Der Klang des Cembalos

  • Zitat

    Original von Hildebrandt


    Der arme Tangentenflügel!
    Als Quasi-Kreuzung aus Cembaloform und Clavichordklang [...] Cembalo und Clavichord liegen mir aber näher. Das ist wohl mein Geschmack, über den...


    Salü,


    ja, das deckt sich dann großteils mit meiner ersten bewussten Hörerfahrung bezüglich dieses Instrumentes:



    Arthur Schoonderwoerd
    Ensemble Cristofori


    Johann Wilhelm Wilms [1772-1847]
    Klavierkonzert Es-Dur op. 3


    Joseph Schmitt [1734-1791]
    Quartett für Klavier, Flöte, Violine und Cello
    D-Dur op. 9 Nr. 1


    Pianoforte à tangentes William John Story Jurgenson
    d'après Spaeth & Schmahl, Regensburg c1770


    Irgendwie kam es mir allerdings eher als Mixtur aus Spinett und Hammerklavier vor, aber da gibt es - wie Du schon so schön beschrieben hast - garantiert markante Unterschiede von Instrument zu Instrument. Im vorgenannten Fall - die Aufnahme ist ziemlich neu, zu Anfang dieses Jahrtausends entstanden - jedenfalls empfinde ich den Klang als ärmlich [diese Umschreibung habe ich aus einer Beschreibung der Stamitzschen Violakonzerte durch den praktizierenden Bratschisten selbst übernommen]. Sogar ziemlich nervtötend... die Werke an sich sind sehr schön, aber dieses Instrument... :rolleyes:


    Zum Glück wird das ebenfalls enthaltene Klavierkonzert g-moll von Carolus Antonius Fodor auf einem echten, klangschönen, Fortepiano dargeboten.


    Bleibt für mich die Frage offen, was Du mit Quasi-Kreuzung meinst? Handelt es sich nun um eine wichtige Entwicklungsstufe auf dem Weg vom Cembalo zum Hammerklavier, oder wurde hier bewußt etwas zusammengefügt?


    Viele Grüße
    Ulli

    Die Kunst ist [...] vielleicht das Denken des Herzens.
    (Blaise Pascal, 1623-1662)

  • Zitat

    Handelt es sich nun um eine wichtige Entwicklungsstufe auf dem Weg vom Cembalo zum Hammerklavier, oder wurde hier bewußt etwas zusammengefügt?



    Die "Kreuzung" bezieht sich eher auf den Klang. Der Tangentenflügel war eine Eintagsfliege, denn außer Späth in Augsburg hat ihn wohl kaum jemand gebaut. Immerhin soll Mozart ihn gemocht haben.
    Die Mechanik beruht auf einer Entwicklung Späths; Corpus von Cembalo, Hammerflügel und eben Tangentenflügel unterscheiden sich zu dieser Zeit nicht sehr.


    Viele Grüße
    Hildebrandt

  • Zur Abwechslung fange ich heute mal vorne an.
    Ganz liegen die Ursprünge des Cembalos nicht im Dunkeln, aber außer von Arnold von Zwolle und in Gestalt einiger Kirchenfenster gibt es kaum Zeugnisse aus der Frühzeit – und die vorhandenen sind aus Burgund.


    Die ältesten erhaltenen Instrumente (1531, 1533) stammen aus Italien und zeigen alle Charakteristica, die ital. Cembali auch später auszeichnen: Ein Manual, ein oder zwei 8’-Fußregister, dünnwandiges Corpus. Das nächstälteste (?) (1537) ist übrigens in Leipzig gebaut worden, gehört aber auch dem italienischen Typ an.


    Sicher ändert sich im Lauf der Zeit das eine oder andere: Statt einer kurzen oder gebrochenen Bassoktave wird die Tastatur chromatisch immer tiefer geführt, auch oben kommt immer mehr dazu. Es gibt Experimente mit zwei oder sogar drei Manualen, mit 4’- und sogar 2’-Registern, aber das bleiben alles Einzelfälle. Es gibt sogar vereinzelt 16’ – vielleicht der Anlass zur Bezeichnung Gravicembalo.


    Lediglich in Bezug auf das Gehäuse bilden sich zwei Varianten aus, die aber nebeneinander bestehen bleiben: Die dünnwandigen Corpora – oft aus Zypresse oder Zeder – konnten z. B. keinen Deckel tragen, die Scharniere wären aus dem nur wenige Millimeter starken Holz gebrochen. Um die Cembali aber zu schützen und aufzubewahren, wurden sie in einen Kasten gelegt, der den Umrissen des Instruments genau folgte. Zum Spielen nahm man die sehr leichten - 15 bis 20 Kg – Cembali aus dem Kasten und legte sie auf einen Tisch oder ein passendes Gestell. Solche Instrumente nennt man „inner-outer“.
    Die Kästen wurden oft prächtig verziert, bemalt, vergoldet, pipapo...
    Aber beim Spielen hatte man dann wieder nur die schlichten Holzkisten – also die Cembali selbst – auf dem Tisch. Das genügte dem Schmuck- bis Protzbedürfnis nicht, also ließ man sie in den Kisten und spielte sie von dort. Aus der Not machten die Cembalobauer eine Tugend und konstruierten die Instrumente gleich dickwandiger, allerdings setzten sie Profile und unterschiedliche Holzarten exakt so ein, dass der optische Eindruck entstand, man hätte wieder nur ein Cembalo in einem Extrakasten vor Augen. Das sind die „false inner-outer“ (die so-als-ob-rin-in-die Kartoffeln-raus-aus-den-Kartoffeln).


    Interessant ist, dass Italien seine Vormachtstellung im Cembalo eine ganze Weile behauptete. Das betrifft sowohl den Export – auch die englische und französische Oberschicht spielte in der ersten Hälfte des 16. Jh. auf italienischen Instrumenten, wenn auch vor allem auf den preisgünstigeren Virginalen – als auch die Vorbildfunktion: Egal wo ein Cembalo gebaut wurde, es gehorchte dem italienischen Vorbild. Verwendet man also heute ein italiensiches Cembalo für englische, deutsche oder sonst irgendeine Musik aus dieser Zeit, hat man eigentlich alles richtig gemacht. Eigentlich, denn es bahnt sich was an: Die Flamen kommen.
    Aber das kriegen wir das nächste Mal.


    Klanglich sind die Italiener nicht zu unterschätzen, besonders die langen nicht. Da kommt eine ganze Menge heraus. Auf jeden Fall ist es ein vergleichsweise trockener, aber tragfähiger Klang, oft auch kürzer als bei späteren Cembali anderer Schulen.
    Und neben, vor allem aber nach Frescobaldi gibt es eine ganze Reihe oft zu unrecht unbekannterer Komponisten. Das trifft auch auf die iberische Halbinsel zu, wo man sich länger als anderswo am italienischen Vorbild orientierte, auch wenn man sich dort klanglich ein bisschen absetzte.



    Salut zusammen
    Hildebrandt

  • Heute:


    Die Flamen


    Wenn die ältesten erhaltenen Instrumente (um 1530) aus Italien stammen, heißt das nicht unbedingt, dass es auch die ersten waren. In der Antwerpener Zunftliste der Lukas-Gilde findet sich um 1520 schon ein Cembalobauer namens Jos Karest aus Köln (immer diese Rheinländer :D).
    Das Cembalo wurde wohl in Burgund „erfunden“, danach zunächst von Italien am besten vermarktet, zugleich aber bereits in Flandern gebaut.
    In Antwerpen gibt es jedenfalls zusammen mit der Blüte Antwerpens (die reichste Stadt der Welt zu der Zeit) ab der zweiten Hälfte des 16. Jh. einen rapiden Aufschwung auch im Tasteninstrumentenbau.
    Und da tritt dann die Familie Ruckers – der berühmteste Name in dieser Branche – auf den Plan. In ihrer Werkstatt werden die Instrumente vermutlich schon arbeitsteilig gebaut; außerdem haben die Ruckers ihr „Sortiment“ standardisiert. Es gibt vier verschiedene Modelle: 3 einmanualige Cembali unterschiedlicher Größe und das transponierende zweimanualige. (Diese Zweimanualigkeit hat nichts mit Klangwechseln zu tun, sondern mit der unterschiedlichen Grundtonhöhe: C oder F. Das gab es auch bei Orgeln: 8’ (C) oder 6’ (F). Näheres nur auf ausdrücklichen Wunsch :D). Die Disposition darf sich der Kunde aussuchen: 2 x 8’ oder 1 x 8’ + 1 x 4’ oder 2 x 8’ + 1 x 4’.
    Für eine recht rustikale, aber eben schon fast rationalisierte Bauweise sprechen auch die Leimspuren und die nur grobe Bearbeitung im Inneren.
    Die Instrumente werden aus Linde oder Pappel gebaut, sind dickwandiger und meistens kürzer als die manchmal endlos langen italienischen. Die Verstrebung (zur Stabilisierung des Gehäuses) im Inneren und die Berippung (die von unten aufgeleimten Holzleisten, die bestimmte Bereiche des R. stabilisieren und am Schwingen hindern) des Resonanzbodens unterscheiden sich ebenfalls grundlegend. Bemalung und Verzierungen sind ebenfalls typisch: die gedruckten Tapeten (meist Delphin- und Girlandenmuster in Schwarzweiß), lateinische Sinnsprüche innen auf dem Deckel und verschiedene Bemalungen außen (von einfarbig über marmoriert bis elaboriert).
    Der Klang ist schärfer, durch den 4’ noch aggressiver und – vor allem im Bass – länger und imposanter.
    Zwischendurch: Man muss sich aber auch vor Augen halten, dass Cembali ausgesprochene Luxusgegenstände waren, die Hausmusik wurde in den nicht ganz so begüterten Familien auf dem Virginal gemacht, und das war schon teuer genug.
    Gespielt wurde Erbauliches – Tanzsätze, Liedvariationen - aus allerlei Tabulaturbüchern und Anspruchsvolleres der größeren Meister, allein oder im Ensemble mit Gamben, Lauten und Blockflöten etwa.
    Die Flamen hatten bald die Italiener als Cembalo-Exportnation überflügelt, und so darf man alles aus dieser Zeit nicht nur auf Italienern spielen, die es noch überall gab, sondern eben auch auf Flamen, die es bald überall gab. Das lässt sich bis in Sweelincks Enkelschülergeneration, also bis vielleicht zu Buxtehude, durchaus so praktizieren.
    Als es mit Antwerpen nach dem 30jährigen Krieg abwärts ging, wurden auch die Cembalobauer weniger, hielten sich aber in geringer Zahl auf bedeutendem Niveau. Schöne Beispiele für die absolute Hochkultur aus der Mitte des 18. Jh. gibt es z. B. von Dulcken und Bull. Solche Instrumente entsprechen etwa den französischen aus derselben Zeit, vielleicht sind sie sogar besser.

  • Zitat

    Original von Hildebrandt
    Näheres nur auf ausdrücklichen Wunsch :D).


    ich möchte mich ausdrücklich bedanken für diese deine beiträge. ich bin begeisterter cembalo-hörer (wenn ich das so naiv formulieren darf) und finde deine übersichten sehr hilfreich. ausdrücklich möchte ich den wunsch nach analoger beschreibung von virginal, spinett, tafelklavier und clavichord einbringen.


    [als nebenbemerkung: mir als unbeteiligtem, uninformiertem und unbedarftem beobachter kommt diese auseinandersetzung mit "fagott" im orgelforum wie die fortführung eines insiderfights einer kleinen gemeinschaft vor. dass er schleichwerbung für seine firma macht, war ja schnell evident, aber ist das wirklich so schlimm, dass man so kräftig hinlangen muss? inhaltlich kann man ja dagegenhalten.]


    :hello:

  • Zitat

    Original von observator


    [als nebenbemerkung: mir als unbeteiligtem, uninformiertem und unbedarftem beobachter kommt diese auseinandersetzung mit "fagott" im orgelforum wie die fortführung eines insiderfights einer kleinen gemeinschaft vor. dass er schleichwerbung für seine firma macht, war ja schnell evident, aber ist das wirklich so schlimm, dass man so kräftig hinlangen muss? inhaltlich kann man ja dagegenhalten.]


    :hello:


    erst einmal dazu: Principiis obsta!
    Wer sich einschleicht, um Kosten für Werbung zu sparen, und dann noch unqualifiziert, aber penetrant Gift spritzt, der verdient nicht mehr allzu viel Mitleid. :D :D :D
    Wäre ich ein Mitbewerber besagter Firma, hätte ich schon längst meinen Anwalt in Bewegung gesetzt und ihn eine kostenbewehrte Abmahnung zur Post tragen lassen.

  • Zitat

    Original von observator



    ich möchte mich ausdrücklich bedanken für diese deine beiträge. ich bin begeisterter cembalo-hörer (wenn ich das so naiv formulieren darf) und finde deine übersichten sehr hilfreich. ausdrücklich möchte ich den wunsch nach analoger beschreibung von virginal, spinett, tafelklavier und clavichord einbringen.


    Danke für die Blumen :jubel:
    Aber wenn ich das für jedes Tasteninstrument mache, muss ich wenigstens zweitweise meinen Broterwerb hintanstellen.
    Andere an die Front!
    Oder vielleicht genügt es ja vorerst, spezielle Fragen zu diskutieren?



    Jetzt kommen jedenfalls erst einmal die Franzosen!



    Die französischen Cembali sind ein merkwürdiges Kapitel in der Instrumentengeschichte.
    Aus der Frühzeit, von den burgundischen Quellen bis ins 17. Jh., haben keine Instrumente überlebt, bis auf eines vielleicht, auf das wir später noch kommen.
    Dagegen sind eine ganze Reihe Cembalobauer dokumentarisch belegt, und es gibt Beschreibungen der Instrumente. Danach scheint es sich um den dritten Entwicklungszweig zu handeln, der neben Italien und Flandern von Burgund ausgeht. Oft ist davon die Rede, dass die Gehäuse außen mit feinem gefärbten Leder oder besonders kostbaren Stoffen verkleidet sind. Möglicherweise gab es auch eine inner-outer-Bauweise wie in Italien und 4’-Fuß-Register wie in Flamen. Vielleicht (aber wirklich nur sehr hypothetisch) taucht hier die erste „echte“ Zweimanualigkeit für den Klangfarbenwechsel auf.
    – kurze Zwischenbemerkung: Zu der Zeit wurden in Frankreich enorm viele Clavichorde (oft als „manicordium“ bezeichnet) gebaut. Soweit ich weiß, ist allerdings kein einziges frz. Clavichord erhalten. Sehr seltsam.
    Das überkommene Instrument, von dem oben die Rede war, ist ein sehr spätes, eher schmuckloses Zeugnis. Es wurde gegen Ende des 17. Jh. von Vincent Tibaut in Toulouse gebaut. Colin Tilney spielt es auf einer Reflexe-LP „Französische Cembalomusik von Jean-Nicolas Geoffroy und Louis Couperin“, die es jetzt wieder als CD in der Reflexe-Box 7 gibt. Böse formuliert, kann man verstehen, warum diese Instrumente ausgestorben sind: Sie vereinigen zwanglos die Nachteile der Italiener mit denen der Flamen. Der Klang ist kurz, eher spröde und nicht sehr eindrucksvoll. Das, was da herauskommt, lässt sich mit einer Laute oder einem Virginal auch, wenn nicht sogar besser, erreichen.
    Wohl schon in der zweiten Hälfte des 17 Jh. setzt in Frankreich der Run auf die Flamen ein. Die flämische Bauweise wird sklavisch kopiert, und man kauft alles, was sich irgendwie mit dem Namen Ruckers in Verbindung bringen lässt, auf. Besonders auf die Resonanzböden hat man es abgesehen. Man verwendet sie wieder in neuen Cembali, geht sogar soweit, dass man aus mehreren Virginalböden einen Resonanzboden für ein Cembalo zusammenflickt, nur damit man flämisch draufschreiben kann. Das gipfelt in einer grandiosen Fälscherkultur, in der sich auch renommierte Meister nicht zu schade waren, komplett neue Instrumente so zu bauen, dass der optische Eindruck entsteht, sie wären aus kleineren Flamen entstanden. Betrachtet und hört man vor allem heute solche Cembali, wundert man sich, denn die Qualität ist kein bisschen schlechter als die der Original-Flamen. Aber für die echten bzw. umgebauten Flamen wurde oft das Doppelte von dem bezahlt, was man bereit war, für einheimische Produkte auf den Tisch zu zählen.
    Hier muss jetzt was zum Ravalement stehen: Dabei handelt es sich um Erweiterungen, die die Instrumente an die inzwischen gestiegenen Ansprüche an den Umfang anpasst. Es kommen im Bass und Diskant Töne hinzu. Die Unterscheidung zwischen grand und petit ravalement sind nicht ganz klar, aber ein kleiner Ausbau, petit ravalement, begnügt sich mit dem Hinzufügen einiger Saiten und der entsprechenden Tasten. Vergrößert man das Gehäuse und folglich auch den Resonanzboden, ist es ein großer Umbau, grand ravalement. Die späten frz. Cembali haben meist einen Umfang von FF bis f3.
    Dazu kommen Register, die den Klang färben, ohne eigene Saitenreihen zu besitzen. Da wäre zunächst der auch anderswo gebaute Lautenzug, der durch seitliches Abdämpfen der Saiten mit Filz-, seltener Lederstückchen den Klang mildert und verkürzt. Und das typisch französische peau-de-buffle-Register, das statt mit Kielen aus Federkielen die Saiten mit solchen aus einem speziellen Büffelleder anreißt. Dadurch entsteht ein obertonärmerer, leiser Klang, der noch heute bezaubernd wirkt. Allerdings bekommt den nicht jeder Cembalobauer hin.
    Auch der 4’ wird wesentlich leiser als bei den Flamen intoniert, es entsteht mehr ein Obertonzusatz als eine deutlich hörbare Oberoktave, ein bisschen wie die Mixtur einer klassischen frz. Orgel. Später werden für die Register Kniehebel eingeführt, die das Umregistrieren ohne Spielunterbrechung möglich machen.
    Der Klang reicht von intim und lieblich bis prächtig bis pompös mit noch mehr Bass als bei den Flamen. Über die Literatur brauche ich nichts zu sagen, die ist Legion. Eine sehr gelungene, charakteristische LP gab es einmal von van Immerseel, wo er auch das peau de buffle sehr schön einsetzt; kann sein, dass sie zu dieser CD mutiert ist:



    Äußerlich fehlt es ebenfalls an nichts: Der Resonanzboden ist bemalt, die Außenseite des Kastens oft extrem luxuriös ausgestattet; feine Chinoiserien auf Goldgrund sind nicht selten. Die Innenseiten der Deckel tragen eindrucksvolle Gemälde. Das kostbarste Instrument ist wohl ein Flame à grand ravalement mit einem echten (?) Rubens im Deckel. Es hat Marie Antoinette gehört. Preislich dürfte jede Stradivari daneben blass aussehen. :D
    Diese Hochkultur hielt lange an – das Hammerklavier konnte sich hier nicht so durchsetzen wie anderswo –, und erst die französische Revolution setzt ihr ein Ende. Dann aber richtig. Die Cembali stehen als Symbol für den Feudalismus und fliegen gleich reihenweise aus den Fenstern und/oder enden als kostbares Brennholz. Trotzdem haben sich im Ausland und vornehmlich in der Provinz zahlreiche Instrumente erhalten, die man sich auch heute noch ansehen und –hören kann. Falls Interesse an bestimmten Adressen (Museen mit bedeutenden Sammlungen vor allem) besteht, kann ich die gerne nennen.


    Einen Mausklick wert ist auf alle Fälle die
    Russell Collection of Early Keyboard Instruments in Edinburgh
    (die entsprechende Adresse nach dem www lautet: music.ed.ac.uk/euchmi/ucki.html). Hier gibt es oft mehrere Pläne und Fotos von den Instrumenten, auch vom Innenleben, und zusätzliche Informationen.


    Schöne Grüße
    Hildebrandt


    edit: Franzosen angehängt

    Einmal editiert, zuletzt von Hildebrandt ()

  • BEVOR ich das ändere und einige Beiträge lösche:
    Der "Fehler" war ABSICHTLICH



    Und zwar wegen der Suchmöglichkeit bei google


    CEMBALO wird gesucht - CEMBALOS hingegen nicht.


    Mir ging es um PRÄSENZ im internet - Nummer EINS zu werden


    Wir haben das (in dieser Hinsicht) verfehlt.


    1) weil es zu viele Cembalo-Seiten gibt die von Google aus als wichtiger eingestuft werden


    2) WEil wir derartige Kunstkniffe nicht mehr brauchen- Tamino ist ohnedies


    a) "MARKTFÜHRER"


    b) weitgehend unabhängig von google



    Wir requirieren unser Mitglieder hautptsächlich über andere Kanäle


    Wie man im TEXT des Einführungseintrages sehen konnte wir ich mir DURCHAUS der richtigen Schreibweise bewusst.


    TROTZDEM bin ich DAFÜR Fehler, so sie entdeckt werden der Moderation mitzuteilen



    mfg
    aus Wien


    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Nun müssen wir uns noch die Engländer ansehen.



    Von den importierten ital. und flämischen Instrumenten war schon die Rede, ähnlich sieht es mit den Handwerkern aus: In England arbeiten viele Flamen und Italiener, später auch der eine oder andere Franzose.
    Lange Zeit orientieren sich die Instrumente, die hier gebaut werden, an den flämischen Vorbildern, später werden auch Anregungen aus Norddeutschland aufgenommen.
    Eine eigenständige Schule entsteht erst spät. Ein Elsässer, Kirckman, und ein Schweizer, Shudi, gründen ihre eigenen Werkstätten zu Beginn des 18. Jh. in London. Offenbar sind beide so talentiert, dass es Ihnen trotz aller Konkurrenz gelingt, den Typus des englischen Cembalos zu etablieren.
    Es sind wunderbare, edel furnierte Möbelstücke mit meisterhaften Einlegearbeiten aus verschiedenen Hölzern. Auch die Resonanzböden werden nicht mehr bemalt. Das Gehäuse ist aus Eiche gefertigt, schwer und solide.
    Der Umfang wird immer weiter vergrößert, bis er bei C1 bis c4 angekommen ist. Dazu kommen noch ein paar insulare Erfindungen, die z. T. auch später noch von großer Bedeutung sind: Einmal die „Dogleg“-Springer, deren unterer Teil so eingeschnitten ist, dass sie ohne Koppel von beiden Manualen aus gespielt werden können. Dann in der 2. Hälfte des 18. Jh. verschiedene Schwelleinrichtungen, die sich allerdings unterschiedlicher Beliebtheit erfreuen. Schließlich die Pedale, die ein bequemes Umregistrieren mit den Füßen erlauben. Daraus werden später die Pedale an den Hammerklavieren.
    Die Produktion läuft in bereits vorindustriellen Bahnen, beide Firmen produzieren mehrere tausend Instrumente relativ stark genormter Modellreihen. Das setzt sich bis in die ersten Jahre des 19. Jh. fort, bis beide inzwischen marktbeherrschenden Firmen fast gleichzeitig ihre Produktion ausschließlich auf Fortepianos umstellen. Shudi produziert unter diesem Namen bis ins 20. Jh., Kirckman wird in Broadwood umbenannt.
    Englische Cembali der Spätzeit sind vor allem laut und tragfähig, aber nicht mehr besonders für Mehrstimmigkeit und klangliche Delikatesse vorgesehen.


    Natürlich fehlen hier die böhmischen Cembali, die skandinavischen Instrumente und und und.
    Aber es sollte ja auch nur ein kurzer Abriss der Geschichte und ein kleiner Überblick über die nationalen und regionalen Schulen werden.
    Eine Gewähr für die Richtigkeit übernehme ich nicht, vielmehr weiß ich, dass vieles fehlt und manches möglicherweise anders interpretiert wird. Für Ergänzungen und Korrekturen bin ich dankbar.


    So long
    Hildebrandt

  • Noch ein kleiner Nachtrag zu den Instrumenten der Donaumonarchie.


    Natürlich war das Zentrum Wien, von dort sind zig Instrumentenbauer bekannt. Aber auch in der Provinz – von Ungarn bis zum Balkan – wurde fleißig gebaut.
    Das große Hindernis für die Forschung ist nur die äußerst geringe Zahl erhaltener Instrumente. Insgesamt sind es nur 16; das jüngste – ein Spinett – stammt aus dem Jahr 1804.


    Immerhin lassen sie doch erkennen, dass sich die Bauweise schon im 17. Jh. früh von der italienischen unterscheidet und im Laufe der Zeit zu einer eigenen Charakteristik findet.


    Die Cembali sind furniert und mit typischen Einlegearbeiten versehen. Eine Besonderheit der Tastatur ist die "Wiener Bassoctav", eine Sonderform der kurzen Oktave, bei der die Obertasten für die Halbtöne zweifach gebrochen sind.


    Über den Klang kann ich nichts sagen, denn gehört habe ich noch kein solches Instrument. Aber vielleicht kann sich ja einmal eines der ansässigen Mitglieder ins Kunsthistorische Museum Wien begeben, wo einige aufbewahrt werden. Zu hören wird es allerdings auch dann nicht viel geben.

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  • Ich denke, über den Tangentenflügel ist das letzte Wort noch lange nicht gesprochen. Aber meiner Ansicht nach gehört das in einen eigenen Thread, da die Unterschiede zum Cembalo zu groß sind. Ich habe ein halbes Dutzend sehr schöne Aufnahmen und finde den Klang für viele Werke optimal, vorausgesetzt der Spieler kann damit umgehen. Auch die Instrumentenbauer werden da noch viel lernen, genau wie sie heute bessere Cembali bauen als 1960.


    Der Tangentenflügel-Thread, wohin würde der passen?

  • Zitat

    Original von miguel54


    Ich denke, über den Tangentenflügel ist das letzte Wort noch lange nicht gesprochen. Aber meiner Ansicht nach gehört das in einen eigenen Thread, da die Unterschiede zum Cembalo zu groß sind. Ich habe ein halbes Dutzend sehr schöne Aufnahmen und finde den Klang für viele Werke optimal, vorausgesetzt der Spieler kann damit umgehen. Auch die Instrumentenbauer werden da noch viel lernen, genau wie sie heute bessere Cembali bauen als 1960.


    Der Tangentenflügel-Thread, wohin würde der passen?


    Hallo Miguel,


    gute Frage. Aber in der Alten Musik wäre er wohl am besten aufgehoben.
    Allerdings teile ich Deine Hoffnung auf eine Wiederauferstehung des Tangentenflügels nicht so ganz. Das geeignete Repertoire ist doch nicht so groß.
    Und die Ausgangslage an erhaltenen Instrumenten und Quellen spiegelt das auch wider. Ein Instrument, das in so wenigen Exemplaren gebaut worden ist, lässt sich nicht gut mit den über Jahrhunderte herrschenden Kielklavieren vergleichen.

  • Ich hätte mich nie in diesem Forum anmelden sollen - das artet richtig in Arbeit und Zeitaufwand aus - ich bin noch nicht im Rentenalter! ;)

    Einmal editiert, zuletzt von miguel54 ()

  • Zitat

    Original von miguel54
    Ich hätte mich nie in diesem Forum anmelden sollen - das artet richtig in Arbeit und Zeitaufwand aus - ich bin noch nicht im Rentenalter! ;)


    Du musst das anders sehen: Die Rente rückt in weite Ferne, denn Tamino hält jung. :untertauch::D

  • Zitat

    Original von Hildebrandt


    Kenne ich nicht, aber ich habe Deinetwegen schon genug Geld ausgegeben. :D
    Rampe ist mir als Cembalist immer zu hastig, als Ensembleleiter finde ich ihn großartig.


    Deine Kritik an Rampe kann ich durchaus nachvollziehen. Er ist ehrlich gesagt auch nicht mein Lieblingscembalist, aber er spielt sehr interessantes Repertoire auf sehr interessanten Instrumenten.
    Der Muffatt ist schon deshalb ein Muß, weil er die erste Aufnahme eines ungeheuer farbenreichen Cemablos ist: der Nachbau eines anonymen süddeutschen aus einem Münchner Museum, das nicht mehr spielbar war, aber vielversprechend, deshalb hat man es minutiös kopieren lassen, und das Resultat ist ein Cemabloklang, wie ich ihn noch nie gehört habe, sehr farbenreich, wie gesagt - da schwingt noch die Klangvielfalt der Renaissancemusik mit.


    Also eine Kaufempfehlung ... :untertauch:






    :D :baeh01:

    Einmal editiert, zuletzt von miguel54 ()

  • Zitat

    Original von miguel54


    Also eine Kaufempfehlung ... :untertauch:


    Ja doch, ist bestellt. Aber in Fulda werde ich Satisfaktion fordern. :D


    Angekommen ist mittlerweile die Remy-Aufnahme, die mir sehr gut gefällt. In eher gemessenen Tempi (nicht immer) reizt er viel mehr aus, was sich an Rhetorik und Affekten nur immer finden lässt.
    Warum er ein Cembalo nimmt, das so ähnlich Bach für sein 5. Brandenbuirgisches gekauft hat, erklärt er nicht. Es klingt schön, flötiger im Diskant als Franzosen und Flamen.


    Mein derzeitiger Zieleinlauf:
    1. Ross
    2. erst Remy, dann gleichauf Yates und Nicholson
    3. etwas abgeschlagen: Krapp

  • Mittlerweile ist Rampes Muffat eingetroffen.



    Ein bisschen sehr hallig aufgenommen, aber absolut verblüffend, was aus dem kleinen Kasten rauskommt.
    Das Schwesterinstrument des Münchner Originals ist ebenfalls eine Ruine:


  • Zitat

    Original von Hildebrandt
    Mittlerweile ist Rampes Muffat eingetroffen.


    Ein bisschen sehr hallig aufgenommen, aber absolut verblüffend, was aus dem kleinen Kasten rauskommt.


    Die Akustik der Aufnahme gefällt mir auch nicht besonders - wahrscheinlich mussten sie den Saal des Museums benutzen. MDG hat insgesamt so eine Tendenz, die Instrumente in sehr große Räume zu stellen - mir sind intimer klingende Aufnahmen lieber.
    Aber das, was dieser Kasten so an Klangfarben zu bieten hat, ist wirklich erstaunlich!
    Die Orientierung an Orgelregistern finde ich ebenfalls sehr interessant - das hat man ja z.B. dem Hamburger Cembalo-Bauer Hass vorgeworfen.


    p.s. Und wie gefällt an diesem Cembalo das Nasat-Register? :baeh01:

    Einmal editiert, zuletzt von miguel54 ()

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  • Zitat

    Original von miguel54
    Und wie gefällt an diesem Cembalo das Nasat-Register?


    Bisschen schepprig. :D


    Eine zweite Aufnahme auf einem etwas – nun ja – herkömmlicheren Instrument würde ich mir auch noch zulegen. Insgesamt bietet mir die Rampe-Aufnahme zu viel Effekt, wobei die Substanz ein bisschen ins Hintertreffen gerät.

  • Zitat

    Original von Hildebrandt
    Eine zweite Aufnahme auf einem etwas – nun ja – herkömmlicheren Instrument würde ich mir auch noch zulegen.


    Die müsste nur erst gemacht werden .....


    Zitat

    Insgesamt bietet mir die Rampe-Aufnahme zu viel Effekt, wobei die Substanz ein bisschen ins Hintertreffen gerät.


    Bei einem solchen Instrument sind Klang und Effekt wohl kaum zu trennen - in der Musik der Renaissance würden wir einen solchen Farbenreichtum kaum als Effekt abwerten. Muffats Musik steht was die Farben angeht, da noch sehr in der Nähe. Und wir sind wohl durch die weihevollen einfarbigen Interpretationen etwas verbildet. Ich kenne keinen Musiker, der nicht auch mal an sowas Spaß hat - klangsinnliche Farbigkeit würde ich gerne noch öfter hören, wenn es so gut gemacht wird wie bei Rampe oder Skip Sempé.

  • Zitat

    Original von miguel54


    Die müsste nur erst gemacht werden .....


    Kommt aber garantiert – irgendwann. :beatnik:


    Zitat


    Bei einem solchen Instrument sind Klang und Effekt wohl kaum zu trennen - in der Musik der Renaissance würden wir einen solchen Farbenreichtum kaum als Effekt abwerten.


    Effekt meinte ich gar nicht abwertend. Nur achtet man eher auf das neue Spielzeug als auf das, was Muffat geschrieben hat. :D
    Es gibt ja auch nur sehr wenige Instrumente mit solch langen Tasten, die es möglich machen, die Springer so weit hinten anreißen zu lassen. Ich könnte mir denken, dass einmal die Konstruktion und Balancierung der Tastatur schon sehr umständlich ist und dann die Spielart mit so unterschiedlich langen Tasten auch Gewöhnung verlangt. Mir kommt das Instrument ein bisschen prototypenhaft vor. Das Schwesterinstrument aus Hamburg hat zwar auch noch eine vergleichsweise weit hinten liegende Springerreihe, aber nicht so extrem wie bei dem Münchner Cembalo.
    Von daher nehme ich an, dass sich diese Bauart nicht durchsetzen konnte, zumal die allermeisten Instrumente aus derselben Entstehungszeit in Süddeutschland und Italien wesentlich "normaler" gemacht sind.


    Zitat

    Muffats Musik steht was die Farben angeht, da noch sehr in der Nähe. Und wir sind wohl durch die weihevollen einfarbigen Interpretationen etwas verbildet.


    Gegen farbigen Krawall habe ich überhaupt nichts. :D


    Zitat

    Ich kenne keinen Musiker, der nicht auch mal an sowas Spaß hat - klangsinnliche Farbigkeit würde ich gerne noch öfter hören, wenn es so gut gemacht wird wie bei Rampe oder Skip Sempé.


    Keine Frage. :yes:

  • Zitat

    Original von miguel54
    Ich denke, da ist ein Thread über deutsche Cembalo-Bauer und -Nachbauer fällig ... und CDs mit solchen Kisten natürlich.


    Meinst Du nicht, da könnten wir uns mit genauso großem Publikum auch per E-Mail unterhalten? :D

  • Zitat

    Original von Hildebrandt


    Meinst Du nicht, da könnten wir uns mit genauso großem Publikum auch per E-Mail unterhalten? :D


    Weiß nicht... Ich lese jedenfalls gern mit - kann aber mangels Kompetenz nichts dazu beitragen. Also bitte: den Thread starten und öffentlich weiter unterhalten!


    Ganz herzlich,
    Medard

  • Guten Abend


    Zitat

    Original von Klawirr


    Weiß nicht... Ich lese jedenfalls gern mit - kann aber mangels Kompetenz nichts dazu beitragen. Also bitte: den Thread starten und öffentlich weiter unterhalten!


    Ganz herzlich,
    Medard


    Ich stimme Medard zu; beginnt den Thread :yes: :yes:
    Man lernt dadurch immer dazu :hello:


    Gruß aus der Kurpfalz


    Bernhard

  • Zitat

    Original von Hildebrandt


    Meinst Du nicht, da könnten wir uns mit genauso großem Publikum auch per E-Mail unterhalten? :D


    Da solltet Ihr dann wenigstens einen Chat einrichten - Dreierkonferenz bei eMail halte ich für schwierig. Mich interessiert es nämlich auch tierisch; ich habe zwar keine Ahnung von der Materie, dafür aber Ohren und jede Menge subjektives Empfinden. Und natürlich dürfen auch Hammerflügel und Clavichorde nicht zu kurz kommen.


    :hello:


    Ulli

    Die Kunst ist [...] vielleicht das Denken des Herzens.
    (Blaise Pascal, 1623-1662)

  • Mich interessiert das auch, obwohl ich noch nie selbst ein Cembalo, Spinett, Hammerklavier usw. gebaut habe :D


    Mit Spanyis Württ. Sonaten von CPE Bach habe ich jetzt aber Blut geleckt. Da möchte ich mehr lernen, vor allem durch Aufnahmen mit guten Instrumenten.


    Am besten ein Thread "Geschichte des Klavierbaus" mit CD-Beispielen... =)

  • Harpsichord rules. :beatnik:


    Aber wo anfangen? Unter "Klang des Cembalos" (oder so ähnlich) steht ja schon ein bisschen was. Wo soll es denn am besten weitergehen?

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