer sehr nahe. Es war eine sehr intensive, farbenreiche, bei Bedarf auch brillante Wiedergabe, aber nie dick auftragend. Den Schlussatz habe ich noch im Ohr, das kann man schöner kaum spielen.



    Viele Grüße


    Bernd


  • edit:
    Lothar Koenigs | Dirigent
    Vadim Gluzman | Violine


    Und jetzt noch schnell die alte Schuld einlösen, ehe das nächste Wochenende (mit neuen Konzerten kommt-wenn auch diesmal nicht für mich)
    Ich habe das oben genannte Konzert besucht, und es nicht bereut, allein schon wegen des außergewöhnlichen Programms!
    Entgegen meiner obigen Ankündigung kam der WEBERN erst nach der Pause, so das auch keine Versunchung aufkam. die wäre aber auch unbegründet gewesen! Die Stücke von WEBERN, die ich noch nie gehört hatte, haben auf mich dann auch den stärksten Eindruck gemacht!
    Das Stück von SCHREKER bei einmaligen Anhören fair zu beurteilen fällt mir äußerst schwer, viele interessante Details und Klangfarben, aber es war für mich zum Teil schwierig, der Musik immer zu folgen. Ich werde mir das Stück gerne nochmal auf CD anhören.
    KORNGOLDs VIolinkonzert ist ansprechende und relativ eingängige Musik, die ich gerne mal höre, ohne sie wirklich zu brauchen (ich mag allerdings Violinkonzerte auch nicht besonders), der Solist Vadim Gluzman hinterliess einen sehr starken Eindruck, auch bei seiner Zugabe (Paganini?).
    Die MOZART Sinfonie bildete einen schönen (und versöhnlichen? :]) Abschluss dieses leider nur mäßig besuchten Konzertes.
    Das Orchester bot unter der umsichtigen Führung des Gastdirigenten Lothar Königs eine solide Leistung mit schönen Momenten, aber auch einigen leichten Unsicherheiten und Unstimmigkeiten.


    wer ein Blick ins Programmheft werfen möchte, kanne shier herunterladen:
    Programmheft

    Hören, hören und nochmals hören: sich vertraut machen, lieben, schätzen.
    Keine Gefahr der Langeweile, im Gegensatz zu dem, was viele glauben, sondern vielmehr Seelenfrieden.
    Das ist mein bescheidener Rat. (S. Richter, 1978)

  • Zitat

    Das Orchester bot unter der umsichtigen Führung des Gastdirigenten Lothar Königs eine solide Leistung mit schönen Momenten


    Lothar Königs war lange Zeit bei uns 1.Kapellmeister und danach längere Zeit GMD in Osnabrück.
    Ich kenne ihn darüberhinaus noch aus gemeinsamer Studienzeit in Köln und habe unzählige Male unter seiner Leitung gespielt.


    Er ist ein äußerst begeisterungsfähiger, mitreißender und interessanter Dirigent, dem ich von ganzem Herzen wünsche, daß er noch weitaus mehr Beachtung findet.

    Zitat

    KORNGOLDs VIolinkonzert ist ansprechende und relativ eingängige Musik, die ich gerne mal höre, ohne sie wirklich zu brauchen


    Bitte gebe dem Korngold noch eine zweite Chance.


    Beim Schreker ist es ja, wie Du schon angemerkt hast, auch schwierig, beim erstenmal fair zu beurteilen.


    Übrigens, wenn es um Komponisten wie z.B. Schreker, Korngold und Webern geht:
    Darin ist Lothar ein absoluter Meister! :jubel:

  • Gestern in der Alten Oper Frankfurt:


    Cincinnati Symphony Orchestra
    Paavo Järvi Leitung
    Nicolai Lugansky Klavier


    Sergej Rachmaninow Klavierkonzert Nr. 3 d-Moll op. 30
    Franz Schubert Sinfonie Nr. 8 C-Dur D 944


    Also Zugabe spielten sie zuerst einen überaus gelungenen und voller Ironie gefüllten Brahmschen ungar. Tanz und nach weiterem nicht enden wollenden Applaus noch von Sibelius Valse Triste - unheimlich toll. Man merkte, wie sehr Järvi an diesem Stück hängt.


    Zum Eigentlichen Programm:
    Rachmaninov war anfangs etwas schnell (Luganskys Technik erlaubte das schnelle Anfangstempo). Das Zusammenspiel und die Balance zwischen Solist und Orchester war stets stabil. Selten so viel Gänsehaut während eines Konzertes gehabt.


    Lugansky, der nach 5 Minuten schon unten mit einer roten Birne CDs signierte und freundlich seinen Fans Rede und Antwort bereit war (er kann fließend Deutsch), spielte noch eine Bearbeitung eines Lied von Rachmaninov. Ein unglaublich netter und bodenständiger Mensch. :yes:


    Der Zweite Teil - die groß(artig)e C-Dur Symphonie von Schubert - in einer noch nie dargewesenen Interpretation von Järvi. Es war ein voller Genuß - mir fehlen jetzt noch die Worte... :jubel:

    Die Dame des Hauses erhebt sich vom Klaviersessel: "Das war Siegfrieds Tod." Ein Zuhörer zu seinem Nachbarn: "Kann ich verstehen."

  • Gestern hörte ich im Wiener Konzerthaus in einer konzertanten Aufführung zum ersten Mal Benjamin Brittens Kammeroper "The Rape of Lucretia ", Libretto von Ronald Duncan in folgender Besetzung:


    Klangforum Wien, Klavier und Leitung: Robin Ticciati


    Erzähler: Ian Bostridge
    Erzählerin: Emma Bell
    Collatinus: John Relyea
    Junius: James Rutherford
    Tarquinius: Christopher Maltman
    Lucretia: Angelika Kirchschlager
    Bianca: Jean Rigby
    Lucia: Malin Christensson


    Die Aufführung hat mich insgesamt sehr begeistert, da sie keine Schwachstellen aufwies und ich Brittens Musik sehr mag. Am besten gefiel mir Maltman als Tarquinius, ich hätte nicht gedacht, dass er seine Stimme so "böse" klingen lassen kann, allerdings ist er nicht der Mann für eine konzertante Aufführung dieser Oper, ihm hat sichtlich zu schaffen gemacht, dass er seine Interpretation dieser Figur nicht auch im Spiel zeigen konnte, er ist unruhig von einem Fuß auf den anderen gestiegen und mehr als einmal hatte ich das Gefühl, jetzt wird er seinen Sängerkollegen gegenüber handgreiflich.


    Einige Dinge haben mich etwas befremdet, im Programmheft wird Angelika Kirchschlager als Alt bezeichnet (!), und für einige Wiener Opernbesucher endet das Zeitalter der Oper wohl spätestens bei Strauss` Rosenkavalier, sie wollen oder können sich mit Oper des 20.Jahrhunderts, und sei sie noch so tonal und melodiös, nicht auseinander setzen, was zur Folge hatte, dass einige Besucher während der Vorstellung (es wurde pausenlos durchgespielt, was der Dichte der Geschichte sehr gut tat), aufstanden und, sehr geräuschvoll, gingen und die Aufführung dadurch störten, ebenso störten, wie die Besucher, die es nicht schaffen ihre Programmhefte beim Mitlesen des Textes möglichst geräuschlos umzublättern.


    Aber trotz dieser Einwände habe ich die Aufführung genossen.

  • Zitat

    Original von Michael Schlechtriem


    Bitte gebe dem Korngold noch eine zweite Chance.


    Beim Schreker ist es ja, wie Du schon angemerkt hast, auch schwierig, beim erstenmal fair zu beurteilen.


    Hallo Michael,
    vorerst werde ich dem Vilinkonzert wohl keine zweite Chance geben, denn -ich erwähnte es bereits- ich mag Violinkonzerte nicht besonders. Allerdings gibt es ja da noch eine Aufnahme mit Heifetz, also da...
    Korngold ist ja Dein Lieblingskomponist, wenn ich das richtig deute.
    Welche Stellung hat denn das Violinkonzert Deiner Meinung in seinem Gesamtwerk?


    Ansonsten vielen Dank für die Detailinformationen zu L. Koenigs, sowas ist natürlich immer besonders interessant.


    Gruß pt_concours

    Hören, hören und nochmals hören: sich vertraut machen, lieben, schätzen.
    Keine Gefahr der Langeweile, im Gegensatz zu dem, was viele glauben, sondern vielmehr Seelenfrieden.
    Das ist mein bescheidener Rat. (S. Richter, 1978)

  • Zitat

    Welche Stellung hat denn das Violinkonzert Deiner Meinung in seinem Gesamtwerk?


    Hallo pt_concours,
    es handelt sich natürlich um eines der bekanntesten Werke von Korngold zusammen mit der "Toten Stadt" und ich liebe dieses Konzert.


    Aber wenn ich seine Stellung im Gesamtwerk von Korngold definieren muß, dann bin ich eher zurückhaltend, denn seine Opern, darunter u.a. "Violanta", "DieTote Stadt" und vor allem "Das Wunder der Heliane" sowie seine Sinfonie oder auch das Klavierquintett zum Beispiel finde ich weitaus stärker.


    Gruß,
    Michael

  • Weiter oben hatte sich Pius in einem Beitrag am 29.2. schon begeistert von einem Frankfurter Konzert mit dem Quatuor Ebène gezeigt. Dieses aus vier jungen Franzosen bestehende Streichquartett spielte heute abend in der Bamberger Konzerthalle auf.


    Mit folgendem Programm:



    Joseph Haydn: Streichquartett g-moll op. 74 Nr. 3 (Reiterquartett)


    Anton Webern: Sechs Bagatellen für Streichquartett op. 9


    Anton Webern: Langsamer Satz für Streichquartett (1905)


    Johannes Brahms: Streichquartett c-moll op. 51 Nr. 1



    Quatuor Ebène



    Ich habe das Quatuor Ebène einmal im Radio mit einem sehr guten zweiten Streichquartett von Bartok gehört. Meine Erwartungen wurden aber noch übertroffen, ich kann mich Pius' Enthusiasmus vorbehaltlos anschließen - eine absolut erstklassige Formation, die bereits jetzt jederzeit neben den prominentesten Konkurrenten bestehen kann.


    Fantastisch bereits das Reiterquartett: den immer wieder überwältigenden langsamen Satz habe ich noch nie so schön gehört - dynamisch weitgespannt, aber nur an den dynamischen Höhepunkten aus der Intimität ausbrechend. Atemberaubend subtil die Ausschmückungen des Primgeigers Pierre Colombet, an der Grenze der Hörbarkeit wispernd der frappierende Tremolo-Effekt kurz vor Ende des Satzes. Auch das Finale hat man nicht einfach temperamentvoll heruntergefetzt, sondern es wurde auf engstem Raum dynamisch differenziert. Solche Haydn-Quartette würde ich mir auch öfter auf Tonträgern wünschen (eine Haydn-CD gibt es bereits mit den Ebènes).


    Nach dem Haydn wandte sich der Cellist Raphael Merlin in entzückendem Deutsch an das Publikum, erläuterte kurz die Webern-Stücke und bedankte sich für die niedrige Hustenfrequenz im Saal. Ein geschickter Schachzug, das Publikum war stolz auf sich selbst und wurde während der Webern-Bagatellen noch leiser - was auch sehr wichtig ist, denn große Teile der sechs Stücke bewegen sich an der untersten dynamischen Grenze. Obwohl ich die Bagatellen op. 9 durchaus faszinierend finde und sie außerdem vorher fünfmal in der Aufnahme mit dem LaSalle-Quartett gehört habe (die Gesamtdauer beträgt nur ca. 3 Minuten), fällt es mir schwer, ein Urteil abzugeben. Es schien mir jedenfalls eine spieltechnisch hervorragende Aufführung zu sein und die Konzentration von viel Inhalt in knappster Zeit teilte sich sehr stark mit.


    Ganz anders der mir nicht bekannte frühe Streichquartettsatz (ist nicht in der LaSalle-Box enthalten): ein schwer spätromantisches, schönheitstrunkenes, gänzlich tonales Werk mit einigen faszinierenden Klangeffekten (eine extrem leise Bratschenlinie, von Klangeffekten der anderen Instrumente begleitet, erinnerte schon etwas an den späteren Webern). Hat mir sehr gut gefallen!


    Nach der Pause dann Brahms' erstes Streichquartett: Hervorragend gespielt, kein bisschen spröde, aber auch nicht ausladend romantisch. Die Romanze wurde nicht (wie so oft) pastos dargeboten, sondern erinnerte in ihrer Differenziertheit an den langsamen Satz des Reiterquartetts. Bemerkenswert der ganz suggestiv gespielte, vor sich hinschleichende dritte Satz. Äußerst kraftvoll und konzentriert dann der Schluss.


    Enorm starker Beifall für ein Kammerkonzert. Das Quatuor Ebène spielt, wie der freundliche Cellist erläuterte, nie Zugaben aus dem "normalen " Repertoire. Stattdessen gab es zunächst ein kurzes, vom Ensemble selbst arrangiertes Stück mit Motiven der Filmmusik zu "Pulp Fiction". Ungeheuer fetzig, das Publikum war ganz aus dem Häuschen. Schließlich als zweite Zugabe eine Bearbeitung nach Miles Davis, mit allerlei unkonventionellen Perkussionseffekten, absolut mitreißend. So kann ein Kammerkonzert auch enden. Toll!



    Viele Grüße


    Bernd

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  • … in der Philharmonie im Gasteig (München), 9.4.2008


    (Aus Zeitgründen ein etwas verspäteter Konzerteindruck...)


    Margarita Höhenrieder nimmt die virtuosen Passagen in Ludwig van Beethovens kompakt daher kommendem Klavierkonzert Nr. 1 C-Dur op. 15 für meinen Geschmack zu verbindlich. Die Poesie entfaltet sich sehr schön, auch Musikantik blitzt auf, aber zum großen Teil wirkt diese Interpretation auf mich zu brav, zu beiläufig. Mit der Zugabe gedenkt Frau Höhenrieder mit einem Klavierstück des im Dezember 2007 verstorbenen Harald Genzmer, mit dem sie gerne zusammengearbeitet hat. Dabei demonstriert sie wieder die für sie wohl selbstverständliche Virtuosität, es geht nur so rauf und runter über die ganze Tastatur.


    Sehr kompakt nimmt Fabio Luisi auch Gustav Mahlers Symphonie Nr. 1 D-Dur „Der Titan“, der Sonnenaufgang kommt „wie aufgezogen“, die Exposition zügig, alles tourneegerecht auf den Effekt hin ausgerichtet. Fabio Luisi akzentuiert dann den Anfang des zweiten Satzes so richtig als Auftaktphrase „mit Anlauf“ und zieht den Satz ansonsten wieder flott musikantisch durch. Das Trio ist auch musikantisch modelliert, hörbar detailgeprobt. Bewusst kontrastiv langsam geht Luisi in den Trauermarsch. Die Mittelteile erscheinen abermals sehr schön ausmodelliert. Das Fazit nach dem Finale: Luisis Mahler ist plastisch, kompakt, durchaus auf den Effekt hin einstudiert, also effektsicher und in den Details hörbar ausführlich geprobt.


    Das Klangbild der Sächsischen Staatskapelle Dresden nimmt für sich ein. Mit warmherziger Klangfülle, tourneegerecht exakt und nuanciert einstudiert, demonstriert es wunderbar hohe Orchesterkultur.


    Herzlicher Gruß
    Alexander

    Freundlicher Gruß
    Alexander

  • Gestern hatte ich erstmals Gelegenheit, die Gruppe "Giardino armonico" live zu erleben - und das war für mich wirklich umwerfend, was diese Musikerinnen und Musiker da an Temperament und Spielfreude geboten haben.


    Ich kannte einige ihrer CDs - und wurde dann auch gestern nicht enttäuscht. Insgesamt sehr zügige Tempi, oftmals geradezu harte Attacken der tieferen Streicher, dynamische Wechsel innerhalb kurzer Zeit von fast unhörbaren Tönen zu einem berstenden Tutti-Klang - und spieltechnische Finessen, die sich hören lassen können.


    Neben Antonini, dem Orchesterleiter und Flötisten war es vor allem der Solo-Violinist Enrico Onofri der begeisterte.


    Das Programm bot bekanntes, so "Follia"-Variationen nach Corelli von Geminiani, zwei "Brandenburgische Konzerte" von Bach (im Tempo und im Ausdruck bemerkenswert: schlank, leicht, hörenswert), Vivaldi und Telemann (mit tänzerischer Vehemenz).


    Ein toller Abend, nach dem der Zuhörer angenehm beschwingt das Konzerthaus verlassen hat.

  • Ein Straßenmusikant am Münchner Marienplatz, umringt von Menschen im Freitagmittagstrubel eines ganz normalen Wochentags (18.4.2008 ). Nichts Besonderes denke ich und fahre die Rolltreppe ins Zwischengeschoss. Doch halt: Das ist ja Klaviermusik! Und die klingt nicht nach billigem Keyboard! Also wieder hinauf – und wirklich: Da steht ein Yamaha Flügel, und der 1980 geborene mazedonische Pianist Daniel Stenway spielt Mozarts „Rondo alla turca“, und danach spielt er sogar Chopins „As-Dur Polonaise“. Es gibt rechts neben dem Klavier die Möglichkeit Eurostücke hinzulegen (was doch einige tun), und schräg hinter dem Pianisten eine Schachtel mit etwa 25 Exemplaren der verfügbaren CD „Piano Collection“. Nach dem Mozart, wirkungsvoll mit erweiterten Schlussakkorden zu Ende gebracht, fragt ihn ein Herr, was das für ein Stück gewesen sei. So einfach funktioniert Volksbildung! Stenway präsentiert sich pianistisch effektvoll. Er betont alle möglichen und unmöglichen Effekte, spielt plötzlich eine Passage, die man strahlend laut erwartet, verhalten im Pianissimo, kultiviert Kontraste zu einer wirkungsvollen Klaviershow, spielt schon mal den sehnsüchtig Verliebten, wenn Chopin eine passende Melodie anbietet. Man hört aber durch, dass er die Show nicht nur um ihrer selbst willen betreibt (und damit vielleicht Schwächen kaschieren könnte), nein, er kann schon wirklich was, wie der virtuose Mittelteil beim Chopin eindrucksvoll beweist. Das komplette „Konzert“ anzuhören fehlt die Zeit, der Schreiber muss weiter. Vielleicht spielt Daniel Stenway ja gelegentlich wieder am Marienplatz, in Blue Jeans und mit Mantel (je nach Wetter)…


    Herzlicher Gruß
    Alexander

    Freundlicher Gruß
    Alexander

  • am freitag, 18.4.08, war im wiener konzerthaus schlusspunkt der "rising star"-tournee der european concert hall organisation, die den sogenannten multiperkussionisten martin grubinger durch europa und in die carnegie hall geführt hatte.
    der erst 25 jahre alte salzburger hat in seiner kurzen karriere schon viel aufsehen erregt und wird sicher noch viel mehr, so er nicht demnächst explodiert...
    die immense energie, die er ausströmt, überträgt sich auf die zuhörerschaft -abgesehen von den physikalischen resonanzen, zumindest in der nähe der bühne (endlich einmal 2 große trommeln in ihrer vollen dynamischen valenz erlebt, und das über minuten!).


    er spielt auswendig -gut, das tun fast alle solisten, aber ich weiß von meinem klangforumabo, dass die dort bisweilen 3 schlagwerker immer ziemlich viel papier vor sich haben, um ihre vielen instrumente exakt zu bedienen. grubinger trainiert sich die kompliziertesten partituren so lange an, bis die stücke buchstäblich in fleisch und blut seiner überaus muskulösen ärmel übergegangen sind. wie er überhaupt eher an einen boulderer erinnert denn an einen musiker, wenn er zwischendurch in seinen magnesiabeutel greift.
    er ist trotz voller konzentration ganz locker, spricht zwischen den stücken zum publikum; u.a. um eine programmänderung zu erklären: die spedition hatte es nämlich nicht geschafft, die spezialinstrumente für das xenakis-stück "psappha" rechtzeitig aus athen zu liefern...(als ersatz gab es rebonds b)
    und als überraschungsgast erschien der bekannt jugendliche vater und lehrer -nicht leopold, sondern ebenfalls martin grubinger, um das letzte stück in einer abgeänderten version für 2 schlagwerke mit zu spielen. dieses, "marimba spiritual" von minoru miki, war mein persönlicher favorit des abends. zugabe gabe s nur eine kurze, weil die instrumente samstag mittags schon in kiel sein mussten.


    unter den 650 im seit wochen ausverkauften mozartsaal waren auffallend viele kinder ( können doch nicht alle aus der verwandtschaft gewesen sein?). das publikum führte sich auf wie bei einem popkonzert, aber nicht während der musik, da war es so gebannt, dass man die marimbaklangwolken aus dem nichts entstehen und wieder dorthin verschwinden hören konnte. zudem bin ich draufgekommen, dass man einer marimba nur wohltöne entlocken kann (-gut, wenn man sie vom podium stürzt, vielleicht...).


    der schwedische pianist per rundberg leistete auch gewaltiges in der klavierfassung des orchesterparts bei 3 werken von anders koppel und keiko abe.


    irgendwo im mir fernstehenden medium fernsehen hat es an diesem wochenende etwas über grubinger gegeben.


    man muss es erlebt haben - am besten 2 meter über der batterie, quasi im gischt des künstlerschweißes! so man gelegenheit hat (er ist dauernd auf tournee) - unbedingt hingehen!


    ich möchte diesen beitrag dem lieben, armen faun widmen, der sich, als er noch gesund war, auch an grubinger delektierte.


    :hello:

  • Zitat

    Original von observator
    irgendwo im mir fernstehenden medium fernsehen hat es an diesem wochenende etwas über grubinger gegeben.


    Ja, das hab ich sogar gesehen, ich glaube, danach kam eine Reportage über den Concentus Musicus... Nicht nur, dass der Grubinger mich tatsächlich beeindruckt hat, was er so sagte, fand ich auch ganz ansprechend... Der war schon so sympathisch, dass einem fast schlecht werden konnte :D

  • Das Marimba Spiritual war auch mein Favorit. Ich habe mich selten so gefreut während eines Konzertes. Was für ein akustischer Genuss!

    Bitte bedenken Sie, dass lautes Husten - auch zwischen den Stücken - die Konzentration der Künstler wie auch den Genuss der Zuhörer beeinträchtigt und sich durch den Filter eines Taschentuchs o. ä. erheblich dämpfen lässt.

  • Hallo!


    Der heutige Sonnentag führte ins unweite Schwarzacher Münster. Auf dem Plan stand Haydns Theresienmesse, Mozarts "Ave Verum" und "Sancta Maria" sowie ein nicht weiter definiertes Orgelkonzert G. F. Händels. Das Westböhmische Sinfonieorchester Marienbad, geleitet von Günter Horn, begleitete den Südwestdeutschen Brahms-Chor sowie die Solisten Ruxandra Voda-van der Plas [S], Rosemarie Bühler [A], Harrie van der Pals [T] und Peter Alexander Herwig [B]. An der Orgel: Manfred Walz, die sogenannte "Orgelwalze"...


    Da liegt soviel vor der Haustür, von dem man nicht den blassesten Schimmer hat:



    Quelle: realschule-rheinmuenster.de


    Münster und Klosteranlage haben mich sehr beeindruckt: Ein wunderschöner Ort der Entspannung, trotz einigermassen Tourismus. Es war alles sehr schön gepflegt und sehr ansprechend. Sogar der Stromkasten neben dem Münster war farblich perfekt an die Farbe der Steine angepasst.


    Glücklicherweise bot sich die Gelegenheit, bei den Proben dabei zu sein - so eine Art jpc-Hörschnipsel live. Was uns allerdings davon abbrachte, das Konzert tatsächlich zu besuchen: Der Hall im Münster war nahezu unerträgtlich - nicht nur, daß die Stimmen quasi einzeln am Trommelfell ankamen, die Einsäze waren auch oft verpfuscht und über die werten Solisten möchte ich lieber kein Wort verlieren... Wir entschlossen uns also, dem Konzert von außen zu lauschen, Vorteile:


    • weiterhin Sonne tanken
    • 16 Euro p.P. einsparen
    • weniger Hall


    Nach einem Spaziergang durch das hübsche Schwarzach lief bereits das "Ave Verum", während wir uns auf einer nahegelegenen Bank im Klostergarten niederließen. Meine Idee, doch auf der Treppe vor dem Eingang Platz zu nehmen wollte umgesetzt werden, scheiterte jedoch mangels Vorhandensein einer Treppe... also gingen wir "nur mal eben" hinein, wo wir auch ~ 80% des Konzertes von der hintersten Ecke aus stehenderweise anhörten. Gelegentlich besuchten uns ein paar versehentlich hinzugestossene Touristen, die entsetzten Blickes das proppenvolle Münster fluchtartig wieder verließen. Der Musik wegen hätte man wenigstens kostenfrei bleiben können.


    Das Orgelkonzert Händels ließ sich trotz 60erjahresound des Orchesters ganz gut an [wozu noch Vibrato bei dem Mordshall??], die Messe Haydns war wie w.o. bereits beschrieben nahezu unerträglich, der Hall war im hinteren Kirchenschiff doch ein wenig erträglicher, aber der Gesamtklang war eher minderwertig. Rechtzeitig zum "Gratias" ein lautes *wrruuummmm* - Danke Ryanair! Ob das die Maschine aus Stockholm war, die gerade in Baden-Baden landete?


    Ich muß meine Giftzunge arg zügeln - aber für umsonst war's ein netter Moment. Und die gesparten 16 Euro werden irgendwann in zwei hochwertige CDs investiert :lips:


    :jubel: :jubel: :jubel:


    Ulli

    „Wir sind nie einer Meinung!“ - „Das seh' ich anders ...“

  • Ich hatte ja auch noch ein nettes Konzert besucht und meine Erlebnisse aufgeschrieben - nur vergessen sie hier zu posten :wacky:
    Wird nachgeholt:






    In der Karls-Kirche in Kassel (ein schlichter Barockbau, erbaut für die geflohenen französischen Hugenotten) wurde ein für Kassel außergewöhnliches Konzert gegeben:



    Chanson, Lieder und Madrigale von Dowland, Isaac, Hassler u.v.a.



    Der Eintritt war frei, und das Publikum sah zum größten Teil so aus als seien es sämtliche Bekannten der Sänger....
    Meine Freundin und ich (die mit Abstand jüngsten personen im Raum) nahmen Platz sahen uns ein wenig verträumt den schlichten barocken Zentralbau an, der äußerst geschmackvoll *hust* in den 60er oder 70er Jahren mit „passenden“ Mobiliar ausgestattet worden war.


    Die Sänger traten auf – 13 Personen.
    Ich schluckte.... für Madrigale und Lieder ein ganz schönes Aufgebot.
    Ich hatte das Ensemble noch nie vorher gehört, geschweige denn überhaupt jemals von ihnen gehört. Anscheinend war es auch ihr erster öffentlicher Auftritt.


    Ich war es bisher gewöhnt solches Repertoire mit entweder einem Sänger oder bei Madrigalen maximal 6 Sänger zu erleben.


    Das erste Chanson erklang.


    Und schon die ersten Töne plätteten mich – ein fast perfekter Sound.
    So etwas kannte ich bisher nur von den wirklichen Profis in dem Bereich.


    Und wieder einmal sah und hörte ich es, ein Spitzenensemble in Kassel, und die Stadt wird sich einen Dreck drum scheren.... Wenigstens war die HNA da und berichtete über diesen ersten Auftritt des Ensembles. Was mich noch mehr erstaunte, diese Formation besteht nur aus Hobby Musikern (!) und es bestätigte sich, es war ihr aller erster öffentlicher Auftritt.


    Bei keinem einzigen Stück gab es Unreinheiten, falsche oder zu späte Einsätze.
    Und auch diese völlige Überbesetzung wurde durch geschickte Bearbeitung der Stücke positiv genutzt. Absolute Textverständlichkeit, kein einziges mal unnötiges Vibrato, einfach nur wunderbarster A Capella Gesang.
    Stilistisch gab es nichts zu bemängeln, der Leiter muss ein gutes Fachwissen besitzen, anders ist ein solches Ergebnis nicht zu erklären.



    Ich war jedenfalls tief beeindruckt.
    Allerdings war natürlich eine Stunde reiner A Capella Gesang recht anstrengend, zumal man sich auch viele Lieder mit melancholischen Inhalten aussuchte.
    Damals hat man an einem Abend vielleicht 3 oder 4 solcher Werke aufgeführt, aufgelockert mit Instrumentalstücken. So blieb es auch nicht aus, dass einige Personen die Kirche nach dem 5 Stück verließen.
    So etwas empfinde ich persönlich stets als Beleidigung der ausführenden Künstler, da gibt es keine Entschuldigung für, es sei denn man muss zum Notarzt (da bin ich erbarmungslos - selbst wenn es Mist ist, sollte man soviel Anstand besitzen).



    Aber entscheidend war, es kam niemals Langeweile auf, wie ich es so oft erlebe, bei Einspielungen von Madrigalen und ähnlichem. Um diese Musik wirklich zum Leben zu verhelfen muss man schon mehr als reinen Schönklang bieten und das ist dem Ensemble in jedem Fall gelungen.


    Ich hoffe jedenfalls das es bald ein weiteres Konzert geben wird.

  • Am letzten Donnerstag waren wir wieder mal beim Heidelberger Frühling. Es traten auf:


    Thomas Hampson, Bariton
    Wolfram Rieger, Klavier


    Gegeben wurde:


    Franz Schubert, Lieder nach Gedichten von Heinrich Heine (Auszüge aus "Schwanengesang", D 957)
    Der Atlas
    Ihr Bild
    Das Fischermädchen
    Die Stadt
    Am Meer
    Der Doppelgänger


    Gustav Mahler, Lieder eines fahrenden Gesellen (Fassung für Bariton und Klavier)
    Wenn mein Schatz Hochzeit macht
    Ging heut' morgen übers Feld
    Ich hab' ein glühend Messer
    Die zwei blauen Augen


    Robert Schumann, Dichterliebe, Zwanzig Lieder und Gesänge nach Heinbrich Heine (ursprüngliche Fassung von op. 48 )
    Im wunderschönen Monat Mai
    Aus meinen Tränen sprießen
    Die Rose, die Lilie, die Taube, die Sonne
    Wenn ich in deine Augen seh'
    Dein Angesicht
    Lehn' deine Wang'
    Ich will meine Seele tauchen
    Im Rhein, im heiligen Strome
    Ich grolle nicht
    Und wüßten's die Blumen, die kleinen
    Das ist das Flöten und Geigen
    Hör ich das Liedchen klingen
    Ein Jüngling liebt ein Mädchen
    Am leuchtenden Sommermorgen
    Es leuchtet meine Liebe
    Mein Wagen rollet langsam
    Ich hab im Traum geweinet
    Allnächtlich im Traume
    Aus alten Märchen winkt es
    Die alten, bösen Lieder


    Das Konzert wurde auch live von Deutschlandradio Kultur übertragen.


    Es ist immer wieder eine Freude, den Beiden beim gemeinsamen Musizieren zuzusehen und zuzuhören, und so war es auch am Donnerstag. Tolles Zusammenspiel, Harmonie und "blindes Verstehen" zeichnet aus, was diese Beiden schaffen.


    Für mich wirkte Thomas vor der Pause ein wenig angestrengt in den lauten hohen Tönen, meine Begleiter haben das aber nicht wahrgenommen. Nach der Pause war auch für mich nichts mehr davon zu hören (gut, Schumann ist "romantischer" als Mahler).


    Ein rundum gelungener Abend, wenn nicht immer diese "Sponsorengäste" in solchen Konzerten wären, die schnell aufspringen, und auch während des Konzerts immer durch Rascheln, Husten (da gehen Bomben hoch!), lautes unrhytmisches Schnaufen (soll ich sagen: Schnarchen?), und zum Teil sogar Unterhaltungen ein solches Konzert massiv beeinträchtigen. Leider helfen da anscheinend auch nicht die als Hinweis kostenlos verteilten Dosen mit Hustenbonbons. Warum zum Geier müssen solche Leute immer gerade dann Husten, wenn das Konzert beginnt? Warum können die nicht "mal schnell" kurz vorher Ihren Anfall haben, oder es solange "verheben", bis eine Fortissimo-Stelle kommt?


    Das fand ich diesmal extrem störend. Aber, ansonsten, wie gesagt, ein wundervoller Abend!


    Gruß,


    Matthias

  • Nachtragen würde ich gerne noch einen kurzen Bericht über ein Konzert, dass ich am vergangenen Sonntagvormittag in der Bonner Beethovenhalle hören durfte. Solistin war Christine Schornsheim am Hammerflügel, es spielte das Beethoven Orchester Bonn unter der Leitung von Andreas Spering. Es ist nicht allzu lange her, da hätte ich gesagt: diese Mitwirkenden passen doch überhaupt nicht zusammen. Aber Tatsache ist, das Beethoven Orchester Bonn hat sich, wie so viele Orchester in der Fläche, aufgemacht und sich für die Errungenschaften historischer Informiertheit interessiert. Eines der Ergebnisse ist eine zur Institution gewordene Zusammenarbeit mit externen Dirigenten der HIP-Szene für einige Konzerte jährlich mit dem Schwerpunkt Wiener Klassik. Im letzten Jahr war es Bruno Weil, der mit dem Orchester segensreich zusammen arbeitete, in diesem Jahr ist es Andreas Spering - beide mit Ergebnissen, die in meinen Ohren so manches überaus Erfreuliche mit sich bringen. Das Orchester hat eine Frische und einen Elan, etwas Galantes und Durchsichtiges entwickelt, das von einer vor Jahren erlebten, damals müden, romantisch-verquasten Beethoven-Sinfonie unter Krzysztof Penderecki Meilen und Lichtjahre weit entfernt ist.


    Soweit stand das Konzert also für mich schon unter positiven Vorzeichen, die sich auch tatsächlich bewahrheiten sollten. Gespielt wurde ein nach meinen Begriffen für ein Abonnementkonzert anspruchsvolles Programm mit drei der Masse der Konzertgänger eher wenig bekannten Werken, von denen ich zwei nicht kannte: Beethovens Contretänze und Neefes Cembalokonzert:


    Ludwig van Beethoven, Zwölf Contretänze WoO 14
    Christian Gottlob Neefe, Cembalokonzert G-Dur
    Ludwig van Beethoven, Rondo B-Dur für Hammerklavier und Orchester WoO 6
    -------
    Joseph Haydn Sinfonie Nr. 101 Hob. I:101 „Die Uhr“


    Ganz entzückend gerieten die Kontretänze vom ersten Satz an, recht zügig und tänzerisch, teils auch beschaulich, teils gemütlich, ein wenig wie Papa Haydn selig. Aber das Orchester arbeitete jeden einzelnen Tanzcharakter sehr schön heraus, jedem wurde sein eigenes passendes Tempo zwischen Allegretto (oder Andantino) und Presto verliehen.


    Schon bei diesen Tänzen zeigten sich die Kennzeichen der musikalischen Zusammenarbeit zwischen Spering und dem Orchester: Spering ist nicht einer von jenen, die das Gleichgewicht zwischen den Bläsern und den Streichern permanent zugunsten der Bläser verschieben. Vielmehr ist er eher besorgt, die Bläser in den Streicherklang einzubetten - eine eher herkömmliche Sichtweise, wie ich finde. Die satte, aber vom Umfang klassisch reduzierte Streicherbesetzung mit 12-10-0-6-4 bei 1 Flöte, 2 Oboen, 2 Klarinetten, 2 Fagotten, 2 Hörnern, kleiner Trommel unterstützte dieses Bemühen. Um so mehr fallen die Stellen auf, an denen die Bläser alleine spielen oder sich tatsächlich von den Streichern abzuheben haben. Sehr schön traten dann die kraftvoll schmetternden Hörner hervor, bei denen es sich nach dem Klang sehr wohl um Naturhörner (die bei der Haydn-Sinfonie benötigte Pauke behandelte der Pauker dann mit harten Schlägeln) gehandelt haben könnte.


    Zu Unrecht sind diese Tänze zu wenig bekannt, natürlich nicht in unserem Forum. Die Reihenfolge scheint nicht starr festgelegt zu sein; in Dausgaards Einspielung weicht sie offenbar von der am Sonntag gehörten ab. Jedenfalls war ich heftig verblüfft, als statt des - in der Bonner Reihenfolge - siebenten Tanzes eine unangekündigte Programmänderung eintrat und die 3. Sinfonie :) - nein, halt, doch nicht ...: jedenfalls greift dieser Tanz das Eroica-Motiv auf und stellt es kurz und knapp vor, wie es ja auch in den Geschöpfen des Prometheus und noch anderenorts seine Rolle spielt. Ein netter Gag - sollte ich mich eben doch besser auf so ein Konzert vorbereiten :yes: .


    Die nächste Überraschung ließ nicht lange auf sich warten: ein Cembalokonzert war auf dem Plakat und auch noch im Programm angekündigt, aber ein Hammerflügel stand auf der Bühne, den Schornsheim dann auch nutzte, um nicht nur das nachfolgende Beethoven-Rondo, sondern bereits Neefes Cembalokonzert aus dem Jahr 1782 damit zu spielen - eine akzeptable Wahl, die ersten Hammerklaviere wurden seit 1711 (Cristofori) gebaut.


    Dass das Konzert des Bonner Beethoven-Lehrers an diesem Ort in dieser Art zur Aufführung kam, belegt, wie unsinnig die immer wieder zu hörende Aussage ist, die Verweigerungshaltung gegenüber historisch informierter Aufführungspraxis und der Wechsel auf den großen Konzertflügel Steinway’scher Prägung sei den immer größer werdenden Konzerthallen geschuldet. Die Beethovenhalle in Bonn hat keine berauschende Akustik, tatsächlich ist sie grottenschlecht, und diese Mehrzweckhalle ist ja auch von der Konzeption her gar keine Konzerthalle. Trotzdem konnte an diesem Ort mit einem Hammerflügel und mit deutlich reduzierter Besetzung musiziert werden, offenbar ohne dass dies dem Musikgenuss geschadet hätte: Auch die dort sitzende „breite Masse“, also das Zielpublikum des Abonnements, zeigte sich amüsiert und applaudierte begeistert, also wird ja auch dort ein akustischer Mangel nicht wahrgenommen worden sein.


    Bei dem Instrument handelte es sich um eine von R. Regier gefertigte Kopie nach Conrad Graf mit sehr schönen, vollen mittleren und tiefen Registern. In den Höhen schien der Klang nicht optimal abgerundet, wofür die Ursache aber wohl weniger im Instrument als eher in der Hallenakustik zu suchen war. Der Akustik geschuldet waren wohl auch weitere Änderungen, die sich zwischen dem Druck des Programmheftes und dem Tag der Aufführung ergeben hatten. Nicht nur war im Heft noch die Aufführung mit Cembalo angegeben, das Heft enthielt auch Angaben zur Besetzungsstärke - ein sehr erfreulicher, leider viel zu seltener Service, der zweifellos auf Sperings Initiative zurückzuführen war -, nämlich 2 Oboen, 2 Hörner, Streicher 8-8-6-4-3. Die genaue Streicherstärke war von meinem Platz nur für Celli und Bässe zu ermitteln, sie dürfte bei 6-6-4-3-2 gelegen haben, also gegenüber der Planung deutlich reduziert. Hinzugekommen war zur Verstärkung der Bassgruppe dafür ein Fagott. Es dürfte sich im Probenverlauf herausgestellt haben, dass ein Cembalo gegen eine voll besetzte Beethovenhalle nicht ankommen dürfte. Ebenfalls der Akustik dürfte die Besetzungsanpassung geschuldet gewesen sein, die allerdings zu einem sehr schönen ausgewogenen Klangbild zwischen Soloinstrumente und Orchester führte und auch in dieser Halle ein völlig ausreichendes Volumen hervorbrachte.


    Völlig unverständlich ist, warum Neefe heute nicht in stärkerem Maße berücksichtigt wird; was Amazon da an Einspielungen nachweist, ist indiskutabel. Dabei handelt es sich bei dem Cembalokonzert um ein wirklich hörenswertes Stück, stilistisch nicht weit von W. A. Mozart entfernt, wenn auch - besonders im abschließenden Rondo, das allerdings in einen sehr schönen, stillen, untriumphalen Schlussteil mündet - vielleicht etwas altväterlich, stellenweise ein wenig schwerfällig wirkend. Die Ecksätze verlangen der Solistin ein gerüttelt Maß an Virtuosität ab, mit der Schornsheim ihren Part auch überlegen gestaltete. Absolut hinreißend ist allerdings das Andantino cantabile als Mittelsatz, in dem zu dem Hammerflügel eine konzertierende Oboe tritt, um ein Doppelconcertino einzulegen. Neefes Sinn für das Lyrische wird hier sehr offensichtlich und wurde von beiden Solisten ergreifend umgesetzt.


    Allgemein am bekanntesten dürfte im ersten Teil Beethovens Rondo WoO 6 gewesen sein, dass auch wieder eine vorbildliche Interpretation erfuhr. Auch die größere Besetzung des Orchesters mit 1 Flöte, 2 Oboen, 2 Fagotten, 2 Hörnern und Streichern 10-8-6-4-3 bereitete dem Hammerflügel klanglich keine Probleme. Schornsheim wusste sich auch hier durchzusetzen, aufregend bereits in dem Solobeginn des Konzertinstruments. Oliver Buslau teilt im Programmheft mit, dass das Rondo unvollendet blieb und von Carl Czerny posthum um den Schluss ergänzt wurde, dabei möglicherweise von Beethoven als ursprünglicher Finalsatz für das Konzert op. 19 vorgesehen gewesen sein mag. Genau diese Ausstrahlung vermittelt der Satz auch, nämlich den Eindruck eines großartigen Finalsatzes. Ein Trauerspiel ist es, dass das Stück so selten von den Pianisten berücksichtigt wird. Eigentlich würde es in jede Gesamteinspielung der Konzerte hineingehören, wert ist es das allemal.


    Haydns Sinfonie füllte dann die zweite Konzerthälfte aus, für mein Ohr eine mit modernem Orchester vorbildliche Umsetzung der Musik. Die Streicher spielten unter der Bläserbesetzung mit je zwei Flöten, Oboen, Fagotten, Hörnern, Trompeten wieder reduziert mit 12-10-8-6-4, was der Durchhörbarkeit sehr zugute kam. Dennoch störte es mich gerade bei der Sinfonie, dass Spering diesen herkömmlichen Mischklang anstrebt. Die Klarheit und Deutlichkeit, die etwa Brüggen mit seinem anderen Ansatz erreicht, liegt mir bei diesen Sinfonien deutlich näher. Dessen ungeachtet eine sehr schöne Interpretation, mit gut ausgearbeiteten Kontrasten, entsprechend Sperings Konzept niemals „knallig“, aber doch markant: die Themenvorstellung im Presto des ersten Satzes galant-delikat - das Andante leicht und tänzerisch, wie so oft der vielleicht schönste Satz der Sinfonie, beeindruckend die Bläsersätze, vor allem des Blechs, die hier dann eben doch sehr deutlich präsentiert wurden - das Menuett in bestem Allegretto in großen Bögen fließend, was aber wenig an dem bei mir in den Haydn-Menuetten leider immer wieder sich einstellenden Eindruck des langweiligen, überflüssigen Pflichtbestandteils ändern konnte - das Final-Vivace dann wie hingetupft, ein froher Abschluss quasi als Rausschmeißer.


    Ein Konzert war dies, das ich sehr genossen habe. Dem Orchester wünsche ich auch weiterhin den Mut, sich HIP-Spezialisten zu holen, um den eingeschlagenen Weg erfolgreich weiter zu gehen.


    Liebe Grüße, Ulrich

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