Variationen

  • Sagitt meint:


    Während die Goldbergvariationen immer wieder diskutiert werden, bleiben andere Großwerke unerwähnt. Dies soll nun abgestellt werden.
    Beethoven ud Brahms sind als zwei weitere Großmeister der Variationen zu nennen.
    Beethovens berühmtesten sind die Diabelli-Variationen op. 120. Über einen kleinen Walzer von Diabelli schreibt er 33 Veränderungen. Ein Spätwerk von ungeheurer Vielgestaltigkeit, nicht so spektakülär wie seine großen Klaviersonaten und deswegen nicht so verbreitet.
    Aber es gibt sehr gute Aufnahmen. Ich nenne nur Anda, Ugorski oder Pollini.
    Brahms hat immer wieder Klaviervariationen geschrieben. Zwei große Zyklen stechen hervor:


    Die Händelvarationen op. 24-angeblich als kompositorische Disziplinierung eines Gefühlschaos in bezug auf Clara Schumann komponiert. Wie auch immer. Als ich sie 1963 zum ersten Mal hörte, könnte ich mich daran gar nicht satt hören. Ich hatte eine Aufnahme mit Leon Fleisher erworben ( damals noch im Vollbesitz seiner Pianistik).Eine Zeit lang habe ich jede Aufnahme von diesem Stück erworben. Heute würde ich nach wie vor sagen, Julius Katchen gefällt mir immer noch sehr gut ( er hat diese Variationen zweimal aufgenommen). Im übrigen bin ich auf andere Aufnahmen gespannt.


    Das dritte zu erwähnende Werk sind die Paganini-Variationen op. 35. Die 24te Caprice op. 1 von Paganini hat verschiedene Komponisten bewegt, Variationen zu komponieren ( Liszt, Brahms, Rachmaninov).
    Brahms fordert dem Pianisten schon Einiges ab ( die letzte Aufnahme von Gilels vor seinem Tod umfasst auch diese Variationen. Man hört, mit welchem Respekt der Künstler dieses Werk angeht und Tempi zurücknimmt). Auch hier ist Katchen immer noch eine erste Wahl. Er war ganz selbstverständlich auch sehr virtuos. Aber wir Taminos werden sicher von anderen hörenswerten Aufnahmen lesen.

  • Hallo Sagitt,


    ganz richtig, es fehlen etliche Komponisten, die Variationen geschrieben haben, danke für die Anregung.


    Daher werde ich diesen Thread (und ich bitte um weitere Nominiereungen von Variationen samt ihren Komponisten) auch dazu benutzen um Angegungen für Spezialthreads zu sammeln, wo wir mehr ins Detail gehen können.


    Es ist selbstverständlich, daß viele Themen noch nicht im Forum zur Sprache gebracht wurde, und das ist aus gut so, weil wir brauchen ja auch in Zukunft noch Themen.


    Persönlich bin ich ein großer Freund von Variationen, Zitaten und Paraphrasen, ich kann gar nicht genug davon bekommen.


    Beste Grüße aus Wien


    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Hallo Sagitt,


    wenn du schon die Händel-Variationen von Brahms ansprichst:


    es gibt von Mauricio Kagel Variationen über Brahms' Händelvariationen, der genaue Titel lautet:


    Variationen ohne Fuge für großes Orchester 1971/72 über Variationen und Fuge über ein Thema von Händel für Klavier op. 24 von Johannes Brahms 1861/62


    Kagel hat es zum Brahms-Fest in Hamburg komponiert. Gegen Ende der Aufführung erscheint Brahms persönlich auf der Bühne, kurze Zeit später auch Händel. Brahms hält einen Monolog, er hat lange in Hamburg gelebt und freut sich, wieder da zu sein. Händel sagt nichts (obwohl auch er in Hamburg gelebt hat), angeblich ist das Ursprungsthema gar nicht von ihm.



    Es gab da vor vielen Jahren eine Liveübertragung eines Gesprächskonzerts im Südwestfunk, Hans Zender hat nicht nur dirigiert, sondern auch die Originalvariationen von Brahms und die Originalvariationen von Händel am Klavier gespielt im Wechsel mit Kagels Orchester-Variationen. Hat mich unglaublich beeindruckt.


    Ob es von Kagels Brahmsvariationen eine CD-Aufnahme gibt, weiß ich nicht. Eigentlich würde man sich da dann auch eher eine DVD wünschen :P


    Gruß
    Heinz

  • Wirklich ein schöner Thread. Aber vorab zur Eingrenzung (oder Ausweitung): Ist die Besetzung gleichgültig (Orchester, Kammermusikensemble, Instrumental) oder (wie es sich aus dem Kontext anbietet) auf Klaviermusik (bzw. Tasteninstrumente inkl. Orgel und Cembalo) begrenzt?


    Aber um vorerst in der Spur (Klaviermusik) zu bleiben:


    Beethoven schrieb natürlich auch die 15 Variationen und Fuge über ein Originalthema in Es-Dur op. 35, besser bekannt als die Eroica-Variationen, dessen Thema dem kundigen Hörer nicht nur vom Finalsatz seiner 3. Sinfonie, sondern auch von dem Ballett "Die Geschöpfe des Prometheus" bekannt ist.


    Später hat sich auf deutschem Boden Max Reger in Sachen Variationen besonders ins Zeug gelegt:
    Für das Klavier legte er die gewaltigen Variationswerke "Variationen und Fuge op. 81 über ein Thema von J.S. Bach" sowie "Variationen und Fuge op. 134 über ein Thema von Telemann" vor. Ersteres gehört zu den Anspruchsvollsten Klavierwerken dieser Gattung.
    Für Orchester schrieb er Variationswerke (jeweils mit Fuge) über Themen von Hiller (op. 100), Beethoven (op. 86) und natürlich (am bekanntesten) über Mozart (op. 132).
    Tja, und ganz begeistert hat sich Reger in Sachen Variationen an der Orgel ausgetobt, vorzugsweise in der altehrwürdigen Variationsform der Passacaglia. Nicht weniger als 5 Passacaglien unterschiedlichen Umfangs komponierte er für Orgel und natürlich die immense Introduktion, Variationen und Fuge über ein Originalthema in fis-Moll.


    Nun, das soll vorerst genügen.


    Gruß
    Karsten

  • Hallo Musikfreunde,


    oft sind es reine Klavierwerke, wie die Haydn-Variationen von Brahms, die später vertont wurden und meiner Ansicht nach dann einen noch farbigeren Anstrich bekommen.
    Ich möchte hier drei reine Orchesterwerke als Variationszyklen erwähnen, die mich schon lange in verschienenen Orchester-Aufnahmen
    beschäftigen und absolute Meisterwerke sind:


    Paul Hindemith: Sinfonische Metharmorphosen über ein Thema von Carl Maria von Weber
    In vier sinfonischen Sätzen werden hier Themen von C.M.Weber kunstvoll variiert. Ein brillantes Werk das sich bis zum letzten Satz hin steigert und an keiner Stelle auch nur eine Spur Langeweile hat.
    Die wichtigsten Aufnahmen sind mit
    Cleveland Orchestra / G.Szell auf CBS
    New Yorker PH / L.Bernstein auf SONY (CBS)
    Phiadelphia Orchester / E.Ormandy auf EMI (hier auch ganz exquisit die Konzertmusik op.50 mit auf der CD)



    In der Hindemith - Gesamteinspielung auf CPO mit Gerd Albrecht und auf der Decca-Eloquence-CD mit LSO/Abbado sind die Weber-Metharmorphosen auch nicht schlecht gelungen, aber bringen nicht die Spannung und Energie der oben genannten drei mit.
    Eine weitere TOP-Interpretation ist mir mit Karajan auf EMI 1960 auf LP noch gut in Erinnerung.



    William Walton: Hindemith-Variationen
    Die Hindemith - Variationen sind ein Auftragswerk von G.Szell für das Cleveland Orchester und auch von ihm Uraufgeführt worden. Walton war mit Hindemith befreundet und hat es an Hindemiths Tonspache angelehnt geschrieben. Leider hört man das Werk selten obwohl es ein Meisterwerk erster Klasse ist.
    Natürlich ist die Szell-Aufnahme auf CBS erste Wahl für das Stück.
    Die auf Decca erschienene Edition englischer Orchesterwerke mit Andrew Litton mit dem Walton-Werk wurde hochbejubelt, doch gibt es eine NAXOS-Aufnahme, die beide genannten Aufnahmen absolut in den Schatten stellt: Das ist die Aufnahme mit dem English Northern Phiharmonia Orch., Paul Daniel:




    Wenn wir nun in England bleiben, fallen dem Musikliebhaber natürlich die hervorragenden
    Enigma-Variationen op.36 von Edward Elgar ein.
    Da habe ich hier und da verschiedene Aufnahmen gehört, aber für mich uninteressant, weil eine Aufnahme maßstabsetzend gelungen ist; und da möchte ich gar keine andere mehr hören:
    Das ist die DECCA-Aufnahme mit Chicago SO / Georg Solti.
    Hier sind noch die hochmusikalischen und ohrwurmhaltigen Pomp und Circumdances Nr.1-5 mit drauf.



    Eine Super-CD !

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

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  • Salut,


    ganz spontan fallen mir Ludwig van Beethovens


    7 Variationen in Es-Dur für Violoncello und Klavier, WoO 46
    über "Bei Männern, welche Liebe fühlen" aus Mozarts Zauberflöte


    ein.



    Viele Grüße
    Ulli

    Die Oper muss Tränen entlocken, die Menschen schaudern machen und durch Gesang sterben lassen.
    (Vincenzo Geilomato Hundini)

  • Rachmaninoffs erstes größeres Solo-Klavierwerk, "Variationen über ein Thema von Chopin" op.22, uraufgeführt 1903, stand im Schatten seiner kurz darauf veröffentlichten Preludes op.23.



    Ausgangsbasis ist das Chopin-Prelude Nr. 20, c-moll/op.28. Als Steigerung vom Simplen zum Komplexen aufgebaut, entfernt sich Rachmaninoff gegen Ende, ab Variation 19/20, deutlicher mit Eigenschöpfungen von Chopins Denkart.


    g

  • Genannt werden sollten auch (noch):


    Rachmanoniv -Corelli Variationen Op. 42


    Beethoven - Zwölf Variationen über das Thema "Ein Mädchen oder Weibchen" aus Mozarts Zauberflöte
    Beethoven - Zwölf Variationen G-Dur WoO 45 über ein Thema aus Händels Oratorium


    Frederic Rzewski - "The People United Will Never Be Defeated!"


    Gruß

  • Als weiteres wichtiges Variationenwerk sind die "variations sérieuses" von Mendelssohn zu nennen, unglaublich, wie ungeschwätzig sie ca. 12 Minuten den Zuhörer ununterbrochen gebannt halten. Perahia hat eine sehr schöne Interpretation dieser Variationen geliefert.
    Viele Grüße

    Das Frühstück ist ihm viel zuviel Zeremonie. Die ganze Lächerlichkeit kommt zum Ausdruck, wenn ich den Löffel in die Hand nehme. Die ganze Sinnlosigkeit. Das Zuckerstück ist ja ein Anschlag gegen mich. Das Brot. Die Milch. Eine Katastrophe. So fängt der Tag mit hinterhältiger Süßigkeit an.

  • darf ich zuerst noch ein paar Meister der Variation nennen:
    J.P.Sweelinck: und viele andere Organisten, Pachelbel, Böhm... die Form der Charalpartita war sehr verbreitet...
    G.F.Händel:
    die symphonischen Etüden von Schumann sind ein Variationswerk


    im 20.Jh
    J.N.David, der viele Barockformen verwendet hat - z.B: Chaconne
    von F.Schmidt gibts die riesige Orgelchaconne - Gegenstück zu Reger... und die "Fredigundis" Variationen - wahrscheinlich nur in Österreich bekannt.


    bei aller Sympathie für die Romantischen Var.-Werke möchte ich doch kritisch anmerken, ob sichs die Herren Komponisten manchmal nicht etwas zu einfach machten mit ihrer "Inspirationsbauweise". Da wird das Thema "in ein anderes Licht gestellt, anders instrumentiert, andere Tonart, das wars schon - das nennt sich Charaktervariation.


    da sind halt die Goldbergvariationen aus einem anderen Holz...


    übrigens: der letzte Satz der Brahms 4. !!!

    Im übrigen bin ich der Ansicht, dass gepostete Bilder Namen des Fotografen, der dargestellten Personen sowie eine genaue Angabe des Orts enthalten sollten.
    (frei nach Marcus Porcius Cato Censorius)

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  • Zitat

    Original von bubba
    Als weiteres wichtiges Variationenwerk sind die "variations sérieuses" von Mendelssohn zu nennen, unglaublich, wie ungeschwätzig sie ca. 12 Minuten den Zuhörer ununterbrochen gebannt halten. Perahia hat eine sehr schöne Interpretation dieser Variationen geliefert.
    Viele Grüße


    Kann es sein, daß Du Perahia-"Fan" bist ? ?(

  • Die Moderation bittet auf das Thema Perahia hier nicht weiter einzugehen, eine (leicht) agressive Stellungnahme von bubba , und die Antwort darauf wurde schon von mir gelöscht.


    Daher hier weiter zum Thema Variationen


    Ein Perahia-Thread wird heute noch von mit erstellt, wenn es bisher nicht schon ein anderes Mitglied gmacht hat.


    Gruß von der Moderation
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Zwei bisher nicht genannte Werke von Beethoven:
    Die Variationen F-Dur op.34 und c-moll WoO 80, sehr originelle Stücke, wobei das erste im Schatten der Eroica-Variationen steht, das zweite (nach Art einer Chaconne oder Passacaglia) jedoch wohl mal sehr beliebt war.
    Eine meiner ältesten CDs ist Glenn Goulds Einspielung dieser drei Werke (opp. 34, 35, WoO 80), immer noch mein Favorit.


    Einer der größten Meister der Variation war zweifellos Haydn, zwar finden sich die meisten davon als Sätze von Kammermusikwerken oder Sinfonien (die bekanntesten vielleicht im "Kaiserquartett" und den Sinfonien mit "Paukenschlag" und "Paukenwirbel"), ein herausragendes Einzelwerk für Klavier ist jedoch das "piccolo divertimento" (andante con variazioni) f-moll.
    Letztere sind ein Exemplar der von Haydn favorisierten Form der "Doppelvariationen", bei der abwechselnd Moll und Dur-Varianten eines Themas variiert werden, ein bekanntes Beispiel hierfür auch die genannte Sinfonie #103.


    viele Grüße


    JR

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

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  • Also das klassische "Variationen"-Werk des 20. Jh. sind doch die Variationen op. 31 für Orchester von Arnold Schönberg, das mich schon mit etwa 15 Jahren motiviert hat, Schönbergs Bedürfnis, als bessere Art von Tschaikowsky auf der Straße gepfiffen zu werden, zu stillen, indem ich sein Zwölftonthema auch in Badeanlagen in erwähnter Art zu Gehör gebracht habe.


    Für alle noch-nicht-Zwölftonhörer ein idealer Einstieg! Nach etwas Einleitung wird die Zwölftonreihe in ihren vier Erscheinungsformen (Grundgestalt, Krebs, Umkehrung und Krebsumkehrung - allerdings in anderer Reihenfolge) in melodiöser Art vorgestellt (also alle Töne hintereinander und nicht mehrere gleichzeitig), sodass man sie dann so richtig nachpfeiffen kann (ohne Notenbeispiel vielleicht doch nicht so einfach). Die Variationen haben deutlich unterschiedene Charaktere und bieten einige beeindruckende Steigerungseffekte. In der Coda kommt dann das B-A-C-H-Motiv ausführlich zu Ehren, als Verbeugung vor dem alten Meister.

  • Sagitt meint:


    Ein sehr peinliches Erlebnis hatte ich,damals 16jährig, in England. Ich hatte mir, von Cziffra gespielt, die Beethoven-Variationen über god save the queen gelkauft und leider in Anwesenheit von Engländern gehört. Wären diese nicht so gut erzogen gewesen, wer weiss, in welchem, Zustand ich England verlassen hätte ?
    Ich war unsensibel genug, das Mienenspiel nicht zu deuten und habe sie ganz durchgehört.


    So etwas vergisst man auch nicht nach vierzig Jahren.

  • Hallo!


    Da fällt mir eine Frage ein, die ich schon lange vor mir herschiebe:


    Was verbirgt sich genau hinter den Begriffen "Charaktervariation" und "Melodievariation" bzw. wo liegen die Unterschiede.
    Das Nennen einiger Beispiele (aus dem Standard-Repertoire) wäre hilfreich.
    Ich bitte um Aufklärung!


    Viele Grüße,
    Pius.

  • Also das schönste und vollkommenste Variationswerk sind meiner Meinung nach die Haydn-Variationen für Orchester von J. Brahms!
    (was ja kein Zufall ist, so wie ich das sehe hat Brahms in vielen Gattungen die vollkommendsten Werke geschrieben, so z. B. auch bei der Gattung des Violinkonzerts oder der Violinsonate)

    "Das Große an der Musik von Richard Strauss ist, daß sie ein Argument darstellt und untermauert, das über alle Dogmen der Kunst - alle Fragen von Stil und Geschmack und Idiom -, über alle nichtigen, unfruchtbaren Voreingenommenheiten des Chronisten hinausgeht.Sie bietet uns das Beispiel eines Menschen, der seine eigene Zeit bereichert, indem er keiner angehört." - Glenn Gould

  • Zitat

    Original von Pius
    Was verbirgt sich genau hinter den Begriffen "Charaktervariation" und "Melodievariation" bzw. wo liegen die Unterschiede.
    Das Nennen einiger Beispiele (aus dem Standard-Repertoire) wäre hilfreich.
    Ich bitte um Aufklärung!


    Ich bin nicht sicher, ob das eher Konzertführerdeutsch als eine echte musikhistorische Einteilung ist. Aber ein Beispiel für eine sehr simple Art der Variation (einfach Umspielen der Grundmelodie mit immer kleinern Notenwerten) sind z.B. die Variationen in Händels E-Dur-Suite ("Harmonious Blacksmith"). Beethovens Variatonen sind dagegen meistens extrem kontastreich, z.B. schon die in F-Dur op. 34 oder natürlich die Diabellis. Variationen wie die im Kopfsatz von Mozarts A-Dur-Sonate sind irgendwo dazwischen angesiedelt. Aber natürlich kommen auch bei Beethoven Variationen vor, die hauptsächlich auf melodischen Figurationen beruhen, z.B. die erste Variation im langsamen Satz von op. 127 oder fast die gesamte "Arietta" in op. 111.
    Eine noch freiere Fortspinnung der "Charaktervariationen" kann man m.E. in einigen Klavierzyklen von Schumann sehen, z.B. den Davidsbündlertänzen und Carnaval. Auch bei Elgars "Enigmas" finde ich in etlichen Stücken nicht leicht zu hören, dass das Variationen eines Themas sind


    viele Grüße


    JR

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    (Bob Dylan)

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  • Hallo, Johannes!


    Danke für Deine Antwort.


    Ich dachte, diese Begriffe seien irgendwie "feststehende" Bezeichnungen, und zwar nicht historischer, sondern formaler Natur.
    Mit dem "Konzertführerdeutsch" magst Du recht haben. Aber die müssen es ja auch irgendwoher haben.
    Wenn ich Dich richtig verstehe, dann geht es (grob gesagt) darum, wie sehr das Thema bei der Variation verändert wird.


    Viele Grüße,
    Pius.

  • Hallo Kurzstueckmeister,
    stimmt technisch gesehen, ist für mich aber eine Tautologie, weil die Reihentechnik ja per se eine Technik ist, in der eine Grundreihe bzw. deren Erscheinungsformen variiert werden. D.h., mir fehlt in diesem (freilich glänzend komponierten) Werk das Spannungsverhältnis zwischen Variationsthema und Kompositionsmaterial.
    Von den Werken, die Variationen auf der Basis der 12-Tontechnik sind, schätze ich sehr "Paralipomena dodekaphonica - Der Haydn-Variationen anderer Teil" von Hans Erich Apostel.
    Bei den tonalen Werken liebe ich die Bridge-Variationen von Benjamin Britten (die ich seinen Purcell-Variationen für weit überlegen halte) und die Bach-Variationen von Paul Dessau, die richtig frisch, frech und intelligent jeden Anflug von Banalität vermeiden.


    ad Charakter- und Melodievariationen: Johannes hat es mit dem Konzertführer-Deutsch auf den Punkt gebracht.
    Der Unterschied ist der: Eine Melodievariation belässt das Thema im Charakter (z.B. lyrisch), verändert aber die Melodie durch Umspielungen oder Dehnung/Verengung von Intervallen.
    Die Charaktervariation ändert den Charakter, macht also etwa aus einem lyrischen Thema ein heldisches.
    Und wenn wir schon bei der Technik sind: Eine weitere Variationsform sind die Metamorphosen, von denen man in der Regel dann spricht, wenn das Variationsthema bereits verändert übernommen wurde. Hindemiths Weber-Metamorphosen etwa legen die Weber-Themen nie in originaler Gestalt zugrunde, sondern stets in der von Hindemith bereits veränderten Gestalt.

    ...

  • Zitat

    Original von Pius
    Ich dachte, diese Begriffe seien irgendwie "feststehende" Bezeichnungen, und zwar nicht historischer, sondern formaler Natur.
    Mit dem "Konzertführerdeutsch" magst Du recht haben. Aber die müssen es ja auch irgendwoher haben.
    Wenn ich Dich richtig verstehe, dann geht es (grob gesagt) darum, wie sehr das Thema bei der Variation verändert wird.


    Irgendwie schon ja. Aber eine sehr verbreitete und alte Variante der Variation ist, nur den Bass (oder das Harmonieschema) zu lassen. So ähnlich sind ja die Goldbergv. aufgebaut; dennoch schwingt bei "Charakter" für mich etwas mit, das eher zu Schumanns anspielungsreicher Romantik als zu so einem systematischen Projekt wie den GBV paßt. Beispiele nennen ist leicht (ich hoffe Du kannst mit meinem etwas anfangen), aber das irgendwie systematisch durchzuziehen halte ich für schwierig. Mir zumindest ist beim reinen Hören oft nicht klar (früher überhaupt nicht), wie streng gewisse Strukturen auch in sehr frei klingenden Variationen beibehalten werden. Mit den Noten sieht man das leichter.
    Es scheint in der Klassik sehr häufig vorzukommen, mit recht simplen "Verkleinerungsvariationen" zu beginnen und später "charaktervoller" zu werden, z.B. am Ende Moll-variante, "adagio" und einen Abschluß im beschleunigten tempo. IIRC sind z.B. KV 331, KV 453, Finale und Beethovens op. 26 so ähnlich strukturiert.


    viele Grüße


    JR

    Struck by the sounds before the sun,
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    (Bob Dylan)

  • Hallo!


    Ich möchte hier eine Klaviervariation nennen, die mich sehr (positiv) überrascht hat.
    Ich wußte nichts von der Existenz des Stückes, bis CRC es mir vorgeführt hat. Es ist seine Lieblingskomposition von Mendelssohn, und ich kann das gut nachvollziehen.
    Es handelt sich um die Variations serieuses op. 54.
    Viel zu unbekannt für so ein tolles Werk!
    Und die kongeniale Interpretation von Brendel tat ein übriges, mich zu beeindrucken...


    Viele Grüße,
    Pius.

  • Hallo,


    Die Variations sérieuses sind zu Recht eines der herausragenden Variationen in der Klavierliteratur. Konsequent entwickelt mit einem herrlichen Strettaaufbau. Gestern mal wieder gehört, und mal wieder fasziniert gewesen.
    Auch zu empfehlen in der Aufname mit Perahia.
    Ich hab folgende Aufnahme:


    Sollte sich aber auch hierbei um die gleiche oder eine ähnliche Aufnahme handeln:


    Viele Grüße,
    Daniel

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  • Warum wurden die Variationen über ein Rococo-Thema op. 96 (Tschaikowsky) nicht genannt (oder habe ich es übersehen)?
    Gehören die nicht hier?


    LG, Paul

  • Zitat


    Original von rappy


    Also das schönste und vollkommenste Variationswerk sind meiner Meinung nach die Haydn-Variationen für Orchester von J. Brahms!


    Wenn ich einmal von den Bachschen Goldbergvariationen absehe, bin ich geneigt, dem zuzustimmen.
    Allerdings ziehe ich hier fast die Erstversion op.56b für zwei Klaviere vor, obwohl die herrliche Orchesterfassung auch ihren koloristischen Reiz hat.
    Trotz des irreführenden Namens op.56a ist die bekanntere Orchesterversion jedoch die Zweitfassung.


    Brahms brauchte in seiner Funktion als Konzertdirektor der Wiener "Gesellschaft für Musikfreunde" die er seit 1871 innehatte, ein selbstgeschriebenes Werk, dass er als Orchesterdirigent vortragen konnte.
    Zudem arbeite er sich u.a. auch mit diesen Haydn-Variationen für Orchester schrittweise an die Gattung der grossen Symphonie heran.


    An der Erstfassung für zwei Klaviere gefällt mir besonders, dass er hier orchestrale Effekte mit den für ihn typischen pianistischen Mitteln erzielt.
    Die polyrythmischen figurativen Auflösungen und die akkordischen Oktavdopplungen erzeugen einen rauschenden, vollen und warmen Klang.
    Es gibt eine schöne Aufnahme des Duos Thora-Matthies/Köhn bei Naxos, die ich empfehlen kann:



    Noch schöner, weil klanglich wärmer aufgenommen und mit ruhigerenTempi interpretiert, gefällt mir die bei DG aufgenommene zweite Einspielung mit Alfons und Aloys Kontarsky, die allerdings nicht mehr erhältlich ist ( ich schrieb hierüber schon in anderen Threads )


    Pianisten möchte ich das Studium dieser Variationen ans Herz legen.
    Abgesehen von den recht hohen spieltechnischen Anforderungen macht es grossen Spass, diese Variationen zu spielen.
    Clara Schumann mochte diese Fassung übrigens sehr und nahm sie jahrelang mit verschiedenen Partnern sehr erfolgreich in ihre Konzertprogramme auf.


    Wenn jemand die berühmte Frage "Lieben Sie Brahms?" aus vollem Herzen mit "JA!" beantwortet, dann wird er den speziellen Reiz beider Fassungen zu schätzen wissen.
    Sie stehen für mich absolut gleichberechtigt und gleichwertig da.



    Gruss :hello:
    Glockenton

    "Jede Note muss wissen woher sie kommt und wohin sie geht" ( Nikolaus Harnoncourt)

  • Hallo zusammen,


    auch wenn das Wörtchen "Variation" nicht explizit im Titel steckt, darf auf keinen Fall die
    Rhapsodie über ein Thema von Paganini op. 43 von Sergej Rachmaninoff fehlen.
    Keins der bedeutenden Werke der Musikgeschichte, aber ich liebe dieses Werk! Ein pianistisches Feuerwerk, das mich immer wieder gut in Stimmung bringt.


    Einen weiteren, großartiger Variationszyklus bzw. eine ganze Reihe von Variationszyklen hat
    Rzewski mit seinem The People United will never be defeated geschaffen.
    Wer mehr Informationen möchte, werfe mal hier
    einen Blick hinein.



    Wie in letzter Zeit öfters, möchte ich noch ein Werk von Arnold Bax benennen:
    Symphonische Variationen für Klavier und Orchester.



    :hello:
    Wulf.

  • hi....


    die mendelssohng variationen, oh die sind so schön... eine schöne anlehnung an die polyphony bachs....
    und "bei männder, welche liebe fühlen" habe ich schon mal gespielt, in die muss man sich einfach verlieben...


    nicht zu vergessen sind folgende...:
    corelli variationen von rachmaninov
    symphonische etuden von schumann
    bach-variationen von reger
    variationen über ein thema von mozart von reger (für orchester)
    die vier temperamente von hindemit (klavier und orch.--- sau geil!!!)
    paganini variationen von lutoslawski
    2. symphonie von prokofiev
    variationen für klarinette und orchester von rossini
    hochzeitsmarsch-variationen von liszt
    carmen variationen von horowitz :D
    variationen und fuge über ein chopin prelude (c-moll) von busoni

    Die Dame des Hauses erhebt sich vom Klaviersessel: "Das war Siegfrieds Tod." Ein Zuhörer zu seinem Nachbarn: "Kann ich verstehen."

  • Chopins Opus 2, Variationen über "La ci darem la mano"
    Hummel Violapotpourri, auch bekannt als Phantasie für Bratsche und Orchester. Darin wird ein Operarie von Mozart variiert.


    Zählt Adolpe Adams "Bravourvariationen" für Singstimme, Flöte und Orchester über "Ah, vous dirai-je, Maman" ?


    Und Ulli gab mir einmal einen Hinweis für mein Rätselforum. Johann André nam die Klaviersonate KV310 und bearbeitete die als Duo für zwei Violinen.
    Oder Haydns "Theresienmesse". Das "Agnus Dei" beginnt mit dem Hauptthema aus Mozarts g-moll-Symhonie KV 183. Kann man noch diese Weise von benützen dazu rechnen?


    Und sind die Unmenge an Variationen von Liszt über Opern von weiß ich wieviel Komponisten bereits genannt? Ich hatte aus einen Nachlaß viele CDs mit solchen Variationen bekommen, und sie alle verschenkt. Und das war nur ein ganz kleines Teil.


    LG, Paul

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