Inseln der Spielzeit 2007/08 - ganz weit weg vom Verfremdungstheater

  • Zitat

    Original von Armin Diedrich


    Wenn man an die Premierenbesetzung denkt: Böhm am Pult, Waechter als Figaro (ogottogott...), Wunderlich und Grist! Als einzige lebt meines Wissens die Grist noch...


    Ich habe davon einen Mitschnitt:


    Wien 1966 - (?) - Grist, Wächter, Wunderlich, Czerwenka, Kunz – Böhm


    Leider nur zu hören - gäbe was drum, das auch visuell zu erleben!


    LG

    Harald


    Freundschaft schließt man nicht, einen Freund erkennt man.
    (Vinícius de Moraes)


  • Den habe ich auch - eben deswegen sage ich ja bei Waechter "Ogottogott"...

  • Uns Wienern geht es in dieser Hinsicht doch noch besser als den deutschen Opernfreunden, so spielt z.B. unser „Rigoletto“ noch in konventionellen Bühnenbildern und nicht am Planet der Affen wie in München!
    Weiters dürfen wir uns noch an einer „Boheme“ und „Carmen“ von Zeffirelli erfreuen, und an einer „Tosca“ und „Butterfly“ in ca. 50(!) Jahre alten Inszenierungen. Auch gibt es noch einige traditionelle Schenk - Produktionen wie „Liebestrank“ und „Rosenkavalier“. Und einen unverwüstlichen „Barbiere“ von Rennert aus dem Jahr 1966.
    Natürlich ist auch an unserer Oper die moderne Regie nicht spurlos vorbeigegangen – so haben wir eine „Frau ohne Schatten“ in der Psychiatrie, Die Senta aus dem „Holländer“ verbrennt sich am Schluss, Preziosilla aus der „Forza“ ist ein Cowboygirl, „Manon Lescaut“ spielt im Warenhaus und die Elsa aus dem „Lohengrin“ muss sich blind zwischen Plastikenten zurechtfinden. :no:.


    Operndirektor Holender hat versprochen an den konventionellen Standardwerken nichts zu ändern. Seine Ära geht noch bis 2010 - dann werden wir ja sehen war auf uns zukommt!

  • Tröste dich, Meyer ist punkto Regie wahrscheinlich noch konservativer als Holender..... :wacky: Unsereins kann dann nur auf WAnderschaft gehen, wenn man einmal auch eine interessante Inszenierung sehen will. Das werden teure Jahre...
    lg Severina :hello:

  • Ich frage mich schon immer mal wieder, was an mehr oder minder auseinanderfallenden Bühnenbildern so toll sein soll ; und wenn der auftretende Sänger den Namen des Regisseurs mit Mühe und Not aus dem Geschichtsbuch kennt, kann man sich wirklich überlegen, was das noch mit "Inszenierung" zu tun haben soll. Wenn die Anweisungen des Abendspielleiters (eine Probe ist ja schon purer Luxus!) sich auf "Sie treten von links auf und gehen nach rechts ab" beschränken...

  • Aber Severina,
    ich wandere schon lange,nach Zürich, Barcelona und Wien.
    Es wird uns leider nichts anderes übrig bleiben.
    Sicher sind das teure Jahre!
    Ich hätte es gern auch anders.


    Grüsse Rita

  • Lieber Armin,

    Zitat

    Wenn die Anweisungen des Abendspielleiters (eine Probe ist ja schon purer Luxus!) sich auf "Sie treten von links auf und gehen nach rechts ab" beschränken...


    Aber damit macht der Abendspielleiter genau das, was diverse Regisseure, deren geniale :wacky: Arbeiten wir heute noch an der Wiener Staatsoper bewundern dürfen, getan haben: "Sie treten von links auf, treten an die Rampe und heben die Hände zum Himmel."
    :hello:

    ...

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  • Zitat

    Original von Edwin Baumgartner
    Lieber Armin,


    Aber damit macht der Abendspielleiter genau das, was diverse Regisseure, deren geniale :wacky: Arbeiten wir heute noch an der Wiener Staatsoper bewundern dürfen, getan haben: "Sie treten von links auf, treten an die Rampe und heben die Hände zum Himmel."
    :hello:


    FiDi erzählt ja gerne von seinem ersten Jochanaan, bei dem er unter die Bühne geführt wurde und der Abendspielleiter sagte: "So, da is de Leiter, und da oben is det Loch. Wenn Ihr Einsatz kommt, steijen Se ruff, oben machen Se so en bisken uff heilich ; und wenn Se fertich sind, steijen Se wieda runter!"

  • Liebe Leute,



    zugegeben: ich bin kein "reinrassiger" Staubi, aber ich sehe solche Inszenierungen gern.



    Dieser Thread eignet sich mE sehr gut, über die Spielzeit 07/08 hinaus weitergeführt zu werden. Als neuen (hoffentlich griffigen) Titel schlage ich vor:

    "Skandal: Inszenierungen (und Bühnenbilder), bei denen man das Stück schon erkennt, wenn der Vorhang aufgeht"


    Die Idee zu dem Titel stammt genaugenommen nicht von mir, sondern ist einem Ausspruch eines Tamino entlehnt, mit dem ich heute morgen über die gestrige Holländervorstellung in München diskutierte.



    LG, Elisabeth

  • Zitat

    Original von Elisabeth
    "Skandal: Inszenierungen (und Bühnenbilder), bei denen man das Stück schon erkennt, wenn der Vorhang aufgeht"


    Ich liiiebe Skandale. :jubel: :jubel:


    LG, Paul

  • Kennt jemand die Dresdner Neuinszenierung des "Trovatore" von Verdi?


    Sieht mir doch sehr konservativ aus.


    "http://www.semperoper.de/de/oper/premieren_20082009/il_trovatore.html"



    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Ansonsten gibt es in Dresden z. Zt. (noch) diese libretto-getreuen Inszenierungen:




    Der fliegende Holländer [1988]



    Parsifal [1988]




    La Bohème [1985]


    Vielleicht noch ein paar wenige mehr, habe es nur mal oberflogen.


    Es hieß schon letztes Jahr, der "Parsifal" würde abgesetzt werden – scheinbar bekommt er doch noch eine Schonfrist, bis die neue Indendantin kommt (2010). :wacky:


    Ich fürchte, daß spätestens dann diese letzten DDR-Relikte verschwinden und im Stile der furchtbaren "Meistersinger"-Inszenierung von 2007 weitergemacht wird.

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Hallo Taminos:
    Bezüglich guten Inszenierungen fält mir ein alter doofer Spruch ein:
    "Etwas besseres kommt selten nach"
    ich meine nur, er mag doof sein, aber praktisch ist er sicher auch.......je nach Bedarf verwendbar


    Michael

  • Ui, da kriege ich ja direkt Lust, mir beides anzusehen. leider ein bisschen arg weit weg:-(


    Was gibt es denn sonst noch? Ich finde immer weniger Inseln:-(

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  • In München gibts diese Spielzeit einige "Inseln":


    Otto Schenks Rosenkavalier & Boheme
    Everdings Zauberflöte
    Jean-Pierre Ponnelles berühmte Cenerenrola kommt im Sommer wieder
    Der wunderbar klassisch inszenierte Ravel/zemlinsky Doppelabend!!!!
    Carmen
    le Nozze di Figaro
    Il Barbiere di Siviglia in einer alten aber charmanten Inszenierung
    Jürgen Roses schlichte, aber werktreue Don Carlo-Inszenierung
    Madama Butterfly......


    Es gibt also auch noch hier wirklich schönes zu sehen!

  • Ich bin eigentlich kein absoluter Purist, in Grenzen akzeptiere ich auch Aufführungen, die sich abseits von der Vorgabe von Zeit und Raum befinden. Weil für mich die Musik das Wichtigste an einer Oper ist, natürlich soll es irgendwie alles auch passen. Ich wohne nach langjähriger Abwesenheit jetzt etwa 3 1/2 Jahre wieder in Berlin und habe da noch nicht so viel Abscheuliches erlebt, entweder weil ich vorher wusste, wohin ich gehe, oder weil zwar Abstriche beim Bühnenbild gemacht werden (häufig wohl auch aus Kostengründen) dafür die Kostüme immer noch sich im zeitnahen Raum bewegt haben.


    Es soll hier sicher um Empfehlungen für wirklich traditionelle Inszenierungen geben, die das widerspiegeln, was sich der Komponist vorgestellt hat.
    Berlin kann sich glücklich schätzen, über drei Opernhäuser zu verfügen, die auch teilweise die gleiche Oper auf dem Programm haben, was den Vorteil des Vergleiches hat.


    Die Staatsoper spielt wegen Umbaus vorläufig und das bleibt leider die nächsten Jahre so, im Schiller-Theater. Das ist nun mal deutlich kleiner, auch von der Platzzahl, weshalb sich Einschränkungen im Repertoire ergeben. Dennoch versucht man sich hier an einer neuen "Ring"-Einstudierung, bis jetzt gibt es erst das "Rheingold", das ich aber nach den mir vorliegenden Rezensionen hier nicht empfehlen kann.
    Auf dem Spielplan befindet sich weiterhin "L'Elisir d'Amore", in der im März Rolando Villazon besetzt ist. Eine akzeptable Aufführung mit ansehnlichen Kostümen, die sich nicht immer völlig an die Originalvorlage hält, aber wenigstens nichts Abartiges hat. Ich freue mich auf einen erneuten Besuch dieser Aufführung im März. Sonst kann ich im Moment an der Staatsoper nichts empfehlen, was in diesen Thread passt.


    Vom Umbau der Staatsoper profitiert insbesondere die Deutsche Oper Berlin, zumal sie sich in der gleichen Straße befindet und eine über eine ungleich größere Bühne und Platzkapazität verfügt.



    Zwar hat die Intendantenzeit von Frau Harms einige sehr suspekte Inszenierungen hinterlassen, von der es eine Ausnahme gibt, auf die ich gleich komme, andererseits halten sich zum Glück noch einige Produktionen aus der Zeit von Götz Friedrich.


    Ich beginne mit einer Inszenierung von Katharina Thalbach, die mich angesichts der Flut absurdester Auswüchse des Regietheaters doch positiv verblüfft hat. Es ist der Barbier von Sevilla. Keine streng traditionelle Aufführung, aber überzeugend. Hier ist wirklich viel los, ein kunterbuntes Bühnenbild und alle Darsteller in vortrefflicher Kostümierung. Wenn ich den Beginn schildere, dann hört sich das völlig daneben an, es fügt sich aber alles passend in das Ganze und überzeugt pur. Es kommen nacheinander auf die Bühne: Ein echtes Kind, ein echter englischer Roadster, der begegnet einem echten Traktor mit einem riesigen Anhänger und die Fahrer müssen sich einigen, wer durchfahren darf. Und schon lacht das Publikum. Und wer einen Schreck bekommt, dass alles so abseits vom guten Rossini ist, wird schnell eines besseren belehrt, denn der große Anhänger des Traktors öffnet sich zu einer Bühne auf der Bühne, auf der dann das Stück spielt, und zwar so lebendig und überschwänglich, wie man das sonst gar nicht vom subventionierten Theater kennt. Eine Inszenierung, die ein volles Haus garantiert. Der "Barbier" entstand vor rund 200 Jahren zum Ende der römischen Karnevalssaison und diesem Unterhaltungssanspruch wird diese Oper hier voll gerecht. Man könnte sich vorstellen, dass es Rossini, lebte er heute, gefallen würde. Ich ziehe diese Aufführung der damals ungemein modern empfundenen Ruth-Berghaus -Produktion der Staatsoper aus den siebziger(!) Jahren eindeutig vor.


    Ansonsten will ich hier nennen: Lucia di Lammermoor (R: Filiippe Sanjust, 1980)
    Der Rosenkavalier (R: Götz Friedrich, 1993)
    La Boheme (R: Götz Friedrich 1988 ).


    Man kann sich ja Ausschnitte dieser Opern auf der Homepage ansehen.


    Das dritte Opernhaus in Berlin ist die Komische Oper, die nach wie vor alles in deutscher Sprache bringt, wenn auch oft in eigenwilliger Übersetzung.
    Nach Walter Felsenstein hat sich dieses Haus völlig dem Regietheater mit allen obskuren Ausreißern ergeben. Das einzige Nennenswerte, das hier passt, wäre Pique Dame, wo das Bühnenbild recht zeitlos wirkt, aber ansonsten alles noch stimmig ist. In dieser Spielzeit aber nicht auf dem Programm.

    Das ist nicht viel, zeigt aber, es gibt doch noch das eine oder andere. Leider viel zu wenig. Ich bin schon froh, wenn der Charakter des Werkes nicht verstümmelt ist.


    Viele Grüße aus der deutschen Hauptstadt


    :hello:


    timmiju

    Wenn schon nicht HIP, dann wenigstens TOP


  • Donizetti: Lucia di Lammermoor
    Bizet: Carmen
    Giordano: Andrea Chenier
    Puccini: Tosca


    vielleicht auch:
    Puccini: Butterfly