Nackter Verdi

  • Allein schon von Stil und Grammatik her unmittelbar überzeugend... :D :rolleyes:

    „People may say I can't sing, but no one can ever say I didn't sing."
    Florence Foster-Jenkins (1868-1944)

  • Zitat

    Original von Draugur
    Allein schon von Stil und Grammatik her unmittelbar überzeugend... :D :rolleyes:


    Naja, lieber Draugur, ich weiß nicht wie viele Radiointerviews Du gegeben hast bzw. gibst - aber daß sich oral speech im Transkript bisweilen etwas absonderlich liest, dürfte ziemlich einsichtig sein.
    (Manchmal ist man wirklich erschüttert, wenn man im Transkript liest, was man so an kruder Syntax, verwurschtelten Einschüben, nicht zuende gehenden Sätzen und grammatischen Querungen dahergeredet hat, abgesehen von den vielen Redundanzen - was sich aber eigentlich ganz rund und schlüssig angehört hatte...)


    Viele Grüße,
    Medard

  • Zitat

    Diese Struktur ist bei uns neu in Verdi.


    Die 1€-Jobs aber nicht nur bei Verdi... :rolleyes:


    Kleiner, verzeihlicher Regiefehler? ?(


    35 nackte und alte 1€-Jobber auf den Trümmern des WTC - wäre was für "Wetten, daß...???"


    :hello:

    Die Kunst ist [...] vielleicht das Denken des Herzens.
    (Blaise Pascal, 1623-1662)

  • Sagt mal, liebe Leute, wo leben wir denn, was soll die Aufregung? Nackte Menschen auf der Opernbühne habe ich schon vor über 30 Jahren gesehen, ist das immer noch eine Provokation?


    Eine Inszenierung vor der Premiere allein aufgrund der Kostüme zu beurteilen (nix anhaben, ist ja auch eine Kostümierung) - dafür habe ich überhaupt kein Verständnis.


    Auf die Gesamtkonzeption kommt es an und da bin ich zuversichtlich, daß uns Alviano wieder mit gewohnter Sorgfalt und scharfer Beobachtung kompetent berichten wird.

  • Nach dem Cowgirl-Ballett in der "Forza" jetzt das "Micky-Mouse-Ballett" im "Ballo"? Aber es scheint ja schon einen Zweck erfüllt zu haben; die Wogen schlagen mal wieder hoch, auch schon im Vorfeld.


    Auch wenn mich "gewollt-provokative" Einlagen oft eher langweilen als aufregen und ich mich frage, wie dieser Klamauk mit der Musik in Einklang zu bringen ist: Ich warte erst einmal einen Bericht über die gesamte Aufführung ab - und würde mich auch freuen, wenn Alviano uns seine Sicht auf die Inszenierung mitteilt.


    :hello: Petra

  • .
    In Verdis "Maskenball" geht es ja um Macht und um Politik und um Liebe.


    Da fängt das Problem ja schon an! Ein Wunder, dass sich noch niemand daran gestört hat, denn wenn ich von falschen Prämissen ausgehe, kann ich jeden beliebigen Unsinn folgern (lehrt uns die Logik!). Im Maskenball geht es mitnichten um die genannten drei Dinge, schon gar nicht in dieser Reihenfolge. Wenn man schon Schlagworte bemühen muss, würde ich sagen, es geht um Liebe, Freundschaft, Vertrauen, und wie man mit diesen Faktoren verantwortungsvoll umgeht. Macht und Politik spielen nur peripher als Handlungsunterstützung mit, daher war es kein großes Problem, die Handlung von Schweden nach Amerika zu verpflanzen. Ob König Gustav oder ein fiktiver, ferner Statthalter ist vollkommen egal, es geht um einen Mann, dessen Stellung auch für andere interessant ist, so dass Renato das Lager wechseln kann. Mehr an Politik ist ursprünglich nicht vorhanden. Wenn ich aber als Regisseur mir und dem Publikum einrede, dass Macht und Politik die wichtigen Themen dieser Oper sind, dann wird zwangsläufig etwas ungewöhnliches herausschauen...


    :hello:

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


  • Hallo Medard,


    dein Einwand ist grundsätzlich natürlich berechtigt. Inhaltlich ist das, was J. K. von sich gibt, jedoch leider genauso konfus wie sprachlich. Wenn da ein sinnvoller Gedankengang zu erkennen wäre, hätte ich gegen eine durchschnittliche "oral speech" nichts einzuwenden. Aber die Art, wie hier Unzusammenhängendes aneinandergereiht wird, ist in meinen Augen schon recht bezeichnend. Was soll der Einschub, dass Verdi den Maskenball nach Boston verlegt hat? Soll er etwa begründen, dass Kresnik das Stück auf den Trümmern von NY spielen lässt? Ist doch Blödsinn. Ganz zutreffend führt er zudem aus, dass die nackten Hartz4-Empfänger "dazu erfunden" wurden. Aber zuvor kann er sich die prätentiöse Formulierung nicht verkneifen, dass er eine "dritte Ebene" gefunden habe. Der Satz "Diese Struktur ist bei uns neu in Verdi" treibt die unfreiwillige Komik dann auf die Spitze. Natürlich ist es neu - weil er es dazu erfunden hat. Der (in diesem Kontext ebenso prätentiöse) Begriff "Struktur" soll wieder viel mehr Sinn und Verstand simulieren, als dahintersteckt. Wo sind denn die Anknüpfungspunkte im Stück für die nackten Mickymausmänner? Das interessiert mich immer noch am ehesten.

    „People may say I can't sing, but no one can ever say I didn't sing."
    Florence Foster-Jenkins (1868-1944)

  • Ab und zu muss man doch drauf hinweisen: die Aussagen eines Regisseurs über seine Inszenierung sollte man nicht mit der Inszenierung selbst verwechseln. Schlaue Dramaturgen sind oft erbärmliche Regisseure und hervorragende Regisseure labern oft Klischees daher (hierzu würde ich bei allem gebotenen Respekt auch gelegentlich Peter Konwitschny zählen - und Kresnik ohnehin).


    Eine Inszenierung besteht (u.a.) aus Bildern und bewegten Körpern und lässt sich nicht umstandslos in Worte übersetzen. Ebensowenig ist eine Inszenierung nur die Umsetzung irgendeines "Konzepts". Deshalb kann ich nur davor warnen, den "Schlüssel" zu einer Inszenierung im Programmheft oder im Interview mit dem Regisseur zu suchen. (Wobei nicht abgestritten sei, dass so etwas manchmal [!] hilfreich sein kann.)


    Ich habe erstmal mit den paar Bildern, die ich gesehen habe, wenig Probleme. Dass von diversen Bestandteilen der Ausstattung her auf Amerika bzw. die USA gezielt ist, kann man ja nun auch ohne jegliche Erläuterung erkennen (Mickey-Mouse-Masken, brennende Shell-Benzinfässer etc.). Der "Maskenball" ist zumindest in der Zensurfassung bekanntlich ein Stück, das in den Vereinigten Staaten spielt - also handelt es sich zunächst mal um den alten Kunstgriff der Aktualisierung.


    Dass in dieser Inszenierung - den Bildern nach zu urteilen - nicht Ulrica die Schwarze ist (man denke an die hässlichen Worte des Librettos "dell'immondo sangue dei negri"), sondern Amelia, mag den zur Verfügung stehenden Sängern geschuldet sein, ist vielleicht aber auch dem alten Regietheater-Verfahren des Rollentauschs zuzuschreiben. (Auf einem Bild sieht man Amelia, die sich die Pulsadern aufschneidet - vermutlich eine Szene aus dem zweiten Akt.)


    Was das Bild anbetrifft, das den Anlass zum Thread gegeben hat: Finde ich keinen besonderen Aufreger. Der Zusammenhang von "Maske" und "Nacktheit" ist nicht von Kresnik erfunden worden, sondern taucht im kulturgeschichtlichen Diskurs immer mal wieder auf ("Nacktheit des Gesichts" etc.). Abgesehen davon: Dass man sich auf einem Maskenball, der explizit der Anbahnung erotischer Verhältnisse gewidmet ist, seinen Körper zur Schau stellt, aber das Gesicht verdeckt, finde ich als Idee nicht übermäßig absurd, noch nicht mal originell.


    Bis hierher nur der Versuch des Verstehens - ohne jegliche Wertung.


    Ob die Inszenierung auf der Bühne funktioniert, muss sich zeigen - das ist ein paar Standbildern und Interviewfetzen nicht zu entnehmen. Wer bestimmte Verfahren des "Regietheaters" (in diesem Fall wieder mal die gute, alte Aktualisierung) nicht prinzipiell ablehnt, wird erst nach der Aufführung sein Urteil abgeben wollen und können. Wer diese Verfahren prinzipiell ablehnt, hat natürlich auch das Recht, diese Inszenierung von vornherein schlecht zu finden. Kein Problem.


    Über "Regietheater", "Aktualisierung" usw. unabhängig von dieser Inszenierung haben wir uns aber in den letzten anderthalb Jahren schon in ca. 40-50 Runden die Köpfe eingeschlagen und sämtliche nur denkbaren Argumente ausgetauscht (allein die Beiträge über Nacktheit würden ein ganzes Unterforum füllen). Dass man eine neue Runde aufmacht, kann nur der Lust am Ritual geschuldet sein. Ritual hat nun allerdings viel mit dem Theater zu tun, insbesondere mit dem modernen. Insofern passt's schon.


    (Ich bin übrigens kein sonderlicher Kresnik-Fan.)



    Viele Grüße


    Bernd

  • Hallo Draugur,


    ich stimme Dir weitgehend zu - mein Einwand bezog sich zunächst ausschließlich auf Deine Kritik an »Stil und Grammatik«.


    Das Gerede von Herrn Kresnik kann auch ich nicht als besonders licht empfinden. Und dennoch: Ob die Sache schlüssig sein wird oder nicht, läßt sich kaum aus einer Selbstinterpretation eines Regisseurs herauslesen, sondern wird sich an der Schlüssigkeit der Szenenbilder auf der Bühne erweisen. Im Grunde ist es für den »Maskenball« ja z.B. erstmal ganz gleichgültig ob das Stück in Bosten, New York, Stockholm, Harare, Peking oder sonstwo situiert wird. Die Schlüssigkeit des Settings ergibt sich aus der Schlüssigkeit des Gesamtkonzepts, genauso wie die Schlüssigkeit der nackten Männer, der Micky-Mouse-Masken usw. Die Anknüpfungspunkte die es dafür (möglicherweise) im Stück gibt, wird das Regiekonzept deutlich machen müssen, sonst wird es meiner Meinung nach gescheitert sein (ha! Futur II - extra für Peter).


    Herzliche Grüße,
    Medard


    p.s.: jetzt sehe ich, daß Bernd (erheblich eloquenter) bereits ähnliches geschrieben hat.

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  • Lieber Theophilus,


    kurz zusammengefasst die deutsche (und wohl auch österreichische) Rechtslage: Zwischen Regisseur und Opernintendanz wird, soweit der Regisseur nicht im Hause angestellt ist, für eine bestimmte Inszenierung ein Werkvertrag geschlossen. Mit der Generalprobe nimmt die Oper das "Werk" (also die Inszenierung) normalerweise ab, der Regisseur hat also seine vertragliche Verpflichtung erfüllt. Der Zuschauer wiederum erwirbt mit der Karte lediglich das Recht, die konkrete, in der Vorschau angekündigte Inszenierung auf einem bestimmten Platz anzusehen, aber er hat kein "Recht" auf eine bestimmte, seiner Ansicht nach "werktreue" Art von Inszenierung. Inszenierungen selbst sind Kunstwerke eigenen Rechts (siehe "Csardasfüstin"-Entscheidung), die selbst dem Urheberrechtsschutz unterliegen. Der Zuschauer kann sich vorher über die Inszenierung informieren (Info der Opernhäuser, Rezensionen in Rundfunk, Fernsehen, Zeitungen und Fachzeitschriften etc.). Wer in Premieren geht, muss eben mit Überraschungen leben. Wann die Grenze von Inszenierung hin zu einer Bearbeitung erreicht ist, lässt sich theoretisch nicht sagen. Die "Kresnik"-Inszenierung dürfte wohl nicht darunter fallen, auch die Neuenfelssche "Fledermaus" nicht. Beispiele für Bearbeitungen wären etwa Luk Percevals "Schlachten" (Ausschnitte aus Shakespeares Königsdramen, neu übersetzt und kompiliert sowie mit eigenen Texten angereichert) oder der "Otello" an den Münchener Kammerspielen in der Zaimoglu-Fassung. Etwas ähnliches habe ich in der Oper noch nicht gesehehen, jedenfalls keine Inszenierung unter dem Titel des Originals, die ein Patchwork aus Musik und Text gewesen wäre. Herr Prawy, weilte er noch unter den Lebenden, würde vor Gericht jedenfalls grandios scheitern und daher hat es aus gutem Grund auch noch keiner der stockkonservativen Lordsiegelbewahrer des "Guten, Schönen und Wahren" gewagt, vor Gericht zu ziehen.


    :hello:


    GiselherHH

    "Mache es besser! (...) soll ein bloßes Stichblatt sein, die Stöße des Kunstrichters abglitschen zu lassen."


    (Gotthold Ephraim Lessing: Der Rezensent braucht nicht besser machen zu können, was er tadelt)

  • Zwielicht:


    Es geht ja hier um eine bestimmte Inszenierung und nicht um die Grundsatzfrage "Regietheater ja oder nein". Über Aspekte der Operninszenierung zu diskutieren, sollte doch erlaubt bleiben. Die Grundsatzfrage interessiert zumindest mich sowieso kaum.


    ________


    nebenbei bemerkt:
    Der Gedanke, mit dem Vorwurf des Etikettenschwindels gegen ein Theater vor Gericht zu ziehen, ist in der Tat etwas albern. Der Vorwurf an sich hat, wenn ein Stück als Vehikel benutzt wird für das, was dem Regisseur so oder so gerade im Hirn herumspukt, ungeachtet dessen seine Berechtigung.

    „People may say I can't sing, but no one can ever say I didn't sing."
    Florence Foster-Jenkins (1868-1944)

  • Zitat

    Original von Draugur
    Zwielicht:


    Es geht ja hier um eine bestimmte Inszenierung und nicht um die Grundsatzfrage "Regietheater ja oder nein". Über Aspekte der Operninszenierung zu diskutieren, sollte doch erlaubt bleiben.


    Erlaubt ist sowieso (fast) alles. Aber Du sprichst mir aus dem Herzen - deshalb habe ich ja versucht, mich vorwiegend zur konkreten Inszenierung zu äußern. Und anhand dieser auch zu einigen grundsätzlicheren Fragen in sachlichem Tonfall meine Meinung zu sagen.



    Viele Grüße


    Bernd

  • Hallo Giselher


    Zitat

    Original von GiselherHH
    ...
    Der Zuschauer wiederum erwirbt mit der Karte lediglich das Recht, die konkrete, in der Vorschau angekündigte Inszenierung auf einem bestimmten Platz anzusehen, aber er hat kein "Recht" auf eine bestimmte, seiner Ansicht nach "werktreue" Art von Inszenierung.


    Soweit stimme ich dir zu. Aber nehmen wir den hypothetischen Fall, dass ich eine Karte für "Maskenball" gekauft habe, auf dem Theaterzettel steht "Maskenball" und kein Mensch erklärt vor der Vorstellung, es handle sich nicht um "Maskenball", dann würde ich beim Erklingen der Freischütz-Ouvertüre zu Recht meinen, im falschen Stück zu sitzen. So weit muss die Produkthaftung gelten. Nächster Fall, beim dem es schon etwas diffiziler wird. Der Choreograph Mats Ek hat klassische Ballette mit neu erfundenen, zeitgenössischen Geschichten versehen und auf die Bühne gebracht. Dabei wurde die Musik auch noch mit aktueller Geräuschkulisse überlagert und die Darbietung auf der Bühne hatte nichts mit klassischem Ballett zu tun. Es lief aber weiter unter dem Originaltitel, obwohl das wirklich an den Haaren herbeigezogen war. Ich bewerte hier keinesfalls das künstlerische Ergebnis, sondern verlange, dass der Konsument von vornherein darauf aufmerksam gemacht wird, wenn die Darbietung um ein bezifferbares Mass vom Original abweicht.




    Zitat

    Der Zuschauer kann sich vorher über die Inszenierung informieren (Info der Opernhäuser, Rezensionen in Rundfunk, Fernsehen, Zeitungen und Fachzeitschriften etc.). Wer in Premieren geht, muss eben mit Überraschungen leben. Wann die Grenze von Inszenierung hin zu einer Bearbeitung erreicht ist, lässt sich theoretisch nicht sagen.


    Ich glaube nicht, dass ich als Konsument verpflichtet bin, mich im Vorhinein darüber zu informieren, ob ein angekündigter Maskenball auch einer ist! Und wenn ich in der Vorstellung sitze und zwar Verdi-Musik höre, aber eigentlich nichts sehe, was mit dem Stück "Ein Maskenball" zu tun hat, und hinterher auch noch erfahre, dass dies der Regisseur bestätigt, dann glaube ich doch, dass hier die Produkthaftung greift. Das hätte der Veranstalter von vornherein irgendwie ankündigen müssen, oder ich muss das Recht besitzen, den Eintrittspreis wegen Nicht-Einhaltung des Vertrags zurückzufordern.




    Zitat

    Herr Prawy, weilte er noch unter den Lebenden, würde vor Gericht jedenfalls grandios scheitern und daher hat es aus gutem Grund auch noch keiner der stockkonservativen Lordsiegelbewahrer des "Guten, Schönen und Wahren" gewagt, vor Gericht zu ziehen.


    Da bin ich mir nicht so sicher, schließlich verstand er etwas von Recht. Und die Tatsache, dass sich wegen einer vertanenen Theaterkarte noch niemand getraut hat, gegen eine Institution zu prozessieren, hat nichts damit zu tun, ob dies nicht in Wirklichkeit sehr aussichtsreich wäre.



    PS: Was glaubst du, warum derartiges in den USA nicht passiert? Die Theater könnten sich vor Klagen nicht retten!



    :hello:

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


  • Zitat

    Original von Alviano


    Mir fehlt, ehrlich gesagt, jetzt mal wieder die Lust, am Sonntag die Zeit zu investieren, um einen Premierenbericht zu verfassen. Die Meinungen, wie die Aufführung denn ist, stehen ja offensichtlich schon fest.


    Lieber Alviano,


    das fände ich sehr schade und ich glaube, dass es gerade nach dieser Diskussion hier besonders interessant sein wird, Deinen Premierenbericht zu lesen!



    LG, Elisabeth

  • Zitat

    Original von Kurzstueckmeister
    Wenn es ein Probenfoto aus einer Probe für diese 2 1/2 stündige Aufführung ist, kann man anhand des Fotos schon eine Aussage über die Aufführung treffen.


    Ein Foto hält einen bestimmten Moment in einem Bildausschnitt fest. Der Betrachter erfährt nichts über den Spannungsbogen einer Inszenierung, nichts darüber, ob die Inszenierung mit der Musik zusammengeht oder diese z. B. bewusst konterkariert, nichts über Personenregie oder Interaktionen zwischen den Sängerinnen und Sängern, auch nichts über die Intensität des gestalterischen und sängerischen Ausdrucks, selbst über die Frage, ob die nackten Menschen sich in das Regiekonzept einfügen, kann keine Aussage getroffen werden, erst recht nicht , ob die Inszenierung überhaupt funktioniert.


    Das Eingangsposting macht Stimmung und dann wird über etwas geredet, was man gar nicht gesehen hat - so, als wäre die Inaugenscheinnahme einer Inszenierung gar nicht notwendig, um ein Urteil fällen zu können. Jenseits einer Geschmacksaussage muss es doch möglich sein, eine Opernproduktion in ihrer Gesamtheit zu bewerten, unabhängig davon, ob mir persönlich das nun gefällt oder nicht - aber dazu muss ich sie wenigstens gesehen haben.

  • Hallo,


    bei allem Unsinn, den ich hier in dieser Inzenierung wähne: Die Behauptung, dass man nicht "Maskenball" bekommt, wäre doch etwas weit hergeholt, denn ich kann nicht erkennen, dass an Musik und Text gedreht wurde. Somit ist Maskenball drin, wo Maskenball draufsteht.


    In die Oper gehen die Leute grundsätzlich in erster Linie wegen Musik und Gesang, bzw. der Umsetzung von Verdis Partitur. Sonst ginge man ins Sprechtheater.


    Also, Daumen runter vor Gericht!!!


    Trotzdem, unter aller Berücksichtigung der Kunstfreiheit spricht meine Meinungsfreiheit dazu, dass sich eine schlüssige Verbindung dieses Regiekonzeptes mit den nackten Hartz - IV - Empfängern (?!, könnte durchaus nachvollziehen, dass Vertreter dieser Gruppe sich verunglimpft sehen) und gar den Trümmern des World - Trade - Center und der Maskenballgeschichte nicht herstellen läßt. Das ist doch - mit Verlaub - ein Schmarrn.


    M. E. gehört zu gutem Regiertheater, dass sich Veränderungen der Millieus und Epochen mit der Geschichte, den Figuren und einer gewissen Logik vertragen.


    Aber, vielleicht hat der Regisseur nur Dinge selbst hineingespinstert und die Aufführung selbst spricht eine nachvollziehbarere Sprache, wer weiß??


    Mir würde schlichtweg die Einordnung der Nackerten als Bestandteile eines besonders dekadenten Maskenballs in der Schlussszene eher zusagen, wenn man sie denn schon unbedingt einbaut.


    Aber vielleicht bin ich da zu simpel gestrickt..... =)



    LG :hello:


    Ulrica

  • Zitat

    Original von Alviano


    Ein Foto hält einen bestimmten Moment in einem Bildausschnitt fest. Der Betrachter erfährt nichts über den Spannungsbogen einer Inszenierung, nichts darüber, ob die Inszenierung mit der Musik zusammengeht oder diese z. B. bewusst konterkariert, nichts über Personenregie oder Interaktionen zwischen den Sängerinnen und Sängern, auch nichts über die Intensität des gestalterischen und sängerischen Ausdrucks, selbst über die Frage, ob die nackten Menschen sich in das Regiekonzept einfügen, kann keine Aussage getroffen werden, erst recht nicht , ob die Inszenierung überhaupt funktioniert.


    Aber es ist zumindest nicht irgendein Bildausschnitt aus der Inszenierung, sondern Werbematerial, ein bewusst so gewählter "Hingucker" (bzw. Weggucker), der als solcher durchaus für sich steht. Das Theater will doch geradezu erreichen, dass aufgrund dieses Fotos eine Vorbeurteilung (natürlich am liebsten als "progressiv" oder zumindest als "interessant") stattfindet. Man hätte es doch gar nicht veröffentlichen müssen. Aber es geht, wie schon oben gesagt, in der heutigen Theaterpolitik in erster Linie darum, dass alles hinguckt.

    „People may say I can't sing, but no one can ever say I didn't sing."
    Florence Foster-Jenkins (1868-1944)

  • Lieber Draugur,


    dem kann ich folgen - die Fotos sollen einladen, sich die Produktion anzuschauen. Den Nebeneffekt, dass jemand aufgrund der Fotos feststellt, dass ihm diese Produktion nicht zusagt und dann besser nicht hingeht, will ich gar nicht unterschätzen - bevor dann den ganzen Abend die Aufführung gestört wird, ist das die Variante, die mir besser gefällt.


    Mich haben diese Bilder jetzt überhaupt nicht irritiert. Aber seis drum, das alles steht ja nicht in Konkurrenz zu dem, was ich geschrieben habe.


    Ein Effekt, der bereits eintritt: man spricht überregional über das Theater in Erfurt - das machen die sehr geschickt, mal mit einer Uraufführung, mal mit einer unkonventionellen Inszenierung, das ist ja erstmal nicht schlecht.

  • Zitat

    Original von Draugur


    Aber es ist zumindest nicht irgendein Bildausschnitt aus der Inszenierung, sondern Werbematerial, ein bewusst so gewählter "Hingucker" (bzw. Weggucker), der als solcher durchaus für sich steht.


    Ist das so? Hm, ob das wirklich Werbematerial ist? Mit dem Regisseur in der Szenerie???


    Ich jedenfalls habe das Foto keineswegs im Kontext einer Werbung für die Inszenierung gefunden, sondern beim googeln mit den Suchbegriffen »Kresnik + Maskenball + Erfurt« in einer Online Ausgabe der Bildzeitung, die einen Beitrag unter dem Titel »Verdis Maskenball als FKK-Oper« gebracht hat (einzusehen unter: http://www.bild.de/BILD/entert…fkk-oper,geo=4229276.html).


    Darf man in diesem ehrwürdigen Forum die BILD-Zeitung eigentlich verlinken? Ich denke ja, denn die MeinungsBILDer von Deutschlands größtem Boulevard-Blatt sind sich mit der hier zum Teil vorgebrachten Kritik - bis hin zur Frage »Muss das sein??« - verblüffend einig... Alles naklar viel knapper und proletischer vorgebracht. Aber wenigstens eine deutsche Zeitung, die den Regie-Exzessen der Theater- und Opernzerstörer nicht blind applaudiert sondern die Fahne der »Werktreue« hochhält!


    Viele Grüße,
    Medard

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  • Zitat

    Original von Klawirr
    Darf man in diesem ehrwürdigen Forum die BILD-Zeitung eigentlich verlinken? Ich denke ja, denn die MeinungsBILDer von Deutschlands größtem Boulevard-Blatt sind sich mit der hier zum Teil vorgebrachten Kritik - bis hin zur Frage »Muss das sein??« - verblüffend einig... Alles naklar viel knapper und proletischer vorgebracht. Aber wenigstens eine deutsche Zeitung, die den Regietheater-Exzessen der Theater- und Opernzerstörer nicht blind applaudiert sondern die Fahne der »Werktreue« hochhält!


    Viele Grüße,
    Medard



    :D :D


    Und man darf sogar abstimmen! Basisdemokratie! "Wie finden Sie diese Idee einer Inszenierung? a) Geschmacklos!, b) Warum nicht?!?, c) Interessiert mich nicht."


    Da fällt die Wahl schwer! Wir zittern dem Ergebnis entgegen...



    Viele Grüße


    Bernd

  • Zitat

    Original von Klawirr


    Aber wenigstens eine deutsche Zeitung, daß den Regie-Exzessen der Theater- und Opernzerstörer nicht blind applaudiert sondern die Fahne der »Werktreue« hochhält!


    Du hast dir, wie der letzte Satz zeigt, ja ziemlich schnell die Grammatik von Herrn Kresnik angeeignet ;) Ich denke schon, dass das Werbefotos sind (sonst hätten sie doch das Theater gar nicht verlassen, oder hat sich da ein Bildreporter eingeschlichen und die nackte Mickymaus-Polonäse paparazzomäßig abgelichtet?) Des weiteren ist, was die Bildzeitung da schreibt, keineswegs ein Plädoyer für Werktreue, sondern ebenso Werbung für die Inszenierung wie das Bild an sich. Alle sich für kulturell fortschrittlich haltenden Menschen, die heimlich unter der Bettdecke die Bild lesen, werden doch jetzt erst recht aus Solidarität da reingehen wollen.


    Ich entscheide mich für a), b) und c) :pfeif:


    Und der Erwin fasst der Heidi...

    „People may say I can't sing, but no one can ever say I didn't sing."
    Florence Foster-Jenkins (1868-1944)

  • Zitat

    Original von Klawirr
    Ist das so? Hm, ob das wirklich Werbematerial ist? Mit dem Regisseur in der Szenerie???


    Lieber Medard,


    ich habe mich jetzt nicht explizit auf das Foto hier im Thread bezogen, sondern auf jene, die auf der Homepage des Theaters Erfurt und in dessen Magazin zu finden sind. Diese dienen sicher auch als Einladung, sich die Produktion anzuschauen.


    Dankbar bin ich für den Hinweis auf die Boulevardpresse: das ist gar nicht soweit weg von dem, was hier passiert. Einzelne Bilder werden herausgegriffen, in einen bestimmten Zusammenhang gebracht - und schon weiss der Durschnittsleser des Blattes, was für Sauereien wieder auf deutschen Bühnen zu sehen sind. Erinnerlich ist mir das u. a. bei Bieito und Koskie.


    Allein der Threadtitel: da wird noch nicht einmal der "Ballo" benannt, man weiss gar nicht, worum es in diesem Thread konkret geht, das ist doch nicht seriös. Aber Hauptsache, man hat schon mal eine Meinung zu etwas, was man noch gar nicht gesehen hat und macht Stimmung gegen diese Produktion.

  • Derzeitiger Stand der Bildzeitungs-Leserabstimmung:


    Geschmacklos - 59%
    Warum nicht - 24%
    Interessiert mich nicht - 17%


    :D

    „People may say I can't sing, but no one can ever say I didn't sing."
    Florence Foster-Jenkins (1868-1944)

  • Zitat

    Original von Draugur


    Du hast dir, wie der letzte Satz zeigt, ja ziemlich schnell die Grammatik von Herrn Kresnik angeeignet ;)


    Hab' ich auch schon gesehen (und korrigiert) - so ist das, wenn man dauernd alles umformuliert und umstellt. Dabei war's nichtmals oral speech...


    Zitat

    Ich denke schon, dass das Werbefotos sind (sonst hätten sie doch das Theater gar nicht verlassen, oder hat sich da ein Bildreporter eingeschlichen und die nackte Mickymaus-Polonäse paparazzomäßig abgelichtet?


    Hm, meinst Du wirklich, die wollen damit BILDlesende Edel-Voyeure locken, die sich ältere Herren im Adamskostüm anschauen? In den anderen Medien, in denen über die Inszenierung berichtet wurde (etwa auch auf der Seite von Deutschland-Radio Kultur) habe ich das Bildchen nicht gesehen.


    Und die Paparazzi mußten da auch nicht gleich unterwegs sein. Sicherlich gibt's Probenbesuche und -fotos. Was fotografiert wird und was dann zur Textillustration als Aufmacher gewählt wird, steht auf einem anderen Blatt.


    Übrigens weiß ich gar nicht, wie regelmäßig die BILD-Zeitung über Operninszenierungen berichtet... Gibt's da eine wohl eine feste Rubrik - oder paßt das grade mal in Michels BILD vom Niedergang der Kultur?


    Zitat

    Des weiteren ist, was die Bildzeitung da schreibt, keineswegs ein Plädoyer für Werktreue, sondern ebenso Werbung für die Inszenierung wie das Bild an sich. Alle sich für kulturell fortschrittlich haltenden Menschen, die heimlich unter der Bettdecke die Bild lesen, werden doch jetzt erst recht aus Solidarität da reingehen wollen.


    Jajajaja - man kann alles so lange drehen bis es ins Konzept paßt... ;)


    Ich bin mir nicht sicher, ob da eine Zielgruppe angesprochen wird, die für Opernwerbung so ganz richtig empfänglich wäre. Wenn ja, müßten zumindest die Nacktmodels vermutlich ein anderes Geschlecht haben und/oder zumindest anders gebaut sein.


    Viele Grüße,
    Medard

  • Zitat

    Original von Draugur
    Derzeitiger Stand der Bildzeitungs-Leserabstimmung:


    Geschmacklos - 59%
    Warum nicht - 24%
    Interessiert mich nicht - 17%


    :D


    Das hatte ich ja nun zuerst für einen Scherz gehalten... :wacky:

  • Zitat

    Original von Draugur
    Derzeitiger Stand der Bildzeitungs-Leserabstimmung:


    Geschmacklos - 59%
    Warum nicht - 24%
    Interessiert mich nicht - 17%


    :D


    Siehste - wenn man den Thread hier auswertete, käme man vermutlich zu einem ähnlichen Ergebnis, vielleicht aber noch etwas deutlicher in Richtung »Geschmacklos«.
    Ist Tamino vielleicht gar die heimliche Avantgarde der Bildzeitungsleser? :D


    Viele Grüße,
    Medard

  • Manche Regisseure wollen nur auffallen,


    frage mich nur immer, warum machen da Opernsänger mit?


    Es ist ein Skandal,was sich diese "Regie-Ungeheuer" erlauben.


    Nun es muss nicht immer Staubi sein, aber gerade bei Verdi mag ich es, wie es Verdi vorgeschrieben hat!


    ich mag ja auch nicht die neue TV Reklame für MD 3 Player mit dem "Dies Irea" aus Verdis Totenmesse.


    Lien Grüße Peter aus Wien

  • Zitat

    Original von oper337
    ...
    frage mich nur immer, warum machen da Opernsänger mit?
    ...


    Die können sich dagegen nicht wehren!

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


  • Ich weise ungern auf das Offensichtliche hin. Aber von Verdi war beim Maskenball noch nie mehr als die Musik :D


    Und auch sonst scheinen mir einige der Bemerkungen des Regisseurs eher aufmerksamkeitsheischend als wahr zu sein. Ganz gewiß wird es wie bei Verdi/Scribe ein Liebespaar und einen Mord geben und ziemlich sicher auch in der originalen Konstellation.
    Daß die Politik hier nur ein unwichtiger Rahmen wäre, ist übrigens keineswegs selbstverständlich, sondern selbst eine Interpretation. Und selbst wenn sie richtig ist, wäre es heute durchaus legitim (wenn auch nicht sehr originell) den politischen Aspekt aufgrund der politisch aufgeladenen Entstehungs- und Premiereumstände des Stücks stärker hervorzuheben.


    Das Problem der Regisseure heute ist doch, daß das Stück seinerzeit als politisch gefährlich bzw. von der anderen Seite als Symbol eines Freiheitskampfes aufgefaßt wurde und sie heute selbst mit den nackten Mickymäusen als Hintergrundstaffage kaum eine Chance haben, etwas ähnliches auszulösen. Um die seinerzeitige Brisanz annähernd zu erreichen, müßte noch ganz anders inszeniert werden als mit ein paar Nackerten.
    Vermutlich ist der Ansatz, die damalige Brisanz zu erhalten, illusorisch. Aber man sollte sie sich doch ab und zu mal klar machen, um zu sehen, daß "bloße Unterhaltung, die keinen aufregen darf", ein "Stimmen- und Kostümfest" offenbar weder den Entstehungsbedingungen noch den Intentionen von Komponist und Librettist entspricht.


    Nicht irgendwelche linken Bürgerschrecke der 70er haben mit der politischen Message angefangen...


    :hello:


    JR

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

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